Harriet Potter und der Halblutprinz:
Disclaimer: "Harry Potter" gehört nicht mir, sondern J. K. Rowling. Die Grundzüge des Plots dieser Geschichte wurden aus den Büchern übernommen und auch gewisse Dialoge mehr oder weniger wortwörtlich zitiert. Trotzdem ist es ein AU, d. h. Harry Potter wurde ein Mädchen. Die neuen Dinge, wie etwa Veränderungen sind von mir, Ich verdiene kein Geld an dieser Geschichte, die Rechte liegen bei J. K. Rowling und ihren Verlagen alleine. Alle deutschen Rechte liegen beim Carlsen-Verlag GmbH.
Harriet Potter ist das Mädchen, das überlebt hat. Doch nun ist es dem bösen Zauberer Voldemort gelungen durch ihr Blut zu seiner alten Macht zurückzukehren. Außerdem wurde ihr Freund Cedric im Zuge der „Auferstehung" des dunklen Lords getötet. Und zunächst schien trotzdem keiner an die Rückkehr von Voldemort zu glauben, bis Harriet und der Orden des Phönix' eine Falle, die er ihr stellen wollte, dazu nutzen um Voldemorts Rückkehr öffentlich zu machen. Nun weiß also jeder, dass der dunkelste aller Zauberer wieder da ist. Und Harriet hat erfahren, warum dieser sie umbringen wollte, als sie noch ein Baby war, und dass ausgerechnet sie dazu ausersehen ist ihn aufzuhalten. Gegen diese Zukunftsaussichten sind Prüfungsnoten und ihr bevorstehendes sechstes Schuljahr nichts.
1. Offener Konflikt
Im Sommer zuvor hatte Harriet Potter die Nachrichten wie eine Besessene mit verfolgt. Sie hatte unbedingt erfahren wollen, was auf der Welt vorging, um so herauszufinden, was der dunkle Zauberer Lord Voldemort und seine Anhänger planten. Jede noch so unwichtige Neuigkeit hatte sie in Aufregung versetzt und enttäuscht, sobald offensichtlich geworden war, dass Magie nichts mit all dem zu tun hatte, was geschehen war. Sie hatte gewartet und gewartet, auf den Erstschlag. Doch er war nicht erfolgt. Was alles fast noch schlimmer gemacht hatte. Ihre tägliche Nervosität vor den Nachrichten war sogar ihren nicht-magisch begabten Verwandten aufgefallen, die zu dem Schluss gekommen war, dass sie Nachrichten-süchtig sein musste.
In diesem Sommer wünschte sie sich fast das Nichtwissen des vorherigen Jahres zurück. Es stimmte, dass das Warten auf etwas Schlimmes hart war, aber etwas Schlimmes zu erleben war auch nicht viel besser. In diesem Sommer tobte der Krieg zwischen den Fraktionen der magischen Welt in aller Öffentlichkeit. Der Tagesprophet berichtete nicht mehr über Belanglosigkeiten sondern über bedeutungsvolle Zwischenfälle – über Katastrophen und Tote.
Und Harriet wurde das Gefühl nicht los, dass sie an all dem zumindest einen gewissen Teil von Mitschuld trug. Immerhin war sie es gewesen, die Voldemorts Rückkehr um jeden Preis hatte beweisen wollen und letztlich auch bewiesen hatte. Und nun da jeder wusste, dass der schlimmste Massenmörder der magischen Welt noch lebte, sah dieser keinen Grund mehr dafür subtil vorzugehen. Oder hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen. Nein, er versteckte sich für wahr nicht mehr.
Und dadurch herrschte offener Konflikt in der Zauberwelt. Es herrschte Krieg.
Und im Krieg starben Menschen. Natürlich war sie sich darüber im Klaren, dass der Krieg in Wahrheit schon seit über einen Jahr lief. Cedric Diggory war sein erstes Todesopfer gewesen. Direkt vor Harriets Augen war er ermordet worden, bevor Wurmschwanz Voldemort mit Harriets Blut wieder vollkommen hergestellt hatte. Und seit dem waren weder der dunkle Lord noch seine Anhänger untätig gewesen. Zauberer waren verschwunden oder verflucht worden. Immer wieder.
Aber seit Voldemorts Rückkehr öffentlich geworden war, war die Anzahl dieser Vorfälle geradezu explodiert. Die Brockdale Bridge war eingestürzt – das dachten zumindest die Muggels, die nichtmagischen Bewohner von Großbritannien, in Wahrheit war sie von Voldemort und seinen Anhängern gesprengt worden. Eine Menge Leute waren dabei gestorben. Vor allem Muggels. Dann war da noch der Hurrikan, der kein Hurrikan war, sondern eine Reihe wütender Todesesser, die gemeinsam mit einem oder mehreren Riesen, wie es schien, ganze Landstriche verwüstet hatten – vermutlich hauptsächlich deswegen, weil sie es konnten. Und ja, natürlich hatte es auch dabei Tote gegeben.
Und dann war da noch der Nebel, der trotz der sommerlichen Jahreszeit nicht nur London sondern ganze Teile der britischen Insel überrollte. Der Nebel, so sagte der Tagesprophet, wurde offenbar von brütenden Dementoren erzeugt. Diese seelenessenden Kreaturen waren eigentlich die Wächter vom Zauberergefängnis Askaban gewesen. Doch beim Massenausbruch aus diesem zu Beginn des Jahres hatten sie die Seiten gewechselt und dienten nun genau wie die Riesen Lord Voldemort. Und dass sie dabei waren sich zu vermehren war nicht gut.
Doch mit diesen öffentlichen Vorfällen nicht genug. Amelia Bones, das Oberhaupt der Magischen Strafverfolgung und eine der wenigen anständigen Ministeriumsangestellten der Zauberergesellschaft, war ermordet worden. Das war nicht nur schlimm, weil sie eine der begabteren Gegnerinnen von Voldemort gewesen war, sondern auch deswegen, weil sie die Tante von Harriets Schulkollegin Susan Bones war, deren Onkel Edgar mitsamt seiner Familie im letzten Zaubererkrieg ausgelöscht worden war, als Susan und Harriet noch Babies gewesen waren. Und nun auch noch das. Harriet hatte Amelia Bones getroffen und gemocht. Ihr Tod traf sie schwer.
Genau wie der Tod von Emmeline Vance. Harriet hatte die Hexe zwar nur einmal getroffen, aber sie war ein Mitglied des Ordens des Phönix gewesen – Dumbledores Widerstandsorganisation gegen Voldemort, zu der einst auch Harriets Eltern gehört hatten, und die im letzten Sommer wiedervereint worden war und das ganze letzte Jahr damit verbracht hatte als einzige abgesehen von Harriet selbst und ihren Freunden gegen Voldemort vorzugehen. Jeder Verlust für den Orden war ein harter Verlust für die Seite der Guten. Und jeder Verlust für den Orden hielt Harriet vor Augen, dass es genauso gut jemanden, den sie kannte und liebte aus dem Orden hätte erwischen können – Sirius, Remus, Professor Snape, einen der Weasleys, Tonks, Professor McGonagall oder sogar Dumbledore selbst! (Nein, an diese Möglichkeit wollte sie lieber gar nicht erst denken. Ohne Dumbledore wären sie alle verloren. Er war der einzige Zauberer, den Voldemort fürchtete. Im Sommer hatte Harriet ein Duell zwischen den beiden beobachtet und war sehr beeindruckt und zugleich erschrocken über das gewesen, was sie dabei beobachtet hatte).
Natürlich war das alles nicht ohne Konsequenzen geblieben. Cornelius Fudge, der Zaubereiminister, war zum Rücktritt gezwungen worden, Kingsley Shacklebolt, ein weiteres Mitglied des Ordens, verwendete seine Energie nun darauf den Premierminister der Muggle zu beschützen, und man hatte in dessen Büro bereits einen mit dem Imperius-Fluch belegten Mitarbeiter gefunden und abtransportiert (All das wusste Harriet nur, weil ihr Pate Sirius Black ziemlich schlecht darin war Dinge, von denen andere der Meinung waren, dass sie sie nicht wissen musste, für sich zu behalten, und weil Dumbledore ihr den Zweiwegspiegel nach dem Ende des letzten Schuljahres zurückgegeben hatte, nicht aber das Drambul).
Und dann war ihr vor ein paar Tagen auch noch ein Schreiben mit fragwürdigen Sicherheitstipps zugestellt worden, in dem das Ministerium allen Hexen und Zauberern dazu riet am besten nie mehr vor die Türe zu gehen und behauptete, dass neben Riesen und Dementoren auch noch Inferi (scheinbar Zombie-ähnliche Kreaturen) auf der Seite vom Voldemort kämpfen würden. Was übrigens ein guter Grund wäre das Haus tatsächlich nie wieder zu verlassen.
Harriet wusste nicht sehr viel über Fudges Nachfolger Rufus Scrimgeour, aber während Fudge es vorgezogen hatte die Zauberergemeinde unter zu informieren und zu beruhigen, schien Scrimgeour mehr ein Freund der Panikmache zu sein, was Harriet nicht für viel besser hielt. Zumindest war er ein Auror, also war es sein Job Schwarzmagier zu fangen, vielleicht würde das letztlich zu mehr Erfolg im Kampf gegen Voldemort führen. Allerdings behauptete der Tagsprophet, dass es bereits die erste Auseinandersetzung zwischen ihm und Dumbledore gegeben hätte. Also offenbar hatten die düsteren Prophezeiungen der anderen gestimmt, nur weil das Ministerium Voldemorts Rückkehr nun anerkannte, war er deswegen noch lange nicht auf der Seite des Ordens.
Andererseits vielleicht irrte sich der Tagesprophet ja, auch wenn irgendjemand dort erstaunlich akkurate Informationen über den Grund für Voldemorts Aufeinandertreffen mit Harriet in der Mysteriumsabteilung zu haben schien, und alle Welt nun dachte, sie wäre dazu ausersehen Voldemort zu besiegen, was leider auch stimmte, irgendwie zumindest.
Sie war tatsächlich die „Auserwählte", wie die Zeitungen sie nannten. Voldemort hatte mit seinem Versuch sie zu töten festgelegt, dass nur sie in der Lage sein würde ihn zu töten, und dass keiner von ihnen beiden überleben könnte, solange der andere lebte. Vielen Dank auch, Tom. Wir hätten beide in Ruhe vor uns hinleben können, aber du musstest ja versuchen ein wehrloses Baby zu töten, und nun haben wir den Salat.
Ja, vermutlich hätte sie sich den Kampf gegen Voldemort früher oder später so oder so angeschlossen, aber seit sie erfahren hatte, dass sie einen Menschen würde töten müssen, hatte sie irgendwie keinen Appetit mehr – auf nichts.
Sie hatte bis heute Gewissensbisse über das, was Professor Quirrel ihretwegen zugestoßen war, und dabei hatte sie ihm nicht einmal weh tun wollen. Aber jemanden wissentlich zu töten … nein, dazu sah sie sich nicht in der Lage. Ganz abgesehen davon, dass Dumbledore ihr anvertraut hatte, dass Voldemort einen Weg gefunden hatte um sich praktisch unsterblich zu machen, indem er ein verbotenes Ritual durchgeführt hatte, das seine Seele zerrissen hatte und Teile von dieser an Gegenstände band, durch die er immer am Leben bleiben wollte, egal was passierte. Harriet hatte einen dieser Gegenstände schon vor Jahren vernichtet, doch es schien mehrere zu geben, und noch wusste keiner wie viele und wo sie sich befanden
Harriet suchte Trost in diesem Wissen und darin, dass Prophezeiungen niemals eindeutig waren, dass vielleicht nur gemeint war, dass sie diese Gegenstände mit Stücken von Tom Riddles Seele darin vernichten sollte, und nichts weiter, aber sie glaubte nicht daran. Nicht wirklich. Die Wahrheit war: Sie, die für einen kurzen Moment gedacht hatte, dass sie Heilerin werden könnte, war dazu ausersehen zu töten.
Und das machte sie mehr fertig als alles andere. Nicht einmal Cedrics Tod hatte sie so schwer getroffen wie diese Erkenntnis. Aber irgendwie hatte sie es immer gewusst, immer geahnt. Was alles nur noch schlimmer machte.
Den Dursleys war natürlich nicht entgangen, dass ihre Nichte wieder einmal in seltsamer Stimmung zu ihnen zurückgekehrt war. Sogar Dudley war es nicht entgangen. Aber sie hatten inzwischen den Punkt erreicht, an dem sie sie, nach Harriets Meinung zumindest, einfach aufgegeben hatten. Sie war eine Art seltsame Mitbewohnerin für sie, die sie selten zu Gesicht bekamen, und mit der sie noch seltener sprachen. Harriet konnte mit diesen Arrangement leben, und sie hatte die Vermutung, dass es die Dursleys auch konnten. Obwohl Dumbledore ihr anvertraut hatte, dass Tante Petunia sehr wohl wusste, dass sie Harriet damit, dass sie sie bei sich wohnen ließ, das Leben rettete. Jährlich aufs Neue. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte Dumbledore sie mit einem Zauber belegt, der von Blutverwandtschaft gestärkt wurde. Im Haus der Dursleys war sie sicher, hier konnte ihr niemand etwas antun. Und dank diesem Zauber hatte auch Professor Quirrel sie einst nicht töten können, sondern war stattdessen selbst gestorben.
Harriet hatte sich nicht aufraffen können Tante Petunia auf all das anzusprechen. Die einzige Person, mit der sie gesprochen hatte, seit sie Hogwarts verlassen hatte, war Sirius gewesen. Der Zweiwegspiegel war zwar ein magisches Objekt, was eigentlich bedeutete, dass Harriet ihn als minderjährige Hexe in einer Muggel-Gegend nicht benutzen durfte, doch der Zweiwegspiegel war auch ein beeindruckendes Stück (Dunkle) Magie und konnte vom Ministerium nicht geortet werden. Also konnte sie ihn trotz des Verbots benutzen, und das tat sie auch. Immerhin ging es Sirius genauso wie ihr.
Auch er saß fest. Er war mehr oder weniger in Remus' Wohnung eingesperrt, während dieser für den Orden unterwegs war. Sein Hippogreif Seidenschnabel konnte nicht mehr bei ihm sein, da in der kleinen Wohnung nicht genug Platz war, und sie in einer Muggel-Gegend lag, weswegen er unter falschen Identität (sprich einem neuen Namen) zurück nach Hogwarts zu Hagrid gebracht worden war, was nun dazu führte, dass Sirius vollkommen alleine war. Denn Kreacher, sein Hauself, hatte sich als Verräter entpuppt, der fast dafür gesorgt hätte, dass Harriet Voldemort in die Falle ging, und Sirius, der ihn schon davor nicht besonders hatte leiden können, wollte ihn nicht um sich haben, und hatte ihm befohlen fürs Erste in Hogwarts in der Küche zu arbeiten, wo er nichts anstellen konnte, was dem Orden schaden könnte, und wo Sirius den alten Hauself nicht zu Gesicht bekommen würde. Also war er vollkommen alleine, außer, wenn Remus doch zufällig zu Hause war.
Das Ministerium hatte zwar versprochen ihm endlich eine (sehr verspätete) Verhandlung zu gönnen, doch das würde voraussetzen, dass sich Sirius ergab, und das wiederum wollte der letzte Erbe der Familie Black nicht tun, was Harriet gut verstehen konnte. Auch sie besaß kein besonders großes Vertrauen in das Ministerium, nicht nach allem, was im letzten Jahr vorgefallen war. Wenn sich Scrimgeour als jemand herausstellen würde, der Ordnung in sein Haus brachte, dann könnten sie diese Möglichkeit vielleicht in Betracht ziehen, noch war das aber nicht abzusehen. Also blieb alles wie gehabt: Sirius war ein gesuchter Verbrecher, auch wenn im Moment die Suche nach Voldemort alle Aufmerksamkeit des Ministeriums auf sich zog, und er daher sichere war als seit seinem Ausbruch jemals zuvor. Leider aber scheinbar nicht sicher genug um zu riskieren, dass Harriet bei ihm leben würde.
Dumbledore hatte ihr geschrieben und ihr einen (überraschend frühen) Umzug in den Fuchsbau angekündigt. Nicht, dass Harriet die Weasleys nicht zu schätzen wissen würde, aber sie wäre trotzdem lieber zu Sirius und Remus gezogen, bis das Schuljahr wieder anfing. Aber ihr war natürlich klar, warum das nicht möglich war. Jeder wusste (oder ahnte), wie wichtig sie für diesen Krieg war. Nicht nur Dumbledore und der Orden beschützten sie, sondern auch das Ministerium. Sobald Harriet das Haus der Dursleys verließ, würde sie auf Schritt und Tritt überwacht werden, ob sie wollte oder nicht. Die Auserwählte zu sein hatte auch einige Nachteile. (Oder eigentlich vor allem Nachteile).
Auf jeden Fall war Harriet sehr überrascht gewesen einen Brief von Dumbledore zu bekommen, erstens weil sie überhaupt einen Brief von Dumbledore bekam, zweitens weil er ihr eine so frühe Rückkehr in die Zaubererwelt verhieß, und drittens weil es darin hieß Dumbledore würde ihre Hilfe bei etwas benötigen. Was heißen musste, dass er ein weiteres Horcrux gefunden hatte und dieses gemeinsam mit ihr holen oder vernichten wollte. Aber so kurz nach ihrem ersten Gespräch zu diesem Thema hätte Harriet nicht mit so schnellem Erfolg gerechnet.
Auf jeden Fall hatte sich Dumbledore für diesen Freitag angekündigt (allerdings für elf Uhr am Abend), also musste sie wohl oder übel den Dursleys Bescheid geben, dass ein Zauberer bei ihnen vorstellig werden würde. Bisher waren Besuche von Zauberern in diesem Haus (oder auch nur irgendwo anders, wo sich die Dursleys aufhielten) immer ein Desaster gewesen, und Harriet war sich ziemlich sicher, dass es diesmal nicht anders sein würde.
Sie wachte am Freitag am Morgen nervös auf, packte ihre Schulsachen zusammen, und schickte ihre Eule Hedwig vor zum Fuchsbau. Dann versuchte sie fast den ganzen Tag lang Ordnung in ihre Haare zu bringen (ohne Erfolg) und ging vorsichtig hinunter zum Abendessen.
Dumbledore hatte sich zwar erst für elf Uhr angekündigt, aber trotzdem trug Onkel Vernon bereits seinen Sonntagsanzug, Tante Petunia ein Kleid, und sogar Dudley hatte sich angezogen wie ein Mensch anstatt wie seine Einbildung von einem Badboy. Offenbar wollten ihr Onkel und ihre Tante Eindruck bei Dumbledore schinden. … Was nur schief gehen konnte.
Doch sie sagte nichts, sondern wartete erst einmal ab. Vielleicht würde es ja kein vollkommenes Desaster werden, vielleicht würde es ein ganz normaler Besuch zwischen zivilisierten Menschen werden. Immerhin nahm sie an, dass Dumbledore nicht versuchen würde durch den Kamin zu kommen, wie einest die Weasleys. Zumindest hoffte sie das sehr.
Aber Onkel Vernon war über dieses ganze elf Uhr am Abend-Termin-Problem nicht erbaut und kaum, dass Dumbledore angeläutet hatte (auf die Sekunde pünktlich), riss Onkel Vernon auf schon die Türe auf und erklärte dem vor ihm stehenden Zauberer spitz: „Zivilisierte Leute statten anderen tagsüber einen Besuch ab und nicht mitten in der Nacht."
Harriet, die nicht schnell genug bei der Türe gewesen war, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass jemand, der sich aus Prinzip nicht mehr bewegte als unbedingt nötig war, schneller als sie bei der Eingangstüre sein würde, stöhnte lautlos. Hoffentlich hatte Dumbledore seinen Sinn für Humor nicht verloren.
„Nun, wie Ihnen Harriet sicherlich gesagt hat, ist ihr Leben in akuter Gefahr weswegen ein Transport tagsüber zu riskant wäre", erwiderte Dumbledore leichthin, „Vernon Dursley nehme ich an." Dann schritt er durch die Türe in das Haus, ohne auf eine Aufforderung zu warten. „Ich bin Albus Dumbledore."
Onkel Vernon musterte Dumbledore von Oben bis Unten mit einem Blick, der so viel Missfallen ausdrückte, wie ein Mensch nur in einen Blick legen konnte. Dumbledore hatte es nicht für notwendig gehalten sich als Muggel zu verkleiden. Er stand in all seiner Pracht in Robe und mit einem spitzen Hut auf seinem Kopf vor den Dursleys. Gemeinsam mit seinem langen weißen Bart und Haar, sowie der halbmondförmigen Brille auf seiner Hakennase, sah er aus wie die schlechte Karikatur eines Zauberers in den Köpfen der Dursleys aussehen musste, was erklärte, warum ihn Dudley anstarrte, als wäre er nicht ganz sicher, ob der andere Mann real war oder nicht.
Dumbledores Blick wandte sich den restlichen Dursleys zu. „Petunia, nehme ich an. Wir hatten ja bereits Briefkontakt." (Harriet musste an den Heuler denken, den Dumbledore ihrer Tante letztes Jahr geschickt hatte). „Und das muss Dudley sein." Dumbledore musterte Dudley mit dem unverhohlenen Blick eines Lehrers, der der Meinung war sein Schüler würde zu viel essen, oder wäre zurückgeblieben, was auf Dudley irgendwie beides zutraf, obwohl es Harriet vorzog das zweite seiner Begegnung mit den Dementoren zuzuschreiben.
„Ich bin bereit zum Gehen, Professor", meinte Harriet schnell.
„Gleich Harriet, alles zu seiner Zeit", meinte Dumbledore, „Lasst uns zuerst im Wohnzimmer Platz nehmen." Und daraufhin ging er voraus ins Wohnzimmer, wo Teetassen und eine Torte, die Petunia mit nicht besonders viel Liebe an diesem Tag zusammengeschustert hatte, auf sie warteten. Harriet sah die schiefe Torte an, betrachte die passiv-aggressive Schokoverzierung auf ihr, und beschloss nur zur Sicherheit nichts davon zu essen. Vielleicht hatte Tante Petunia sie nicht absichtlich vergiftet, aber … man konnte nie vorsichtig genug sein, wie Moody sagen würde.
„Ich möchte ja nicht unhöflich sein", begann Onkel Vernon (obwohl er genau das vorhatte).
„Aber leider tritt ungewollte Unhöflichkeit erstaunlich oft auf", erwiderte Dumbledore, der ihn durchschaut hatte, während Petunia stumm den ausgekühlten Tee in Tassen schenkte.
„Aber ich bin mir nicht sicher, warum ich meine Nichte jemanden anvertrauen sollte, der mitten in der Nacht auftaucht, von erfundenen Gefahren fantasiert, und aussieht wie …. ein gealterter Hippie", fuhr Onkel Vernon fort.
Dumbledore blinzelte nicht einmal. „Nun, ich nehme an vor allem deswegen, weil es niemanden gibt, der besser dazu geeignet ist sie zu beschützen als ich", meinte er ruhig.
„Von Ihrer Arroganz mal abgesehen", sagte Vernon.
„Onkel Vernon, Professor Dumbledore ist der begabteste Zauberer seiner Generation. Der Orden des Merlin wurde ihm verliehen und ….. er wäre fast Zauberei-Minister geworden", sagte Harriet schnell. Wie es zu erwarten gewesen war, weckte das Letzte Vernon Dursleys Interesse.
„Fast?", wunderte er sich.
„Ja, ich habe den Posten einst abgelehnt, als man ihn mir angeboten hat", erklärte Dumbledore liebenswürdig, „Ich wollte mich auf die Erziehung und Ausbildung von jungen erfolgsversprechenden Hexen und Zauberern konzentrieren."
Und so schnell erlosch Onkel Vernons Interesse auch schon wieder. „Ach?", meinte er nur. Selten hatte ein „ach" so herablassend geklungen.
Angespannte Stille machte sich breit. Dann platzte es aus Dudley hinaus: „Was haben Sie eigentlich mit Ihrer Hand gemacht?!" Sämtliche Anwesende mit Ausnahme von Dumbledore starrten auf dessen rechte Hand, die auf seinem Schoß ruht, während die andere eine Teetasse umklammert hielt. Sie sah schlimm aus. Die Fingerkuppen waren schwarz, und der Rest der Finger war blau. Die daran anschließende Hand wirkte grau. Ein Ring mit einem auffälligen Symbol darauf, den Harriet noch nie zuvor gesehen hatte, zierte die beschädigte Hand.
„Dudley!", zischte Harriet peinlich berührt. Petunia starrte von der ruinierten Hand zu ihren Sohn und zurück, sagte aber nichts. Vernon räusperte sich. „Ähm, ich glaube Sie wollten gerade Harriet nehmen und gehen", meinte er. Offenbar hatte er beschlossen kooperativ zu sein, nachdem Dudley seinen Gast beleidigt hatte.
„In der Tat", meinte Dumbledore, „doch bevor ich gehe, müssen wir uns noch einem Thema zuwenden. Wie Sie wissen, wird Harriet in einem Jahr volljährig."
„Nein, das wird sie nicht", widersprach Tante Petunia sofort.
„Ähm, Hexen und Zauberer sind mit siebzehn volljährig, nicht mit achtzehn", warf Harriet schnell ein.
Vernon runzelte die Stirn. „Wie bitte? Das ist doch lächerlich", meinte er.
Dumbledore ließ sich nicht beirren. „Wie Sie ebenfalls wissen, ist ein Zauberer namens Lord Voldemort in dieses Land zurückgekehrt. Er hat bereits mehrfach versucht Harriet zu töten und wird es zweifellos weiterhin versuchen. Tatsächlich ist sie heute in größter Gefahr als vor fünfzehn Jahren, als ich sie nach der Ermordung ihrer Eltern auf Ihrer Schwelle zurückließ mit einem Brief, der Ihnen die Lage erklärte, und in dem ich Sie nicht um mehr bat als darum, dass Sie sie behandeln sollten, als wäre sie Ihr eigenes Kind. … Und nicht einmal das haben Sie getan. Sie haben Harriet niemals so behandelt, als wäre sie Ihre Tochter. Sie hat von Ihnen beiden nichts außer Vernachlässigung, Herablassung, und manchmal Grausamkeit erfahren. Mein einziger Trost ist, dass Sie zumindest dem Schaden entgehen konnte, den Sie beide diesem armem Jungen hier zugefügt haben." Er nickte in Dudleys Richtung, was Petunia und Vernon aber nicht davon abhielt sich nach einem anderen Jungen im Raum umzusehen, der natürlich nicht da war.
„Wir? Dudders misshandeln? Was fällt Ihnen ein!", begann Onkel Vernon, doch Dumbledore hob gebieterisch die Hand und fuhr fort. „Die Magie, die ich vor fünfzehn Jahren gewirkt habe, bedeutet, dass Harriet einen machtvollen Schutz besitzt, solange sie dieses Haus hier noch ihr Zuhause nennen kann. Egal wie schlecht Sie sie behandelt haben, und wie ungerne Sie sie aufgenommen haben, Sie haben ihr zumindest erlaubt hier zu leben. Diese Magie wird jedoch in dem Moment aufhören zu wirken, wenn Harriet siebzehn Jahre alt wird und zu einer Frau wird." (Harriet war nicht der Meinung, dass das eine zwangsläufig mit dem anderen zusammenhing, aber bitte). „Ich verlange nur das Eine von Ihnen: Harriet zu erlauben noch einmal in dieses Haus zurückzukehren, vor ihrem siebzehnten Geburtstag, um so sicher zu stellen, dass ihr Schutz bis dahin hält."
Dudley wirkte vollkommen verwirrt und schien angestrengt darüber nachzusinnen, ob er jemals misshandelt worden war, und wenn ja wie. Vernon und Petunia allerdings wirkten unangenehm berührt und sagten nichts.
„Nun dann. Zeit zu gehen", meinte Dumbledore fröhlich und stand beschwingt auf. „Vielen Dank für den kalten Tee, er war eine Bereicherung. Zu Schade, dass wir keine Zeit für die Torte gefunden haben." (Harriet war anderer Meinung, wenn man bedachte wie ein paar Schlucke Tee gelaufen waren, dann hätte die Torte vermutlich zu Toten geführt).
Harriet schleppte ihren Koffer und Hedwigs leeren Käfig Richtung Ausgangstüre. Sie wagte es nicht sich umzusehen.
Draußen angekommen meinte sie: „Das war hart. Und unnötig."
„Es mag hart gewesen sein, aber harte Wahrheiten sind manchmal nötig um die Dinge zu verbessern", meinte Dumbledore, „Das habe ich von dir gelernt."
Na toll. Soll das heißen, das war meine Schuld, weil ich ihm zuletzt die Wahrheit ins Gesicht gesagt habe? Offenbar ja. Dumbledore zauberte ihr Gepäck zum Fuchsbau und begab sich dann mit Harriet zurück in die Welt der Magie, die dem Mädchen allerdings schon seit einiger Zeit nicht mehr wirklich so magisch erscheinen wollte wie einst.
A/N: Ich habe euch immer gesagt, dass ich diese Reihe nicht aufgegeben habe und hier ist nun der sechste Teil. Hoffentlich werde ich für ihn nicht so lange brauchen wie für den fünften.
Vielleicht ist es schlechtes Timing ihn gerade jetzt in einer so sehr Rowling-Hassenden Zeit zu veröffentlichen, aber ich habe in den letzten Jahren neue Leser dazu gewonnen und schulde es mir auch selbst diese Reihe fertig zu schreiben.
Wie schon gesagt, wird sich Teil 6 mehr von seiner Vorlage unterscheiden als die bisherigen Teile, auch mehr als Teil 5. Dafür gibt es viele Gründe. Unter anderem, und das muss ich vorwegschicken, der, dass ich den „Halbblutprinzen" nicht sonderlich mag. Diejenigen, deren Lieblingsroman der sechste Band ist, wird diese Fic also wahrscheinlich nicht besonders glücklich machen.
Reviews?
