Eigentlich hasste Rose es, für ihre Mutter Besorgungen zu machen. Zumindest früher hatte sie es gehasst. Aber seit sie mit dem Doktor reiste, war diese Art von Betätigung zu einer beruhigenden Ausnahme geworden, die sie wie einen Urlaub vom Abenteuer ansehen konnte. Und Urlaub war auch das richtige Wort für ihren Besuch bei ihrer Mutter - ganz allein, ohne den Doktor. Sie schob ihren Einkaufswagen durch die Gänge und suchte nach dem richtigen Waschmittel.

"Entschuldigen Sie, könnten Sie mir weiterhelfen?" Eine Stimme dicht neben ihr ließ sie wie angestochen aufblicken und sie sah in seine wunderschönen Augen. Augen, die sie wie ein Magnet anzogen, wie schon immer.

"..." Sie öffnete ihren Mund und schloss ihn wieder, dann musste sie schlucken. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, der Anblick ihres Gegenübers hatte ihr sprichwörtlich die Sprache verschlagen und in ihrem Kopf schwirrte es.

"Meinen Sie, diese Weichspüler taugen etwas? Und nehme ich die statt des Waschmittels oder zusätzlich? Ich kenne mich leider gar nicht aus!" Sein Mund verzog sich zu einem entschuldigenden Lächeln, dieses Lächeln, das sie absolut gefangen nahm. Er räusperte sich und schreckte sie aus ihrer Starre.

"Äh... es tut mir Leid, was hatten Sie gesagt?" Sie musste ihn tatsächlich einige Sekunden lang einfach angestarrt haben, stellte sie fest und konnte spüren, wie sich die Röte in ihrem Gesicht ausbreitete und an ihrem Haaransatz entlangkroch. Dann fiel ihr wieder ein, was er gefragt hatte und platzte heraus: "Zusätzlich!"

Der hochgewachsene Mann hielt seinen Kopf schief und sein Lächeln wurde breiter. Auch er schien mit seinen Gedanken nicht ganz bei der Sache zu sein, denn er schwieg und schaute sie seinerseits unverwandt an, fast als träumte er. Dann war es an ihm, hochzuschrecken. "Was? ...äh ich meine wie bitte, was meinen Sie damit?"

Rose fing an zu lachen und blinzelte ihm zu. "Man muss Weichspüler zusätzlich hineingeben. Zusätzlich zum Waschpulver!" Sie besah sich die Artikel im Regal und griff zu der Sorte mit dem Apfelduft. Es war der Geruch, der dem in etwa nahe kam, der von der Tardis für die Wäsche vom Doktor verwendet wurde - der Duft von Apfelgras. "Hier, probieren Sie mal diese Sorte", und reichte ihm die Packung herüber. Sie blickte ihm dabei wieder direkt in die Augen und konnte einfach nicht mehr loslassen.

"Ja. Danke. Toll. Ähm... sind Sie von hier?" Sein intensiver Blick schien sie in sich aufzusaugen, als sei seine Frage von lebensnotwendiger Bedeutung für ihn. Oder für sie. "Ich habe Sie nämlich hier noch nie gesehen."

"Rose. Ich bin Rose", antwortete sie hohl auf die nicht gestellte Frage, woraufhin er wieder lachen musste; ein Lachen, das sein gesamtes Gesicht überzog, bis hin zu seinen strahlenden Augen, die sie so sehr liebte. Dann kam sie plötzlich aus ihrer Trance. "Äh, sorry, - ja, naja, ich wohne hier gleich in der Nähe, aber ich war in letzter Zeit nicht oft zuhause. Und Sie?"

"Ich wohne dort-", er zeigte hinter sich in eine ungefähre Richtung, jedoch ohne seinen Blick von dem ihren zu nehmen, "einen Block weiter, hier in der Siedlung. Ich bin übrigens Smutty. Also eigentlich Johnny. Aber alle nennen mich Smutty." Er reichte ihr die Hand, die sie automatisch schüttelte. "Und danke für... nun ja, die Beratung und so. Wegen des Weichspülers."

"Äh war doch selbstverständlich. Smutty." Sie schob ihren Wagen weiter, drehte sich aber nach ein paar Metern spontan noch einmal um und lächelte ihn an. Er hatte sich nicht gerührt und schaute ihr weiter hinterher, was ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Einen angenehmen Schauer, denn ihr wurde bewusst, dass auch er angetan war von ihr.

Sie blieb einen Moment unschlüssig stehen, dann kehrte sie mit ihrem Einkaufswagen um. "Haben Sie nachher etwas vor? Außer Wäsche waschen, meine ich." Sie war über ihren eigenen Mut erstaunt, aber sie musste es tun, das war offensichtlich. "In einer Stunde, wieder hier vor der Tür? Einen Block weiter gibt's einen netten Pub."

Erfreut nickte er. "In einer Stunde also."


Hatte sie es sich wirklich gut überlegt? Nein, sie hatte eigentlich gar nicht überlegt, einfach gehandelt. Aber sie musste es tun, musste diesen Menschen kennenlernen. Musste mehr über ihn erfahren. Sie hoffte nur, dass sie diesmal etwas rationaler reagierte als vorhin im Supermarkt.

Dort war er bereits vor den Eingangstüren und ging nervös auf und ab, in Jeans, T-Shirt und einer dünnen Jacke. Er hatte kurze braune Haare, einen Dreitagebart und hatte eine sympathische Ausstrahlung. Als er ihrer auf der anderen Straßenseite ansichtig wurde, breitete sich wieder dieses traumhafte Lächeln aus, das sie in dieser Form nur noch bei einer weiteren Person je gesehen hatte: dem Doktor. Es gab ihr einen Stich, immer nur an den Doktor zu denken. Aber das hatte sie eh erwartet, und dass er ihr die ganze Zeit über im Kopf herumspuken würde, das musste sie seufzend akzeptieren.

Der Timelord hatte sie bei ihrer Mutter einfach abgesetzt und ihr versichert, dass er die ganzen nächsten Tage beschäftigt sei. Die Tardis benötigte irgendein Update an einer bestimmten Platine, und die Reparatur könne er nur durchführen, wenn sie irgendwo geparkt sei, frei schwebend oder gar im Vortex sei es zu gefährlich. Nun ja, sie machte das beste draus und ihre Mum freute sich, sie mal wieder für mehrere Tage am Stück zu Gesicht zu bekommen.

"Hallo, da sind Sie ja - Rose!" Er hatte sich ihren Namen gemerkt, wie erfreulich! Sie zupfte an ihrem Oberteil und lächelte ihm zu. "Gehen wir ein Stück?" fragte er und sie nickte, dann setzten sie sich in Richtung Pub in Bewegung. Der war zu dieser Tageszeit nur mäßig gefüllt und sie suchten sich einen freien Tisch. Zwei Bier wurden bestellt, sie tranken beide ein wenig schüchtern aus ihren Flaschen.

"Und was machen Sie so?" Rose war neugierig, dieser Mensch war Faszination pur für sie, jede Nuance, jedes Detail wollte sie sich einprägen. Er war so fremd und gleichzeitig war es, als kenne sie ihn seit Äonen; sie fühlte sich mit jeder Faser zu ihm hingezogen, und es war zu offensichtlich, warum dies so war. Alles an ihm war absolut wie der Doktor, nur dass ein Mensch vor ihr saß.

"Ich bin an der Uni, bin Wissenschaftler. Sozusagen eine Laborratte, wissen Sie, mit Chemikalien und vielen technischen Gerätschaften und sowas." Er hatte ein Aufblitzen in ihrer Miene bemerkt, deshalb fügte er hastig hinzu: "Aber ich führe auch noch ein normales Leben außerhalb des Labors!" Er trank einen Schluck. "Und Sie?"

Obwohl es klar war, dass die Gegenfrage kommen würde, war sie nicht vorbereitet und druckste nun herum. "Ich... äh tja, ich reise viel. Zumindest in letzter Zeit. Als Assistentin." Sie wusste, dass diese Information nicht so viel hergab.

"Oh, das klingt doch spannend! Und wo waren Sie so auf Reisen?" Aus seiner Miene sprach echte Neugier, der analytische Blick eines Forschers - sie kannte diesen Blick von einer anderen Person nur zu gut. Aber sie sperrte den Gedankengang in einer anderen Ecke ihres Verstandes ein und suchte krampfhaft nach einem Reiseziel, das ihr Gegenüber akzeptieren würde.

"Schottland! Wir... Ich war kürzlich in Schottland, in den Highlands!" Und wir wurden in einem Schloss gemeinsam mit Königin Victoria von einem Werwolf gejagt. Okay, den letzten Teil sollte sie vielleicht nicht laut aussprechen. Sowieso sollte sie das Gespräch lieber auf seine Person lenken. Ihr fiel allerdings kein echtes Thema ein, das als Smalltalk herhalten konnte, also war die Devise, einfach drauflos zu plaudern! Sie grinste ihn verschmitzt an. "Und Sie werden Smutty genannt? Witziger Spitzname!"

Die Zeit verging wie im Fluge und sie bedauerte es aufrichtig, als sie aufbrechen mussten, da er noch einen Termin hatte. Ein kleines Stück des Heimweges begleitete er sie noch, bis sich ihre Wege trennten, dann verabschiedete er sich. Sie standen an der Einmündung einer ruhigen Seitenstraße voreinander, beide etwas verlegen mit den Füßen scharrend.

"Rose? Sehen wir uns wieder?" Seine Stimme klang unendlich zart, und Rose traute sich ganz plötzlich nicht mehr, diesem Menschen in die Augen zu schauen, aus Angst, er könnte ihre Gefühle für ihn entdecken.

"Morgen - wenn du willst." Sie setzte noch schnell hinzu: "Meine Nummer hast du ja bereits", bevor sie sich mit klopfendem Herzen umdrehte und zügig davonschritt.