Problems on tiptoes
Makarov war kurz davor seinen Schnurrbart vom Gesicht zu reissen und jedes einzelne Haar aufzuessen. Seine Schüler machten ihn fertig. Wenn sich die Jungs so weiter prügelten anstatt eines der anwesenden Mädchen als Tanzpartnerin auszusuchen, könnte man niemals die Rollen des nächsten Ballettstücks verteilen… sobald er ausgesucht hatte, welches Ballettstück Fairy Tail das nächste Mal spielen würde.
Die Internatsschule von Fairy Tail war früher ein einfaches Internat gewesen, dass Kindern und Jugendlichen mit schwieriger Kindheit, krimineller Vergangenheit oder die Waise waren ein Zuhause und so etwas wie eine Familie anbot. Doch durch immerwährende Prügeleien der Schüler und verschiedenen Schadenbeschwerden war die Schule vor fünfzig Jahren fast bankrott gegangen. Der damalige Direktor Purehito hatte dann die Idee gehabt, aus der Schule auch eine Ballettschule zu machen und in der Oper von Magnolia Vorführungen zu präsentieren, um somit Geld in die Schulkasse zu bringen. Die Klassen wurden nicht in verschiedene Jahrgänge aufgeteilt, sondern gleich in vier verschiedene Gruppen. In der Blauen Klasse waren die ältesten, in der Grünen Klasse waren die Schüler etwas jünger. In der Roten Klasse kamen dann jene, die aus den Kinderkleider längst rausgewachsen waren und in der Violetten die jüngsten, also die Kinder.
Sein Projekt übertraf alle seine Erwartungen. Heute war Fairy Tail eine hochangesehene Internats- und Ballettschule, in der nun auch einige reiche Kinder eintreten durften, die neben Ballett und normalem Unterricht auch Kurse mit Fechten, Kunst, Kunst und auch asiatische Kampfsportarten anbot. Einige der ehemaligen Schüler kamen manchmal sogar als Lehrer und erfahrene Tänzer zurück ins Internat. Vor allem, weil Fairy Tail nicht nur eine Schule war, sondern auch ein zu Hause für die Bewohner, die zusammen eine grosse Familie bildete.
Und wie in jeder Familie gehörte auch Streit zu Fairy Tail...
Makarov stöhnte auf, als Natsu Dragneel und Sting Eucliffe ihre Versuchspartnerinnen, Lucy Heartfillia und Yukino Aguria, zum x-ten Mal wie Kartoffelsäcke fallen liessen um sich zu prügeln. Schnell stapfte der Direktor zu ihnen gab den beiden je einen saftigen Tritt in die Wade. Ha, er war vielleicht ziemlich klein von der Grösse her, aber seine Schläge konnten riesig sein.
„So geht das nicht weiter. Sting, Yukino als deine Tanzpartnerin ist wirklich die schlechteste Idee, die ich je gehabt habe. Entweder beachtest du sie nicht oder du versucht eher sie zu begrabschen als mit ihr zu tanzen. JA, SORANO, ICH LERNE SEHR WOHL AUS MEINEM FEHLER UND ICH WERDE DEINER SCHWESTER EINEN ANDEREN PARTNER GEBEN, ALSO SCHLIESS DEINEN MUND BEVOR DU ETWAS DUMMES SAGST!"
Sorano Aguria, für ihre Mitschüler nur Angel, schloss beleidigt den Mund. Wenn es nämlich nach ihr ginge, würde keiner der unreifen oder perversen Jungs der Schule mit ihrer heissgeliebten Babyschwester tanzen. Doch sie hatte so oft lernen müssen, ihren Beschützerinstinkt zu bremsen, den sonst hätte diese goldlockige Schlampe Lucy Heartfillia einen Grund sie auszulachen.
Makarov rieb sich müde an die Schläfen, bevor er seufzend sprach: „Yukino, du wirst zu Rogue gehen. Bei der kleinen Aufführung von letzter Woche war euer Pas de Deux wundervoll gewesen. Ich denke, dass ihr zusammen sehr kompatibel sein könnt."
Yukino nickte erleichtert auf. Sting war zwar gutaussehend und die Hälfte der Mädchen träumten von ihm als Tanzpartner. Doch es war unangenehm, wenn er sie so pervers musterte in der Hoffnung, dass sie in sein Bett landen würde. Yukino hasste es nur als Spielzeug angesehen zu werden. Rogue hingegen, der beste Freund von Sting… er war das komplette Gegenteil, ein Gentleman und voller Wissen, kalt und unnahbar zwar, doch wenn man genau hinsah (und das tat fast keiner), konnte man eine gewisse Wärme in seinen Augen erkennen. Yukino hatte allein deswegen eine kleine Schwäche für ihn. Okay, es war eine ganz grosse Schwäche. Doch zu grosse Hoffnungen sollte sie sich nicht machen. Rogue war kalt und schien überhaupt an Liebe und so interessiert zu sein. Ausserdem, wer würde sich in ein schüchternes Mauerblümchen wie sie verlieben, die sowieso nur ihm Schatten ihrer grossen Schwester stand?
Während Yukino zu Rogue ging, wendete sich Makarov an Natsu und Lucy: „Ihr beide macht es mir wirklich nicht einfach. Lucy, immer beschwerst du dich über deine Tanzpartner, ich möchte gar nicht wissen, mit wie vielen du getanzt und dir dann beschwert hast. Natsu, du hast so viele Jahre Zeit gehabt zu lernen mit Mädchen zu tanzen und eine geeignete Partnerin zu suchen, doch trotz deines guten Willen – wenn man es wirklich so nennen kann – hast du keine Fortschritte gemacht, im Gegenteil! Selbst mit Lisanna hat es nicht mal eine Woche angehalten. Mir reicht es mit euch beiden, ab jetzt seid ihr Tanzpartner. Es ist an der Zeit, dass ihr euch mal mit dem zufrieden gebt, was ihr habt. Ich denke, dass ihr sehr wohl am besten zusammen Erfahrungen sammeln könnt, da ihr doch immer die Tanzpartner wechseln wollt."
Da halfen jegliche Proteste wie „Aber sie ist seltsam!" und „Aber er nennt mich immer Luigi!" nichts. Makarov blieb hart. Auch wenn sie gut alleine tanzen konnten, die älteren Schüler mussten langsam aber sicher ihre definitiven Tanzpartner bekommen. Und wenn sie sich nicht entscheiden konnten oder immer rummeckerten (oder gleich beides), blieb ihm nichts anderes übrig als für diese verwöhnten Gören zu entscheiden, mit wem sie am meisten tanzen würden müssen.
Lucy liess sich schmollend auf einer Bank fallen. Angels schadenfreudiges Lächeln verbesserte nichts an ihrer Stimmung, im Gegenteil. Lucy gab ihr einen eiskalten Blick. Sie würde sich sicher nicht von dieser Federtussi, ihrer grössten Rivalin wenn es um die Hauptrollen eines Stücks ging, erniedrigen lassen.
Makarov drehte sich währenddessen zu Sting um und sagte schliesslich: „Meiner Meinung nach brauchst eher eine Partnerin, die Erfahrung hat, also nehmen wir mal jemand aus der Klasse über dir. Minerva, du wirst von nun an statt Bacchus Sting als Tanzpartner haben. Bacchus, du wirst hingegen Hippilie als Partnerin bekommen. Sie ist eine wirklich gute Tänzerin, doch noch sehr blutjung. An deiner Seite wird sie sicher mehr Erfahrung sammeln können."
Minerva und Sting sahen sich feindselig an. Der Schwarzhaarige gefiel es nicht, mit einem prügelbegeisterter Dummkopf zu tanzen, der dazu noch jünger war als sie. Der Blonde hingegen mochte es nicht mit Mädchen zu tanzen, die grösser und älter waren als er... und vor allem nicht unberührt und naiv. Alles, was Minerva war. Doch eine andere Wahl blieb ihnen nicht. Entweder ungewolltes Teamwork, oder Makarov würde ihnen eine seiner berüchtigten, furchtbaren Strafe auf den Hals hetzen. Wie in sexy Unterwäsche den Marmorboden der Korridore des Internats mit einer Zahnbürste putzen. Oder bei sonnigem Wetter einen Marathon laufen, in mehreren Schichten von Winterkleidung.
So gesehen blieb ihnen also noch keine andere Wahl.
Bacchus hingegen schien sehr erfreut zu sein eine neue Tanzpartnerin zu haben, die zwei Klassen unter ihm ging. Hippilie war auch sehr hübsch mit den flammenroten, kinnlangen Korkenzieherlocken und vor allem den bernsteinfarbenen Augen, die wie jene eines Wolfes aussahen. Gut, er war etwa einige Jährchen älter als sie und sie war eine blutjunge Jugendliche aus der Roten Klasse. Doch Bacchus war nicht einer, der sich wegen ein paar Jahren Altersunterschied aufhalten lässt, um das Herz eines Mädchens zu erobern. Er war ein Kämpfer und ein Frauenheld in einem. Ein hübsches Mädchen war für ihn ein Kampf, den er unbedingt gewinnen musste. Und Hippilie würde es ihm sicher nicht leicht machen, was ihn geradezu anspornte.
Diese bemerkte nicht, welche Begierde sie in Bacchus aufflackern liess. Die Rothaarige war eher nervös, schliesslich würde sie zum ersten Mal einen Tanzpartner haben. Dies war eigentlich nicht unbedingt das Schlimmste, es war einfach die Tatsache, dass ausgerechnet ein Grosser der Blauen Klasse ihr Partner sein würde. Einer der Grossen Blauen, ausgerechnet Bacchus, der sicher nicht an einer unerfahrenen kleinen Roten interessiert war. Hippilie liess sich zwar nichts anmerken, seit Jahren pflegte sie ihre Emotionen unter einer Maske voller Humor, Kinderblödsinn und Sarkasmus zu verstecken, durch der nur Vivi durchsehen konnte. Doch sie wusste nicht, ob sie diese Maske aufrecht halten konnte, wenn sie die Partnerin von Bacchus sein würde. Hippilie hatte Angst vor Demütigungen. Schreckliche Angst. Innerlich wappnete sie sich irgendwie dagegen. Sie musste sich nichts anmerken lassen, wenn sie mit Bacchus zusammen sein würde. Nie im Leben würde sie ihm zeigen, dass die Demütigung sie treffen konnte.
Hippilie spürte kaum, wie ihre Kusine Vivi einen Arm auf die Schulter legte. Doch trotz allem beruhigte diese Geste sie irgendwie. Vielleicht malte sie sich alles viel zu schwarz.
Xxx
Ein paar Stunden später liess Makarov seine Schüler aus dem Trainingszimmer gehen. Als alle draussen waren, ging er zur Ballettstange und liess sich rücklings am Spiegeln auf den Boden gleiten.
Nur wenigen hatte er einen Tanzpartner anhängen können, ganz zu schweigen von der frustrierenden Tatsache, dass er immer noch nicht entscheiden konnte, wer bei der nächste Ballettvorführung die Hauptrollen tanzen sollten. Er hatte ja keine Ahnung, welches Stück es diesmal überhaupt sein sollte. Sollte er am besten eines nehmen, dass Fairy Tail schon aufgeführt hatte, um es sich einfach zu machen? Warum nicht, es wäre ja nicht das erste Mal, dass sie ein Stück mehrmals aufführten.
Doch was sollte er nehmen? Der Nussknacker? Würde eher in die Weihnachtszeit passen. Romeo & Julia? Das war ihre letzte Aufführung gewesen. Schwanensee? Würde noch eine gute Idee sein, aber die Schule hat es in den letzten vier Jahren schon dreimal vorgeführt. Giselle? Dornröschen? Coppelia? Der Feuervogel? Oder sollte er ein eher unbekanntes Ballett nehmen?
Bob hatte sich Recht wenn er behauptete, dass Makarov viel zu viel arbeitete. Doch für den Dreyar war diese Schule wie sein Lebenswerk. Er wollte, dass sie bestehen blieb, selbst wenn der Schulrat Fiores Fairy Tail eher mit einem misstrauischem Auge ansah. Verdammt, er hatte sogar seinem eigenen Sohn Ivan seine Lehrerstelle gekündigt, weil dieser Nichtsnutz mit seinen kriminellen Handlungen die Existenz Fairy Tails, seiner Familie, in Gefahr gebracht hatte. Was einer der Gründe war, warum sich Laxus, sein geliebter Enkel, sich allmählich von ihm entfremdete. Vielleicht funktionierte der Familienbund von Fairy Tail doch noch nicht so gut, wie er es sich wünschte.
Plötzlich bemerkte Makarov, dass er nicht alleine im Trainingsraum war. Erik, der selbst von den Lehrern Cobra genannt wurde, war noch da. Cobra sass auf dem Fenstersims und starrte irgendwie... traurig in den goldenen Abend hinein. Wie jedes Mal wenn eines seiner Kinder betrübt war, machte sich Makarov Sorgen. Doch in diesem Fall hinderte er sich daran dem Junge zu fragen, was ihn so betrübe. Der Junge schien allein sein zu wollen. Und er schien es wirklich gerade sehr gut zu gebrauchen, ein wenig isoliert zu sein. Lautlos stand Makarov auf und trat aus dem Trainingsraum.
Als Cobra durch seiner Mutter – eine ehemalige Schülerin des Internats – hierher gekommen war, war er ein zynischer, frecher und ein wenig boshafter Bengel gewesen, der sich immer wieder in Schwierigkeiten brachte. Wobei er vor allem von Gray und Natsu zurück schikaniert wurde, weil er nie richtig an das Familiensein von Fairy Tail glauben konnte, was diesen beiden nie richtig passte. Makarov hatte Cobra eigentlich nur in seinem Internat aufgenommen, weil er trotz seiner Abneigung gegenüber seines Verhaltens das Gefühl hatte, dass der Junge etwas sehr Kostbares verloren hatte und dieser Verlust in innerlich zerbrach, was er vertuschte, indem er sich zum Bad Boy mutierte. Durch eine Prügelei mit Natsu war er mal aus dem Fenster gefallen. Zu seinem Glück hatte Cobra sich keine Knochen gebrochen. Nur sein rechtes Auge war nun für immer geschlossen. Natsu bekam seither immer schlechtes Gewissen, wenn er dieses Auge sah und dessen Besitzer machte sich grosse Mühe, seine Entschuldigungen zu ignorieren.
Doch vor etwa drei Monaten hatte sich Cobras Verhalten verändert. Zynisch war er zwar immer noch, doch frech und leicht boshaft nicht mehr. Eher erschien er kalt, emotionslos und... manchmal auch etwas wütend und traurig zugleich.
Was war wohl geschehen, was eine solche Veränderung erklären konnte? Mal sehen... vor drei Monaten... nichts Grosses war geschehen, man hatte nur eine neue Schülerin willkommen geheissen. Kinana, ein Mädchen aus wohlhabenden Haus, schüchtern, sie sagte beinahe nichts und wurde von einigen Mädchen gut versorgt. Etwas zu gut, schliesslich liessen vor allem Erza und Laki keinen Jungen an ihn ran. Aber... was sollte dies mit Cobra zu tun haben?
Xxx
Cobra rannte zum Bahnhof von Crocus. Er musste sie sehen, ein letztes Mal. Bevor ihre Schlampe von einer Mutter sie ins Ausland brachte und er sie für immer verlieren würde. Er hörte, wie seine Adoptivmutter im etwas zurief, doch er achtete nicht darauf. Nichts anderes zählte ausser Kinana. Und das, was er endlich sagen sollte, bevor sie aus seinem Leben verschwinden würde. Er wusste nicht, was ihre Mutter sich dabei dachte in ein anderes Land zu ziehen. Musste wohl mit einem neuen Liebhaber zu tun haben. Und der Tatsache, dass sie die Freundschaft ihrer Tochter zu Cobra nicht akzeptieren konnte, weil weder zu einer reichen noch einer königlichen Familie gehörte. Er war nur der adoptierte Sohn einer unverheirateten Frau, die sich nicht mal um ihren Ruf kümmerte.
Als Cobra endlich auf dem Bahnsteig ankam, fing der Zug an schon langsam den Bahnhof zu verlassen. Verdammt, er kam zu spät! Doch der Zug war noch nicht weg, ihm blieben noch einige Sekunden. Sofort fing Cobra an, neben dem Zug zu rennen.
„KINANA!", schrie er den Fenstern entgegen. Sofort tauchte ihr schöner Kopf bei einem der Fenster auf. Von drinnen ertönte die wütende Stimme ihrer Mutter, doch sie achtete nicht auf sie. Noch dieses eine Mal würde Kinana ungehorsam sein, bevor ihre Mutter sie für immer gefangen halten würde. Als sie Cobra erblickte, vermischte sich Freude und Trauer in ihrem Blick. Sie streckte ihm die Hand entgegen, obwohl sie beide wussten, dass er sie niemals noch ergreifen könnte.
„KINANA! ICH LIEBE DICH!", schrie er ihr entgegen, als der Zug schneller fuhr.
„ICH LIEBE DICH AUCH, ERIK!", konnte sie noch erwidern, bevor der Zug aus dem Bahnhof fuhr und ihre Mutter sie abrupt zurück auf ihren Platz zog.
Cobra war am Ende des Bahnstegs angekommen. Wie erstarrt sah er dem Zug nach, der seine grosse Liebe für immer fortbringen würde. Er spürte kaum seine Umgebung, er spürte kaum wie Venima tröstend einen Arm auf seine Schulter legte.
Als der Zug endgültig verschwunden war, fing der Rothaarige endlich an zu weinen.
Cobra sass immer noch im Trainingsraum der Ballettschule, Mitternacht war wahrscheinlich schon vorüber. Doch er konnte noch wollte er sich bewegen. Immer wieder spielte sich diese Szene vor seinen Augen wieder. Er gab sich Mühe nicht mehr zu weinen.
Nie hatte er Kinana vergessen können. Selbst als er sich mit zynischem Verhalten und einem grossen Ego beschützte, um niemandem zu zeigen, dass er dieses eine Mädchen schrecklich vermisste. Venima hatte kurz darauf ihren Sohn in dieser Schule angemeldet, wo sie selber mal gewesen war. Freunde hatte er nicht wirklich gefunden. Richard war als einziger sofort nett zu ihm gewesen, sowie die kleine Luna aus der Violetten Klasse. Mit der Zeit konnte man sagen, dass auch Gajeel, Jellal und Laxus dazukamen. Einige Mädchen hatten ein Auge auf ihn geworfen, wie Lucy oder Angel, die ihn aber vollkommen kalt liessen. Manchmal hatte Cobra zwar daran gedacht eine Freundin zu haben, doch er hatte sofort gewusst, dass es nie funktionieren würde. Kinana fehlte ihm immer noch, selbst nach fünf Jahren war die Wunde der Trennung zu frisch. Er liebte sie immer noch, jeden Tag noch mehr.
Dann tauchte sie vor drei Monaten plötzlich in Fairy Tail auf. Ihre Mutter hatte sie hier angemeldet, offiziell weil ihre Tochter somit endlich durch den Ballettunterricht ein grosser Star werden würde, inoffiziell glaubte Cobra allerdings, dass sie wieder einen neuen Liebhaber hatte und Kinana ihr dabei nur stören würde. Cobra hatte gehofft mal mit ihr zu reden, doch Kinana war so stumm und noch schüchterner geworden als vor fünf Jahren. Irgendwie wusste er nicht, wie er sich mit ihr verhalten sollte. Ausserdem war sie immer von anderen Mädchen umringt. Vor allem liessen Erza und Laki keinen Jungen in ihrer Nähe und da die beiden ihn nicht unbedingt ins Herz schlossen...
Cobra seufzte. Irgendwie musste er einen Weg finden, wieder mit ihr zu reden. Er musste wissen, wie es um ihre Gefühle für ihn stand. Ob sie noch liebte oder nicht mehr. Letzteres bezweifelte Cobra allerdings. Zwischen ihm und Kinana gab es eine besondere Verbindung, die er sich nicht beschreiben konnte. Er wusste nicht wie oder wann, doch er würde mit ihr reden. Irgendwie musste er die richtige Gelegenheit dafür finden. Cobra hoffte einfach, dass es bald sein würde, Geduld war noch nie seine Stärke gewesen.
Xxx
Vivi war gerade vom Klo auf dem Weg zurück zu ihrem Zimmer als sie an Minervas Zimmer vorbeikam. Aus dem Raum hörte sie ein wimmerndes Geräusch. Irritiert blieb Vivi stehen. Minerva und wimmern? Eher würden Jellal und Erza sofort zusammen kommen und Midnight von nun an immer Kaffee trinken. Doch das Geräusch hörte nicht auf. Nun ernsthaft besorgt trat Vivi in das prunkvolle Schlafzimmer.
Minerva lag in ihrem Himmelbett und schlief. Jedoch wälzte sie sich energisch hin und her, hörte nicht auf zu jammern. Es musste ein sehr böser Alptraum sein.
Besorgt setzte sich Vivi auf dem Bettrand und fasste die Hand ihrer Mitschülerin. Sie waren zwar zusammen in der Blauen Klasse und gehörten gemeinsam mit Erza und Mirajane zu den besten Ballerinas ihrer Generation, doch das waren auch schon ihre Beziehungen zu Minerva. Sie und Vivi hatten sie sich nie richtig verstehen können, was Stolz oder Bescheidenheit über grosse Talente anging. Minerva machte sich keinen Hehl daraus zu zeigen, wie gut sie Ballett konnte und würde sich lieber ihren geliebten langen schwarzen Locken abschneiden, als ihre Chance als Tänzerin zu verspielen. Vivi hingegen war zwar ein Naturtalent im Ballett und eine fleissige Schülerin, doch spürte nie eine Scham die Schulregeln zu brechen, wenn ihr mal etwas gerade nicht passte. Manchmal hatte Vivi dafür nachsitzen müssen, doch ihr Ehrgefühl zwang sie immer dazu ihre Meinung zu sagen, selbst wenn sie sich damit in Schwierigkeiten bringen würde.
Minervas Handy war an und fing an zu vibrieren. Die Musik von „Requiem for a Dream" ertönte in der Version einer Musikschachtel. Wer rief den Minerva mitten in der Nacht an? Ohne deren verschwitzte Hand loszulassen griff Vivi nach dem Handy und sah auf die Display. Nur eine Nummer, kein Namen. Vielleicht wollte eines der Kinder der Violetten Klasse Minerva einen Streich spielen. Da konnte man nur eins tun: Anruf entgegennehmen und so tun als ob man würgen würde. Funktionierte jedenfalls bei Lector und Happy. Doch als Vivi das Handy ans Ohr presste, hörte sie keine Kinderstimmchen die versuchten einen James-Bond-Bösewicht nachzuäffen, sondern eine tiefe, unheimliche Männerstimme.
„Ich weiss endlich, wo du all die Jahre untergekommen bist. Du wirst es noch bereuen, deinen Vater hintergangen zu haben, Minerva. Ich-"
Erschrocken beendete Vivi den Anruf und löschte ihn automatisch von den eingehenden Anrufen. Zitternd schaltete sie das Handy aus, damit kein weiterer unheimlicher Anruf kommen konnte, legte es zurück und starrte Minerva an, die sich nicht mehr hin und her wälzte. Doch sie wimmerte weiterhin und presste Vivis Hand stärker.
Vivi hatte immer gedacht, dass Minerva ein Waisenkind war, das hier aufgewachsen wäre. Doch nach diesem Anruf hatte sie die dunkle Ahnung, dass die Vergangenheit ihrer Mitschülerin ziemlich schrecklich sein sollte. Was sollte sie jetzt tun? Minerva und Makarov warnen? Würden sie ihr überhaupt Glauben schenken? Nichts sagen? Sicher nicht! Jetzt jedenfalls würde sie besser an Minervas Seite bleiben.
Zum ersten Mal spürte Vivi Angst. Angst, dass jemand vielleicht einen Grund hatte Fairy Tail, ihrem Zuhause, und ihren Mitschülern Schaden zuzufügen...
Dabei bemerkte Vivi nicht, wie ein weisser Schatten vor Minervas Fenstern kurz auftauchte und verschwand.
