1. Prolog

Der Kampf gegen Voldemort trat in seine Endphase und auf dem Gelände von Hogwarts tobte die alles entscheidende Schlacht. Noch war nicht abzusehen, wer von beiden Seiten in Zukunft die Geschicke der magischen Welt lenken würde. Erbittert und gnadenlos kämpften Todesser und Auroren miteinander. Die Luft war erfüllt vom Tosen laut ausgestoßener Flüche und den darauf folgenden Gegenflüchen. Laut hallte das Schreien der Getroffenen über das Kampffeld. Magisch verstärkt und demzufolge ohrenbetäubend laut wurden Befehle erteilt, die auf beiden Seiten immer wieder die Kämpfenden aufforderten, Sicherheitslücken auf der eigenen Seite zu schließen und sie beim Gegner zu entdecken. Der Boden war getränkt vom Blut der Gefallenen. Es gab kaum einen Teilnehmer dieser Schlacht, der unverletzt geblieben war.

Aus dem Hintergrund, gedeckt durch eine dichte Baumgruppe, verfolgte der Dunkle Lord mit rot glimmenden Augen das Fortschreiten des Geschehens. Er hielt sich vorerst zurück. Er musste den Überblick behalten. So konnte er den Augenblick bestimmen, indem es notwendig sein würde, endlich selbst einzugreifen. Er wollte dies nicht zu früh tun. Vorerst genügte es, wenn er seine Todesser kämpfen ließ. Dass schon eine Reihe seiner Anhänger für ihn gefallen war, störte ihn wenig. Kollateralschaden, notwendige Opfer, nannte man das. Selbstverständlich opferten sie ihr Leben für ihren Lord. Nichts anderes erwartete er von ihnen.

Etwas Unzufriedenheit begann sich in ihm breitzumachen. Momentan gestaltete sich der Verlauf des Kampfes nicht zu seiner Zufriedenheit. Missmutig verfolgte er, wie seine Todesser immer mehr an Raum verloren. Sie begnügten sich nur damit, Flüche abzuwehren, anstatt auszuteilen.

„Mylord... Wir müssen etwas tun." Lucius Malfoy, der als Einziger an seiner Seite geblieben war und als Mittler zwischen Voldemort und seiner kämpfenden Truppe fungierte, wurde leicht nervös. Auch er sah, dass sie große Verluste erlitten, die von Sekunde zu Sekunde schwerwiegender wurden.

„Ja, ja.. Ich weiß… Aber noch ist die Zeit nicht reif. Potter ist der Schlüssel, Lucius. Er wird im Augenblick noch zu sehr beschützt von seinen Leuten. Wir müssen zu einer anderen Maßnahme greifen." Voldemort schien zu überlegen. Seine wachen Augen streiften über das Geschehen und blieben an einer jungen Frau hängen, die wohl gerade die Aufgabe übernommen hatte, Harry Potters Rücken zu decken. Hoch aufgerichtet stand sie hinter dem jungen Mann mit der Narbe. Unermüdlich wehrte sie einen Fluch nach dem anderen ab und gab so Potter die Gelegenheit, seinerseits verheerend in den Kampf einzugreifen. Der Junge war sehr effizient darin, Flüche auszuteilen und fast jeder ausgestoßene Fluch traf sein anvisiertes Ziel.

„Ist das nicht dieses Schlammblut, seine beste Freundin?" Voldemort zeigte mit seinem Zauberstab auf die junge Frau. Lucius sah angestrengt in die angezeigte Richtung und nickte nach einer Weile. „Ja, das ist Hermine Granger. Sie ist gut, in dem was sie tut." Ungewollt aufrichtig klang dieser Satz aus dem Mund des blonden Todessers.

„Außergewöhnlich für ein Schlammblut, ja. Aber es gibt bestimmt etwas, was sie dazu bringen wird die Verteidigung von Potter aufzugeben", sinnierte der Lord und beobachtete missbilligend, wie Hermine Granger anscheinend mit Leichtigkeit eine gegen sie gerichtete Attacke mehrerer maskierter Todesser mühelos abwehrte und mit einem lässigen Grinsen im Gesicht, nachdem sie zwei von ihnen niedergestreckt hatte, einen fast undurchdringlichen Schutzschild um sich und den kämpfenden Potter legte.

„Sag Rodolphus Bescheid, dass er sich sofort aufmacht und mir ihre Eltern bringt. Es ist mir egal, wie er es anstellt. Sie müssen in der nächsten Stunde hier erscheinen, lebendig."

„Ich könnte sie holen", bot Lucius an.

„Nein, du bleibst in meiner Nähe. Lestrange wird das erledigen."

Lucius drehte sich um, hielt kurz Ausschau und hatte im Kampfgetümmel den Gesuchten schon nach kurzer Zeit gefunden. Er übermittelte Voldemorts Willen und kehrte, nachdem er in lässiger Weise zwei angreifende Auroren abgewehrt hatte, zu seinem Herrn zurück.

Es vergingen nicht einmal dreißig Minuten, da war Lestrange wieder zurück. In seinem Schlepptau befanden sich zwei Personen, denen er auf magische Weise die Hände gefesselt hatte. Der Mann blutete bereits aus mehreren Wunden am Körper, die ihm zugefügt worden waren und die etwas kleinere Frau, der Rodolphus immer wieder brutal in den Rücken schubste, um sie so vor sich herzu treiben, hatte eine Schürfwunde, die sich quer durch ihr Gesicht zog. Leise wimmernd und schlotternd vor Angst, blieb das Ehepaar vor der furcheinlössenden Gestalt des dunklen Zauberers stehen.

„Bitte... Wir haben doch gar nichts getan", flehte David Granger und hob seine gefesselten Hände. Unruhig sah er sich immer wieder um und schreckengeweitet waren seine Augen, als er sah, wo er sich befand.

„SIE haben nichts getan, aber ihre Tochter um so mehr", orakelte der Dunkle Voldemort und blickte die beiden Muggel strafend an.

„Unsere Tochter…? Sir, unsere Tochter ist ein gutes Mädchen", beteuerte Granger und versuchte Hermine im Kampfgetümmel auszumachen.

„Sie behindert unseren Sieg, Granger. Und ich dulde so etwas nicht." Ein Wink von Voldemort und Lestrange schubste die beiden Gefangenen vor sich her, in Richtung Schlachtfeld, immer darauf achtend, die Körper der Beiden als Schutzschild zu verwenden. Einige eher harmlose Flüche trafen versehentlich das Ehepaar und ließen sie laut aufschreien und taumeln. Endlich wurden die Kämpfer auf beiden Seiten auf das ungewöhnliche Geschehen aufmerksam. Zauberstäbe wurden kurzzeitig gesenkt und das Zischen ausgestoßener Flüche wurde seltener.

„Ich nehme an, Schlammblut, du erkennst die beiden Muggel, die in meinem Gewahrsam sind?" Voldemorts magisch verstärkte Stimme schallte über den Platz. Hermine blickte sich verwirrt um, ein verzweifelt ausgestoßenes „Nein" entrang sich ihrem Mund.

„Senke deinen Zauberstab und tritt zurück. Du wirst Potter nicht mehr helfen. Tust Du nicht, was ich sage, werden die Beiden sterben." Voldemort zog nicht einmal die Möglichkeit in Betracht, dass Hermine sich weigern würde, seinem Befehl nicht nachzukommen. Unschlüssig stand die junge Frau da, hin und her gerissen zwischen der Verpflichtung Harry unbedingt Feuerschutz zu geben und dem Leben ihrer Eltern.

Vereinzelte Todesser sahen unterdessen ihre Chance, die nunmehr abgelenkten Auroren weiter anzugreifen und in schneller Folge prallten tödliche Flüche auf die Reihen der Verteidiger. Diese sahen sich wiederum gezwungen zurückzuschlagen und unversehens entbrannte die Schlacht erneut und mittendrin befanden sich zwei verängstige, verletzte Muggel, die auf die Knie gefallen waren, die Hände schützend über ihre Köpfe hielten, als könnte diese Maßnahme weiteren Schaden von ihnen abhalten.

Hermine sah entsetzt von Harry zu ihren Eltern. Sie musste etwas unternehmen. Doch erst das keuchende „Geh schon, rette sie" von Harry, ließ sie vollends aus ihrer Starre erwachen. Sie hob entschlossen ihren Zauberstab und setzt sich in Bewegung.

Doch es war zu spät. Im Nachhinein konnte niemand der Überlebenden sagen, wer die Flüche ausgesprochen hatte, die Hermines Eltern und den immer noch bei ihnen stehenden Rodolphus Lestrange getötet hatte. Noch ehe Hermine auch nur in die Nähe ihrer Eltern kam, sanken die in grünes Licht eingehüllten Leiber von Mrs. und Mr. Granger auf den blutdurchtränkten Boden. Lestrange fiel ebenfalls und bedeckte mit seinem Körper die beiden Muggel.

„Neeeeeeeiiiiiiiin!" Hermine warf sich verzweifelt, mit tränenüberströmten Gesicht nach vorne. Es war jedoch zu spät. Die Menschen, die sie aufgezogen und geliebt hatten, waren tot. Unwiederbringlich.

Sie ließ ihren Zauberstab fallen, kümmerte sich überhaupt nicht um das Geschehen um sie herum. Obwohl sie ein gut zu treffendes unbewaffnetes Ziel abgab, verfehlte sie jeder in ihre Richtung abgegebene Fluch beträchtlich. Eine dunkle Gestalt im Hindergrund sorgte dafür, dass Hermine nicht ebenfalls ein Opfer wurde, so wie ihre Eltern. Sie zerrte den toten Körper des Todessers von ihren Eltern und ließ sich unfassbar trauernd und weinend neben ihnen nieder. Zärtlich strich sie immer wieder ihrer Mutter das Haar aus der Stirn, hielt die leblose Hand ihres Vaters und schüttelte fassungslos mit dem Kopf. Sie konnte nicht glauben, was sie gerade erlebte. Dies war ein Alptraum, aus dem sie anscheinend nicht erwachen konnte.

Der Kampf um sie herum tobte unvermindert weiter. Es interessierte sie nicht. Zu sehr war sie in ihrer Trauer um ihre Eltern gefangen. Sie sah nicht, dass Harry Potter endlich die Prophezeiung erfüllte und Voldemort tötete. Sie nahm nicht wahr, dass der Kampf mit dem Fall Voldemorts zu Ende ging. Es interessierte sie nicht, dass die überlebenden Todesser gefangen genommen und weggebracht wurden. Selbst die etwas unbeholfenen Tröstungsversuche ihrer Freunde prallten von ihr ab.

Tage später, nachdem ihre Eltern, nebst den anderen im Kampf Gefallenen beigesetzt worden waren und die Trauer in ihr in kalte Wut auf sich, auf die magische Welt, auf ihre Freunde, die dies nicht verhindert hatten, auf Dumbledore, dessen Trost sie eher als lästig ansah, umschlug, reifte in ihr ein Entschluss.

Nachdem alle den Friedhof verlassen hatten und keiner sie bewegen konnte mitzukommen, stand sie allein und verlassen vor dem Grabhügel, den eine Unzahl an Kränzen und Blumen schmückte.

Fast emotionslos sah sie auf das Grab ihrer Eltern. Der Wind zerrte an ihrem Haar und an ihrer Kleidung. Sie fühlte es nicht. Ihre Augen brannten, sie konnte jedoch nicht mehr weinen, denn sie hatte keine Tränen mehr. Mit einer entschlossenen Geste griff sie in ihre Manteltasche und zog ihren Zauberstab hervor. Sie griff die beiden Enden und schnell brach sie ihn in der Mitte hindurch. Achtlos ließ sie das nun nutzlose Stück Holz auf den Boden fallen.

„Ich brauche ihn nicht mehr. Nicht einmal Magie konnte helfen, dass ihr weiterleben könnt. Magie ließ euch sterben. Ich will keine Hexe mehr sein. Keine Magie mehr, NIE MEHR!"

Und mit diesen Worten drehte sie sich entschlossen um und verließ eilig den Friedhof. Seither fehlte von ihr jede Spur. Hermine Granger hatte die magische Welt sang- und klanglos für immer verlassen.

Tbc.