Prolog
Beinahe hätte er aufgelacht, wäre er dazu in der Lage gewesen, doch alles, was ihm noch zu gehorchen schien, war sein Gehirn. Sein Körper verweigerte ihm selbst die winzigste Bewegung. Er war vollständig gelähmt.
Wie hatte das nur geschehen können?
Mit den tödlichsten Giften hatte er experimentiert, alle erdenklichen Nebenwirkungen berücksichtigt, als sein Plan ganz langsam konkrete Formen annahm. Und doch schien es wieder einmal Albus zu sein, der letztendlich triumphierte, während er selbst, wie schon so oft zuvor, auf der Strecke blieb.
Was für ein Narr war er doch! Hatte er wirklich geglaubt, dieses eine Mal sein Schicksal selbst bestimmen zu können?
So sicher war er gewesen, versagt zu haben, und doch hatten Dumbledores verwinkelte Schachzüge quasi in allerletzter Sekunde zum Erfolg geführt. Potter war an seiner Seite aufgetaucht, als es beinahe zu spät war, und es war ihm tatsächlich gelungen, ihm die nötigen Informationen in Form seiner Erinnerungen zu überlassen.
Blieb nur zu hoffen, dass der Bengel begriff wie wichtig es war, dass er sie sich ansah.
Doch im Grunde seines Herzens zweifelte er nicht daran. Mit Sicherheit zog Albus auch nach seinem Tod noch an den Fäden des Schicksals. Die Prophezeiung würde sich bewahrheiten, während er selbst gezwungen war, in diesem elenden Loch auszuharren, bis sein Herz endlich aufhörte zu schlagen.
Wieder fühlte er, wie ein böses, verbittertes Lachen sich tief in seinem Innern formte und diesmal stieg es hoch bis in seine Kehle, lautlos, doch der Schmerz raubte ihm fast die Besinnung und entfachte gleichzeitig eine leise Hoffnung in ihm.
Ließ die betäubende Wirkung von Naginis Gift nach?
Verzweifelt konzentrierte er all seine Gedanken auf die Finger seiner rechten Hand, doch das Einzige, was zuckte, waren seine Lider. Sie öffneten sich.
Wieder durchflutete eine wahre Schmerzfontäne sein Gehirn und er kniff die Augen reflexartig wieder zu.
Sie gehorchten ihm tatsächlich!
Ganz vorsichtig öffnete er sie einen winzigen Spalt.
Alles, was er sah, war Blut. Er lag in einer riesigen Lache, die mittlerweile geronnen zu sein schien. Es mussten Stunden vergangen sein, seit Potter hier gewesen war.
Deshalb also! Er hatte das Bewusstsein verloren. Und wieder einmal war ein Potter an seinem Elend schuld! Die kostbaren Sekunden, die nötig gewesen wären, hatte er mit dem Jungen vergeudet.
Er erinnerte sich an grüne Augen, seine eigenen Worte und danach - nichts!
Ein flaues Gefühl breitete sich vom Magen her in ihm aus. Was war er für ein sentimentaler Narr gewesen! Wieso hatte er dem Jungen so viel überlassen, ihm Einblick in seine persönlichsten Erinnerungen gewährt?
Es waren die Augen gewesen, Lilys Augen!
Etwas lenkte ihn ab, verdrängte die Scham über sein eigenes Verhalten. Ein Geräusch! Waren das etwa ... Schritte! Eisige Furcht kroch plötzlich durch seine Adern.
Bei Merlin - NEIN! Niemand durfte sein Vorhaben jetzt noch durchkreuzen.
Weshalb nur gehorchten ihm seine Finger nicht? Nur ein paar Zentimeter trennten ihn von dem Ort, an dem er gehofft hatte, in Frieden sterben zu dürfen.
Sollten all seine Mühen vergebens gewesen sein?
