Kapitel 1

Heute war der letzte Tag des Julis und es war schrecklich heiß.

Genervt strich ich noch einmal meinen schwarzen Anzug glatt eh ich mich in der Dämmerung umsah. Die Straße lag ziemlich verlassen und in einigen der absolut gleich aussehenden Häuser brannten Lichter. Auch im Ligusterweg 4 brannte Licht, das Haus zu dem ich wollte.

Wobei von Wollen nicht die Rede sein konnte, denn ich wollte gerade sehr viel lieber in der erfrischenden Kühle der Kerker von Hogwarts stehen und irgendeinen Trank brauen. Doch Dumbledore hatte mich mehr oder minder dazu überredet nach hier zu apparieren und nach fünf Jahren zu schauen, wie es diesem Potter Bengel geht.

Wie der alte Kauz es geschafft hatte, mir das aufzuschwatzen, war unbegreiflich. Aber natürlich hatte er an mein Pflichtgefühl appelliert und dann ganz zufällig betont, dass ich das Lily doch wohl schuldete. Als ob ich das nicht selber wüsste und wie konnte er es wagen, mich mit meinem einzigen wunden Punkt zu erpressen?

Als Dumbledore den Bengel bei seinen Verwandten abgegeben hatte, war er sich ja sicher gewesen, dass es die einzig vernünftige Lösung sei, den Bengel durch das Opfer von Lily unter den Blutschutz zu stellen. Doch scheinbar war er sich da nun nicht mehr sicher, sonst wäre er, Severus Snape, nun nicht hier.

Was sollte er schon schlimmes finden? Außer einen total verwöhnten und verzogenen, arroganten Bengel. Er würde mit absoluter Sicherheit genauso unerträglich sein, wie sein verdammter Vater, James Potter, es gewesen war.

Es reichte doch, dass der Bengel in ein paar Jahren nach Hogwarts käme und damit die Reinkarnation von James Potter. Der Fluch seines Lebens, der ihm seine eigene Jugend in Hogwarts zur Qual gemacht hatte.

Doch würde er sich jetzt von alten Erinnerungen heimsuchen lassen, ginge das vermalledeite Treffen mit dem verdammten Balg auch nicht eher vorbei.

Seinen Anzug ein aller letztes Mal richtend, schritt er mit schnellen Schritten auf den Ligusterweg Nummer 4 zu und klopfte an der Haustür.

Von Drinnen konnte er deutlich einen Fernseher laufen hören und, wie schwere Schritte auf die Tür zukamen.

Als sie sich öffnete, stand dahinter ein kleiner Jung, wobei nur in der Höhe klein, er war fast so breit, wie er hoch war.

„Guten Tag, sind deine Eltern da?", fragte ich ihn so freundlich es nur ging. Wie konnte ein Kind so verdammt dick sein? Kümmerten sich die Eltern gar nicht um die Gesundheit ihres Kindes? Ob das Potter Balg auch so aussehen würde?

Der Junge war für sein Gewicht erstaunlich schnell in den Flur zurück gehopst ohne mir auch nur eine Antwort zu geben, Manieren waren hier also auch nicht wichtig.

Ich wäre dem Kind ja hinterher gegangen, aber ich musste in den Blutschutz hineingebeten werden, um ihn zu passieren.

Wenig später trat eine große dürre Frau in den Flur, mit einem viel zu langen Hals und einem Pferdegebiss. Petunia war mit den Jahren nicht wirklich schöner geworden.

Doch sie erkannte mich auch wieder, denn ihr Lächeln gefror auf dem Gesicht und ihre Augen verengten sich: „Was willst du hier Snape? Gesindel ist hier nicht willkommen."

Auch mein Blick wurde kälter. „Albus Dumbledore schickt mich, um nach Mr. Potter zu sehen."

Beim Namen des Schulleiters wurden ihre Augen schreckgeweitet und als hinter mir ein Auto mit leuchtenden Scheinwerfen herfuhr, zog Petunia mich förmlich ins Haus herein, damit die Nachbarn nichts mitbekommen würden.

Ich folgte ihr ins Wohnzimmer. Auf dem Kamin standen einige Bilderrahmen mit Fotos, doch kein einziges zeigte das Balg, weswegen ich hier war. Alle zeigten nur dieses unglaublich dicke Kind, was wir mir die Tür geöffnet hatte.

Eben dieser fette Junge saß auf der Couch, glotze gebannt aufs Fernseh und aß dabei Chips.

Wenn ich ein Kind hätte, mit solchen Körperausmaßen würde das mit Sicherheit nicht noch mehr Süßigkeiten bekommen.

Petunia schien zu überlegen, was sie tun sollte. Hätten mich eben nicht irgendwelche Nachbarn sehen können, hätte sie mich auch garantiert nicht ins Haus gelassen.

Genervt wartete ich einen Augenblick, dass sie das Potter Balg holen ginge, als sie sich nicht in Bewegung setze, blaffte ich sie bissig an: „Jetzt hol endlich den Bengel, damit ich wieder verschwinden kann. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit."

Das Balg würde mit Sicherheit in seinem Zimmer sitzen und mit seinen Geburtstaggeschenken spielen. Wieso musste der alte Kauz mich ausgerechnet heute hier hin schicken?

Petunia zuckte zusammen, eh ihr die restliche Farbe aus dem Gesicht wich.

Allmählich verlor ich die Geduld, ich zückte meinen Zauberstab und fragte sie eisig: „Soll ich den Jungen selbst suchen?"

Sie wich ein Stück weit von mir weg, schüttelte den Kopf und ging langsam Richtung Flur.

Doch sie ging nicht die Treppe hinauf zu den Schlafzimmern, sondern blieb vor der Schranktür unter der Treppe stehen und schob den Riegel zurück.

Sie öffnete die kleine Tür und wich bis zur Haustür zurück.

„Petunia, jetzt hol endlich den Bengel!", sagte ich wütend, als wäre das Balg im Schrank.

Doch Petunia schüttelte nur den Kopf und zeigte stumm auf den Schrank.

Sie wollte mir doch nicht wirklich weis machen, dass der Junge sich im Schrank versteckte.

Meine Geduld war endgültig aufgebraucht und vor Wut schnaubend schritt ich auf den Schrank zu und mit einem Schlenker meines Zauberstabes leuchtete die Lampe im Schrank auf.

Doch was ich im Schrank sah, ließ mich scharf die Luft einziehen und ungläubig den Kopf schütteln.

Im Schrank kauerte ein erschreckend winziges Kind. Abgemagert und in verdreckter Kleidung blickten mich vor Angst geweitete grüne Augen aus dem kleinen Gesicht an.

Das konnte unmöglich wahr sein. Harry Potter sollte ein verzogener Bengel sein und nicht dieses vor Angst erstarrte Häufchen Elend. Das war einfach nicht richtig.

Die Haare des kleinen Jungen waren verdreckt und wirkten verfilzt, so als wären sie vor einer Ewigkeit das letzte Mal gekämmt und gewaschen wurden.

Das Gesicht des Jungen wurde nicht von Babyspeck geziert, sondern war ausgemergelt und zudem waren diverse Blutergüsse in verschiedenen Farbtönen sichtbar. Der Junge sollte heute sechs Jahre alt geworden sein, doch so schmächtig und klein, wie er war, konnte er glatt für höchstens 4 durchgehen.

Ich spürte unendliche Wut in mir hochsteigen, wie konnte man ein Kind so behandeln? Egal was für ein Kind, selbst James Potters Sohn hatte das nicht verdient.

Meine Wut musste sich in meinem Gesicht wider gespiegelt haben, denn der Junge ließ ein Wimmern hören und zog sich weiter in den Schrank zurück, um aus meiner Reichweite zu gelangen und kauerte sich zu einer kleinen Kugel auf dem Boden des Schrankes.

Ich versuchte meine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen und meinen Gesichtsausdruck neutral werden zu lassen. Der Junge war ohnehin schon verängstigt, da würde es nicht helfen, wenn ich das noch verstärkte.

Dumbledore hatte mich nur her geschickt, um zu sehen, dass mit dem Jungen alles in Ordnung war. Doch das war es offensichtlich nicht. Was sollte ich also jetzt tun?

Ich konnte ihn jetzt schlecht einfach hier lassen, das Kind brauchte offensichtlich medizinische Versorgung und, wie mir meine Nase mitteilte, ganz dringend ein Bad.

Ich warf Petunia einen kurzen hasserfüllten Blick zu, eh ich mich auf meine Knie hinunter ließ und ruhig versuchte den kleinen Körper mit einer Hand an mich heran zu ziehen.

Doch der Junge glitt beinahe panisch vor meiner Hand zurück.

„Shh, es wird alles gut, Harry, ich will dir nicht weh tun. Ich will dir helfen und dich an einen sicheren Ort bringen.", versuchte ich den panischen Jungen zu beruhigen.

Die grünen Augen sahen mich angsterfüllt an und ganz langsam rückte ich näher an den zitternden Körper heran und streckte sachte meine Hände nach ihm aus.

Ich säuselte dem kleinen Jungen weiter beruhigende Worte zu, als er allmählich in meine Reichweite kam und ich ihn vorsichtig aber bestimmt an mich heranzog.

Der Junge zitterte am ganzen Leib und betrachtete mich misstrauisch. Sein Körper war angespannt, sodass er jeden Augenblick vor mir flüchten konnte.

Vorsichtig zog ich in komplett aus dem kleinen Schrank und nahm den angespannten Jungen in meine Arme.

Der Junge war immer noch total angespannt, vermutlich hatte ihn in diesem Haus niemand umarmt. Ich redete weiter beruhigend auf ihn ein und strich ihm sanft über den Rücken, wobei ich den kleinen Körper leicht hin und her wiegte.

Langsam entspannte sich der kleine Körper in meinen Armen und ich ging mit ihm auf Petunia zu.

Leise und drohend zischte ich ihr zu: „Wie konntest du dein eigen Fleisch und Blut so schlecht behandeln. Lilys Kind! Sie würde sich schämen, zu was du geworden bist. Ich werde wieder kommen."

Petunia starrte mir stumm und verschreckt entgegen, besaß aber immerhin noch genug Geistesgegenwärtigkeit um den Weg auf die Haustür frei zugeben.

Der Junge in meinen Armen war alarmierend leicht und klein für sein Alter. Als ich auf ihn hinab blickte sah ich, dass er sich mit einer Hand an meinem Anzug festklammert.

Bis zu den Apparationsgrenzen war es ein kurzer Fußmarsch, der kleine Körper in meinen Armen hatte sich fast komplett entspannt und als ich auf Harry hinab sah, fiel mir auf, dass er eingeschlafen war.

Zumindest konnte er so durch das Apparieren nicht in einen Schock verfallen und ich hielt ihn vorsichtig, darauf bedacht, ihn nicht zu wecken.

Ich war mit dem kleinen Jungen in den Armen direkt vor die Tore von Hogwarts appariert und ging mit bestimmten Schritten auf das Hauptportal zu.

Meine Versuche gar nichts zu denken, scheiterten kläglich. Meine eigenen Erinnerungen suchten mich wieder heim, Erinnerungen daran, wie mein eigener Vater mich immer wieder verprügelt hatte. Kein Kind sollte solches Leid ertragen und offenbar hatte Lilys Kind solches Leid bereits gut kennen gelernt.

Der kleine Junge in meinen Armen verspannte sich wieder völlig, er war also aufgewacht.

„Sshhh, es wird alles gut. Ich hab dich und dir wird niemand mehr weh tun, nie wieder.", flüsterte ich Harry leise zu.

Doch meine Worte schienen kaum Einfluss auf das verängstigte Kind zu haben.

Im Schloss angekommen, lenkte ich meine Schritte direkt in den Krankenflügel.

Als ich die Tür aufstieß, blickte Poppy verwirrt von einem Buch auf.

„Severus, was ist das für ein Kind?", war ihre erste Frage.

„Albus hat mich heute geschickt, nach Harry Potter zu sehen.", war meine Erklärung.

Poppys Augen weiteten sich und sie schlug sich geschockt die Hand vor den Mund.

Als ich Harry auf ein Bett legen wollte, hielt er sich an meinem Anzug fest, als würde sein Leben davon abhängen.

Es dauerte einige Minuten, bis ich ihn davon überzeugt hatte, dass ich bei ihm bleiben würde und er mich los lassen musste.

Poppy hatte einen milden Schlaftrank geholt und ihn in etwas Kürbissaft gemischt. Als Harry ihre Anwesenheit bemerkte, wich er soweit es ging aus ihrer Reichweite weg und presste seinen kleinen Körper gegen mich.

Aus dem Glas trinken wollte der kleine Junge erst, als ich es ihm hinhielt, ihm gut zusprach und Poppy kurz den Raum verließ.

Es dauerte nicht einmal eine Minute und der kleine Körper in meinen Armen erschlaffe.

Poppy kehrte wieder zurück und betrachtete traurig ihren jungen Patienten.

„Wozu Blutschutz, wenn die Gefahr aus der eigenen Familie kommt?", fragte sie leise in die Stille.

„Wie lang wird Harry schlafen?", fragte ich sie, schließlich musste ich dringend mit Albus sprechen und wollte hier sein, wenn der Kleine aufwachte, wie ich es ihm versprochen hatte.

„So schnell, wie der Trank angeschlagen hat, ist sein Körper absolut entkräftet. Die Dosis sollte also mindestens für die nächsten sechs Stunden reichen.", kam Poppys Antwort.

Sie hatte ihren Zauberstab in der Hand, holte offensichtlich einmal tief Luft, und mit einem Schlenker ihres Stabes, war Harrys Kleidung von dem kleinen Körper verschwunden.

Doch der Anblick, der sich uns beiden bot, ließ uns scharf die Luft einziehen.

Harrys Körper war übersät mit Blutergüssen und Schnittwunden. Große dunkle Blutergüsse ließen zudem auf Verletzungen der Rippen schließen. Bei dem Ausmaß an sichtbaren äußeren Verletzungen grenzte es an ein Wunder, dass das Kind überhaupt noch lebte.

Nach und nach behandelte Poppy mit Tränen in den Augen den geschundenen Körper des Kleinen und die Blutergüsse begannen blasser zu werden. Bei dem Ausmaß der Verletzungen würde es jedoch ein paar Tage dauern, bis alle sichtbaren Wunden verheilt sein würden.

Dann drehte sie den kleinen Jungen auf den Bauch und sein Rücken zeigte deutliche Striemen von unterschiedlicher tiefe und in variierenden Heilungsstadien, die er nur durch einen Gürtel oder eine Peitsche erhalten haben konnte.

Was für ein Monster konnte ein Kind mit solcher Brutalität behandeln?

Ich stand auf, ich konnte den Anblick des geschundenen kleinen Körpers nicht länger ertragen.

„Ich werde zu Albus gehen.", verkündete ich Poppy, die nur Nickte und weiter ihr Bestes gab, um dem kleinen Jungen zu helfen.

Mit einem Schlenker meines Zauberstabes trug ich wieder meine gewöhnlichen schwarzen Umhänge und machte mich auf den Weg zum Schulleiter.

Hatte Albus gewusst, was im Privet Drive vor sich ging? Oder war er ahnungslos?

Vor den Gargoylen angekommen, die das Büro des Schulleiters bewachten, nannte ich ihnen das Passwort, was mal wieder eine lächerliche Süßigkeit war.

Der Gargoyle gab den Weg auf die Wendeltreppe frei, die ich schnell hinaufschritt.

„Ah mein Junge, du bist schon wieder aus Surrey zurück. Ich hoffe, mit Harry ist alles in Ordnung.", grüßte mich Albus mit einem Lächeln und blauen funkelnden Augen.

Entweder war er wirklich ahnungslos und wusste nicht, wie es Harry ergangen war, oder aber, was die wesentlich erschreckendere Option war, er war absolut skrupellos.

Ich hielt meinen Ausdruck so neutral wie möglich, als ich ihm antwortete: „Das kommt auf deine Definition von in Ordnung an, Albus. Der Junge lebt, ja, aber er ist derzeitig im Krankenflügel."

Das Funkeln verschwand aus Albus Augen und er wirkte schockiert: „Wie schlimm ist es?"

„Sie es dir selbst an, Albus.", entgegnete ich und schritt wieder Richtung Tür. Albus stand von seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch auf und folgte mir aus seinem Büro.

Der Weg zum Krankenflügel war schweigsam und ich spürte Albus Magie um mich herum pulsieren. Er hatte offensichtlich wirklich nicht gewusst, welches Schicksal er dem Jungen zugemutet hatte, indem er Harry in der verhängnisvollen Halloween-Nacht auf die Stufen des Ligusterwegs Nummer 4 gelegt hatte.

Als wir den Krankenflügel erreichten, war Poppy noch immer damit beschäftigt, sich um den kleinen verwundeten Jungen zu kümmern.

„Wie geht es Harry, Poppy?", fragte Albus schließlich.

Poppy schwenkte noch einmal mit ihrem Zauberstab und deckte den nun mit einem blauen Pyjama bekleideten Jungen sanft zu.

Sie nahm eine Pergamentrolle von dem Tisch neben dem Bett und reichte sie Albus.

Darauf stand ein von Poppy durchgeführtes medizinisches Gutachten. Es waren jegliche Verletzungen aufgelistet, die Harry jemals erlitten hatte.

Es gab jedes Jahr ein oder zwei Fälle von Kindesmisshandlung unter den neuen Erstklässlern, aber ein so langes Gutachten hatte er noch nie gesehen.

Severus überflog das Gutachten. Es schien, dass fast jeder Knochen des armen Kindes irgendwann einmal gebrochen gewesen war. Einige Organe des Jungen waren auch beschädigt worden. Eine gebrochene Rippe hatte eine Lunge punktiert. Unzählige Prellungen und blaue Flecken wurden aufgelistet und der Junge war gefährlich unterernährt.

Fassungslos sah Severus wieder zu dem kleinen Jungen in dem Bett, es war wirklich ein Wunder, dass er noch lebte.

Albus Augen hatten jegliches Funkeln verloren und eine Träne lief seine Wangen hinunter. Er schritt an Harrys Bett und berührte einer der kleinen Hände des Jungen. Doch selbst im Schlaf zuckte das verängstigte Kind vor der Berührung zurück.

Auch Albus zog seine Hand wieder zurück. „Es tut mir unendlich leid mein armes Kind. Ich habe versagt."

„Gibt es bleibende Schäden?", unterbrach Severus schließlich die schwere Stille des Krankenflügels.

Poppy seufzte: „Leider ja. Sein Wachstum ist durch die Mangelernährung, die er Jahre lang erlitten hat, auf Dauer geschädigt. Selbst mit Hilfe von Zaubertränken wird Harry niemals so groß werden, wie er hätte werden können. Es wird Wochen dauern, eh er an normale Nahrung wiedergewöhnt worden ist. Auch seine Augen sind durch lange Zeit in der Dunkelheit und wiederholten Traumata des Schädels beschädigt, wenn er erwachsen ist, kann er seine Sehschwäche korrigieren lassen. Sein ganzer Körper ist stark geschädigt, dadurch ist sein Immunsystem fast nicht existent."

Sie sah voller Bedauern auf den armen Jungen: „Albus, du musst einen anderen Platz für den armen Jungen finden."

Dumbledore nickte und sah zutiefst getroffen aus, „Ja, er wird nicht nach Surrey zurückkehren. Aber ich brauche Zeit, um eine bessere Wahl zu treffen."

„Egal, in wessen Obhut du Harry übergibst, Albus, sein zukünftiger Vormund muss wissen, auf was er sich einlässt.", ergänzte Poppy leise.

Albus dachte ein paar Momente nach, eh er sagte: „Die Weasleys werden Harry mit Sicherheit gerne ein Heim bieten, in dem er geliebt wird und …"

Severus unterbrach den Schulleiter: „Albus, die Weasleys sind ungeeignet. Molly und Arthur haben mit ihrer eigenen Brut genug zu tun, der Junge bekäme dort nicht die Aufmerksamkeit, die ein misshandeltes Kind braucht. Zudem würde Molly ihn mit Liebe und Fürsorge erdrücken, dabei aber über jegliche Verfehlungen des Kindes hinwegsehen. Sie haben beide keine Erfahrung, was den Umgang mit misshandelten Kindern angeht."

Nach diesen Worten war wieder ein wenig Leuchten in Albus Augen zurückgekehrt.

„Nun, mein Junge, es klingt ja fast so, als würdest du dich freiwillig melden, dich um Harry zu kümmern.", lächelte er Severus an.

Der schaute ihm entrüstet entgegen: „Mit Sicherheit nicht, Albus. Ich bin ein Todesser und alles andere als ein freundlicher Mann. Ich mag Kinder nicht einmal und ich bin definitiv nicht der richtige, mich um James Potters Kind zu kümmern. Ich wäre nicht viel besser, als seine bisherige Familie."

Das Funkeln in Albus Augen war wieder völlig zurückgekehrt und er betrachte Severus lächelnd über seine Halbmondbrille.

„Aber du hast bereits die Gründe aufgezählt, durch die du dich am Besten eignest. Du hättest deine volle Aufmerksamkeit für Harry. Hast die nötige Erfahrung und ich glaube du unterschätzt deine Fähigkeiten mit Kindern bei Weitem. Und er ist nicht nur James Potters Sohn, sondern genauso auch Lillys Kind. Zudem bist du ein mächtiger Zauberer und dein Heim ist von ebenso alten und mächtigen Schutzzaubern umgeben."

Severus sah ihn kopfschüttelnd an, „Das kann doch unmöglich dein Ernst sein Albus? Ich und ein Kind. Das geht niemals gut."

„Ach, Severus, du kannst sehr viel besser mit verängstigten Kindern umgehen, als du dir zugestehst. Und Harry und du ihr habt offensichtlich schon eine Verbindung.", wandte Poppy schließlich ein.

„Potter würde sich an jeden klammern, der ihn aus diesem Loch geholt hat.", schnarrte Severus.

Albus betrachtete seinen jungen Kollegen forschend: „Kannst du dich wenigstens vorerst um Harry kümmern. Ich würde es ja selber tun, aber ich bin ein alter Mann, mit einem Kind kann ich nicht mehr mithalten."

Severus war kurz davor abzulehnen, als er seinen Blick nochmal auf die kleine Gestalt in dem Bett fallen ließ. Er seufzte: „Gut, ich mache es."