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1. Kapitel - London – Highgate, 05. Oktober 2003
Die Sonne erhob sich langsam im Osten über den kargen, blattlosen Kronen der Bäume des Waterlow Parks und hüllte die Welt ganz allmählich in einen goldenen Schleier von Licht und Wärme. Flirrende Lichtflecken tanzten über den dicht bemoosten Boden und vertrieben das kalte Zwielicht der Dämmerung. Die Stadt schlief noch, nur das leise Rauschen eines Fahrzeugs war zu hören, dass die Swain's Lane hinab fuhr. Irgendwo sang eine Elster ihr Morgenlied und der Gärtner machte sich verschlafen an sein Tagwerk. Sein Rechen kratzte hart über die Oberfläche der Feldsteine, mit denen man vor mehr als hundertfünfzig Jahren die Wege gepflastert hatte. Er schien den Mann kaum wahrzunehmen, der allein und stumm auf einer steinernen Bank saß. Und doch war es nicht, als wollte der betagte Mann in seinen beigen Hosen und dem dicken Wollpullover den anderen nicht sehen, der sich in seinem schwarzen Mantel so deutlich von dem verblassten Grün des Parks und dem schmutzigen Weiß der Statuen ausnahm. Nein, es schien mehr, als sei der Gärtner den Anblick des Mannes auf seiner Bank zu so früher Stunde einfach zu sehr gewöhnt. Schweigend rechte er das bunte Herbstlaub zu Füßen des anderen zusammen und sagte kein Wort. Es war nun fast ein Jahr, dass er den Mann jeden Morgen auf dieser Bank sitzen fand – nie hatte er ein Wort an ihn gerichtet oder den Gruß des Gärtners erwidert. Und so ging er auch an diesem Morgen im Herbst an dem Mann vorüber, stumm und ohne ihn anzusehen.
Der raue Stein unter seinen Fingern fühlte sich kalt und feucht an, als er die Hand fest um die staubige Kante der Bank legte. Er sah den Rechen zu seinen Füßen nach dem Laub fassen und den Schatten des Gärtners, der wie jeden Morgen stumm an ihm vorüber ging. Die Sonne fiel durch die Kronen der Bäume und das Geäst der Sträucher und wärmte sein blasses Gesicht. Er wandte sich ab, denn er wollte nicht, dass der Fremde, der ihm doch schon so vertraut schien, die Tränen sah, die sich als winzige Tropfen in seinen Wimpern gefangen hatten. So saß er da, die Lider fest verschlossen, das Kreuz gebeugt, mit steifen Gliedern und versuchte nachzudenken - und tat es doch nicht. Es fiel ihm unendlich schwer auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, einen Gedanken, der sich nicht um sie drehte. Der nicht klang wie sie, aussah wie sie, sich anfühlte wie sie. Manches Mal in den vergangenen zwölf Monaten hatte er sogar geglaubt sie riechen, sie schmecken zu können. Doch er wusste, es war seine Erinnerung, die ihm zum Narren hielt. Nicht mehr.
Das trostlose Geräusch des Rechens wurde leiser und leiser, als der Gärtner sich immer weiter entfernte. Müde, antriebslos stand Draco von der kalten Bank auf und trat einen Schritt auf die Statur zu, der er, wie an jedem Morgen, gegenübergesessen hatte. Sein klarer, blauer Blick fiel auf die Frauengestalt hinab, die schlafend auf einem Kissen gebettet im Moos lag. Die Tränen waren fort und sein Gesicht so glatt wie jenes der Frau zu seinen Füßen. Doch war sein Antlitz kühl und leer und das ihre aber so warm, so echt, als müsse sie jeden Augenblick aus ihrem süß Schlaf erwachen, damit sie ihm von ihren Träumen erzählen könnte. Doch sie würde nie wieder aufwachen, ihn nie wieder ansehen und nie wieder von ihren Träumen erzählen.
Langsam wandte er sich um und der Obelisk, der die Statur der jungen Frau überragte und sie zu bewachten schien warf seinen Schatten vorauf auf Dracos Weg, als er langsam in Richtung des großen Tores ging, das ihn wieder hinaus auf die Swain's Lane führen würde. Er wandte sich nicht noch einmal um. Er warf keinen Blick zurück auf die Frau oder das Monument, das über ihr thronte, darauf die Inschrift zu lesen war:
Die Erde mag dich verbergen, doch mein Herz sieht dich immer.
In Memoriam
Furia Severa Malfoy
geb. Snape
* 13. September 1981 † 5. Oktober 2002
Lebewohl
Lebe wohl, und seis auf immer,
Seis auf immer, lebe wohl!
Doch, Versöhnungslose, nimmer
Dir mein Herze zürnen soll.
Könnt ich öffnen dir dies Herze,
Wo dein Haupt oft angeschmiegt
Jene süße Ruh gefunden,
Die dich nie in Schlaf mehr wiegt.
Könntest du durchschaun dies Herze
Und sein innerstes Gefühl,
Dann erst sähst du: es so grausam
Fortzustoßen war zu viel.
Alle meine Fehltritt kennst du,
All mein Wahnsinn fremd dir blieb;
All mein Hoffen, wo du gehn magst,
Welkt, - doch gehts mit dir, mein Lieb.
Lebe wohl! Ich bin geschleudert
Fort von allen Lieben mein,
Herzkrank, einsam und zermalmet, -
Tödlicher kann Tod nicht sein.
[Georg Gordon Noel Lord Byron]
AN: Diese Fanfiction ist als Vorsetzung zu meiner Geschichte "Vom Hass" angelegt. Dies findet in der Kurzbeschreibung und eingangs keine Erwähnung, da ich grundsätzlich denke, dass die Kenntnis der ersten Geschichte nicht zwingend erforderlich ist - es hilft jedoch, um besseren Zugang zu dieser Geschichte zu erhalten. Wer diese Geschichte lesen möchte und wem die Muße fehlt, die erste zu lesen, der kann bei mir per Mail eine Zusammenfassung erfragen.
Für all jene, die die erste Geschichte kennen und nun furchtbar schockiert oder verwirrt sind, sei gesagt. dass bereits das nächste Kapitel sehr viel mehr Klarheit in die Sache bringen wird. Nach dem dritten Kapitel wissen wie dann endlich alle, worum es eigentlich geht.
In diesem Sinne hoffe ich, dass Euch das erste Kapitel gefallen hat, auch wenn es etwas "entrückt" scheint. Aber - und das dürft ihr glauben oder nicht - besonders, wenn es Euch nicht gefallen hat, würde ich mich über ein Kommentar freuen. Ihr wisst doch, mühsam ernährt sich das Eichhörnchen ;-) und Kritik ist noch immer die beste Nahrung auf den Pfaden des "sich Besserns".
Liebe Grüße,
Kieksie
