Frühlingserwachen

Fanfiction von Slytherene

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Disclaimer: Remus Lupin, Sirius Black & Co. courtesy of J.K.Rowling, Siegfried Farnham courtesy of James Herriot

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Hallo, Ihr lieben Mädels da draußen!

Man hat mich umschmeichelt und bedroht und angeregt, dass ich doch mal die schweren Charaktere links liegen lassen soll, den „Wolf" und den „Raben", und „Slytherenes Magischer Menagerie" ein Tierchen hinzu fügen möge, das ein bisschen leichter durchs Leben trabt.

Es gab da eindeutige Hinweise und es gibt eine äußerst reizvolle, inspirierende Figur.

Sirius aka Padfoot.

Nicht der aus dem Buch (nicht so direkt jedenfalls), sondern dieser melancholische, dramatische, verlorene und so unendlich unglückliche Animagus aus den Geschichten der großen Textehexe. Sie hat diese Figur mit so unendlich viel Leben erfüllt, und sie schildert ihn mit einer schweren Bürde, die er nicht abzuschütteln vermag. Ich finde ihren Sirius wunderschön und ich bewundere sie sehr für das Psychogramm, dass sie so genial zeichnet. Ich weiß, dass ich diesen Sirius nie so gut schreiben könnte wie sie.

Ganz bewusst war deshalb „mein" Sirius schon im „Hintertreppenwolf" anders. Natürlich ist auch dieser Sirius mehr als der Typ, der immer treffsicher den falschen Satz zur falschen Zeit sagt. Ich habe das Konzept von einem Menschen im Kopf, der in Askaban eben nicht zerbrochen ist, sondern der daran gewachsen ist. Einer, der nach zwölf Jahren Gefangenschaft und einem Jahr Eingesperrtsein in Grimmauldplatz einen beinahe unstillbaren Hunger nach Leben hat, der aber weise genug ist um zu begreifen, dass er dieses Leben nicht in flüchtigen Affären findet, zumindest nicht auf Dauer (wie ich ihn einschätze, hat er das schon probiert ;-)).

Wer den „Hintertreppenwolf" gelesen hat, weiß ja schon, wie es ausgeht (Sirius steht unter Harriets Fenster und singt Lieder von den Rolling Stones). Aber wie genau es dazu gekommen ist, möchte ich Euch in der folgenden, kleinen, harmlosen und netten Geschichte häppchenweise verkaufen.

Freuen wir uns also auf ein Wiedersehen mit Remus und Harriet, mit der süßen Sandy und der bezaubernden May, mit der trällernden Selma und dem kauzigen Siegfried (den ich mir eben so wie den Animagus und den Werwolf nur ausborge und unversehrt (aber nicht unverändert!) an die Erfinder zurück reichen werde).

Was ein Vorwort – länger als das erste Kapitel!

Soundtrack:

Aus dem Album The Corrs Unpluged "Forgiven Not Forgotten"

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Frühlingserwachen

1. Der Hund im Manne

Schon der Blick des Alten, als er zur Küchentür hereinkommt, spricht Bände. Er lässt sich wortlos am Tisch nieder, und wortlos schiebt ihm der andere alte Mann eine Tasse mit Tee herüber.

Die hohe Gestalt des Ersten ist vornüber gebeugt, die Schultern hängen herunter und sein Gesicht ist fahl und erzählt von Überanstrengung und Müdigkeit.

Ich weiß, ich sollte noch warten, bevor ich frage, und so tauche ich den Keks in meinen Kaffee, und er schmeckt süß und ein bisschen streng nach Leber. Ich sehe genauer hin und stelle fest, dass ich wieder einmal die Schachtel mit den knochenförmigen Keksen erwischt habe, aber das stört mich nicht wirklich.

Wenn es die einzige Psychose ist, die ich dauerhaft zurück behalte, werde ich dankbar sein.

Dann kann ich doch nicht länger warten und frage noch mit halbvollem Mund (ich weiß, dass man das nicht tun soll, und Moony würde mich jetzt wieder mit einem vorwurfsvollen und gleichzeitig Verständnis ausdrückenden Pädagogenblick bedenken, aber schließlich geht es doch um ihn):

„Wo ist'n Remus?"

Der erste Blick, der mich trifft, ist geteilt. Geteilt in einen aus einem funkelnden schwarzen Auge, das keinen weichen Blick mehr kennt und einen aus einem riesigen, unpersönlichen Blauen, das mehr ein Gerät als ein Organ ist. (Moody ist die magische Variante eines Cyborg, man muss sich nur mal sein klauenförmiges Holzbein betrachten. Er würde mich vermutlich hexen, wenn er meine Gedanken lesen könnte, aber er ist zum Glück kein Legiliment, und selbst wenn, wüsste er nicht, was ein Cyborg ist.) Sein Blick jedenfalls ist ein ärgerlicher Vorwurf. Wenn Mad Eye, der nur das eine Ziel vor seinen ungleichen Augen hat (nämlich Voldemort fortzuräumen), überhaupt noch etwas für jemanden übrig hat, dann ist es Dumbledore.

Immerhin sind sie beide Dinosaurier einer anderen Zeit.

Der zweite Blick trifft mich aus klaren, hellblauen Augen über den Rand einer halbmondförmigen Brille hinweg, und er enthält eine seltsame Mischung aus Sorge, Traurigkeit und – Amüsement.

Ich fühle mich beinahe genötigt, dem Alten einen Hundekuchen anzubieten, und Mad Eye gleich mit, weil ihn das so herrlich hoch bringen würde, aber ich unterdrücke meine Spontaneität und bemühe mich um einen fragenden Hundeblick – keine besonders schwere Aufgabe für einen begabten Animagus, der auch im Menschen immer ein Stück vom Hund greifbar hat.

„Appariert, zu Miss James" erlöst mich Dumbledore aus meiner Unwissenheit.

„Die wird sich bedanken, wenn sie außer den beiden Lupin-Brüdern jetzt auch noch Sniv auf dem Hals hat" stolpert es mir aus dem Mund, und ich bekomme sofort die blaublitzende optische Ohrfeige, nach der ich geschrieen habe.

„Severus ist längst wieder in Hogwarts" sagt Dumbledore.

„Aha" sage ich.

Das ist gut für die süße, spröde Harriet, weil es ihr die Bekanntschaft des fetthaarigen Snivellus erspart (obwohl sie ja beide eine Schwäche für Schlangen haben, und somit vielleicht ein Gesprächsthema), aber schlecht für Moony, der demzufolge alleine durch die Gegend appariert.

Apparition so kurz nach dem Vollmond ist ähnlich heikel wie zaubern, vielleicht sogar noch schlimmer.

Ich verleihe meiner Sorge verbalen Ausdruck.

Dumbledore lächelt dünn und flüchtig und meint dann, dass Remus es schon bewältigen wird.

Er trinkt Mad Eyes Tee und dann erzählt er lückenhaft von einer alten Legende, von dem Amulett, das den Mond beherrscht und davon, dass es für den Orden in nächster Zeit sehr viel zu tun geben wird.

Meine Gedanken gehen ihre eigenen Wege. Ordensarbeit schließt mich meist nicht ein, da ich weder in meiner menschlichen, vom Ministerium höchst begehrten Gestalt (und der morgendliche Blick in den Spiegel bestätigt mir immer wieder, wie begehrenswert sie noch ist) noch in meinem Pelz etwas anderes als ein Sicherheitsrisiko für mich und andere darstelle.

Das Amulett kenne ich. Ich habe es gesehen, auf Harriets Brust, als sie die gigantische Midgardschlange aus ihrem Inneren beschworen hat, letzte Nacht.

Die Braut ist heiß, Merlin, ein monströses Mädchen, und man sieht es ihr nicht an, dieser nüchternen, durch und durch normalen Frau, die für meinen Geschmack zu viele Leute kennt, die sehr schnell mit einem Skalpell und kühnen Schnitten bei der Hand sind.

Der Wolf und die Tierärztin, als ich das zum ersten Mal mitbekommen habe, habe ich mich verschluckt an meinem Kaffee – vor Lachen. Doch ich hätte es Moony gegönnt.

Aber sie ist nicht das Mädchen vom Wolf, die coole Veterinärin, sondern von seinem netten Bruder, dem Wolfsforscher. Ich muss grinsen. Auch kein schlechter Gag.

Da stolpert Moony irgendwie auf die Treppe dieser Frau, landet im Muggelknast und sie holt ausgerechnet seinen Bruder zur Hilfe. Und prompt hat der wilde Angelus das Mädchen. Schon wieder. Das ist nicht wirklich komisch.

Düstere Gedanken winden sich wie schwarzer Rauch durch mein Hirn, ich war damals nicht dabei, schon „verhindert", aber solche Geschichten sprechen sich rum. Moony hat es Tonks erzählt, in einer der langen Nächte hier in dieser Küche, vermutlich unter dem Einfluss eines schweren, französischen Rotweins. Er hatte dieses Mädchen, Sophie, eine französische Hexe. Sie war nicht besonders schön (er hat mir später ein Bild gezeigt, jedenfalls nicht mein Geschmack, zu dünn, zu petite, dieser drahtige Mittelmeer-Typ), aber sie wusste, was er war und hat ihn trotzdem geliebt – oder das zumindest geglaubt. Er hat sie in den Semesterferien mit nach Hause genommen, und sie muss etwas an sich gehabt haben, was sogar den alten Kornelius Lupin um die Finger gewickelt hat, denn in diesem Sommer hat er wieder mit Moony gesprochen, nach Jahren der Funkstille.

Dieses Etwas musste wohl auf alle Lupin-Männer irgendwie anziehend gewirkt haben, auch auf Remus' Bruder Angel (ein Squib, ein verrückter Kerl, immer im Wald unterwegs, mit Rucksack, Zelt und Kamera, der geborene Biologe, wetterfest und kälteresistent, einer, den ich sofort mochte, als ich ihn in den Schulferien kennen lernte; kein Bücherwurm wie der gute alte Moony). Und die kleine Französin war wohl auch mehr als angetan von der Jack-Wolfskin-Version ihres arithmantischen Verlobten, jedenfalls war sie verschwunden, als Angel für seine Abschlussarbeit auf den Kontinent ging am Ende der Ferien. Für Moony blieb nur ein Brief von ihr.

Na ja, diesmal war es wohl eher so, dass Angel sich was geangelt hat, was der Wolf nicht wollte (oder vielleicht war auch Remus nie ein Thema für Harriet), denn Angel hat mir beim Einsammeln der Todesser im Wald letzte Nacht erzählt, dass Moony mit der Mutter des Kindes zusammen war, das missbraucht wurde.

Sie war es auch wohl, auf deren Aussage hin er überhaupt verhaftet wurde. Merlin, wie kann man nur mit Moony zusammen sein und ihm so etwas zutrauen!

Obwohl – ich sollte da ganz still sein.

Immerhin kannte sie ihn ja wohl erst ein paar Wochen, als sie ihm den Kindesmissbrauch zugetraut hat. Ich kannte ihn mein halbes Leben, als ich ihm zugetraut habe, Lilly und James zu verraten.

Mit zwölf Jahren Askaban habe ich für die Fehleinschätzung bezahlt. Trotz allem bin ich manchmal nicht sicher, ob diese Buße hoch genug war. Ich schiebe den Gedanken weit weg, den an die Buße und an Askaban, und es kostet Kraft, das zu tun.

„Sirius!" holt mich Dumbledores Stimme aus meinen Gedanken.

Ich heuchle Aufmerksamkeit. Umsonst. Natürlich hat er gemerkt, dass ich nicht zugehört habe, immerhin war er viele Jahre mein Lehrer.

„Ich sagte gerade, dass es sinnvoll wäre, wenn du und Remus das Treffen für heute Abend vorbereiten würden."

„Sicher, ich schicke ihm eine Eule" sage ich und disqualifiziere mich selbst, wie ich an Mad Eyes genervtem Stöhnen erkenne.

„Das dauert viel zu lange" entgegnet Dumbledore. „Auch wenn Alastor hier es für ein Risiko hält, aber Remus befindet sich in einem reinen Muggelgebiet, und er sollte nicht noch einmal alleine apparieren heute, deshalb halte ich es für vertretbar, wenn du ihn von dort abholst und hierher zurück bringst."

Ah – Freiheit, die ich meine!

Ich fühle, wie sich ein breites Grinsen von meinem einen Ohr zum anderen hin ausbreitet. Moony abzuholen, das ist zwar nur ein kleines Bonbon nach dem großen Kuchen (Moony aus dem Gefängnis befreien, mit roten Schockzaubern und komplizierten Gedächtniszaubern und Muggelelektronikgefummel, ich war Agent Black und ich sah gut dabei aus, den Martini mit einer Olive, Miss Moneytonks, geschüttelt, nicht gerührt), aber wer weiß, wann ich mal wieder Außendiensttätigkeiten offiziell verrichten darf.

Überhaupt, Außendienste, ich höre immer noch Snivs beißenden Spott, er klingt nach einem Vertreter, der die meisten Besen verkauft und sein lukratives Gebiet eifersüchtig verteidigt. Es macht mich trotzdem wütend. Aber immerhin kann ich ihm jetzt mindestens drei Monate lang den Moony-Einsatz unter seinen krummen Riecher reiben.

„Wie viel Zeit habe ich?"

„Keine" sagt Dumbledore.

Als ob ich es nicht geahnt hätte. Warum gibt es kein Glück mehr auf dieser Welt für mich? Mein Grinsen verkümmert.

Ich zucke die Schultern, nehme meinen Umhang von der Garderobe (den Blauen, der meinen Augen so viel Tiefe verleiht, vielleicht hat die nüchterne Harriet ja eine hübsche Freundin zum Tee zu Besuch) und verlasse das Haus. Der graue Tag mit seinem Londoner Nieselregen verschluckt mich, als ich den Weg zur Untergrundbahn einschlage. Die schmuddelige Toilette dort, in deren Nähe man auch das eine oder andere „Gewürz" erstehen kann, ist mein bevorzugter illegaler Apparitionspunkt.


TBC