Autor: Aeril
Inhalt: Legolas führt eine einsame Kindheit nicht wissend, dass ihm ein
großes Schicksal vorherbestimmt ist. Eines Tages trifft er jemand, dem es
ähnlich ergehen wird.
Genre: Abenteuer/ Freundschaft
Rating: PG-13
Disclaimer: Alle Charaktere, Namen, Städte, Landschaften etc., die ihr aus
dem 'Herr der Ringe oder vielleicht auch aus dem 'Silmarillion' oder einem
der anderen Werke Tolkiens kennt, gehören nicht mir sondern dem großen
Autor J.R.R. Tolkien. Ebenso wenig will ich hiermit Geld verdienen.
Feedback: Aber immer! Her damit! An: hexenkoenig.murry@web.de oder der
review-buton
~Das Schicksal einer Freundschaft~
~Kapitel 1-Kennenlernen~
Legolas erwachte in einem Zimmer der Elbenfestung Düsterwalds und das letzte woran er sich erinnern konnte war, wie er von einem Pfeil angeschossen worden war. Ja, sein Vater hatte die Gesandtschaft seiner Kerkermeister angegriffen, die vorgehabt hatten ihn als Sklaven zu verkaufen. Sein Vater hatte ihn befreit doch weil er schon vorher einiges an körperlicher Qual über sich hatte ergehen lassen müssen hatte er den Pfeil nicht kommen sehen. Vermutlich war er schwer verletzt worden wenn er den ganzen Weg von jener Straße nach Düsterwald bewusstlos gewesen war!
Er sah sich im Zimmer um. Dies war eindeutig der Krankenflügel aber hier war alles leer. Vorsichtig stieg Legolas aus dem Bett und ging zu einem nahe gelegenem Fenster. Draußen war es noch dunkel doch ein Schleier der Morgenröte zog sich bereits über den Himmel. Nun, die frühe Stunde erklärte zumindest warum niemand hier war.
Er stütze sich auf und gab sich Erinnerungen hin. Er schien in eine Welt aus Sonnenlicht einzutauchen. Damals dachte alle Welt Sauron wäre nach der Schlacht am Schicksalsberg durch Isildur vernichtet worden und Glück zog in jedes Gemüt ein. Lachen und Musik schien die Luft um ihn herum zu füllen. Eine Hochzeit wurde in den Wäldern Lóriens gefeiert und Gäste, zum größten Teil Elben, waren von überall aus Mittelerde gekommen. So auch Legolas mit seinen Brüdern und seinem Vater. Er erinnerte sich wie sehr er die Schönheit des goldenen Waldes bewundert hatte. Tagelang war der junge Elb zwischen den Bäumen herum geklettert und hatte auf die Ankunft weiterer Gäste gewartet. Fasziniert von den edlen Geschöpfen die diese Wälder durchstreiften war er nur selten in Gesellschaft anderer gewesen.
Er war das jüngste Kind von Thranduil, dem König der Leagel, der Grünelben des Grünwaldes. Drei ältere Brüder in deren Schatten er stand erlaubten ihm nicht viel Freizeit, genauso wenig wie Ruhe für sich ohne Lehrer oder Aufsichtspersonen. Leagim, Calegaladh und Sílanell waren von Können, Wissen und Stärke geachtete und hohe Elben. Man erkannte sie als Prinzen ihres Volkes und Nachfolger derer, die Großes vollbracht hatten als Elben die Großes vollbringen werden. Legolas aber war im Gegensatz zu ihnen klein, dumm, hässlich und sogar ein wenig knochig und mager, das machte ihm Sorge und er liebte seine Brüder sehr, da sie ihm jeder Zeit halfen und ihn an allem teilhaben ließen. Er wollte keinen Neid auf sie empfinden! Doch jetzt war ihm Neid sowieso unmöglich zu empfinden. Lothlórien trieb jedem das Böse oder Traurige in seinem Herzen aus.
Und wie er da oben in einem Mallorn hockte kamen neue Gäste an. Eine kleine Gruppe Elben. Sie sahen aus wie Galadrhim und ritten auf weißen Pferden. Jeder von ihnen trug einen langen Mantel aus silbrig-blauem Stoff und hatte das blonde Haar zurück gebunden. Sie trugen Instrumente bei sich: Harfen, Mandolinen, Flöten und einige andere die Legolas nicht zu benennen vermochte.
Vornan ritt eine besonders schöne Elbe. Sie hatte einen roten Schimmer in den Haaren und helle grüne Augen. Nun wusste Legolas mit Sicherheit, dass die Neuankömmlinge Galadrhim waren denn diese Elbe war die Braut. Sie war die Nichte Celeborns und heiratete einen jungen Elb aus Bruchtal.
Während Legolas sich noch an Details der Hochzeit zu erinnern versuchte, spürte er einen Blick auf sich. Sein Kopf fuhr wieder zurück zu dem kleinen Elbenzug. Die Elbe direkt hinter der Braut hatte den Kopf zu ihm gewandt. Schnell zog sich Legolas tiefer in das Blätterdach zurück, beobachtete diese Reiterin aber weiterhin. Irgendetwas haftete ihr an, dass verhinderte dass er den Blick abwandt. Das von der Kapuze halb verdeckte Gesicht sah ihn weiter an. Dann verzog sich der einzig sichtbare Teil des Gesichtes, der Mund, zu einem Lächeln. Sie wand ihr Gesicht zu dem inzwischen eingetroffenen Begrüßungskomite.
Die kleine Gruppe saß ab und legte ihre Waffen ab wie es üblich war wenn man die Grenzen Loriéns überschritt. Nur die Verteidiger dieser Lande besaßen Waffen. Seine feinen Ohren hörten ohne Probleme was dort unten gesprochen wurde. Verwundert stellte er fest, dass es keineswegs Sindarin war, die gängigere Sprache. Sie Sprachen in Quenya!
Die Elbe, welche direkt hinter der Braut ritt, verbeugte sich vor Haldir, dem Herr der Verteidigung. Sie stellte ihm die Ankömmlinge vor und jeder verbeugte sich vor Haldir während Haldir seinerseits sich vor jedem verneigte. "Haldir aus Lorién.", begrüßte sie den Elben förmlich. "Meine Herrin lässt ihnen die besten Grüße ausrichten. Sie ist hocherfreut, ihr Ehebündnis im goldenen Wald feiern zu dürfen!" Das Gespräch ging noch einige Zeit in dieser feinen und höflichen Art weiter doch Legolas achtete kaum auf das Gesprochene. Er wollte näher an diese Elbe ran! Sie faszinierte ihn, denn sie fühlte sich vertraut an und er wollte ihre Stimme hören, die einem sanften Sommerregen glich.
Haldir führte die kleine Gruppe nun zum Fleet Galadriels. Legolas wusste, ohne Erlaubnis durfte man diesen Ort nicht betreten aber hier und jetzt waren ihm die Folgen seiner Handlungen egal! Schnell und leise wie eine Katze hangelt er sich langsam von Baum zu Baum. Immer direkt über dem Zug der Gäste kletterte er höher in die Baumkronen. Den Blick hielt er dabei immer auf die zweite Elbin gerichtet. Sie hatte ihn vorhin entdeckt. Er war vielleicht nicht so edel und hochgestellt wie seine Brüder aber auf Tarnung verstand er sich. Als sie dann gelächelt hatte war ein Schauer durch seinen ganzen Körper geflossen. Noch nie hatte er eine so wohlklingende Stimme vernommen, wie wunderbar musste es erst sein wenn sie sang! Dann musste es kein Sommerregen mehr sein, dann würde es gewiss mit Tau im Frühling auf jungen Blättern zu vergleichen sein. Seine Augen blickten wieder zu ihr hinunter. Er hatte sie noch nie gesehen aber die Bewegungen unter dem langen Umhang ließen auf eine ungewöhnliche Eleganz selbst unter Elben schließen. Das Haar, welches unter der langen Kapuze hervor fiel war nicht ganz so hell wie das ihrer Herrin. Nein, ihr Haar war sattrot und lag in sanften Wellen auf ihren Schultern. Diese kurzen Beobachtungen hatten mehr Zeit in Anspruch genommen als er bewusst gefühlt hatte. Jeder Augenblick zog sich in die Länge und so waren sie, und auch Legolas, inzwischen bei Galadriels Palast in Caras Galadhon angekommen. Haldir führte sie zu einem Bereich vor hohen Stufen. Dahinter setzte sich der Palast fort doch dieser Teil davon waren die Privat- Gemächer Galadriels und Celeborns.
Die Elben verbeugten sich als die Herrin und der Herr des goldenen Waldes an dem Torbogen über den Stufen erschienen. Für einen Augenblick blendete ihn die Erscheinung Galadriels, wie es ihm immer geschah wenn er sie sah. Die Neuankömmlinge hielten die Köpfe noch immer gesengt und Galadriels Stimme begann zu sprechen. Der wunderbar melodische Klang war ihm früher wie das Schönste auf der Welt vorgekommen. Aber nun hatte diesen Platz eine andere Stimme eingenommen. Er brauchte einen Moment um sich von der Benommenheit, die diese frische Erinnerung hinterlassen hatte, zu erholen und bekam daher nur ein Teil des Gesprächs unten auf dem Fleet mit. Weder Galadriel noch Celeborn sahen ihn an doch er hatte das unauslöschbare Gefühl, sie wussten dass er da war. Der junge Elbenprinz fühlte sich ertappt. Das würde sicher noch ein Nachspiel haben! Dennoch konnte er nicht verschwinden. Es war als wäre er auf dem dünnen Ast festgenagelt.
So hörte er mit wie sie über Orks an der Westfurt zu Rohan und zwischen dem goldenen Wald und den Minen sprachen. Das fand Legolas äußerst Besorgnis erregend. Die verhüllte Elbin mit der Kapuze, der er vorhin schon so fasziniert gelauscht hatte, ging einen Schritt vor und verbeugte sich respektvoll vor ihrer Herrin. Galadriel bedeutete ihr sich zu erheben. Ihr Kopf fuhr wieder hoch und sie begann mit ihrer leisen aber unglaublich klaren Stimme zu sprechen: "Schon kurz nach unserem Aufbruch vom Hause Elronds wurden wir das erste Mal angegriffen. Die Angreifer bewegten sich nicht wie Orks. Sie waren schneller und raffinierter. Sie benutzten andere Taktiken und Waffen. Sie kreisten uns ein und bekämpften uns lange. Die Angreifer waren nicht in die Flucht zu schlagen, sodass wir gezwungen waren, jeden einzelnen von ihnen zu vernichten! Dabei dezimierten sie unsere Gruppe um ein Drittel. Auch der Rest blieb nicht unverletzt. Wir alle haben kleinere oder größere Wunden davon getragen und einer unserer Gefährten starb bei einem Kampf auf dem Caradhras. Fünf weiteren Angriffen vielen wir noch zum Opfer doch hierbei wurde keiner getötet, nur verletzt."
Galadriel nickte betrübt: "Ihr bringt schlechte aber keine neuen Nachrichten nach Lothlórien, Herrin der Erilia." Legolas stutzte. Das war die Herrin der unter jungen Elben legendären Erilia? Der Heimatlosen? So gut wie jeder junge Elb der heutigen Zeit hatte schon davon geträumte irgendwann in seinem Leben so frei wie die Erilia sein zu können. Sie gehorchten niemandem und zogen ähnlich den Dunedaín durch das Land. Legendärer noch als die Erilia an sich war ihre Anführerin. Es hieß, sie kämpfe um das dreifache besser als der größte elbische Krieger. Sie sollte etwas Besonderes sein, mehr hatte nie jemand wirklich gesagt und es hieß, sie ließe keine Gefühlsregung erkennen auch wenn sie noch so klein war. Alle waren sich aber darüber einig, dass sie für jeden Feind, und wenn es Sauron persönlich sei, gefährlich und am Ende tödlich sein würde.
Diese Eindrücke, wusste Legolas nun zu bestätigen. Bis auf das Kämpfen. Sie bewegte sich wie jemand, der sein ganzes Leben lang immer auf der Hut gewesen war und nun erst lernen musste, sich zu entspannen. Alle Waffen hatte sie bedenkenlos abgeliefert und es war eine ganze Menge dabei zum Vorschein gekommen. In jedem Stiefel hatte sie zwei leichte Klingen versteckt gehalten, mehr Messer als Dolche, auf ihrem Rücken allein hatte sie zwei Dolche, noch dazu Pfeil und Bogen, kleine Wurfsterne und sehr dünne spitze Nadeln getragen und ihren Gürtel hatte vor ihrer Entwaffnung noch einiges mehr geziert.
Legolas hoffte, sie beim allmorgendlichen Kampftraining in Aktion sehen zu können. Er brannte förmlich darauf und so schlich er, dem Rest des Gesprächs zwischen den Elben und Galadriel nicht mehr viel Aufmerksamkeit schenkend zurück. Gerade als er von diesem Mallorn zum nächsten hatte springen wollen, war ein Stimme in seinem Kopf zu hören und Legolas musste rasch zugreifen um nicht zu fallen. "Vergiss diese Elbe lieber schnell! Tust du es nicht wird es früher oder später dein Untergang sein. Ich spüre, dass ihr verwandte Seelen seid doch das hättet ihr nie sein dürfen. Glaube mir, Legolas, zuerst würde sie dich auf die Höhe deiner Taten und deiner Kraft führen doch du würdest tiefer fallen als der Boden des Loches jetzt entfernt ist. Ich will dir nichts verbieten doch wähle weise!" Die Stimme Galadriels hallte noch lange in seinem Kopf nach und er musste darüber nachdenken, was sie gesagt hatte.
Ohne es zu merken war er weiter geklettert und inzwischen bei dem Fleet seines Vaters und seiner Brüder angekommen. Leise glitt er in seinen Teil doch Sílanell, der jüngste seiner Brüder, setzte sich lächelnd neben ihn und fragte, was er über den Tag so erlebt hatte. Seinen Brüdern, insbesondere Sílanell, dem er mehr vertraute als jeder anderen Person in Mittelerde, hatte er bisher immer die volle Wahrheit gesagt. Nie hatte der junge Prinz sie angelogen oder etwas verschwiegen. Dementsprechend schwer fiel es ihm, dies jetzt zu tun. Er wusste nicht einmal genau, wieso er es tat aber er wollte nicht, dass Sílanell erfuhr, wen er gesehen hatte. Darum sprach er mit ihm nur über die Hochzeit und die Gäste. Kampf oder anderen unerfreulichen Dingen schenkten sie nur wenig Aufmerksamkeit. Das Gespräch war heiter und locker bis Sílanell schließlich besorgt zu ihm sagte: "Legolas, du verschweigst mir doch etwas! Sag's mir, was bedrückt dich?"
Doch Legolas fing sich eben noch und erwiderte lächelnd: "Was sollte ich dir verschweigen? Ich hatte einen sehr schönen Tag doch nun bin ich müde und möchte für einen neuerlich schönen Tag ruhen." Der junge Prinz sah in den Augen des Anderen, dass er ihm nicht glaubte. In ihnen war Trauer, dass er ihm nicht die Wahrheit sagte. Ihm tat es ja selbst irgendwo leid doch er legte sich ohne ein weiteres Wort auf sein Bett und schlief bald ein. Als er am nächsten Morgen sehr früh die Augen aufschlug, waren seine Brüder noch nicht wach und auch sein Vater, der sonst immer viel eher aufstand als seine Söhne, schlief noch. Leise schlich Legolas in die Ecke wo er am Vortag seine Kleidung hatte fallen lassen. Rasch zog er sich die Silberdurchwirkte Tunika an. Die Treppen nach unten hatte er hinter sich gebracht, ohne dass er bemerkt hatte, dass er überhaupt lief. Er schien ein wenig neben sich zu stehen. Heute Nacht hatte Legolas geträumt. An sich war das nichts Ungewöhnliches doch dieser Traum hatte mehr einer Vision denn einem Traum geglichen.
Er hatte in Bruchtal gesessen und ein sehr kleiner Mensch, er hätte gesagt ein Kind wäre da nicht der erwachsene fast ein wenig elbisch anhaftende Ausdruck in seinem Gesicht gewesen, erzählte etwas von dem einen Ring. Dieser "Mensch" erzählte von seinem Fund, einer Flucht, einer Schlacht und einem guten Ausgang.
Für den jungen Prinzen hörte sich das Ganze wie eine extrem verkürzte Version der alten Tage an aber er sagte nichts.
Legolas sah sich die Personen im Rest dieses Kreises, es schien ein Art Rat zu sein, an. Da waren Menschen, Elben, Zwerge und er entdeckte sogar Gandalf am Rand sitzen. Neben dem kleinen Mann, der sich nun wieder gesetzt hatte, saß noch einer von seiner Art.
Sein Blick blieb an einem dunkelhaarigen Mann an der rechten Seite Elronds hängen. Er kannte ihn nicht aber sein Name schoss ihm trotzdem durch den Kopf und es war, als wüsste Legolas über jeden einzelnen Tag des anderen bescheid. Das war also der Erbe Isildurs, Aragorn Arathorns Sohn.
Er ertappte sich dabei, nach einer ganz gewissen Elbe in dem Kreis zu suchen. Ein lächerliches Unterfangen wo er nicht einmal ihr Gesicht kannte. Aber auf Legolas' Gemüt legte sich schon nachdem er ihre Abwesenheit bemerkte, was ihn alles andere als wunderte, eine gewisse Trauer. Ihm war als würde er sie auch nicht wieder sehen. Als wäre sie für ihn, auf Ewig verloren.
Da entsann er sich Galadriels Rat. Hatte sie nicht gesagt, sie würde ihn allein lassen? Nein, so deutlich hatte sie es nicht formuliert. Sie hatte gesagt, die Elbe würde ihn auf den höchsten Punkt seiner Macht führen und dann würde er fallen.
Nachdem er über ihre Worte nachgesinnt hatte war er aus dem Traum erwacht. Er war sich ziemlich sicher. Diese Bilder in seinem Kopf hatten etwas zu bedeuten aber er kam nicht darauf was es war!
Das ärgerte ihn und er wollte zum Kampfplatz um sich abzureagieren. Fast dort angekommen, wurde er auf ein kleines Problem aufmerksam. Er war noch nicht mündig[1]. Er war erst 45 also noch sehr jung. Ohne seine Brüder oder seinen Vater würde man ihm den Zutritt sicher verwehren!
Um dieses Problem zu lösen ging Legolas mal wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Er kletterte auf einen der niedrigeren Mallorn und arbeitete sich bis zum Kampfplatz vor. Dort setzte er sich auf einem Ast nieder und lies die Beine baumeln. Er sah den älteren Elben eine Weile zu und bestaunte ihre Fertigkeiten im Umgang mit diesen Waffen. Hinter ihm lies sich völlig unbemerkt eine Gestallt nieder. Eine Weile saß sie einfach da und beobachtete abwechselnd die Kämpfenden und den jungen Elb.
Legolas registrierte am Rande, dass sich der Ast mit einem Mal fast unmerklich absenkte. Er schob das auf den Wind denn er war viel zu fasziniert um den Blick auch nur eine Sekunde von dem Training dort unten auf der Lichtung abzuwenden. Verwunderlich war es also nicht, dass Legolas fast von dem Ast fiel als hinter ihm jemand in sein Ohr rief: "Alae!" Als der Prinz sich wieder halbwegs gefangen hatte drehte er sich reflexartig um und sah in ein junges, von roten Locken umrahmtes Gesicht. "Alae, wer seid ihr? Und warum erschreckt ihr mich so?"
Die Elbe ihm gegenüber lächelte ein wenig schadenfroh ehe sie sich von dem etwas dickeren Zweig, von dem sie sich hatte herunterhängen lassen, fallen lies und wie eine Katze auf allen vieren neben ihm landete. Sie lächelte erneut als sie sich niedergelassen hatte. Diesmal ohne Schadenfreude und ihm mitten ins Gesicht. "Ich bin Aeriél. Erschreckt habe ich dich eigentlich nur, weil ich mir sicher war, du würdest mich nicht bemerken. Du schienst so fasziniert von dem Training der Krieger, dass es mich in den Fingerspitzen gejuckt hat, dich zu erschrecken. Entschuldige."
Beim letzten Wort sah sie ein wenig betreten zu Boden aber in den grünen Augen war noch immer eine gewisse Schalkhaftigkeit zu sehen. Legolas hatte ihre Stimme längst wieder erkannt. Ihr hatte er gestern so lange gelauscht. Sie war die Herrin der Erilia. Wenn Legolas ehrlich war, müsste er seine Überraschung darüber bekünden. Sie sah nicht aus wie eine gefährliche Kriegerin. In ihrem Gesicht war etwas sehr kindlich niedliches, was nur von der Ernsthaftigkeit vieler Schlachten und Kämpfe überdeckt wurde. "Das macht nichts. Es ist ja niemandem etwas passiert!"
Sie lächelte dankbar und wand ihr Gesicht dem Kampfplatz zu. Auf einmal musste sie lachen. Legolas, der bisher das Spiel des Windes mit ihrem Haar beobachtet hatte, blickte hinunter auf die Lichtung und da musste auch er lachen. Zwei Elben waren beim Rückwärtslaufen gegeneinander gerannt und waren hingefallen. Nun saßen sie beide im weichen Gras und rieben sich ihr Hinterteil. Der eine bemerkte sie. Er schien Aeriél gut zu kennen denn er rief ihr zu: "Hey, du Faulpelz! Nur weil du noch nicht völlig genesen bist, muss das noch lange nicht heißen, dass dein Training ausfällt! Komm sofort hier runter und übe ein bisschen Nahkampf, verstanden?"
Die junge Elbe rollte nur mit den Augen und blickte Legolas belustigt an. Sie bedeutete ihm, ihr zu folgen und sie stiegen gemeinsam hinunter. Unten angelangt wollte sich Legolas schon wieder in ihr Fleet begeben doch sie hielt seine Tunika am Ärmel fest: "Warum trainierst du nicht ein bisschen mit? Das macht bestimmt Spaß!" Dann beugte sie sich verschwörerisch ein wenig vor: "Jedenfalls mehr Spaß als mit Cênovén, dem alten Herumkritisierer!"
Legolas musste abermals lachen und lies sich von Aeriél in Richtung Übungsplatz ziehen. Eine Viertelstunde später stand er vor Aeriél und erwartete ihren ersten Angriff. Cenôvén, der Lehrer und einer der Führer von Lóriens Armee, stand neben ihnen und Legolas fühlte sich extrem unwohl und beobachtet. Aeriél begann um ihn zu kreisen und wand kein einziges Mal den Blick ab. Auch Legolas war in Kampfhaltung übergegangen und verfolgte ihre Bewegungen. Er beobachtete sie sehr genau doch ihr erster Schlag kam dennoch so heftig und aus dem Nichts, dass Legolas gerade noch ausweichen konnte. Um sie seine Überraschung nicht ausnutzen zu lassen schlug er sofort zurück um einen Treffer in der Magengegend zu platzieren aber ihre Voraussicht verblüffte ihn. Seine Hand wurde von ihr fast nebenher abgeblockt. Cenôvén rief dazwischen: "Achtet nicht nur auf die Augen, der Körper verrät auch mehr von dem, was euer Gegner plant!" Weitere Angriffe folgten. Bei jedem wurden sie schneller und unvorhersehbarer. Nach einiger Zeit war aus dem Kampf ein Tanz mit präzisen Schritten geworden. Eine bestimmte Reihenfolge begann, sich immer wieder zu wiederholen. Blocken, schlagen, weichen, treten und wieder von vorn. Cenôvén sah sich das alles an bis sie beide vor Erschöpfung keuchend dastanden. Dann ging er dazwischen und lächelte: "Gut gemacht, ihr beiden! Den Gegner, wenn es nicht gerade ein Ork ist, besiegt man am besten mit Erschöpfung. Töten ist immer die letzte Variante. Wirklich nicht schlecht. Ich schätze, ich muss Thranduil fragen, ob ich seinen Sohn in meine Armee aufnehmen darf!" Er zwinkerte und ging weiter um zwei Soldaten eine Rüge zu erteilen.
Aeriél wirkte äußerst verdutzt: "Seit wann ist Cenôvén so nachsichtig? Er hat doch noch keine einzige Trainingsstunde ohne mindestens ein Wort der Kritik vergehen lassen. Wirklich erstaunlich!"
"Ich kenne Cenôvén nicht gut, genau genommen habe ich ihn erst eben kennen gelernt, aber ich finde ihn eigentlich sehr nett!"
Sie lachte. Das Gefühl ihres Lachens strömte wunderbar warm durch Legolas' Körper. Es fühlte sich an, als würden sie sich schon ein ganzes Leben kennen. Sie sah ihn fröhlich und gut gelaunt an: "Cenôvén ist auch nett aber eben auch sehr streng. Jedes Mal wenn ich in Lórien bin erteilt er mir Unterricht. Cenôvén hat eine wirklich liebliche und süße Tochter, sie ist etwas älter als ich. Mit ihr bin ich recht gut befreundet."
Legolas blickte sie erstaunt an: "Das hört sich so an, als würdest du hier jeden einzelnen kennen!" Sie winkte ab und erklärte das für Unsinn. Dann schlug Aeriél vor, in die Küche und den Speisesaal für die Hochzeitsgäste zu gehen um ein Frühstück einzunehmen. Beide spazierten fröhlich vor sich hin singend oder summend in Richtung Küche.
Als sie zu zweit eintraten entdeckte Legolas sofort seine Brüder und seinen Vater. Er zog Aeriél in Richtung ihres Tisches ganz oben im rechten Winkel zu den anderen. Dies sollte die königliche Herkunft der daran sitzenden hervorheben. Aeriél hielt Legolas zurück und flüsterte ihm ein wenig ängstlich und ständig umherguckend zu: "Ich will da nicht hin! Ich gehöre nicht zu den königlichen Elben und will kein Aufsehen erregen!" Legolas lächelte sie an und zog sie sanft aber bestimmt in Richtung Tisch: "Solange du mit mir zusammen bist wird sowieso keiner etwas sagen."
Aeriél lächelte und boxte ihm in die Seite. Eine unausgesprochene Rüge wegen seiner Selbstgefälligkeit lag in ihren Augen. Er bemerkte es, beachtete es jedoch nicht und nahm sich vor, das später zu beantworten. Sílanell bemerkte Legolas, und nach einem zweiten Blick auch seine Begleitung, als erster. Er tippte seine Brüder an und winkte ihm. Aeriél grummelte neben ihm irgendetwas, was sich wie: "Soviel zu 'keine Aufmerksamkeit erregen'!", anhörte.
Etwas entschiedener und schneller steuerte er seine Verwandten an. Als er Aeriél den letzten freien Stuhl neben seinem heran schob, bemerkte er das ungewöhnliche Interesse seiner Brüder an seiner neuen Freundin. Und sein Vater, wie immer die Etikette wahrend, tadelte ihn schließlich seiner Unhöflichkeit: "Du hast uns deine junge Begleiterin noch gar nicht vorgestellt!" erwähnte er fast wie beiläufig.
Aeriél stand auf und wollte ihm schon die Hand reichen als sie eine Hand auf ihrem Unterarm spürte. Ihr Blick fuhr an dem Arm entlang und sah wie der Bruder, oder sie vermutete zumindest, dass es sein Bruder war, der ihnen vorhin zu gewunken hatte, leicht ihre Hand nach unten drückte, fast unmerklich den Kopf schüttelte und unter dem Tisch eine abwartende Geste machte. Sie verstand, dass Legolas auf für sie unverständliche Weise offenbar nicht so viel Ansehen bei seinem Vater genoss wie seine Brüder und das hier dazu da war sein Ansehen zu festigen. Es war bestimmt nicht leicht, sich ständig gegen so edle Geschöpfe wie seine Brüder es waren behaupten zu müssen. Sie beobachtete die Veränderung in Legolas' Augen ganz genau. Die Liebe in seinem Gesicht als er seine Brüder, insbesondere den, der sie angehalten hatte, angesehen hatte war gewichen als sein Vater diese Worte mit eindeutig hartem Unterton an ihn gerichtet hatte. "Aeriél, darf ich Euch meinen Vater Thranduil, den König des Düsterwaldes, vorstellen? Vater, dies ist Aeriél."
Sie bemerkte äußerst erleichtert sein Verzicht auf sämtliche Titel ihrerseits. Sie verneigte sich respektvoll vor ihm: "Es ist mir eine Ehre Eure Bekanntschaft zu machen, König Thranduil." Er nickte ein wenig pikiert und deutete mit einer Handbewegung auf die anderen Drei: "Ich darf euch meine Söhne vorstellen? Leagim, Calegaladh und Sílanell. Meinen jüngsten Spross Legolas scheint Ihr ja schon zu kennen. Dürfte ich euch nach eurem Titel fragen?"
Sie verneigte sich erneut bevor er ihr bedeutete, sich zu setzen. Dann antwortete sie: "Die Gruppe, der ich angehöre, benutzt nicht gern Titel. Sie berauben uns der Nähe zu unserem Volk und anderer Wesen. Darum nennt mich bitte einfach nur Aeriél!"
Während sie aßen, beugte sich Sílanell zu ihr hinüber: "Du musst das Verhalten meines Vaters entschuldigen! Er kennt eure Herkunft, er findet es nicht richtig, dass ihr umherzieht "wie Wilde", so hat er sich ausgedrückt. Aber meine Brüder und ich halten die Erilia für den schlichten Ausdruck eines Herzenswunschs, nämlich der Freiheit. Auch darfst du sein Verhalten gegenüber Legolas nicht allzu ernst nehmen. Er liebt ihn sehr, er liebt uns alle sehr aber er trauert und ich fürchte, er kann in Legolas nur das Kind seiner Frau sehen und nicht seinen Sohn, sein Fleisch und Blut. Er hat nicht die Gabe in die Zukunft zu sehen.
Andernfalls würde auch er sehen, was ich als Einziger aus dieser Familie wahrnehme. Aus meinem kleinen Bruder wird einmal ein großer Krieger und ein stolzer und gerechter Herrscher werden. Er ist dazu ausersehen großes zu tun und uralte Fehden beizulegen." Dies alles sagte er nicht ohne Stolz und sah seinen Bruder mit leuchtenden Augen an.
Auch Aeriél wand sich zu ihm um und lächelte. Da sah sie für einen kurzen Moment tatsächlich wovon Sílanell sprach. Sie sah Legolas auf einem Thron sitzen. Er war reifer und hübscher. Er war ein Ebenbild all des Stolzes und der Schönheit der Elben. Eines ihrer letzten Ebenbilder. Dann verblasste die Vision wieder. Legolas saß genauso da wie eben. Sie fragte flüsternd: "Aber warum behandelt er ihn denn nur so?"
Sílanell wirkte sehr betrübt als er antwortete: "Unsere Mutter starb bei seiner Geburt. Ich glaube, mein Vater gibt ihm irgendwie die Schuld dafür. Er hat sie wirklich geliebt und muss erst darüber hinwegkommen, ehe er begreifen wird, dass am aller wenigsten Legolas daran Schuld ist. Er ist so ein gutes Wesen und hat so eine Behandlung wirklich nicht verdient. Er kämpft hart um seine Anerkennung und darf sich nie gehen lassen. Ständig ist er aufmerksam und lernt. Ich finde das erstaunlicher als vieles Anderes, was er vollbringen könnte!" Legolas schien gespürt zu haben, dass sie über ihn sprachen, denn sein Kopf wand sich ihnen zu und er sah leicht misstrauisch drein aber Aeriéls breites Lächeln schien ihn zu beruhigen denn er wand sich wieder seinem Teller zu. Sie aßen noch auf wobei sich Sílanell, Legolas und Aeriél fast ununterbrochen unterhielten. Dann stand die junge Elbin auf, verbeugte sich leicht vor Thranduil und den vier Prinzen und sagte, dass sie zu ihrem Volk müsse.
Als sie außer Sichtweite war, fragte Calegaladh: "Und, Vater? Was haltet Ihr von ihr?"
"Eine Erilia! Was soll ich von ihr schon halten als, dass was von vornherein klar war? Es ist eine Schande, dass es solche Wilden unter den Elben überhaupt gibt!"
Legolas sah seinen Vater einen Moment lang stumm an. Dann legte er sein Besteck hin und sagte ruhig: "Du beurteilst sie, bevor du sie wirklich kennst. Aeriél ist sehr nett und versucht nur, ihre Freunde und ihre ganze Gruppe zusammen zu halten. Sie beschützt das Leben von vielen mit ihrem eigenen und schließlich kämpfen wir doch alle auf derselben Seite. Jeder, der urteilt bevor er kennt erscheint mir als nichts weiter denn dumm!"
Thranduil wand seinen Kopf zu ihm. Mit einer leichten Geste bedeutete er ihm, ihm nach draußen zu folgen. In dem leeren Flur vor dem Speisesaal blieb der König stehen. Seine Augen blitzen und er schlug Legolas einmal hart ins Gesicht. Der Kopf des jungen Elbenprinzen wurde zur Seite geworfen. Blut lief aus seinem rechten Mundwinkel. "Was erlaubst du dir eigentlich so mit mir zu sprechen?", fauchte sein Vater und er hieb ihm in den Bauch. Legolas krümmte sich vor Schmerz. Er wollte sich wieder aufrichten aber er schaffte es nur so weit, dass er gerade die Schuhspitzen Thranduils sehen konnte. Dieser wand sich einfach ab und ging. Legolas versuchte gegen den Schmerz anzukämpfen, doch wieder einmal bewies er, nicht so wie seine Brüder zu sein. Er lies sich nach hinten fallen, lehnte sich keuchend an eine Säule und schloss die Augen. Er hörte wie sich die Türen zum Saal öffneten und wieder zufielen. Jemand hockte sich vor ihn. Vorsichtig öffnete Legolas die Augen. Sílanell sah ihn mitleidig an. Langsam streckte er die Hand nach ihm aus und lächelte ihn aufmunternd an. Legolas lies zu, dass er ihn nach oben zog. Als er wieder auf den Beinen stand, sah er seinem Bruder ins Gesicht und sagte: " Ich möchte doch nur, dass Vater auch auf mich einmal stolz ist! Nur du stehst immer zu mir. Calegaladh und Leagim scheinen mich zu mögen, doch meistens wenn sie das Wort an mich richten, tun sie es um mit mir zu schimpfen. Du bist der Einzige, der auch einmal Lob für mich hat. Ich weiß gar nicht was ich ohne dich machen würde!" Der ältere Prinz strich ihm eine Strähne seiner blonden Haare aus dem Gesicht: "Vater behandelt dich nur so, weil du deiner Mutter so ähnlich siehst. Er ist über ihren Tod noch immer nicht hinweg. Ich glaube sogar, dich achtet und liebt er mehr als uns andere drei zusammen, nur kann er es wegen seiner Trauer nicht zeigen. Ihr werdet schon wieder zueinander finden!" "Warum bin ich nur nicht wie du, Sílanell?" "Aber das bist du doch ganz tief in dir drin! Dir wird das Leben sehr viel mehr Prüfungen und Leiden auferlegen als mir. Aus ihnen wirst du, wenn du standhaft und stark bleibst, als ein König unter Bettlern hervorgehen. Du wirst deinen Weg finden, Legolas!", antwortete er ihm lächelnd. "Bist du sicher?", fragte der junge Elb, nicht sicher ob er nun ängstlich oder beruhigt sein sollte. Sein Bruder sah ihn voller Zuversicht an und nickte. Sílanell sah den Gang hinunter, in dem sein Vater verschwunden war und murmelte traurig: "Er hat sich so verändert!" Damit wand er sich von Legolas ab und ging eine Treppe in Richtung Bibliothek entlang. Der Elb sah ihm nach bis er seinem Blickfeld entschwand.
Später, fast schon am Abend, saß er traurig auf dem Baum, wo er schon am Morgen die Kämpfer beobachtet hatte. Ihm ging so vieles durch den Kopf. Sílanell hatte Visionen der Zukunft, Calegaladh sah Bewegungen bevor sie stattfanden und war daher der beste Kämpfer weit und breit, Leagim erinnerte sich an alles, was er einmal sah und er, Legolas, konnte nichts von alle dem und auch nichts anderes besonders gut. Er war einfach ein Elb unter vielen während seine Brüder eindeutig königlich waren. Vor ihnen verbeugte sich jeder wenn sie vorbei kamen, doch Legolas musste oft sogar um Durchlass kämpfen. Er würde viel dafür geben, Sílanells Gabe zu besitzen, denn sie erschien ihm als die Begehrenswerteste.
Auf einmal bemerkte er, wie jemand sich sanft auf dem Ast niederließ. Überrascht drehte er sich um. Hinter ihm saß Aeriél und sah ihn vorsichtig an.
Sie kroch gewandt weiter zu ihm vor und sah ihn vorsichtig an. " Das wollte ich nicht!", sagte sie leise und selbst für einen Elben nur schwer verständlich.
Legolas hatte sich wieder umgedreht und blickte zum Himmel empor: "Was wolltest du nicht?"
Sie lies betreten den Kopf hängen: "Ich wollte nicht, dass du wegen mir Schwierigkeiten bekommst. Es tut mir leid!"
Der Prinz lächelte: "Das braucht es nicht.", er wand sich wieder zu ihr um. "Ich hätte wissen müssen, wie mein Vater reagieren würde! Warum sollte er sich auch ändern?" Der letzte Satz hörte sich verbitterter an als Legolas vorgehabt hatte und er senkte ein wenig beschämt den Kopf.
Noch leiser als eben schon fuhr sie fort: "Ich hab euch beobachtet. Ich hab gesehen, wie dein Vater dich geschlagen hat. Ich wollte schon zu dir und dir helfen, aber da ist dein Bruder gekommen. Ich hatte das Gefühl, ich würde stören und bin gegangen."
Ihm schoss die Röte in die Wangen als er das hörte. Er wusste nicht wieso, aber es war ihm unangenehm, dass Aeriél das gesehen hatte. Trotzdem erwiderte er erneut: "Dir braucht nichts leid zu tun, Aeriél. Wenn überhaupt jemand daran Schuld war, dann ich aber du nun wirklich als letzte!"
Sie schien endlich beruhigt zu sein denn sie schwang sich auf den Ast neben seinem und sah ebenfalls zum Himmel empor. "Ich liebe die Sterne! Ich wünschte, ich könnte sie einmal von Tol Eressear aus betrachten!"
"Vielleicht werden wir sie beide irgendwann von dort aus sehen!" "Nein, mein Weg wird mich nicht nach Tol Eressear führen. Leider niemals!"
Legolas sah sie erschrocken an: "Aber warum denn nicht?"
Über das Gesicht der jungen Elbe huschte ein trauriges Lächeln: "Irgendwann werde ich dir sicher diese Geschichte erzählen aber noch ist dieser Tag nicht gekommen. Habe Geduld." Sie wand sich wieder dem Himmel zu. Lange betrachteten beide nur das funkelnde Firmament.
Nach einiger Zeit, fragte Legolas leise: "Kannst du mir beibringen, wie ihr, du und Sílanell, das mit dem sehen macht?" Überrascht wand sie sich zu ihm um: "Du willst lernen wie man in die Zukunft sieht? Ich wusste nicht einmal, dass du weist, dass ich das kann!"
Beschämt sah er zu Boden: "Es ist bestimmt nicht möglich, zu sehen, wenn man nicht dafür geschaffen wurde." Sie lehnte sich von ihrem Ast zu ihm herüber und legte ihre Hand auf die seine.
Sie bewegte die Lippen nicht aber in seinem Kopf hallte ihre Stimme wieder: Möglich ist, an was du fest glaubst. Zu sehen und zu hören wie ich bedeutet, Kind und Erwachsen zugleich zu sein. Nur die kindliche Reinheit allein lässt dich auf deine und die inneren Stimmen anderer hören. Nur wenn du junges Lernen und altes Denken vereinst, siehst du, was vielen verborgen bleibt.
Zweifel stand in Legolas' Augen als er sie erneut ansah.
Erneut in Worten, die jeder hörte der ihnen lauschen würde instruiere sie ihn: "Suche nach einem kleinen Punkt in dir, der sich danach sehnt wieder ein kleines Kind zu sein. Suche nach einem Teil, der wieder unbeschwert lachen und träumen möchte!"
Der junge Prinz schloss die Augen: "Diesen Teil zu suchen ist nicht schwer. Er ist direkt unter meiner Haut und ist mein tiefstes Inneres!"
Aeriél lächelte: "Nun suche, wo du noch jemanden findest, der diesen Punkt in sich trägt. Sobald du tief in dir drin deinen Frieden hast, kannst du ihn so mit anderen teilen."
Legolas hielt die Augen immer noch geschlossen aber ein Lachen breitete sich auf seinem Gesicht aus: "Ja, da ist etwas! Irgendetwas ist da!"
Das bin ich!
Der Prinz öffnete die Augen wieder: "Und wie kann ich nun sehen oder so sprechen?"
"Habe Geduld! Ich hätte nicht einmal gedacht, dass du an einem Tag überhaupt soviel schaffst! Diese Gabe der Elben zu erlernen ist anstrengend und schwierig. So etwas braucht Zeit!" Sie sah zum Himmel und erschrak fast: "Wir saßen solange hier oben, dass es schon wieder das Abendbankett gibt."
Der Prinz schüttelte den Kopf: "Nein, ich habe keinen Hunger und möchte meinen Vater nicht wieder treffen."
Vorsichtig legte sie ihm eine Hand auf die Schulter: "Heute Mittag ist die Gesandtschaft aus Bruchtal eingetroffen. Herr Elrond und seine Söhne und seine Tochter. Dieses Essen ist ihre Begrüßung. Vielleicht wird es Elrond als Beleidigung ansehen, wenn du nicht anwesend bist."
Legolas schüttelte pessimistisch den Kopf: "Er wird mein Fehlen nicht einmal bemerken!"
Aeriél schien angesichts dieser Bemerkung fast wütend zu werden: "Nichts da! Du kommst jetzt mit." Damit stieg sie behänd wieder hinunter und zog den Elb hinterher.
Tatsächlich passierte im Festsaal angekommen eigentlich gar nichts. Auf dem Weg hatten sie abgesprochen, dass sie sich jeweils an die Tische ihrer Zugehörigkeit setzen würden. Das hieß, Aeriél würde zu den anderen Erilia gehen und Legolas zu seiner Familie. Aeriél gab zwar zu bedenken, sie fühle sich nicht wohl dabei, ihn mit einem Schlamassel allein zu lassen, welches irgendwo mit ihre Schuld war. Legolas erwiderte einfach, es sei erstens nicht ihre Schuld, dass er mal wieder falsches Vertrauen in seinen Vater gesetzt habe und zweitens werde er sich schon gegen seinen Vater verteidigen können. Sie war immer noch skeptisch gewesen aber sie hatte den verletzten Stolz in den Augen des jungen Prinzen funkeln sehen und nachgegeben.
Jetzt sah sie von dem langen Tisch direkt in der Mitte des Saals zu dem erhobenen Podest. Dort saßen die hohe Herrin Galadriel und der Herr Celeborn, neben ihnen konnte sie Elronds Tochter Arwen und ihre Brüder Elladan und Elrohir ausmachen, auch Thranduil mit seinen Söhnen saß friedlich am Tisch und unterhielt sich mit Glorfindel, einem Elbenfürsten und engem Vertrauten Elronds. Nur Elrond selbst fehlte. Sie sah sich überall im Raum um, entdeckte zahlreiche hohe Elben doch der Herr Bruchtals war nicht darunter. Sie wusste nicht genau wieso, aber sie wollte ihm auch gar nicht begegnen. Ebenso wenig wollte sie, dass dieses Essen vorbei ging denn danach würde sie noch eine traurige Pflicht erfüllen müssen. Doch immer, was man nicht erreichen möchte kommt doppelt so schnell. So schien ihr das Bankett kaum drei Minuten lang gewesen zu sein während es fast drei Stunden gedauert hatte.
Nun stand sie in einem geschlossenen Pavillon und hielt einen Stein in der hohlen Hand. Der Pavillon war eine Gedenkstätte für die im Krieg gefallenen Elben. Er wurde von wunderschön verzierten Säulen getragen. In seiner Mitte stand ein Brunnen mit Kristallklarem Wasser. Die Wände waren in einem dunklen Blau gestrichen, so dunkel, dass es fast schwarz war. Dennoch war es hier niemals finster, denn von der gewölbten Decke herunter funkelten hunderte von Edelsteinen in Form der am Himmel stehenden Sternbilder. Jeder dieser Kristalle hatte einmal einem großen Krieger gehört. Die Überlebenden waren nach der Schlacht über die Ebene gegangen und hatten ihnen die Ketten abgenommen.
Die Elben waren zu tief mit ihnen verbunden gewesen um sie einfach seelenlos irgendwo einzubuddeln oder ihnen hunderte von Grabkammern zu bauen. So hatten sie beschlossen diese Helden zu dem zu machen, was die Elben am meisten liebten und am höchsten ehrten. Zu Sternen.
Aeriél schob nun vorsichtig eine Leiter an das eine Ende der Stätte. Oben angelangt nahm sie den Kristall, der vorher einen Tag in dem Wasser des Brunnens gelegen hatte, und befestigte ihn an dem von einem Steinmetz hineingeschlagenen Loch. Für einen Moment schienen alle anderen Steine zu verblassen und nur dieser wurde vom Schein des Wassers getroffen und reflektierte es tausendfach in alle Richtungen. Dann waren wieder die wunderschönen Muster in immer anderem Rhythmus an den Wänden zu sehen. Das Spiel aus Farbe, Licht und Magie faszinierte sie immer aufs Neue doch es stimmte sie trauriger als alles andere in Mittelerde. Sie stieg wieder hinunter und gedachte dem Freund, dem dieser Stein gehört hatte und den sie nun für immer verloren hatte.
"So ist denn wieder einer dahin geschieden.", ertönte eine Stimme hinter ihr. Wohlbekannt war sie ihr. Die Stimme gehörte Elrond.
"Ja, wieder habe ich einen verloren." Erst nachdem sie diese Worte gesprochen hatte wand sie sich zu ihrem ehemaligen Herren um.
"Deine Eltern wollten nur ein Leben in Sicherheit und ohne Tod für dich. In Imladris wähnten sie dich sicher und verließen es wieder. Doch deine Bestimmung und die unaufhörliche Jagd auf dich machten es für mich und meine Helfer unmöglich, dich zu beschützen. Als dann auch noch deine Eltern im Kampf starben, begannst du, dir deine Gefahr selbst zu suchen. Wir wollten dich zurück halten doch niemand vermag sich deinem starken Willen zu widersetzten wenn du diesen auf ihn richtest. So zogst du aus. Du bist Herrin derer geworden, die keine Heimat mehr haben. Du beschützt sie und liebst sie. Sie sind zu deiner Familie geworden und du zu einer lebenden Legende. Du hättest das alles nicht tragen müssen und du musst es auch jetzt nicht."
Aeriél schüttelte resigniert den Kopf und wand sich wieder dem künstlichen Sternenhimmel zu: "Mir wurde macht gegeben, die ich nie wollte. Doch nun habe ich das Vertrauen vieler auf mir und ich möchte keinen von ihnen enttäuschen auch wenn mir dadurch irgendwann der Tod drohen wird." Sie blickte auf ihre Hände und fuhr dann erneut herum: "Elrond, was soll ich denn tun? Ich fühle mich meiner Aufgabe nicht gewachsen. Meine Freunde sterben, einer nach dem anderen lassen sie mich allein. Wie soll ich diese Pflicht bewältigen wenn ich nicht einmal meine Freunde retten kann?"
Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Eine eher ungewöhnliche Geste für den sonst so kühlen Herren Bruchtals: "Nie hat Eru uns fehl geleitet. Du bist was du bist. In vielen steckt die Kunst zu vollbringen, was du tun sollst tief in ihnen drin, doch nur in dir steckt auch die Macht dazu. Ob du sie willst oder nicht, sie ist dir gegeben."
"Es macht mich einsam. Ich habe Freunde in meinen Reihen doch manchen gegenüber verhallte ich mich nur freundlich. Ich lasse sie nicht mehr an mich heran denn sie alle sterben so bald. Selbst wenn sie überleben werden sie mich ja doch nie verstehen. Ich trage eine Bürde die ich mit niemandem Teilen kann. Selbst von tausenden von Freunden umgeben, bin ich in meinem tiefsten Herzensgrunde einsam." Die sanfte Stimme des Elben erwiderte in fast belehrendem Ton: "Du trägst Macht in dir. Macht zu besitzen bedeutet einsam zu sein."
Aus irgendeinem Grund musste sie an den jungen Elbenprinzen denken. Ihm fühlte sie sich wirklich verbunden. Er war so offen und ehrlich, dass sie schon jetzt das Gefühl hatte ihn so gut zu kennen wie er sich selbst, obwohl sie ihn erst Gestern das erste Mal gesehen hatte.
Als könne er Gedanken lesen antwortete der Herr von Bruchtal: "Auch der Prinz hat eine Aufgabe zu erfüllen und es ist keine geringe. Ihr seid verwandte Seelen. Du wirst dein Leben wohl nicht so allein fristen müssen wie ich."
Langsam sah die junge Elbe nach seinen Worten auf: "Herr Elrond?", begann sie zaghaft, "Ihr könnt in die Zukunft sehen, sehr viel besser als ich oder irgend jemand anders. Sagt, Legolas.er hat doch solche Probleme mit seinem Vater. Werden sie denn je wieder zueinander finden?"
Der ältere Elb lächelte und antwortete ihr: "Es wird lange dauern bis der Tod eines so wundervollen Wesens wie Legolas' Mutter vergessen ist doch selbst die fremdesten Seelen haben in ihrem tiefsten Inneren eine Gemeinsamkeit. Und findet der Vater wieder zu seinem Sohn so wird er niemals wieder verloren gehen." Sie reichte Elrond die Hand und erwiderte: "Ich danke euch. Trotz, dass ich euch manchmal respektlos behandelt habe, seid ihr mir zu einem zweiten Vater geworden. Euer Rat scheint mir zu helfen egal was ich auf dem Herzen habe." Von einem plötzlichen Gefühl getrieben umarmte sie Elrond fest. Dann verlies sie den Pavillon.
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1: Mündig werden Elben etwa im Alter von 100 Jahren(soweit ich das in Erinnerung hab). Legolas' Alter entspricht also, nur inetwa, dem eines 15- 16jährigen.
~Das Schicksal einer Freundschaft~
~Kapitel 1-Kennenlernen~
Legolas erwachte in einem Zimmer der Elbenfestung Düsterwalds und das letzte woran er sich erinnern konnte war, wie er von einem Pfeil angeschossen worden war. Ja, sein Vater hatte die Gesandtschaft seiner Kerkermeister angegriffen, die vorgehabt hatten ihn als Sklaven zu verkaufen. Sein Vater hatte ihn befreit doch weil er schon vorher einiges an körperlicher Qual über sich hatte ergehen lassen müssen hatte er den Pfeil nicht kommen sehen. Vermutlich war er schwer verletzt worden wenn er den ganzen Weg von jener Straße nach Düsterwald bewusstlos gewesen war!
Er sah sich im Zimmer um. Dies war eindeutig der Krankenflügel aber hier war alles leer. Vorsichtig stieg Legolas aus dem Bett und ging zu einem nahe gelegenem Fenster. Draußen war es noch dunkel doch ein Schleier der Morgenröte zog sich bereits über den Himmel. Nun, die frühe Stunde erklärte zumindest warum niemand hier war.
Er stütze sich auf und gab sich Erinnerungen hin. Er schien in eine Welt aus Sonnenlicht einzutauchen. Damals dachte alle Welt Sauron wäre nach der Schlacht am Schicksalsberg durch Isildur vernichtet worden und Glück zog in jedes Gemüt ein. Lachen und Musik schien die Luft um ihn herum zu füllen. Eine Hochzeit wurde in den Wäldern Lóriens gefeiert und Gäste, zum größten Teil Elben, waren von überall aus Mittelerde gekommen. So auch Legolas mit seinen Brüdern und seinem Vater. Er erinnerte sich wie sehr er die Schönheit des goldenen Waldes bewundert hatte. Tagelang war der junge Elb zwischen den Bäumen herum geklettert und hatte auf die Ankunft weiterer Gäste gewartet. Fasziniert von den edlen Geschöpfen die diese Wälder durchstreiften war er nur selten in Gesellschaft anderer gewesen.
Er war das jüngste Kind von Thranduil, dem König der Leagel, der Grünelben des Grünwaldes. Drei ältere Brüder in deren Schatten er stand erlaubten ihm nicht viel Freizeit, genauso wenig wie Ruhe für sich ohne Lehrer oder Aufsichtspersonen. Leagim, Calegaladh und Sílanell waren von Können, Wissen und Stärke geachtete und hohe Elben. Man erkannte sie als Prinzen ihres Volkes und Nachfolger derer, die Großes vollbracht hatten als Elben die Großes vollbringen werden. Legolas aber war im Gegensatz zu ihnen klein, dumm, hässlich und sogar ein wenig knochig und mager, das machte ihm Sorge und er liebte seine Brüder sehr, da sie ihm jeder Zeit halfen und ihn an allem teilhaben ließen. Er wollte keinen Neid auf sie empfinden! Doch jetzt war ihm Neid sowieso unmöglich zu empfinden. Lothlórien trieb jedem das Böse oder Traurige in seinem Herzen aus.
Und wie er da oben in einem Mallorn hockte kamen neue Gäste an. Eine kleine Gruppe Elben. Sie sahen aus wie Galadrhim und ritten auf weißen Pferden. Jeder von ihnen trug einen langen Mantel aus silbrig-blauem Stoff und hatte das blonde Haar zurück gebunden. Sie trugen Instrumente bei sich: Harfen, Mandolinen, Flöten und einige andere die Legolas nicht zu benennen vermochte.
Vornan ritt eine besonders schöne Elbe. Sie hatte einen roten Schimmer in den Haaren und helle grüne Augen. Nun wusste Legolas mit Sicherheit, dass die Neuankömmlinge Galadrhim waren denn diese Elbe war die Braut. Sie war die Nichte Celeborns und heiratete einen jungen Elb aus Bruchtal.
Während Legolas sich noch an Details der Hochzeit zu erinnern versuchte, spürte er einen Blick auf sich. Sein Kopf fuhr wieder zurück zu dem kleinen Elbenzug. Die Elbe direkt hinter der Braut hatte den Kopf zu ihm gewandt. Schnell zog sich Legolas tiefer in das Blätterdach zurück, beobachtete diese Reiterin aber weiterhin. Irgendetwas haftete ihr an, dass verhinderte dass er den Blick abwandt. Das von der Kapuze halb verdeckte Gesicht sah ihn weiter an. Dann verzog sich der einzig sichtbare Teil des Gesichtes, der Mund, zu einem Lächeln. Sie wand ihr Gesicht zu dem inzwischen eingetroffenen Begrüßungskomite.
Die kleine Gruppe saß ab und legte ihre Waffen ab wie es üblich war wenn man die Grenzen Loriéns überschritt. Nur die Verteidiger dieser Lande besaßen Waffen. Seine feinen Ohren hörten ohne Probleme was dort unten gesprochen wurde. Verwundert stellte er fest, dass es keineswegs Sindarin war, die gängigere Sprache. Sie Sprachen in Quenya!
Die Elbe, welche direkt hinter der Braut ritt, verbeugte sich vor Haldir, dem Herr der Verteidigung. Sie stellte ihm die Ankömmlinge vor und jeder verbeugte sich vor Haldir während Haldir seinerseits sich vor jedem verneigte. "Haldir aus Lorién.", begrüßte sie den Elben förmlich. "Meine Herrin lässt ihnen die besten Grüße ausrichten. Sie ist hocherfreut, ihr Ehebündnis im goldenen Wald feiern zu dürfen!" Das Gespräch ging noch einige Zeit in dieser feinen und höflichen Art weiter doch Legolas achtete kaum auf das Gesprochene. Er wollte näher an diese Elbe ran! Sie faszinierte ihn, denn sie fühlte sich vertraut an und er wollte ihre Stimme hören, die einem sanften Sommerregen glich.
Haldir führte die kleine Gruppe nun zum Fleet Galadriels. Legolas wusste, ohne Erlaubnis durfte man diesen Ort nicht betreten aber hier und jetzt waren ihm die Folgen seiner Handlungen egal! Schnell und leise wie eine Katze hangelt er sich langsam von Baum zu Baum. Immer direkt über dem Zug der Gäste kletterte er höher in die Baumkronen. Den Blick hielt er dabei immer auf die zweite Elbin gerichtet. Sie hatte ihn vorhin entdeckt. Er war vielleicht nicht so edel und hochgestellt wie seine Brüder aber auf Tarnung verstand er sich. Als sie dann gelächelt hatte war ein Schauer durch seinen ganzen Körper geflossen. Noch nie hatte er eine so wohlklingende Stimme vernommen, wie wunderbar musste es erst sein wenn sie sang! Dann musste es kein Sommerregen mehr sein, dann würde es gewiss mit Tau im Frühling auf jungen Blättern zu vergleichen sein. Seine Augen blickten wieder zu ihr hinunter. Er hatte sie noch nie gesehen aber die Bewegungen unter dem langen Umhang ließen auf eine ungewöhnliche Eleganz selbst unter Elben schließen. Das Haar, welches unter der langen Kapuze hervor fiel war nicht ganz so hell wie das ihrer Herrin. Nein, ihr Haar war sattrot und lag in sanften Wellen auf ihren Schultern. Diese kurzen Beobachtungen hatten mehr Zeit in Anspruch genommen als er bewusst gefühlt hatte. Jeder Augenblick zog sich in die Länge und so waren sie, und auch Legolas, inzwischen bei Galadriels Palast in Caras Galadhon angekommen. Haldir führte sie zu einem Bereich vor hohen Stufen. Dahinter setzte sich der Palast fort doch dieser Teil davon waren die Privat- Gemächer Galadriels und Celeborns.
Die Elben verbeugten sich als die Herrin und der Herr des goldenen Waldes an dem Torbogen über den Stufen erschienen. Für einen Augenblick blendete ihn die Erscheinung Galadriels, wie es ihm immer geschah wenn er sie sah. Die Neuankömmlinge hielten die Köpfe noch immer gesengt und Galadriels Stimme begann zu sprechen. Der wunderbar melodische Klang war ihm früher wie das Schönste auf der Welt vorgekommen. Aber nun hatte diesen Platz eine andere Stimme eingenommen. Er brauchte einen Moment um sich von der Benommenheit, die diese frische Erinnerung hinterlassen hatte, zu erholen und bekam daher nur ein Teil des Gesprächs unten auf dem Fleet mit. Weder Galadriel noch Celeborn sahen ihn an doch er hatte das unauslöschbare Gefühl, sie wussten dass er da war. Der junge Elbenprinz fühlte sich ertappt. Das würde sicher noch ein Nachspiel haben! Dennoch konnte er nicht verschwinden. Es war als wäre er auf dem dünnen Ast festgenagelt.
So hörte er mit wie sie über Orks an der Westfurt zu Rohan und zwischen dem goldenen Wald und den Minen sprachen. Das fand Legolas äußerst Besorgnis erregend. Die verhüllte Elbin mit der Kapuze, der er vorhin schon so fasziniert gelauscht hatte, ging einen Schritt vor und verbeugte sich respektvoll vor ihrer Herrin. Galadriel bedeutete ihr sich zu erheben. Ihr Kopf fuhr wieder hoch und sie begann mit ihrer leisen aber unglaublich klaren Stimme zu sprechen: "Schon kurz nach unserem Aufbruch vom Hause Elronds wurden wir das erste Mal angegriffen. Die Angreifer bewegten sich nicht wie Orks. Sie waren schneller und raffinierter. Sie benutzten andere Taktiken und Waffen. Sie kreisten uns ein und bekämpften uns lange. Die Angreifer waren nicht in die Flucht zu schlagen, sodass wir gezwungen waren, jeden einzelnen von ihnen zu vernichten! Dabei dezimierten sie unsere Gruppe um ein Drittel. Auch der Rest blieb nicht unverletzt. Wir alle haben kleinere oder größere Wunden davon getragen und einer unserer Gefährten starb bei einem Kampf auf dem Caradhras. Fünf weiteren Angriffen vielen wir noch zum Opfer doch hierbei wurde keiner getötet, nur verletzt."
Galadriel nickte betrübt: "Ihr bringt schlechte aber keine neuen Nachrichten nach Lothlórien, Herrin der Erilia." Legolas stutzte. Das war die Herrin der unter jungen Elben legendären Erilia? Der Heimatlosen? So gut wie jeder junge Elb der heutigen Zeit hatte schon davon geträumte irgendwann in seinem Leben so frei wie die Erilia sein zu können. Sie gehorchten niemandem und zogen ähnlich den Dunedaín durch das Land. Legendärer noch als die Erilia an sich war ihre Anführerin. Es hieß, sie kämpfe um das dreifache besser als der größte elbische Krieger. Sie sollte etwas Besonderes sein, mehr hatte nie jemand wirklich gesagt und es hieß, sie ließe keine Gefühlsregung erkennen auch wenn sie noch so klein war. Alle waren sich aber darüber einig, dass sie für jeden Feind, und wenn es Sauron persönlich sei, gefährlich und am Ende tödlich sein würde.
Diese Eindrücke, wusste Legolas nun zu bestätigen. Bis auf das Kämpfen. Sie bewegte sich wie jemand, der sein ganzes Leben lang immer auf der Hut gewesen war und nun erst lernen musste, sich zu entspannen. Alle Waffen hatte sie bedenkenlos abgeliefert und es war eine ganze Menge dabei zum Vorschein gekommen. In jedem Stiefel hatte sie zwei leichte Klingen versteckt gehalten, mehr Messer als Dolche, auf ihrem Rücken allein hatte sie zwei Dolche, noch dazu Pfeil und Bogen, kleine Wurfsterne und sehr dünne spitze Nadeln getragen und ihren Gürtel hatte vor ihrer Entwaffnung noch einiges mehr geziert.
Legolas hoffte, sie beim allmorgendlichen Kampftraining in Aktion sehen zu können. Er brannte förmlich darauf und so schlich er, dem Rest des Gesprächs zwischen den Elben und Galadriel nicht mehr viel Aufmerksamkeit schenkend zurück. Gerade als er von diesem Mallorn zum nächsten hatte springen wollen, war ein Stimme in seinem Kopf zu hören und Legolas musste rasch zugreifen um nicht zu fallen. "Vergiss diese Elbe lieber schnell! Tust du es nicht wird es früher oder später dein Untergang sein. Ich spüre, dass ihr verwandte Seelen seid doch das hättet ihr nie sein dürfen. Glaube mir, Legolas, zuerst würde sie dich auf die Höhe deiner Taten und deiner Kraft führen doch du würdest tiefer fallen als der Boden des Loches jetzt entfernt ist. Ich will dir nichts verbieten doch wähle weise!" Die Stimme Galadriels hallte noch lange in seinem Kopf nach und er musste darüber nachdenken, was sie gesagt hatte.
Ohne es zu merken war er weiter geklettert und inzwischen bei dem Fleet seines Vaters und seiner Brüder angekommen. Leise glitt er in seinen Teil doch Sílanell, der jüngste seiner Brüder, setzte sich lächelnd neben ihn und fragte, was er über den Tag so erlebt hatte. Seinen Brüdern, insbesondere Sílanell, dem er mehr vertraute als jeder anderen Person in Mittelerde, hatte er bisher immer die volle Wahrheit gesagt. Nie hatte der junge Prinz sie angelogen oder etwas verschwiegen. Dementsprechend schwer fiel es ihm, dies jetzt zu tun. Er wusste nicht einmal genau, wieso er es tat aber er wollte nicht, dass Sílanell erfuhr, wen er gesehen hatte. Darum sprach er mit ihm nur über die Hochzeit und die Gäste. Kampf oder anderen unerfreulichen Dingen schenkten sie nur wenig Aufmerksamkeit. Das Gespräch war heiter und locker bis Sílanell schließlich besorgt zu ihm sagte: "Legolas, du verschweigst mir doch etwas! Sag's mir, was bedrückt dich?"
Doch Legolas fing sich eben noch und erwiderte lächelnd: "Was sollte ich dir verschweigen? Ich hatte einen sehr schönen Tag doch nun bin ich müde und möchte für einen neuerlich schönen Tag ruhen." Der junge Prinz sah in den Augen des Anderen, dass er ihm nicht glaubte. In ihnen war Trauer, dass er ihm nicht die Wahrheit sagte. Ihm tat es ja selbst irgendwo leid doch er legte sich ohne ein weiteres Wort auf sein Bett und schlief bald ein. Als er am nächsten Morgen sehr früh die Augen aufschlug, waren seine Brüder noch nicht wach und auch sein Vater, der sonst immer viel eher aufstand als seine Söhne, schlief noch. Leise schlich Legolas in die Ecke wo er am Vortag seine Kleidung hatte fallen lassen. Rasch zog er sich die Silberdurchwirkte Tunika an. Die Treppen nach unten hatte er hinter sich gebracht, ohne dass er bemerkt hatte, dass er überhaupt lief. Er schien ein wenig neben sich zu stehen. Heute Nacht hatte Legolas geträumt. An sich war das nichts Ungewöhnliches doch dieser Traum hatte mehr einer Vision denn einem Traum geglichen.
Er hatte in Bruchtal gesessen und ein sehr kleiner Mensch, er hätte gesagt ein Kind wäre da nicht der erwachsene fast ein wenig elbisch anhaftende Ausdruck in seinem Gesicht gewesen, erzählte etwas von dem einen Ring. Dieser "Mensch" erzählte von seinem Fund, einer Flucht, einer Schlacht und einem guten Ausgang.
Für den jungen Prinzen hörte sich das Ganze wie eine extrem verkürzte Version der alten Tage an aber er sagte nichts.
Legolas sah sich die Personen im Rest dieses Kreises, es schien ein Art Rat zu sein, an. Da waren Menschen, Elben, Zwerge und er entdeckte sogar Gandalf am Rand sitzen. Neben dem kleinen Mann, der sich nun wieder gesetzt hatte, saß noch einer von seiner Art.
Sein Blick blieb an einem dunkelhaarigen Mann an der rechten Seite Elronds hängen. Er kannte ihn nicht aber sein Name schoss ihm trotzdem durch den Kopf und es war, als wüsste Legolas über jeden einzelnen Tag des anderen bescheid. Das war also der Erbe Isildurs, Aragorn Arathorns Sohn.
Er ertappte sich dabei, nach einer ganz gewissen Elbe in dem Kreis zu suchen. Ein lächerliches Unterfangen wo er nicht einmal ihr Gesicht kannte. Aber auf Legolas' Gemüt legte sich schon nachdem er ihre Abwesenheit bemerkte, was ihn alles andere als wunderte, eine gewisse Trauer. Ihm war als würde er sie auch nicht wieder sehen. Als wäre sie für ihn, auf Ewig verloren.
Da entsann er sich Galadriels Rat. Hatte sie nicht gesagt, sie würde ihn allein lassen? Nein, so deutlich hatte sie es nicht formuliert. Sie hatte gesagt, die Elbe würde ihn auf den höchsten Punkt seiner Macht führen und dann würde er fallen.
Nachdem er über ihre Worte nachgesinnt hatte war er aus dem Traum erwacht. Er war sich ziemlich sicher. Diese Bilder in seinem Kopf hatten etwas zu bedeuten aber er kam nicht darauf was es war!
Das ärgerte ihn und er wollte zum Kampfplatz um sich abzureagieren. Fast dort angekommen, wurde er auf ein kleines Problem aufmerksam. Er war noch nicht mündig[1]. Er war erst 45 also noch sehr jung. Ohne seine Brüder oder seinen Vater würde man ihm den Zutritt sicher verwehren!
Um dieses Problem zu lösen ging Legolas mal wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Er kletterte auf einen der niedrigeren Mallorn und arbeitete sich bis zum Kampfplatz vor. Dort setzte er sich auf einem Ast nieder und lies die Beine baumeln. Er sah den älteren Elben eine Weile zu und bestaunte ihre Fertigkeiten im Umgang mit diesen Waffen. Hinter ihm lies sich völlig unbemerkt eine Gestallt nieder. Eine Weile saß sie einfach da und beobachtete abwechselnd die Kämpfenden und den jungen Elb.
Legolas registrierte am Rande, dass sich der Ast mit einem Mal fast unmerklich absenkte. Er schob das auf den Wind denn er war viel zu fasziniert um den Blick auch nur eine Sekunde von dem Training dort unten auf der Lichtung abzuwenden. Verwunderlich war es also nicht, dass Legolas fast von dem Ast fiel als hinter ihm jemand in sein Ohr rief: "Alae!" Als der Prinz sich wieder halbwegs gefangen hatte drehte er sich reflexartig um und sah in ein junges, von roten Locken umrahmtes Gesicht. "Alae, wer seid ihr? Und warum erschreckt ihr mich so?"
Die Elbe ihm gegenüber lächelte ein wenig schadenfroh ehe sie sich von dem etwas dickeren Zweig, von dem sie sich hatte herunterhängen lassen, fallen lies und wie eine Katze auf allen vieren neben ihm landete. Sie lächelte erneut als sie sich niedergelassen hatte. Diesmal ohne Schadenfreude und ihm mitten ins Gesicht. "Ich bin Aeriél. Erschreckt habe ich dich eigentlich nur, weil ich mir sicher war, du würdest mich nicht bemerken. Du schienst so fasziniert von dem Training der Krieger, dass es mich in den Fingerspitzen gejuckt hat, dich zu erschrecken. Entschuldige."
Beim letzten Wort sah sie ein wenig betreten zu Boden aber in den grünen Augen war noch immer eine gewisse Schalkhaftigkeit zu sehen. Legolas hatte ihre Stimme längst wieder erkannt. Ihr hatte er gestern so lange gelauscht. Sie war die Herrin der Erilia. Wenn Legolas ehrlich war, müsste er seine Überraschung darüber bekünden. Sie sah nicht aus wie eine gefährliche Kriegerin. In ihrem Gesicht war etwas sehr kindlich niedliches, was nur von der Ernsthaftigkeit vieler Schlachten und Kämpfe überdeckt wurde. "Das macht nichts. Es ist ja niemandem etwas passiert!"
Sie lächelte dankbar und wand ihr Gesicht dem Kampfplatz zu. Auf einmal musste sie lachen. Legolas, der bisher das Spiel des Windes mit ihrem Haar beobachtet hatte, blickte hinunter auf die Lichtung und da musste auch er lachen. Zwei Elben waren beim Rückwärtslaufen gegeneinander gerannt und waren hingefallen. Nun saßen sie beide im weichen Gras und rieben sich ihr Hinterteil. Der eine bemerkte sie. Er schien Aeriél gut zu kennen denn er rief ihr zu: "Hey, du Faulpelz! Nur weil du noch nicht völlig genesen bist, muss das noch lange nicht heißen, dass dein Training ausfällt! Komm sofort hier runter und übe ein bisschen Nahkampf, verstanden?"
Die junge Elbe rollte nur mit den Augen und blickte Legolas belustigt an. Sie bedeutete ihm, ihr zu folgen und sie stiegen gemeinsam hinunter. Unten angelangt wollte sich Legolas schon wieder in ihr Fleet begeben doch sie hielt seine Tunika am Ärmel fest: "Warum trainierst du nicht ein bisschen mit? Das macht bestimmt Spaß!" Dann beugte sie sich verschwörerisch ein wenig vor: "Jedenfalls mehr Spaß als mit Cênovén, dem alten Herumkritisierer!"
Legolas musste abermals lachen und lies sich von Aeriél in Richtung Übungsplatz ziehen. Eine Viertelstunde später stand er vor Aeriél und erwartete ihren ersten Angriff. Cenôvén, der Lehrer und einer der Führer von Lóriens Armee, stand neben ihnen und Legolas fühlte sich extrem unwohl und beobachtet. Aeriél begann um ihn zu kreisen und wand kein einziges Mal den Blick ab. Auch Legolas war in Kampfhaltung übergegangen und verfolgte ihre Bewegungen. Er beobachtete sie sehr genau doch ihr erster Schlag kam dennoch so heftig und aus dem Nichts, dass Legolas gerade noch ausweichen konnte. Um sie seine Überraschung nicht ausnutzen zu lassen schlug er sofort zurück um einen Treffer in der Magengegend zu platzieren aber ihre Voraussicht verblüffte ihn. Seine Hand wurde von ihr fast nebenher abgeblockt. Cenôvén rief dazwischen: "Achtet nicht nur auf die Augen, der Körper verrät auch mehr von dem, was euer Gegner plant!" Weitere Angriffe folgten. Bei jedem wurden sie schneller und unvorhersehbarer. Nach einiger Zeit war aus dem Kampf ein Tanz mit präzisen Schritten geworden. Eine bestimmte Reihenfolge begann, sich immer wieder zu wiederholen. Blocken, schlagen, weichen, treten und wieder von vorn. Cenôvén sah sich das alles an bis sie beide vor Erschöpfung keuchend dastanden. Dann ging er dazwischen und lächelte: "Gut gemacht, ihr beiden! Den Gegner, wenn es nicht gerade ein Ork ist, besiegt man am besten mit Erschöpfung. Töten ist immer die letzte Variante. Wirklich nicht schlecht. Ich schätze, ich muss Thranduil fragen, ob ich seinen Sohn in meine Armee aufnehmen darf!" Er zwinkerte und ging weiter um zwei Soldaten eine Rüge zu erteilen.
Aeriél wirkte äußerst verdutzt: "Seit wann ist Cenôvén so nachsichtig? Er hat doch noch keine einzige Trainingsstunde ohne mindestens ein Wort der Kritik vergehen lassen. Wirklich erstaunlich!"
"Ich kenne Cenôvén nicht gut, genau genommen habe ich ihn erst eben kennen gelernt, aber ich finde ihn eigentlich sehr nett!"
Sie lachte. Das Gefühl ihres Lachens strömte wunderbar warm durch Legolas' Körper. Es fühlte sich an, als würden sie sich schon ein ganzes Leben kennen. Sie sah ihn fröhlich und gut gelaunt an: "Cenôvén ist auch nett aber eben auch sehr streng. Jedes Mal wenn ich in Lórien bin erteilt er mir Unterricht. Cenôvén hat eine wirklich liebliche und süße Tochter, sie ist etwas älter als ich. Mit ihr bin ich recht gut befreundet."
Legolas blickte sie erstaunt an: "Das hört sich so an, als würdest du hier jeden einzelnen kennen!" Sie winkte ab und erklärte das für Unsinn. Dann schlug Aeriél vor, in die Küche und den Speisesaal für die Hochzeitsgäste zu gehen um ein Frühstück einzunehmen. Beide spazierten fröhlich vor sich hin singend oder summend in Richtung Küche.
Als sie zu zweit eintraten entdeckte Legolas sofort seine Brüder und seinen Vater. Er zog Aeriél in Richtung ihres Tisches ganz oben im rechten Winkel zu den anderen. Dies sollte die königliche Herkunft der daran sitzenden hervorheben. Aeriél hielt Legolas zurück und flüsterte ihm ein wenig ängstlich und ständig umherguckend zu: "Ich will da nicht hin! Ich gehöre nicht zu den königlichen Elben und will kein Aufsehen erregen!" Legolas lächelte sie an und zog sie sanft aber bestimmt in Richtung Tisch: "Solange du mit mir zusammen bist wird sowieso keiner etwas sagen."
Aeriél lächelte und boxte ihm in die Seite. Eine unausgesprochene Rüge wegen seiner Selbstgefälligkeit lag in ihren Augen. Er bemerkte es, beachtete es jedoch nicht und nahm sich vor, das später zu beantworten. Sílanell bemerkte Legolas, und nach einem zweiten Blick auch seine Begleitung, als erster. Er tippte seine Brüder an und winkte ihm. Aeriél grummelte neben ihm irgendetwas, was sich wie: "Soviel zu 'keine Aufmerksamkeit erregen'!", anhörte.
Etwas entschiedener und schneller steuerte er seine Verwandten an. Als er Aeriél den letzten freien Stuhl neben seinem heran schob, bemerkte er das ungewöhnliche Interesse seiner Brüder an seiner neuen Freundin. Und sein Vater, wie immer die Etikette wahrend, tadelte ihn schließlich seiner Unhöflichkeit: "Du hast uns deine junge Begleiterin noch gar nicht vorgestellt!" erwähnte er fast wie beiläufig.
Aeriél stand auf und wollte ihm schon die Hand reichen als sie eine Hand auf ihrem Unterarm spürte. Ihr Blick fuhr an dem Arm entlang und sah wie der Bruder, oder sie vermutete zumindest, dass es sein Bruder war, der ihnen vorhin zu gewunken hatte, leicht ihre Hand nach unten drückte, fast unmerklich den Kopf schüttelte und unter dem Tisch eine abwartende Geste machte. Sie verstand, dass Legolas auf für sie unverständliche Weise offenbar nicht so viel Ansehen bei seinem Vater genoss wie seine Brüder und das hier dazu da war sein Ansehen zu festigen. Es war bestimmt nicht leicht, sich ständig gegen so edle Geschöpfe wie seine Brüder es waren behaupten zu müssen. Sie beobachtete die Veränderung in Legolas' Augen ganz genau. Die Liebe in seinem Gesicht als er seine Brüder, insbesondere den, der sie angehalten hatte, angesehen hatte war gewichen als sein Vater diese Worte mit eindeutig hartem Unterton an ihn gerichtet hatte. "Aeriél, darf ich Euch meinen Vater Thranduil, den König des Düsterwaldes, vorstellen? Vater, dies ist Aeriél."
Sie bemerkte äußerst erleichtert sein Verzicht auf sämtliche Titel ihrerseits. Sie verneigte sich respektvoll vor ihm: "Es ist mir eine Ehre Eure Bekanntschaft zu machen, König Thranduil." Er nickte ein wenig pikiert und deutete mit einer Handbewegung auf die anderen Drei: "Ich darf euch meine Söhne vorstellen? Leagim, Calegaladh und Sílanell. Meinen jüngsten Spross Legolas scheint Ihr ja schon zu kennen. Dürfte ich euch nach eurem Titel fragen?"
Sie verneigte sich erneut bevor er ihr bedeutete, sich zu setzen. Dann antwortete sie: "Die Gruppe, der ich angehöre, benutzt nicht gern Titel. Sie berauben uns der Nähe zu unserem Volk und anderer Wesen. Darum nennt mich bitte einfach nur Aeriél!"
Während sie aßen, beugte sich Sílanell zu ihr hinüber: "Du musst das Verhalten meines Vaters entschuldigen! Er kennt eure Herkunft, er findet es nicht richtig, dass ihr umherzieht "wie Wilde", so hat er sich ausgedrückt. Aber meine Brüder und ich halten die Erilia für den schlichten Ausdruck eines Herzenswunschs, nämlich der Freiheit. Auch darfst du sein Verhalten gegenüber Legolas nicht allzu ernst nehmen. Er liebt ihn sehr, er liebt uns alle sehr aber er trauert und ich fürchte, er kann in Legolas nur das Kind seiner Frau sehen und nicht seinen Sohn, sein Fleisch und Blut. Er hat nicht die Gabe in die Zukunft zu sehen.
Andernfalls würde auch er sehen, was ich als Einziger aus dieser Familie wahrnehme. Aus meinem kleinen Bruder wird einmal ein großer Krieger und ein stolzer und gerechter Herrscher werden. Er ist dazu ausersehen großes zu tun und uralte Fehden beizulegen." Dies alles sagte er nicht ohne Stolz und sah seinen Bruder mit leuchtenden Augen an.
Auch Aeriél wand sich zu ihm um und lächelte. Da sah sie für einen kurzen Moment tatsächlich wovon Sílanell sprach. Sie sah Legolas auf einem Thron sitzen. Er war reifer und hübscher. Er war ein Ebenbild all des Stolzes und der Schönheit der Elben. Eines ihrer letzten Ebenbilder. Dann verblasste die Vision wieder. Legolas saß genauso da wie eben. Sie fragte flüsternd: "Aber warum behandelt er ihn denn nur so?"
Sílanell wirkte sehr betrübt als er antwortete: "Unsere Mutter starb bei seiner Geburt. Ich glaube, mein Vater gibt ihm irgendwie die Schuld dafür. Er hat sie wirklich geliebt und muss erst darüber hinwegkommen, ehe er begreifen wird, dass am aller wenigsten Legolas daran Schuld ist. Er ist so ein gutes Wesen und hat so eine Behandlung wirklich nicht verdient. Er kämpft hart um seine Anerkennung und darf sich nie gehen lassen. Ständig ist er aufmerksam und lernt. Ich finde das erstaunlicher als vieles Anderes, was er vollbringen könnte!" Legolas schien gespürt zu haben, dass sie über ihn sprachen, denn sein Kopf wand sich ihnen zu und er sah leicht misstrauisch drein aber Aeriéls breites Lächeln schien ihn zu beruhigen denn er wand sich wieder seinem Teller zu. Sie aßen noch auf wobei sich Sílanell, Legolas und Aeriél fast ununterbrochen unterhielten. Dann stand die junge Elbin auf, verbeugte sich leicht vor Thranduil und den vier Prinzen und sagte, dass sie zu ihrem Volk müsse.
Als sie außer Sichtweite war, fragte Calegaladh: "Und, Vater? Was haltet Ihr von ihr?"
"Eine Erilia! Was soll ich von ihr schon halten als, dass was von vornherein klar war? Es ist eine Schande, dass es solche Wilden unter den Elben überhaupt gibt!"
Legolas sah seinen Vater einen Moment lang stumm an. Dann legte er sein Besteck hin und sagte ruhig: "Du beurteilst sie, bevor du sie wirklich kennst. Aeriél ist sehr nett und versucht nur, ihre Freunde und ihre ganze Gruppe zusammen zu halten. Sie beschützt das Leben von vielen mit ihrem eigenen und schließlich kämpfen wir doch alle auf derselben Seite. Jeder, der urteilt bevor er kennt erscheint mir als nichts weiter denn dumm!"
Thranduil wand seinen Kopf zu ihm. Mit einer leichten Geste bedeutete er ihm, ihm nach draußen zu folgen. In dem leeren Flur vor dem Speisesaal blieb der König stehen. Seine Augen blitzen und er schlug Legolas einmal hart ins Gesicht. Der Kopf des jungen Elbenprinzen wurde zur Seite geworfen. Blut lief aus seinem rechten Mundwinkel. "Was erlaubst du dir eigentlich so mit mir zu sprechen?", fauchte sein Vater und er hieb ihm in den Bauch. Legolas krümmte sich vor Schmerz. Er wollte sich wieder aufrichten aber er schaffte es nur so weit, dass er gerade die Schuhspitzen Thranduils sehen konnte. Dieser wand sich einfach ab und ging. Legolas versuchte gegen den Schmerz anzukämpfen, doch wieder einmal bewies er, nicht so wie seine Brüder zu sein. Er lies sich nach hinten fallen, lehnte sich keuchend an eine Säule und schloss die Augen. Er hörte wie sich die Türen zum Saal öffneten und wieder zufielen. Jemand hockte sich vor ihn. Vorsichtig öffnete Legolas die Augen. Sílanell sah ihn mitleidig an. Langsam streckte er die Hand nach ihm aus und lächelte ihn aufmunternd an. Legolas lies zu, dass er ihn nach oben zog. Als er wieder auf den Beinen stand, sah er seinem Bruder ins Gesicht und sagte: " Ich möchte doch nur, dass Vater auch auf mich einmal stolz ist! Nur du stehst immer zu mir. Calegaladh und Leagim scheinen mich zu mögen, doch meistens wenn sie das Wort an mich richten, tun sie es um mit mir zu schimpfen. Du bist der Einzige, der auch einmal Lob für mich hat. Ich weiß gar nicht was ich ohne dich machen würde!" Der ältere Prinz strich ihm eine Strähne seiner blonden Haare aus dem Gesicht: "Vater behandelt dich nur so, weil du deiner Mutter so ähnlich siehst. Er ist über ihren Tod noch immer nicht hinweg. Ich glaube sogar, dich achtet und liebt er mehr als uns andere drei zusammen, nur kann er es wegen seiner Trauer nicht zeigen. Ihr werdet schon wieder zueinander finden!" "Warum bin ich nur nicht wie du, Sílanell?" "Aber das bist du doch ganz tief in dir drin! Dir wird das Leben sehr viel mehr Prüfungen und Leiden auferlegen als mir. Aus ihnen wirst du, wenn du standhaft und stark bleibst, als ein König unter Bettlern hervorgehen. Du wirst deinen Weg finden, Legolas!", antwortete er ihm lächelnd. "Bist du sicher?", fragte der junge Elb, nicht sicher ob er nun ängstlich oder beruhigt sein sollte. Sein Bruder sah ihn voller Zuversicht an und nickte. Sílanell sah den Gang hinunter, in dem sein Vater verschwunden war und murmelte traurig: "Er hat sich so verändert!" Damit wand er sich von Legolas ab und ging eine Treppe in Richtung Bibliothek entlang. Der Elb sah ihm nach bis er seinem Blickfeld entschwand.
Später, fast schon am Abend, saß er traurig auf dem Baum, wo er schon am Morgen die Kämpfer beobachtet hatte. Ihm ging so vieles durch den Kopf. Sílanell hatte Visionen der Zukunft, Calegaladh sah Bewegungen bevor sie stattfanden und war daher der beste Kämpfer weit und breit, Leagim erinnerte sich an alles, was er einmal sah und er, Legolas, konnte nichts von alle dem und auch nichts anderes besonders gut. Er war einfach ein Elb unter vielen während seine Brüder eindeutig königlich waren. Vor ihnen verbeugte sich jeder wenn sie vorbei kamen, doch Legolas musste oft sogar um Durchlass kämpfen. Er würde viel dafür geben, Sílanells Gabe zu besitzen, denn sie erschien ihm als die Begehrenswerteste.
Auf einmal bemerkte er, wie jemand sich sanft auf dem Ast niederließ. Überrascht drehte er sich um. Hinter ihm saß Aeriél und sah ihn vorsichtig an.
Sie kroch gewandt weiter zu ihm vor und sah ihn vorsichtig an. " Das wollte ich nicht!", sagte sie leise und selbst für einen Elben nur schwer verständlich.
Legolas hatte sich wieder umgedreht und blickte zum Himmel empor: "Was wolltest du nicht?"
Sie lies betreten den Kopf hängen: "Ich wollte nicht, dass du wegen mir Schwierigkeiten bekommst. Es tut mir leid!"
Der Prinz lächelte: "Das braucht es nicht.", er wand sich wieder zu ihr um. "Ich hätte wissen müssen, wie mein Vater reagieren würde! Warum sollte er sich auch ändern?" Der letzte Satz hörte sich verbitterter an als Legolas vorgehabt hatte und er senkte ein wenig beschämt den Kopf.
Noch leiser als eben schon fuhr sie fort: "Ich hab euch beobachtet. Ich hab gesehen, wie dein Vater dich geschlagen hat. Ich wollte schon zu dir und dir helfen, aber da ist dein Bruder gekommen. Ich hatte das Gefühl, ich würde stören und bin gegangen."
Ihm schoss die Röte in die Wangen als er das hörte. Er wusste nicht wieso, aber es war ihm unangenehm, dass Aeriél das gesehen hatte. Trotzdem erwiderte er erneut: "Dir braucht nichts leid zu tun, Aeriél. Wenn überhaupt jemand daran Schuld war, dann ich aber du nun wirklich als letzte!"
Sie schien endlich beruhigt zu sein denn sie schwang sich auf den Ast neben seinem und sah ebenfalls zum Himmel empor. "Ich liebe die Sterne! Ich wünschte, ich könnte sie einmal von Tol Eressear aus betrachten!"
"Vielleicht werden wir sie beide irgendwann von dort aus sehen!" "Nein, mein Weg wird mich nicht nach Tol Eressear führen. Leider niemals!"
Legolas sah sie erschrocken an: "Aber warum denn nicht?"
Über das Gesicht der jungen Elbe huschte ein trauriges Lächeln: "Irgendwann werde ich dir sicher diese Geschichte erzählen aber noch ist dieser Tag nicht gekommen. Habe Geduld." Sie wand sich wieder dem Himmel zu. Lange betrachteten beide nur das funkelnde Firmament.
Nach einiger Zeit, fragte Legolas leise: "Kannst du mir beibringen, wie ihr, du und Sílanell, das mit dem sehen macht?" Überrascht wand sie sich zu ihm um: "Du willst lernen wie man in die Zukunft sieht? Ich wusste nicht einmal, dass du weist, dass ich das kann!"
Beschämt sah er zu Boden: "Es ist bestimmt nicht möglich, zu sehen, wenn man nicht dafür geschaffen wurde." Sie lehnte sich von ihrem Ast zu ihm herüber und legte ihre Hand auf die seine.
Sie bewegte die Lippen nicht aber in seinem Kopf hallte ihre Stimme wieder: Möglich ist, an was du fest glaubst. Zu sehen und zu hören wie ich bedeutet, Kind und Erwachsen zugleich zu sein. Nur die kindliche Reinheit allein lässt dich auf deine und die inneren Stimmen anderer hören. Nur wenn du junges Lernen und altes Denken vereinst, siehst du, was vielen verborgen bleibt.
Zweifel stand in Legolas' Augen als er sie erneut ansah.
Erneut in Worten, die jeder hörte der ihnen lauschen würde instruiere sie ihn: "Suche nach einem kleinen Punkt in dir, der sich danach sehnt wieder ein kleines Kind zu sein. Suche nach einem Teil, der wieder unbeschwert lachen und träumen möchte!"
Der junge Prinz schloss die Augen: "Diesen Teil zu suchen ist nicht schwer. Er ist direkt unter meiner Haut und ist mein tiefstes Inneres!"
Aeriél lächelte: "Nun suche, wo du noch jemanden findest, der diesen Punkt in sich trägt. Sobald du tief in dir drin deinen Frieden hast, kannst du ihn so mit anderen teilen."
Legolas hielt die Augen immer noch geschlossen aber ein Lachen breitete sich auf seinem Gesicht aus: "Ja, da ist etwas! Irgendetwas ist da!"
Das bin ich!
Der Prinz öffnete die Augen wieder: "Und wie kann ich nun sehen oder so sprechen?"
"Habe Geduld! Ich hätte nicht einmal gedacht, dass du an einem Tag überhaupt soviel schaffst! Diese Gabe der Elben zu erlernen ist anstrengend und schwierig. So etwas braucht Zeit!" Sie sah zum Himmel und erschrak fast: "Wir saßen solange hier oben, dass es schon wieder das Abendbankett gibt."
Der Prinz schüttelte den Kopf: "Nein, ich habe keinen Hunger und möchte meinen Vater nicht wieder treffen."
Vorsichtig legte sie ihm eine Hand auf die Schulter: "Heute Mittag ist die Gesandtschaft aus Bruchtal eingetroffen. Herr Elrond und seine Söhne und seine Tochter. Dieses Essen ist ihre Begrüßung. Vielleicht wird es Elrond als Beleidigung ansehen, wenn du nicht anwesend bist."
Legolas schüttelte pessimistisch den Kopf: "Er wird mein Fehlen nicht einmal bemerken!"
Aeriél schien angesichts dieser Bemerkung fast wütend zu werden: "Nichts da! Du kommst jetzt mit." Damit stieg sie behänd wieder hinunter und zog den Elb hinterher.
Tatsächlich passierte im Festsaal angekommen eigentlich gar nichts. Auf dem Weg hatten sie abgesprochen, dass sie sich jeweils an die Tische ihrer Zugehörigkeit setzen würden. Das hieß, Aeriél würde zu den anderen Erilia gehen und Legolas zu seiner Familie. Aeriél gab zwar zu bedenken, sie fühle sich nicht wohl dabei, ihn mit einem Schlamassel allein zu lassen, welches irgendwo mit ihre Schuld war. Legolas erwiderte einfach, es sei erstens nicht ihre Schuld, dass er mal wieder falsches Vertrauen in seinen Vater gesetzt habe und zweitens werde er sich schon gegen seinen Vater verteidigen können. Sie war immer noch skeptisch gewesen aber sie hatte den verletzten Stolz in den Augen des jungen Prinzen funkeln sehen und nachgegeben.
Jetzt sah sie von dem langen Tisch direkt in der Mitte des Saals zu dem erhobenen Podest. Dort saßen die hohe Herrin Galadriel und der Herr Celeborn, neben ihnen konnte sie Elronds Tochter Arwen und ihre Brüder Elladan und Elrohir ausmachen, auch Thranduil mit seinen Söhnen saß friedlich am Tisch und unterhielt sich mit Glorfindel, einem Elbenfürsten und engem Vertrauten Elronds. Nur Elrond selbst fehlte. Sie sah sich überall im Raum um, entdeckte zahlreiche hohe Elben doch der Herr Bruchtals war nicht darunter. Sie wusste nicht genau wieso, aber sie wollte ihm auch gar nicht begegnen. Ebenso wenig wollte sie, dass dieses Essen vorbei ging denn danach würde sie noch eine traurige Pflicht erfüllen müssen. Doch immer, was man nicht erreichen möchte kommt doppelt so schnell. So schien ihr das Bankett kaum drei Minuten lang gewesen zu sein während es fast drei Stunden gedauert hatte.
Nun stand sie in einem geschlossenen Pavillon und hielt einen Stein in der hohlen Hand. Der Pavillon war eine Gedenkstätte für die im Krieg gefallenen Elben. Er wurde von wunderschön verzierten Säulen getragen. In seiner Mitte stand ein Brunnen mit Kristallklarem Wasser. Die Wände waren in einem dunklen Blau gestrichen, so dunkel, dass es fast schwarz war. Dennoch war es hier niemals finster, denn von der gewölbten Decke herunter funkelten hunderte von Edelsteinen in Form der am Himmel stehenden Sternbilder. Jeder dieser Kristalle hatte einmal einem großen Krieger gehört. Die Überlebenden waren nach der Schlacht über die Ebene gegangen und hatten ihnen die Ketten abgenommen.
Die Elben waren zu tief mit ihnen verbunden gewesen um sie einfach seelenlos irgendwo einzubuddeln oder ihnen hunderte von Grabkammern zu bauen. So hatten sie beschlossen diese Helden zu dem zu machen, was die Elben am meisten liebten und am höchsten ehrten. Zu Sternen.
Aeriél schob nun vorsichtig eine Leiter an das eine Ende der Stätte. Oben angelangt nahm sie den Kristall, der vorher einen Tag in dem Wasser des Brunnens gelegen hatte, und befestigte ihn an dem von einem Steinmetz hineingeschlagenen Loch. Für einen Moment schienen alle anderen Steine zu verblassen und nur dieser wurde vom Schein des Wassers getroffen und reflektierte es tausendfach in alle Richtungen. Dann waren wieder die wunderschönen Muster in immer anderem Rhythmus an den Wänden zu sehen. Das Spiel aus Farbe, Licht und Magie faszinierte sie immer aufs Neue doch es stimmte sie trauriger als alles andere in Mittelerde. Sie stieg wieder hinunter und gedachte dem Freund, dem dieser Stein gehört hatte und den sie nun für immer verloren hatte.
"So ist denn wieder einer dahin geschieden.", ertönte eine Stimme hinter ihr. Wohlbekannt war sie ihr. Die Stimme gehörte Elrond.
"Ja, wieder habe ich einen verloren." Erst nachdem sie diese Worte gesprochen hatte wand sie sich zu ihrem ehemaligen Herren um.
"Deine Eltern wollten nur ein Leben in Sicherheit und ohne Tod für dich. In Imladris wähnten sie dich sicher und verließen es wieder. Doch deine Bestimmung und die unaufhörliche Jagd auf dich machten es für mich und meine Helfer unmöglich, dich zu beschützen. Als dann auch noch deine Eltern im Kampf starben, begannst du, dir deine Gefahr selbst zu suchen. Wir wollten dich zurück halten doch niemand vermag sich deinem starken Willen zu widersetzten wenn du diesen auf ihn richtest. So zogst du aus. Du bist Herrin derer geworden, die keine Heimat mehr haben. Du beschützt sie und liebst sie. Sie sind zu deiner Familie geworden und du zu einer lebenden Legende. Du hättest das alles nicht tragen müssen und du musst es auch jetzt nicht."
Aeriél schüttelte resigniert den Kopf und wand sich wieder dem künstlichen Sternenhimmel zu: "Mir wurde macht gegeben, die ich nie wollte. Doch nun habe ich das Vertrauen vieler auf mir und ich möchte keinen von ihnen enttäuschen auch wenn mir dadurch irgendwann der Tod drohen wird." Sie blickte auf ihre Hände und fuhr dann erneut herum: "Elrond, was soll ich denn tun? Ich fühle mich meiner Aufgabe nicht gewachsen. Meine Freunde sterben, einer nach dem anderen lassen sie mich allein. Wie soll ich diese Pflicht bewältigen wenn ich nicht einmal meine Freunde retten kann?"
Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Eine eher ungewöhnliche Geste für den sonst so kühlen Herren Bruchtals: "Nie hat Eru uns fehl geleitet. Du bist was du bist. In vielen steckt die Kunst zu vollbringen, was du tun sollst tief in ihnen drin, doch nur in dir steckt auch die Macht dazu. Ob du sie willst oder nicht, sie ist dir gegeben."
"Es macht mich einsam. Ich habe Freunde in meinen Reihen doch manchen gegenüber verhallte ich mich nur freundlich. Ich lasse sie nicht mehr an mich heran denn sie alle sterben so bald. Selbst wenn sie überleben werden sie mich ja doch nie verstehen. Ich trage eine Bürde die ich mit niemandem Teilen kann. Selbst von tausenden von Freunden umgeben, bin ich in meinem tiefsten Herzensgrunde einsam." Die sanfte Stimme des Elben erwiderte in fast belehrendem Ton: "Du trägst Macht in dir. Macht zu besitzen bedeutet einsam zu sein."
Aus irgendeinem Grund musste sie an den jungen Elbenprinzen denken. Ihm fühlte sie sich wirklich verbunden. Er war so offen und ehrlich, dass sie schon jetzt das Gefühl hatte ihn so gut zu kennen wie er sich selbst, obwohl sie ihn erst Gestern das erste Mal gesehen hatte.
Als könne er Gedanken lesen antwortete der Herr von Bruchtal: "Auch der Prinz hat eine Aufgabe zu erfüllen und es ist keine geringe. Ihr seid verwandte Seelen. Du wirst dein Leben wohl nicht so allein fristen müssen wie ich."
Langsam sah die junge Elbe nach seinen Worten auf: "Herr Elrond?", begann sie zaghaft, "Ihr könnt in die Zukunft sehen, sehr viel besser als ich oder irgend jemand anders. Sagt, Legolas.er hat doch solche Probleme mit seinem Vater. Werden sie denn je wieder zueinander finden?"
Der ältere Elb lächelte und antwortete ihr: "Es wird lange dauern bis der Tod eines so wundervollen Wesens wie Legolas' Mutter vergessen ist doch selbst die fremdesten Seelen haben in ihrem tiefsten Inneren eine Gemeinsamkeit. Und findet der Vater wieder zu seinem Sohn so wird er niemals wieder verloren gehen." Sie reichte Elrond die Hand und erwiderte: "Ich danke euch. Trotz, dass ich euch manchmal respektlos behandelt habe, seid ihr mir zu einem zweiten Vater geworden. Euer Rat scheint mir zu helfen egal was ich auf dem Herzen habe." Von einem plötzlichen Gefühl getrieben umarmte sie Elrond fest. Dann verlies sie den Pavillon.
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1: Mündig werden Elben etwa im Alter von 100 Jahren(soweit ich das in Erinnerung hab). Legolas' Alter entspricht also, nur inetwa, dem eines 15- 16jährigen.
