Kapitel 1 - Opfer

Unruhig warf sie sich von einer Seite auf die andere. Der Mond schien kalt und stumm in das Zimmer und legte ein silbernes Tuch auf das Mädchen. Ein Schatten huschte am Fenster vorüber. Die Nacht war kalt und einsam. In der Ferne schrie eine Katze. Knarrend öffnete sich ein Fenster. Vorhänge raschelten im kühlen Wind. Eine behandschuhte Hand strich über die zarte Haut des Mädchens – lange, dünne Finger.

„Du wirst nichts spüren", hauchte eine leise, angenehme Stimme. „Es wird nur ein leiser Seufzer sein und dann bist du an einem besseren Ort. Glaube mir."

Eine kalte Klinge blitzte und sirrte durch die Luft. Ein letzter Atemzug des Mädchens und das einzige Geräusch, das nun zu hören war, war das leise Rascheln der Vorhänge im kalten Nachtwind.

„Nun wird dein Leben schöner sein."


Schweigend trugen die Sanitäter den leblosen Körper Inos aus dem Zimmer. Frau Yamanaka stand schluchzend im Flur. Gegen zehn wollte sie Ino wecken, da sie sich wunderte, dass ihre Tochter an diesem Tag so ungewöhnlich lang schlief. Doch es war bereits zu spät gewesen. Ino lag reglos in ihrem Bett mit einem Schnitt durch ihre Kehle. Das Kissen war dunkelrot von ihrem Blut.

„Warum? Warum ausgerechnet meine Tochter?! Warum musste es ausgerechnet meine Tochter sein?!" Frau Yamanaka schluchzte hemmungslos in die Weste ihres Mannes. „Warum?!"

„Er ist also wieder zurück", murmelte Tsunade geistesabwesend.

„Von wem sprichst du?", fragte Shizune und wischte sich die Hände ab. Sie hatte Inos sterbliche Überreste als erste untersucht.

„Dafür bist du noch etwas zu jung. Ich kann nur sagen, dass ich gerade so mit dem Leben davon gekommen bin", erwiderte die Hokage.

„Würdest du etwas genauer werden?"

„Hast du schon einmal von der Mask of Death gehört?"

„Mask of Death? Was soll das sein?", wollte Shizune wissen.

„Diese Sache ist schon fast zur Legende geworden. Die Sage der Mask of Death", begann Tsunade. „Keiner hat den Mörder bis jetzt gesehen. Daher wird er auch Mask of Death genannt. Sein Gesicht ist unbekannt. Eine undurchsichtige Maske, die den Tod bringt. Man kann davon ausgehen, dass es sich um einen Mann handelt, obwohl man das nicht hundertprozentig nachweisen kann. Die Ermittler sind nur zu diesem Schluss gekommen, weil er immer nur Frauen tötete. Jungfrauen wohl bemerkt."

„Wie lange liegt der letzte Mord von diesem so genannten Mask of Death zurück?", fragte Shizune.

„Fünfunddreißig Jahre – und kein Tag weniger", antwortete Tsunade kalt. Shizune schluckte.

„Glaubst du wirklich, dass es er wieder ist?" Jiraiya tauchte hinter Tsunade auf. Die Hokage nickte schweigend.

„Es passt alles perfekt ins Bild", meinte Tsunade. „Der genaue Schnitt durch die Kehle, das Fenster … Frau Yamanaka hatte uns gesagt, dass Ino nie mit geöffneten Fenster schlief und dieses stand sperrrangelweit auf. Außerdem lag eine Rose auf ihrem Brustkorb und sie hatte einen Knutschfleck am Hals."

„Er küsst seine Opfer?", fragte Shizune und klang dabei etwas angewidert.

„Das ist sozusagen der Todeskuss", antwortete Jiraiya. „Und diesen Kuss haben schon einige junge, hübsche Mädchen bekommen. Es ist wirklich traurig."

„Du findest das auch nur traurig, weil es nun wieder ein Mädchen weniger gibt, dem du nachstellen kannst", keifte Tsunade.

„Das du das gleich auf mein Hobby zurückführen musst!", beschwerte sich der Eremit.

„Wir sollten ernsthaft bleiben", warf Shizune scharf ein.

„Schon gut", beschwichtigte Jiraiya.

„Ernsthaft bleiben … hast du einen Anhaltspunkt? Hast du eine Ahnung, wie wir vorgehen sollen?", erwiderte Tsunade bissig.

„Ich versuche mir nur Gedanken über diesem Fall zu machen!"

„Das wird die nur den Kopf kosten! Du hast keine Ahnung, wie viele Frauen wegen der Todesmaske gestorben sind! Lass die Finger von dieser Angelegenheit, es wird dich nur wahnsinnig machen!"

„Diesem Menschen muss das Handwerk gelegt werden", beharrte Shizune. „Wir müssen ihn dingfest machen und so alle anderen Frauen schützen. Irgendwann wird er einen Fehler machen und spätestens dann, werden wir ihn festnehmen!"

„Du willst es also versuchen", lenkte die Hokage ein. „Nun gut, stell dir ein Team zusammen. Meinen Segen hast du."