There... and back?

Hallo alle zusammen!

Ja, ich bin zurück... und habe eine völlig neue Geschichte mitgebracht. Naja, neuer Lebensweg, schlussfolgernd neue Geschichte. Und es musste mal was völlig Neues sein, „Fabienne" geht aber parallel hierzu weiter.

Ich hoffe nur, mir gelingt dies hier auch. Schließlich kann ich mich ja nicht mehr hinter der Aussage verstecken, dass ich vom ff-schreibseln no clue habe... es ist ja nicht meine erste fanfic:-) Also viele konstruktive reviews, ja? Auch wenn ich das hier schon mal gemacht habe, Reallife meets ME ist auch für mich neu:-)

Ich hoffe, es fetzt euch trotzdem...

Zur Info: Alles spielt sich noch vor dem großen HdR-Hype ab. Sprich: „The Fellowship" steht kurz vor der Premiere in Europa. Und meine Hauptdarstellerin kennt die Bücher von Tolkien nicht. Ja, solche Leute muss es auch mal geben. :-)

Kapitel

„Irgendetwas kommt ... ich kann es spüren.", wispert Legolas und Aragorn schließt zu ihm auf. „Man kenich?" („Was ist los?")

Langsam gleiten schon die Fingerspitzen an den grünen Pfeilfedern hinab, während seine Augen stetig zwischen den Bäumen wandern. „Der weiße Zauberer... nähert sich." Aragorn lockert sein Schwert. Sein Herzschlag verdoppelt sich. Auch er hatte etwas gespürt, doch nur der Elb vermag die Zeichen klar zu deuten. Gimli hat schon längst seine Axt parat und die drei Gefährten brauchen sich nur noch einen kurzen Blick auszutauschen, dann sind sie sich sicher... Saruman steht direkt hinter ihnen!

„Wir dürfen uns von seinem Zauber nicht blenden lassen."

Es sind die letzten Worte, welche Aragorn, Arathorns Sohn, noch sagen kann. Gleichzeitig wirbeln sie herum, Gimli hebt seine Axt, Legolas feuert seinen Pfeil ab und Aragorn hebt sein Schwert... doch ihr Ziel finden die Waffen niemals.

Grelles Licht blitzt auf, schließt sich gleißend um die drei Freunde herum, verschluckt sie.

Gandalf der Weiße blinzelt... er hatte zuviel Kraft angewendet, um den Angriff seiner Verbündeten, doch unwissenden Gefährten, abzublocken. Er hat, statt die Kraft ihrer Waffen verschwinden zu lassen, sie in Persona verschwinden lassen. Doch ein Zauberer hat sich doch noch niemals geirrt? War dies von den Valar vorherbestimmt gewesen? Sollten sich etwa ihre Wege noch nicht wieder finden?

Langsam geht er zu der Stelle, an welcher Gimli soeben noch gestanden hatte. Er braucht nicht lange zu überlegen, geht in Gedanken nur die nächsten Schritte durch... doch das, was jetzt vor ihm liegt, muss er auch alleine schaffen. Er braucht nur Zeit, doch momentan ist ihm keine gegeben. Er hofft nur, seinen drei Verbündeten ergeht es solange gut.

Gandalf seufzt. Dann rafft er seine weiße Robe und läuft los. Je eher er seine Aufgaben in Rohan erledigt hat, desto eher kann er sich um die Rückkehr der drei Jäger kümmern...

Währenddessen:

„...Und nochmals eine Wetterwarnung, bevor es mit den neuesten Hits hier bei Radio MW weitergeht. Schnee und Eis behindern weiter die Straßenverhältnisse, mancherorts musste sogar schon der Bahnverkehr eingeschränkt werden. Wenn das so weiter geht, werden wir doch tatsächlich weiße Weihnachten erleben! Doch Meteorologen wollen sich noch kein festes Urteil..."

Seufzend schalte ich auf einen anderen Sender um. Wenn schon mal ordentlich Schnee liegt, so beschweren sich die Leute gleich wieder, doch fragt man genauer nach, so wünschen es sich doch einige, mal wieder einen richtigen Winter zu erleben. Nun haben sie ihn. Ich muss grinsen, als mir wieder ein Auto halb im Schritttempo entgegenkommt, die Scheibenwischer dafür auf den schnellsten Gang geschalten.

"Mach doch gleich noch die Warnblinkanlage an.", lache ich leise und summe zu Brian Adams Hit „Summer of 69" mit. „Wie passend...", und drehe lauter, während ich mir eine lange Strähne hinters Ohr klemme und mir ein prüfender Blick im Rückspiegel sagt: Du siehst abgearbeitet aus.

Nun gut, wenn man für ein knappes dreiviertel Jahr Gäste zu bewirtschaften hat, dabei auf sich gestellt ist und diese Leute auch noch einen gewissen Standart an Lifestyle gewohnt sind, so darf man etwas geschafft aussehen. Gerade eben habe ich die letzten Gäste zum Flughafen gebracht. Und bis Mitte Februar des kommenden Jahres war kein Eintrag in meinem Gästebuch vermerkt... nur ein großer fetter Strich, und zwar von mir. Die Zeit um die Jahreswende nutze ich immer für mich und meinen Hof. Einige Zimmer brauchen frische Farbe, dann will ich mich endlich mal um den alten Bauernschrank kümmern, welcher einer Rundumsanierung bedarf und meinem Hobby muss auch mal wieder gefrönt werden.

Ein Lächeln gleitet über meine Lippen, als ich in den schon dunklen Waldweg einbiege. Es ist erst kurz nach fünf Uhr nachmittags, doch bald wird es richtig dunkel sein. Ich freue mich auf eine Tasse heiße Schokolade und ein gutes Buch auf der Couch. Ich bin lange nicht mehr zum lesen gekommen. Und dann nochmal kurz in die Sauna und ab ins Bett... Und morgen halte ich mal Ausschau nach meinem Weihnachtsbaum.

Nach gut 1700 Meter Fahrt muss ich aussteigen und das schwere Holztor öffnen, welches den Anfang meines Privatgebietes markiert. Niemand außer mir und meinen Gästen kommt hierher... und ich bin stolz, Waldbesitzerin zu sein. Wer kann schon von sich behaupten, knapp 6500 ha gesunden Mischwald sein Eigen zu nennen?

Doch während ich die grob behauenen schmalen Stämme wieder in ihre Lederschlaufen zurückwuchte, muss ich den Kopf über mich selbst schütteln. Mein Beruf bringt es mit sich. Ich bewirtschafte das Jahr über einige Vertreter der Prominenz. Politiker, Fußballspieler, manchmal auch Schauspieler. Einige von Ihnen kenne ich, andere wiederum nicht. Sie kommen zu mir, weil fast niemand mich kennt. Meine Adresse findet man in keinem Telefonbuch, nur Insider wissen sie, nur meine Telefonnummer wird weitergegeben, die Post kommt nur in einem Postfach an. Genau deshalb kommen sie. Um mal wieder ganz für sich zu sein. Mal keine Pressetermine, mal kein Fotoshooting, mal nur lange ausschlafen und ein gutes Essen.

Manche kommen nur übers Wochenende... „Nur mal für zwei Nächte, ich weiß, für mich haben sie doch immer ein Zimmerchen frei, net wahr? Ich muss einfach mal wieder raus aus dem Trott!"... wiederum andere bleiben mehrere Wochen. ... „Ach, bei Ihnen kann man mal wieder ganz Mensch sein!"...

Während mir diese Worte immer wieder durch den Kopf gehen, muss ich schmunzeln. Eines steht für mich fest... tauschen wöllte ich auf gar keinen Fall. Was ist das denn für ein Leben, wenn man vor der Beachtung fliehen muss, nirgendwo mehr für sich sein kann, überall erkannt wird?

KRRRRRRRRRRRRRRRRSSSSSCCCCHHHHHHHH...

Erschrocken starre ich das Radio an, dann schalte ich auf Suchlauf. Doch nirgendwo findet das Radio einen neuen Sender, sucht ohne Unterlass, also schalte ich es ganz ab. Komisch...selbst hier, im Wald, ist doch sonst immer Empfang?

Plötzlich zuckt es kurz grellweiß zwischen den Bäumen neben und vor mir auf und circa 100 Meter vor mir wirbelt Schnee flach über den Weg, wie von einer Kanone geschossen. Ein Hase stolpert panisch weg, während ich meinen Jeep zum Stehen bringe und langsam aussteige. Wer fällt denn im Winter Bäume? Und vor allem in meinem Wald? Hier hat niemand Zutritt!

Entschlossen schalte ich den Motor ab und gehe um mein Auto herum, langsam auf die Stelle zu, an welcher der Schnee aus dem Wald geschossen kam.

Es riecht komisch. Es riecht nicht nach Schnee, nicht einmal nach kalter Winterluft. Als wäre etwas angesengt...

Dann höre ich Stimmen. Es sind mehrere. Sehen kann ich nichts, doch ich verharre und bleibe mitten auf dem Weg unschlüssig stehen. Es kann hier einfach niemand sein. Mein Wald ist abgegrenzt, nur ein Weg führt hinein und wieder hinaus. Selbst Jagdverbot herrscht hier. Unsicher drehe ich mich zu meinem Auto um. Im Handschuhfach liegt eine Reizgaspatrone. Ich habe sie vergessen.

Dann sehe ich wieder in den Wald hinein, doch ich bin mir gewiss, die Stimmen sind da. Und sie scheinen näher zu kommen. Ich versuche, etwas zu erkennen, doch es ist noch ein gutes Stück dunkler geworden und ich kann einfach nichts sehen.

„Hallo?", rufe ich laut. Woher ich soviel Mut nehme, weiß ich nicht, doch Sekunden später bereue ich meine Tat. Augenblicklich ist es still. Ich höre nur meinen eigenen Atem.

Ohne zu zögern renne ich zu meinem Jeep zurück, reiße die Türe auf, springe hinein, ramme die Zentralverriegelung rein. Ich will gerade den Motor starten, als genau da, wo ich zuvor gestanden habe, drei Gestalten aus dem Wald treten und sich mitten auf den Weg stellen. Sie stehen einfach nur da, ich kann ihre Gesichter nicht erkennen. Zwei sind normal von Wuchs, einer ist kleiner als sie. Doch ein Kind kann es nicht sein.

Jetzt setzen sie sich langsam in Bewegung... sie kommen auf mich zu.

Sofort schalte ich das Licht an.

Ob das mein erster Fehler ist, weiß ich noch nicht, doch was ich dann sehe, bringt mich nur zum Staunen, nicht mehr zum Handeln.

Einer hat ein Schwert in der Hand, der Kleine eine riesengroße Axt und der Dritte zielt mit Pfeil und Bogen... und zwar direkt auf meine Windschutzscheibe. Alle drei haben Mühe, gegen mein Aufblendlicht etwas zu erkennen, dafür sehe ich sie umso deutlicher. Und muss auch blinzeln: Sie haben nicht nur alte Waffen., sie tragen auch altertümliche Kleidung.

Da sie keine Anstalten machen, sich zu bewegen, sich nur ab und zu leise etwas zuzurufen, schaffe ich es, den Zündschlüssel zu finden. Von denen geht keine Gefahr aus... das sind Jungs, die hier irgendwo ein wenig LARP-Play veranstalten. Ich habe schon mal so etwas gesehen. Die Wälder hier eignen sich hervorragend dafür.

Der Motor springt an... und die Hölle bricht los! Die drei vor mir schreien aus voller Kehle, stürzen auf mich zu.

Der Pfeil, den meine Windschutzscheibe abbekommt, bemerke ich vor Schreck fast gar nicht. Doch der Kleine von ihnen brüllt etwas wie: „SARUMAN!", rennt auf mein Auto zu und rammt mit voller Wucht seine Axt in meine Motorhaube.

Nun schreie ich aus voller Kehle. Ich haue den Rückwärtsgang rein, trete voll auf´s Gas und schaffe es, ohne den Motor abzuwürgen, etwa 20 Meter schlingernd rückwärts zu fahren. Währenddessen prasseln zwei oder drei Pfeile auf mein Auto, welches schon zu stottern anfängt, ich noch einlenken kann und versuche, mitten auf dem Weg herumzudrehen.

Kurz wage ich einen Blick nach vorne... die Axt steckt fest in meiner Motorhaube, das Licht flackert, das Auto wird immer stotteriger und die drei rennen immer noch hinter mir her. Ein Pfeil durchbricht meine Seitenscheibe, streift meine Nase um ein Haar.

„HILFE!" kreische ich hoch, ramme den Vorwärtsgang ein... und stecke im Seitengraben fest. „KOMM SCHON! DU BIST EIN JEEP!". Doch die Hinterräder greifen nicht durch, hängen frei, dann tut die Axt in meinem Motorblock ihr übriges... mit einem gequälten Pfeifen verabschiedet sich mein Auto.

Ich robbe auf den Beifahrersitz rüber, durchsuche mit zitternden Händen mein Handschuhfach, finde aber durch meine Panik das Reizgas nicht und versuche, zur Beifahrertür auszusteigen, vergesse dabei aber völlig die Zentralverriegelung, fummele wie besessen an dem Knopf herum. Irgendwie schaffe ich es dann doch noch, die Türe aufzubekommen, falle in den Dreck, rappele mich hoch und renne von meinem Auto weg, den Weg zurück Richtung Tor.

Mittlerweile ist es ganz dunkel geworden. Mein Leben läuft vor mir in Sekunden ab, während ich, ohne einen Blick zurückzuwerfen, einfach renne. HIER KOMMST DU NIEMALS RAUS!

Dann steht einer vor mir. Ich versuche auszuweichen, pralle seitlich gegen ihn, verwickele mich, stolpere und falle mit ihm zu Boden. Ich spüre die Kälte des Frosts, ich spüre die spitze Härte der gefrorenen Kieselsteine, als ich am Boden liege und wie eine Wilde um mich kicke und kreische. „NEIN! LASST MICH IN RUH!"

Der Mann hält mich fest, sagt etwas in einer fremden Sprache, doch plötzlich lässt er locker und ich robbe rückwärts von ihm weg., rappele mich wieder hoch, stolpere vorwärts, pralle gegen einen Baum... und bleibe benommen liegen.

Jetzt haben sie dich... oh, Mum.

Ich sehe in der Finsternis nichts, doch spüre, dass die Drei ganz nah um mich herum stehen. Einer geht in die Hocke, greift nach meinem Bein. Ich bin gelähmt, kann mich nicht rühren.

„Mylady?", flüstert es neben mir. „Bitte... habt doch keine Angst."

„Weg... geh weg von mir." Meine Stimme zittert. „Bitte...", röchele ich hoch.

Sofort lässt er mich los, doch bleibt neben mir hocken. Durch neuen Mut finde ich neue Kraft, rappele mich hoch und stolpere auf den etwas helleren Kiesweg zu. Ich will hier nur weg...

„Mylady... bitte! Ihr müsst uns helfen!"

Verwirrt drehe ich mich um, laufe aber trotzdem weiter langsam nach hinten. „Was wollt ihr von mir?" Meine Stimme wird kräftiger.

Jetzt ergreift auch mal ein Anderer das Wort. „Legolas, sie ist so verängstigt, lass sie doch gehen..."

„Das bringt nix, Junge, sieh sie dir doch an, sie ist doch völlig aufgelöst.", eine noch tiefere Stimme. Erkennen kann ich immer noch nichts und ich kümmere mich auch nicht mehr darum.

Ich drehe mich einfach nur noch herum und renne los. „Mylady... bitte! Wir brauchen Eure Hilfe.", ruft es noch hinter mir her, doch ich höre nicht hin. Meine Augen haben sich an die Dunkelheit gewöhnt, denn ich erkenne mein Auto im Graben. Ich wage nicht, anzuhalten und nach meiner Tasche zu suchen. Ich renne den Weg einfach weiter, der Schnee und die Kieselsteine sind hell genug und hier kenne ich mich auch aus. Ich werde es doch noch schaffen... sollen die mein Geld nehmen, ist mir jetzt egal.

Ich will nur bis zum Hof, dann mich verschanzen und die Polizei rufen. Sollen die sich um die drei Wahnsinnigen kümmern.

Kurze Zeit später stecke ich mit immer noch zitternden Händen den Schlüssel ins Türschloss. Gott sei Dank fällt mir in meiner Panik noch ein, wo ich den Ersatzschlüssel versteckt habe.

Schon will ich zum Telefon rennen, da fällt mir ein, mich erstmal richtig einzuschließen. Dreifach verriegele ich die Tür, wage auch kein Licht anzumachen und stolpere durch den Empfangsraum in die Bibliothek hinein. Dort ist ein Telefon.

Als ich abhebe, höre ich nichts.

Kein Signal...

Das Blut pocht mir in den Ohren... das Autoradio hatte sich auch abgeschaltet. Ich bin ausgeliefert. Meine von mir geschaffene Einsamkeit wird mein Verhängnis.

Doch so schnell gebe ich nicht auf... mein Großvater war hier jagen. Und die Flinte hängt noch in seinem Zimmer. Ich wetze zwei Treppen hinauf und greife sie mir von der Wand.

Sie ist schwer, doch ich habe etwas, woran ich mich festhalten kann Die Flinte gibt mir Mut, auch wenn sie nutzlos ist. Sie ist nicht geladen und wenn, dann wäre das auch sinnlos ... ich habe niemals schießen gelernt. Ich verabscheue es. Nun wünsche ich es mir!

Sollen sie kommen. Ich bin bereit!

Als ich aus der Tür trete, ist mir alles egal. Es hilft mir nichts, mich in meinem Haus zu verstecken. Sollen sie kommen, ich werde kämpfen wie ein Mann. Dieses Gehöft ist seit Jahrhunderten schon Familienbesitz... ich habe also gewisse Pflichten. Sie werden es für sich nehmen... doch zuvor müssen sie es mit mir aufnehmen.

Wenn der Mensch in Bedrängnis kommt, geschehen Dinge mit ihm, die nur schwer begreifbar sind!

An diesem Winterabend laufe ich mit einer leeren Flinte über den großen Atrium meines Dreiseithofes und weiß, dass es zwecklos ist. Doch ich habe keine Wahl... ich stehe für mich allein!

Unter dem Torbogen mache ich Halt. Im Sommer blüht hier Wein und die Glyzinie., denke ich.

Dann kommen sie den Weg entlang. Ich schultere mein Gewehr, mime auf Anlegen. Sie bleiben stehen, sehen mich direkt an. Doch Angst zeigen sie nicht. Ich bleibe ruhig.

„Mylady...wir wollen euch nichts tun. Wir brauchen eure Hilfe!" Wieder dieser sanfte Tonfall.

Ich lache schrill auf. „Hilfe? Ihr habt mein Auto lahm gelegt!" Meine Stimme ist kräftig und ich bin immer noch ruhig. Langsam staune ich über mich selber. Vielleicht aber auch, weil die Drei nur einfach dastehen. Sie haben nicht einmal ihre altertümlichen Waffen gezogen.

Sie wechseln nur leise Worte, welche ich akustisch nicht verstehen kann, dann ergreift der Eine, der schon immer mit mir redet, wieder das Wort.

„Was ist ein ... A...uto?"

Vor Erstaunen lasse ich etwas die Flinte sinken. „Bitte ... WAS? Wollen Sie mich zum Narren halten?"

„Nein, wollen wir nicht. Bitte, hört uns an. Wir wollen nur..."

„STEHENBLEIBEN!" schreie ich aus voller Kehle. Er ist einen Schritt nach vorne getreten und sein Blick ruht nun auch auf meiner Flinte. Ich erkenne sogar, wie er die Stirn runzelt. Meine Sehkraft wird also immer besser. „Und ... Hände hoch!"

„Wie bitte?", kommt es nun aus drei Mündern gleichzeitig. Verunsichert sehen sich die Drei merkwürdigen Gestalten an. Ich habe sie also doch im Griff... die Flinte macht Eindruck und ich schöpfe Mut.

Wie falsch ich doch liege...

„Ich sagte die Hände hoch. Sie befinden sich auf meinem Besitz. Ich lasse Sie anzeigen. Nicht nur, dass Sie meinen Jeep zu Schrott gehauen habt, Ihnen ist wohl die ganze LARP-Action zu Kopf gestiegen, dass Sie nicht mehr die Realität von der Scheinwelt unterscheiden können? Sie bekommen eine saftige Anzeige an den Hals, das können Sie wissen!"

Ich fühle mich riesenhaft.

„Mylady...", jetzt ergreift der ganz in Schwarz gekleidete von Ihnen das Wort, hebt die Hände etwas und wagt sogar, langsam auf mich zuzukommen. „... ich habe soeben nichts von alledem verstanden, was ihr gesagt habt. Ich verstehe gewisse Dinge... alles... zur Zeit nicht mehr. In einem Moment befinden wir uns noch im Fangorn-Wald, nun befinden wir uns durch irgendeinen Zauber hier in einem anderen Wald, plötzlich ist es Winter, der Schnee fällt, plötzlich steht ein riesenhaft grimmiges Ungetüm mit zwei leuchtend weißen Augen vor uns, brüllt und ... statt uns anzugreifen, rast es rückwärts, ...plötzlich ... plötzlich spuckt es Euch heraus... Ihr lebt, doch Ihr seit wie von Sinnen, rennt davon...bitte, sagt uns, was... ist... hier... nur los?"

Nun steht er direkt vor mir. Schemenhaft kann ich die Anderen noch erkennen, doch sein Gesicht erkenne ich schon ziemlich genau. Er sieht wirklich verwirrt aus.

Meine Flinte hat er nicht einmal angesehen. Langsam lasse ich sie sinken.

„Wo... sagten Sie... befanden Sie sich?" Nun bin ich auch verwirrt.

„Fangorn-Wald. Ist das hier... noch der..." Doch bei meinem Kopfschütteln verstummt er. „Dieser Wald hat keinen Namen... dieses Waldstück gehört mir."

„Es muss der Zauber Sarumans etwas damit zu tun haben.", höre ich einen nun von der Seite. Mein Blick wandert zwischen den Beiden hin und her. "Wer? Sarmu... Saruma...? ZAUBERER?"

Dann mischt sich der Kleine ein. „Wir sind nicht mehr im Fangorn? Vielleicht Rohan? Die Braunen Lande? Gorgoroth?"

Auf mein stetiges Kopfschütteln verstummt er. Die Drei sehen sich betreten an, dann wendet sich der mit dem Bogen wieder zu mir. „Mittelerde?", flüstert er.

„Mittelerde? Wo... was ist denn bitte das?" Auf meine perplexe Antwort lassen sie die Schultern hängen und sagen nichts mehr. Lange blicke ich von einem zum anderen. Mein Argwohn schwindet langsam. Ein neues Gefühl beschleicht sich meiner.

Mitleid.

Doch bevor ich etwas sagen kann, wendet sich der dunkelgekleidete Mann wieder an mich.

„Mylady. Lasst uns bitte unser tiefstes Bedauern für das Geschehene hiermit zum Ausdruck bringen. Unsere Taten erfüllen uns mit Scham... niemals zuvor griffen wir wehrlose Frauen an. Euer... Jeep...Auto... muss von unschätzbarem Wert sein, auch wenn wir noch niemals zuvor etwas derartiges gesehen haben. Gimli..."

„Ja, ich... also... mir tut es unendlich leid. Die Schätze von Moria... sie gehören euch."

Nun weiß ich gar nichts mehr zu sagen.

„Wir sollten jetzt besser gehen. Irgendwo muss es hier eine Schänke geben... lasst uns hoffen, sie sind uns wohl gesonnen. Wir können nicht draußen bleiben. Unser Besitztum ist bei den Pferden... zurückgelassen. Lebt wohl, mylady."

Mit einer tiefen Verbeugung wenden sich die drei Fremden zum gehen, als bei mir der Groschen fällt.

„Mein Haus... ist eine Herberge. Sie steht Ihnen offen!"

Überrascht bleiben die Drei stehen. Ich kann ihre Gesichter in der Dunkelheit nicht erkennen, doch merke ich an ihrer Körperhaltung Erleichterung.

Ohne ein weiteres Wort wende ich mich um und durchquere den Innenhof. Mein Verstand schlägt Purzelbaum. Was machst du da? Bist du jetzt übergeschnappt? Doch mein Bauch sagt etwas anderes... es ist sicher!

Als ich in die Empfangshalle trete, die Flinte in die nächste Ecke stelle und das Licht andrehe, bleiben die Drei erstaunt vor der Tür stehen.

„Was ist? Treten Sie ein!"

Verblüfft starren sie in das Licht. Es wird immer verrückter. Kennen die denn das nicht? Schon keine Autos, jetzt keine Elektrizität?

Ich trete wieder hinaus und winke sie hinein. „Bitte, kommen Sie." Dann gehe ich vor und laufe ein Stück in die Empfangshalle hinein. Als Erster tritt der dunkelgekleidete Mann ein, blinzelt in die Lampe. Dann der mit dem Bogen, sich wachsam umsehend. Dann der kleinere Mann.

Und nun sehe ich sie zum ersten Mal bei richtigem Licht.

Ich glaube, die sind gerade frisch aus einem Theater entflohen. Muss wohl Shakespeare sein... vielleicht „ A Midsummernightsdream"? Nein, als ich den Kleinen betrachte, dann eher „Richard III". Solch einen gewaltigen Bart habe ich ja noch niemals gesehen. Sogar mit Zöpfen drin, der blanke Wahnsinn. Der Mann in der schwarzen Lederkluft ist dagegen ja schon eher normal. Noch ein paar Nieten dran, und er macht jedem Biker alle Ehre. Dagegen kann ich den Blonden nirgendwohin einordnen. Gut, lange Haare sind für Männer selten, und dann sind die auch noch sehr gut gepflegt. Seine Kleidung ist... irgendwie... ich kann es nicht beschreiben. Dafür hat er ein ausgesprochen schönes Gesicht. Fast wie das einer Frau.

Nur machen mich ihre Waffen nervös... die sehen so verdammt echt aus.

Eine Zeitlang sehen sie sich nur um. Kein Wort wird gesprochen, dann lösen sie sich langsam voneinander und beginnen, alles zu inspizieren. Soll ich sie lassen?

„Also, mein Name ist Josephine Weber."

Erschrocken fahren sie auf, drehen sich zu mir um.

„Verzeiht, wie unhöflich von uns. Mein Name ist Aragorn, Arathorns Sohn das hier ist Gimli, Gloin´s Sohn...", damit zeigt er auf den Kleinen „... und zu seiner Linken steht Legolas Thranduillion."

Ich nicke allen kurz zu, dann reibe ich meine Hände. „Also... ähm, wie ich annehmen darf, sind Sie ... also, jetzt mal kurz im Klartext, Sie kommen von weither, oder haben so etwas wie Gedächtnisschwund, keine Ahnung ... und wissen nicht, wo Sie sind, sehe ich das richtig?"

Synchrones Nicken. „Und Sie brauchen eine Bleibe für die Nacht?" Wieder synchrones Nicken. „Nur wenn es keine Umstände macht, so wären wir..."

Doch ein lautes Grummeln unterbricht den mit der sanften Stimme, also Legolas. „Und Hunger haben Sie auch?", frage ich und deute auf einen schief grinsenden Gimli. „Ja!", kommt es von jenem prompt zur Antwort.

„Wohl denn!" Prüfend blicke ich nochmals alle Drei an. Fast erkenne ich einen Schimmer Verzweiflung in ihren Augen. Sie tun mir leid. Für eine Nacht werde ich mitspielen. Aber nur für eine Nacht...

„Willkommen in meinem Haus." Ich breite halb meine Arme aus und mache eine einladende Geste. Und zum ersten Mal sehe ich alle drei von ihnen zaghaft lächeln.

„Ich habe nur noch eine Frage. Sind diese Dinger da echt?" Ich weise auf ihre Waffen und verwundert sehen sie einander an.

„Natürlich, Lady Josephine.", antwortet Aragorn, mit einem Hauch Irritation.

„Tja, dann mal her damit! In diesem Haus sind keine Waffen erlaubt."

Auffordernd halte ich meine Hände aus und sehe die Drei abwartend an. Gimli stützt sich schwer auf seine Axt und sieht absolut nicht begeistert aus, Aragorn runzelt die Stirn und will wohl gerade etwas sagen, als Legolas seinen Bogen mir in die Hand drückt und nach hinten greift, um aus dem Nichts, ich weiß wirklich nicht woher, zwei helle lange Messer holt. Nachdem diese sich noch in der Luft gedreht haben, habe ich sie schon mit den Griffen zuerst in der Hand. Okay, DAS war jetzt wirklich cool!

Dann habe ich noch einen Köcher voller Pfeile an meiner Brust gedrückt und drehe mich zu den Anderen um. Aragorn schnallt schon seinen Schwertgürtel ab und Gimli hält auf einmal noch zwei kleine Äxte in der Hand.

„Okay! Ähm... , Ich muss ziemlich hilflos aussehen, denn mit einem wissenden Grinsen nimmt Legolas mir sehr langsam seine Waffen wieder aus den Armen und ich weiß auf einmal nicht, wohin ich sehen soll. „Die Waffen lassen Sie am Besten... hier unten, im Empfangsraum." Ich weise hinter die Garderobe und bald ist alles schön verstaut. Es dauert ziemlich lange und mit verschränkten Armen beobachte ich den Berg an Waffen, der stetig an Größe zunimmt.

Warum zum Teufel braucht man im Theater bitteschön echte Waffen?

Naja, egal..., denke ich und steige langsam die breite Treppe zu den Gästezimmern hinauf, die Drei mir langsam hinterher folgend, ... und morgen klären wir die Sache mit dem Jeep! Moria... klingt wie eine rentable Aktie!

„Dieser Gang ...", ich weise ausladend nach vorn, „... also der gesamte erste Stock beherbergt die Zimmer der Gäste." Nacheinander öffne ich drei Türen. „Es sind nicht viele Räume, aber alle mit Liebe eingerichtet. Eine Treppe rauf befinden sich meine Räume... für Gäste kein Zutritt, versteht sich."

Unschlüssig stehen die Drei vor mir. Aragorn tritt in einen Raum hinein, doch dreht sich gleich wieder zu mir herum. „Verzeiht. Eine Öllampe oder Kerze?"

Stirn runzelnd greife ich an die Wand und das Licht geht an. „Das hier...", ich schalte das Licht ein und aus, „... ist der Lichtschalter. Damit... braucht man keine Kerze in einem Zimmer."

Nun versucht es Aragorn selber. Zuerst vorsichtig. Das Licht geht an und wieder aus. Zehnmal. Zwanzigmal. Mit jedem Mal schüttelt er den Kopf. Ich schaue mir das eine Weile lang an. Als dies dann auch noch die Anderen versuchen, wende ich mich lächelnd ab und gehe zu den anderen Räumen.

„Das Licht gibt es in jedem Raum. Jeder von Ihnen hat so einen Schalter." Damit trete ich in einen Raum ein und öffne eine weitere Türe. „Hier ist das Bad, Handtücher bringe ich noch."

Damit gehe ich wieder hinaus und Legolas und der kleine Mann betreten ihre Räume. Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Gimli erinnert mich irgendwie an einen Zwerg. Oder Obelix in Kleinformat. Ich mochte als Kind diese Geschichten sehr gern.

„Kommen Sie zurecht?", rufe ich laut, doch scheinbar hätte ich mir das sparen können. In allen drei Räumen geht nun abwechselnd das Licht an und aus. Kopfschüttelnd wende ich mich ab und gehe zum Wäscheschrank, Handtücher holen. Für´s Erste sind meine Gäste beschäftigt. Auch wenn ich mir gerade vorkomme wie im Kindergarten.

Als ich bei Aragorn wieder eintrete, muss ich schmunzeln. Er versucht soeben, die Türe zum Balkon zu öffnen. Ich zeige ihm den Hebel und den Mechanismus und dankerfüllt sieht er mich an. „Mylady, ihr wisst gar nicht, wie dankbar wir euch sind." Ich lächele und winke ab. Die Dankbarkeit wird sich erst noch zeigen müssen. Ich will meinen Jeep wieder repariert haben. Und ob die hier Geld haben, wird sich erst noch herausstellen müssen.

Ich gehe ins Bad und lege die Handtücher auffordernd auf den Wannenrand. „Sie können noch in Ruhe ein Bad nehmen... das Essen muss ich erst noch vorbereiten." Er legt die Hand auf sein Herz und verbeugt sich halb. Schmunzelnd winke ich ab und gehe hinaus, um Gimli die Handtücher zu bringen. Also, Manieren haben sie, das muss man ihnen lassen.

Dieser ist immer noch beschäftigt, das Licht schnell an- und auszuknipsen. Ich lege meine Hand auf seine kleine Hand und schüttele den Kopf. „Nicht zu oft, Gimli. Wenn Sie die Räume verlassen, bitte schalten Sie das Licht aus. Doch wenn Sie zu oft diesen Knopf betätigen, dann kann der... Mechanismus... überlastet werden." Es ist gar nicht so einfach, Elektrizität zu erklären.

Ehrfurchtsvoll sieht er zu mir auf und weicht sogar noch einen Schritt zurück. „Hier, Ihre Handtücher. Sie haben noch genug Zeit, sich ausreichend frisch zu machen." Damit betrete ich das Bad und langsam kommt der kleine Mann hinterher. An seinem Gesichtsausdruck sehe ich, dass er sich unwohl fühlt. „Werden Sie zurechtkommen?" Da schleicht sich Röte in sein Gesicht und richtet sich sogar noch etwas auf. „Natürlich!", grummelt er, stapft zurück in sein Zimmer und beginnt, seine Stiefel auszuziehen.

Legolas´ Tür ist zu. Ich klopfe an und trete dann einfach ein. Er ist gerade dabei, den Fernseher zu begutachten. Langsam fahren seine Fingerspitzen über den schwarzen Bildschirm. „Was ist das, mylady?", fragt er leise und ich trete neben ihn. „Ein TV-Gerät. Über vierzig Programme.", erkläre ich nonchalant und gehe ins Bad, die Handtücher auf den Wannenrand zu legen.

„Ich bringe nur frische Handtücher. Sie haben noch genug Zeit, sich richtig zu waschen. Das Essen dauert noch et..." Doch als ich seinen fast verzweifelten Gesichtsausdruck sehe, muss ich innehalten. „Alles in Ordnung?"

Der Mann holt tief Luft und sieht mich lange an. Dann schüttelt er den Kopf. „Nein... nichts ist in Ordnung. Es gibt vieles zu erklären. Ich verstehe... ich kenne all diese Dinge hier nicht. Ich... wir wissen nicht einmal, wo wir uns befinden. Es ist... wie in einem Traum. Mehr noch... ein Alptraum. Sarumans Werk! Eine fremde Welt für uns. Und dabei..."

„Ja?"

„Dabei dürften wir doch gar nicht hier sein. Wir... wir haben einen Auftrag und... verstehen Sie?"

Ich hole jetzt auch tief Luft. „Nun ja... ehrlich gesagt verstehe ich nicht viel. Erst greifen Sie mich an, jetzt sind Sie ganz nett und kommen mir... sogar... fast hilflos vor. Erstmal sollten wir das Beste daraus machen. Also nehmen Sie ein Bad, dann wird gegessen, und dann sehen wir weiter."

Legolas nickt langsam. Ich merke, dass er mit sich hadert und das kenne ich bei meinen Gästen. Ich kenne diese Signale. Privatsphäre muss sein. Ich lächele ihn kurz an, dann ziehe ich leise die Tür hinter mir zu.

„Es wird schon irgendwie alles wieder gut werden. Ihr findet mich dann unten." , versichere ich ihm mit einem aufmunternden Tonfall durch die verschlossenen Türen hindurch.

Aus den anderen Zimmern dringt kein Laut und so wetze ich die Treppe rauf, wasche und ziehe mich schnell um. Ich bin kaum verletzt, nur ein paar Kratzer an den Händen und im Gesicht.

Etwas beklemmt werde ich schon, als ich dadurch sofort wieder an die große Axt erinnert werde, doch ich verdränge alles und gehe wieder hinunter, in Gedanken schon den Inhalt meiner Speisekammer durchgehend. Glücklicherweise bin ich ja immer für mehrere Personen vorbereitet. Wenn zum Jahresende die letzten Gäste abreisen, dann kann ich immer etwas der Obdachlosentafel spenden. Nun, das muss wohl jetzt noch etwas warten und leise summend betrete ich meine Küche.

Wenn auch der restliche Teil meines Gehöftes aus den vorigen drei Jahrhunderten stammt und ich stolz darauf bin, dass seine Ursprünglichkeit weitestgehend bewahrt blieb, so bin ich doch immer gerne in meiner High-Tech-Küche. Alles blitzt vor Chromstahl. Nun, wenn man alleine ist und professionell Gäste zu bedienen hat... dann braucht man auch die Ausstattung eines Profis.

Das einzige, was nicht in diese Perfektion aus blitzendem Chrom und Ceran hineinpasst, sind zum einen die dicken schwarzen Holzbalken, welche wohl aus dem 17. Jahrhundert stammen und quer unter meiner Küchendecke entlanglaufen. Zum anderen wäre das meine Katze, welche nun schläfrig um meine Beine streicht, während ich den Ofen anheize. Sie ist mein Ausgleich zum stressigen Arbeitstag mit versnobten Gästen. Sie ist auch mit wenigem zufrieden! Ein liebesvolles Wort, regelmäßige Streicheleinheiten und gutes Futter. Oft beneide ich sie, wenn sie das Recht hat, es sich auf der Fensterbank bequem zu machen und mich zu beobachten, wenn ich voll in Aktion bin. Dann möchte ich schon manchmal mit ihr tauschen.

Von der Küche aus gelangt man durch eine zweite Türe in das Speisezimmer. Es ist eigentlich die gute Stube des Wohnbereiches, aber durch die getäfelte Decke, den offenen Kamin und den riesengroßen runden Eichentisch sehr anheimelnd.

Immer wenn ich dieses Zimmer betrete, um das abendliche Essen vorzubereiten, spult sich bei mir der gleiche Film ab... Kamin an, weiße Tischdecke aufgelegt, frische Tafelkerzen aufgesteckt, Porzellan aufgetischt, Weinpokale dazu, ab und zu frische Blumen. Im Winter ist das immer ein weihnachtliches Gesteck. Ich mag diese schlichte Eleganz, einen Hauch von Luxus, nichts überladenes. Warum ich das heute Abend auch mache, weiß ich nicht. Warum ich dies überhaupt mache, kann ich mir selber nicht beantworten.

Ich kenne diese Menschen überhaupt nicht...

Kurz nur schweift mein Blick hinüber zur Bibliothek, welche auch vom Speisezimmer aus zu erreichen ist. Ob das Telefon wieder funktioniert? Entschlossen lege ich das letzte Gedeck hin und begebe mich zum Telefon, nehme den Hörer ab.

Das Signal ist laut und deutlich. Ich halte den Hörer dicht ans Ohr, es dröhnt. Dann lege ich wieder auf.

„Mach dich jetzt nicht verrückt!", flüstere ich mir zu und gehe entschlossenen Schrittes wieder in die Küche.

Kurze Zeit später ist alles so, wie ich es haben will. Beim letzten prüfenden Blick fällt die Anspannung von mir ab, die ich fast immer habe, wenn ich besondere Prominenz bewirtschafte. Ich staune über mich selber... diese Drei sind doch nichts Besonderes? Und trotzdem muss alles perfekt sein, wie sonst auch. Doch ich bin sonst immer im Hintergrund, niemals zu aufdringlich. Niemals würde ich um ein Autogramm bitten oder gar um ein Foto. Ich hebe mir die Erinnerungen auf, banne ihre Gesichter anders in mein Gedächtnis.

Ich muss lächeln bei diesem Gedanken und mein Blick schweift aus der großen Glastüre meiner Küche hinaus in die Winternacht und hinüber zum Stallgebäude, welches für meinen Bedarf umgebaut ist. Lange schon konnte ich nicht mehr dort arbeiten. Ich seufze und streiche mir das Haar aus dem Gesicht. Mein Hobby wird wohl noch etwas warten müssen. Ich muss erstmal sehen, wie sich die Situation hier entwickelt.

Ich gehe wieder in die große Empfangshalle, nehme die Flinte aus der Ecke und steige langsam die Treppe hinauf. Es ist mucksmäuschenstill, während ich am Gästetrakt vorbeigehe und noch eine Treppe hochsteige, hoch zu meinem privatem Bereich. Ich schaffe die Flinte wieder an ihren Platz und steige wieder hinunter.

Müsste jetzt nicht das Wasser rauschen? Sind die etwa schon fertig?

Ich nehme das Hirtenjuwetsch aus dem Ofen raus und trage alles, was für ein deftiges Essen benötigt wird, auf einem großen Tablett hinüber ins Speisezimmer, bleibe dort aber wie angewurzelt stehen.

„Mylady, ich habe mir erlaubt, noch etwas Holz nachzulegen. Für die Nacht muss auch noch welches geholt werden und..."

„Also als Erstes: bitte nennen Sie mich nur Josephine, Legolas...", berichtige ich ihn, als ich mich vom Schrecken seiner unerwartenden Anwesenheit erholt habe und alles schön auf dem Tisch anrichte, „... man spricht die Leute bei uns nicht so an. Und zweitens: Haben Sie sich schon etwas umsehen können?"

Sein Gesicht erhellt sich etwas, als er lächelt und auf mich zukommt. „Ja, das heißt, nur das Erdgeschoss und mein Gemach." Ich muss wegschauen, da ich schmunzeln muss. Gemach! Wer sagt den bitteschön so etwas? „Ihr habt ein sehr schönes Haus, Jose... Josephine."

„Cabernet Sauvignon, letzter Jahrgang, schön trocken oder doch lieber den Rheinhessen? Also, ich bevorzuge zu solch einem Fleisch natürlich den Cabernet, welcher fruchtig-herb ist, aber ihr dürft wählen.", sage ich schnell und halte ihm zwei Weinflaschen unter die Nase. Verwirrt sieht er mich nur an. „Was... was wird denn aufgetragen?", fragt er vorsichtig und greift immer noch nicht zu einer Weinflasche. Himmel, die werden mir langsam schwer.

„Hirtenjuwetsch! Feuriger Topf, bulgarische Spezialität, mit Gulaschfleisch, viel Paprika und Bohnen. Alles lange durchgekocht und in der Steinform gebacken im Ofen. Dazu Baguettebrot...", jetzt werden die Flaschen vom Hochhalten richtig schwer und ich verziehe leicht angestrengt das Gesicht, doch er greift immer noch nicht zu,"... und Wein!"

Da schleicht sich ein kleines Lächeln in sein bis dahin völlig emotionslos gebliebenes Gesicht und rasch nimmt er mir die Cabernetflasche ab. Ich seufze kaum hörbar auf und stelle die andere Flasche auf den Tisch.

„Ganz mein Geschmack. Machen Sie die bitte schon mal auf?"

Ich reiche ihm den Korkenzieher auf den Tisch und schaffe den Rheinhessen in die Küche. Passt eh besser zu Käse, doch...

Ich muss innehalten, stutze. Irgendetwas stimmte hier doch gerade ganz und gar nicht. Habe ich jetzt schon Halluzinationen?

Langsam trete ich wieder ins Speisezimmer ein. Legolas steht immer noch da, studiert das Etikett und sieht mich nicht an. Ich kneife die Augen zusammen, gehe noch näher an ihn heran.

Tatsächlich. Ich habe mich doch nicht getäuscht. Spitze Ohren. Dieser Mann hat spitze Ohren!

Ich möchte die anfassen, oder zumindest nur mal richtig schauen. Doch ich habe gelernt, über Besonderheiten hinwegzusehen. Ich habe wirklich schon viel gesehen, in diesem Haus.

Schnell reiße ich mich zusammen. „Würden Sie so freundlich sein, Ihre Freunde zum Abendessen zu rufen? Es wäre dann alles soweit."

Legolas nickt und verlässt den Raum. Zielstrebig hat er die richtige Türe gefunden, und ich muss mich immer mehr wundern, als ich nun doch alleine die Weinflasche entkorke und die Pokale fülle. Bisher waren immer alle zuerst in die Küche gerannt. Er war der Erste, der sofort den richtigen Weg gefunden hat. Und ich bewirte schon sehr lange Fremde.

Kurze Zeit später stehen alle Drei vor mir... rotwangig und noch genauso dreckig, wie sie mein Haus betreten haben.

Auf meinen etwas konsternierten Gesichtsausdruck reagiert Aragorn sofort. „Mylady, wir hatten..."

„Bitte...", Ich hebe beide Hände und gehe um den Tisch herum auf sie zu, „... lassen Sie das Ladyzeugs weg. Nur Josephine, ja?"

„Verzeiht, ja, natürlich. Es tut uns leid, wir wären schon eher erschienen, aber... nun ja... es fand sich kein Wasserkrug vor und wir haben uns etwas mit Schnee abgerieben, ich hoffe, dass..."

Jetzt sehen sie etwas dumm aus der Wäsche, da ich einen Lachanfall bekomme. „Wie bitte? Schnee? Himmel, Sie haben doch fließend warm und kaltes Wasser auf Ihren ... Gemächern!" Das letzte Wort purzelt mir mit einem Lacher über die Lippen und ich muss den Kopf schütteln. Was kommt wohl als nächstes? Mylady, wir schlafen nicht in Betten, nur auf dem Fußboden, schießt es mir durch den Kopf.

„Also, eines muss ich Ihnen lassen...", und bedeute Ihnen, sich zu setzen „... Sie spielen Ihre Rollen echt sehr gut. Schon Ihre Kostüme und erst die echten Waffen und jetzt der Schnee... richtig gut!" Ich halte einen Daumen hoch, doch die haben sich bis jetzt immer noch nicht hingesetzt, sehen sich nur gegenseitig verwirrt und dann mich fast abwartend an.

„Worauf warten Sie? Das Essen wird doch kalt!"

„Man setzt sich niemals, bevor nicht die Dame am Tisch Platz genommen hat.", werde ich im ruhigen Tonfall von Aragorn aufgeklärt. Ich ziehe erstaunt eine Augenbraue hoch, dann nehme ich sehr langsam Platz, Legolas rückt mir noch den Stuhl heran. Schön, ihr wollt euer mittelalterliches Spiel weiterspielen? Aber gern... ich mache mit!

Ich trage also im Sitzen auf, dann essen wir. Naja, wenigstens können sie mit Messer und Gabel umgehen und heimlich beobachte ich die Drei aus den Augenwinkeln heraus. Es scheint Ihnen sehr zu schmecken, nur Legolas isst wenig. Ich studiere ihn kurz über den Rand meines Weinpokals hinweg und er ist fertig, noch bevor sich die beiden anderen zum zweiten Mal auftragen.

„Himmel, ich vergaß die Servietten!", rufe ich und springe auf. Sofort stehen auch alle anderen auf und ich verharre in meinem Schritt. „Das Essen ist noch nicht vorbei, ich hole nur noch etwas...", rufe ich entschuldigend und renne dann einfach in die Küche. Als ich wiederkomme, stehen die immer noch da, Gimli kauend.

Ich stemme die Hände in die Hüften, merke, wie ich leichte Kopfschmerzen bekomme. „Jetzt erzählen Sie mir nicht, dass, immer wenn eine... Dame... vom Tisch aufsteht, Sie auch aufstehen?", frage ich leise und lasse mich wieder auf meinen Sitz fallen.

„Doch, genau so ist es.", klärt mich wieder Aragorn auf, dann sitzen sie wieder.

Ich weiß daraufhin nichts zu erwidern, verteile die Stoffservietten und das restliche Essen vollzieht sich schweigend. Ich merke, wie ich beobachtet werde und ohne aufzublicken frage ich Legolas: „Ist der Wein zu Ihrer Zufriedenheit?"

Das Gefühl des Beobachtetseins ist sofort weg und ich muss leicht schmunzeln.

„Der Wein ist angenehm... im Gaumen leicht, würzig im Nachgeschmack, fast erdig-kräftig und rund im Abklang. Ein passender Tropfen, nicht zu dominant hervorstechend, nicht die Konstellation beherrschend. Gut für eine lockere Konversation."

Ich ziehe eine Augenbraue hoch und sehe ihn überrascht an. Anerkennend muss ich beipflichten, dass dieser Mann Ahnung hat. „Sie sind ein Weinkenner?"

„Mein Vater ist der Besitzer mehrerer Weingüter in seinem Land!"

„Außerdem ist ein solch guter Tropfen ein hervorragender Anlass, um anzustoßen!", ruft Aragorn laut aus. Er muss wohl meinen etwas entgeisterten Gesichtsausdruck bemerkt haben.

Wir erheben unsere Pokale und jeder wartet auf einen Spruch, der zur Situation passen könnte. Worauf trinkt man mit drei Fremden?

„Ich trinke auf die baldige Klärung Ihrer Situation und... das alles irgendwie gut wird!", rufe ich aus und will schon trinken, als ich innehalte.

„Für Frodo und Sam.", sagt Aragorn leise und trinkt. „Für Merry und Pippin.", sagt Gimli ebenso feierlich und trinkt. „Araniélya na tuluva... nai elye hiruva.", flüstert Legolas und trinkt seinen Pokal aus. Verdutzt sehe ich die Anderen an, doch die essen schon normal weiter. Nur Aragorn sieht Legolas kurz an.

„Was war das? Walisisch? Norwegisch? Hebräisch?"

„Das war Sindarin. Die Sprache der Elben!"

Gut, dass ich schon abgesetzt habe, sonst hätte ich meinen Wein verschüttet vor lauter Lachen. „Wie bitte? Sagten Sie gerade Elfen?"

„Nein, sagte ich nicht...", antwortet Legolas ruhig und sieht mich an. „Na, dann muss ich was mit den Ohren haben, denn ich hörte deutlich, dass..."

„... ich sagte, die Sprache der Elben!"

Jetzt bin ich still. Abwechselnd sehe ich Aragorn und Gimli an, doch die tun so, als sei das ganz normal und kauen an ihrem Brot.

„Ich... werde jetzt abräumen.", flüstere ich und erhebe mich langsam.

„Ihr glaubt mir nicht?"

Legolas hat sich ebenfalls erhoben und sieht mich abwartend über den Tisch an. Ich bekomme nicht mal mit, das Aragorn und Gimli vergessen haben aufzustehen und gespannt das Geschehen verfolgen.

Sein Blick bohrt sich in mich. Ich muss mich unter dieser Wucht an der Stuhllehne festhalten.

„Nein! Ich glaube Ihnen nicht. Was sollte ich Ihnen denn glauben? Das Sie ein... ein... Elb... sind? Ich bitte Sie! Jetzt werden Sie doch mal vernünftig, Mann! Sie sind erwachsen!"

Ich fange an, mein Gedeck zusammenzuräumen, da erschrecke ich furchtbar.

Legolas steht wie aus dem Nichts plötzlich neben mir. Ich habe nicht mal seine Schritte gehört.

„Seht mich an, Josephine."

Sein ruhiger Tonfall macht mich nervös und hastig sehe ich zu Aragorn herüber. Bis jetzt sprang der doch immer ein? Doch der rührt sich nicht.

„Ich bin kein Mann. Ich bin ein Elb!"

Ich weiche unmerklich einen Schritt zurück. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen. Ich halte meinen Blick auf das Tischtuch gesenkt und hole tief Luft.

„Was war in Ihrem Wein, Mann?", zische ich. Dann packe ich hastig alles zusammen, was irgendwie frei herumsteht, krache alles auf ein Tablett und fliehe fast in die Küche.

Kurze Zeit später kehre ich in das Speisezimmer zurück und wende mich sofort an Aragorn und Gimli. „Ich nehme morgen Ihre Personalien auf, zwecks Bezahlung und Ihrer Versicherungsdaten, damit ich wegen dem Jeep Ihre Schadensersatz kontaktieren kann. Für heute habe ich genug, ich habe Migräne, bitte entschuldigen Sie mich jetzt. Frühstück ab acht Uhr morgen früh. Vielleicht kann ich Sie morgen zur nächsten Bushaltestelle oder zum Bahnhof bringen. Angenehme Nachtruhe!"

Damit verlasse ich schnell das Speisezimmer und werfe Legolas nicht nochmal einen Blick zu. So bekomme ich auch die fassungslosen Blicke aller Drei nicht mehr mit. Rasch steige ich die Treppen hinauf, schließe mich doppelt in meinem Privatbereich ein. Sollen die da unten allein zurechtkommen, ist mir jetzt egal. Es gibt nichts wertvolles zu stehlen, mein Bargeld und...

„SHIT!", fluche ich laut. Meine Tasche liegt noch im Jeep. Ich habe aber jetzt keine Lust mehr, herunterzugehen. Ich möchte denen nicht nochmal heute begegnen. Dann ist eben alles weg, dann kann ich es auch nicht mehr ändern. Mein Handy liegt auch noch im Auto... wenn ich mir meine Lage so überdenke, dann bin ich doch ziemlich leichtsinnig!

Mit 27 Jahren sollte man doch schon mehr Weitsicht haben!

°

Wie es wohl den Dreien da unten noch im Speisezimmer ergeht? Und ob die Nacht wirklich so ruhig wird, wie erwünscht:-)

Feedback sehr erwünscht... damit ich weiß, ob die Geschichte eine Fortsetzung verdient! Oder sollte ich mich doch besser nur auf „Fabienne1+2" konzentrieren:-)