Autor: Velence
Titel: Reset
Inhalt: Mick St. John verletzt sich bei einer Verfolgungsjagd am Kopf, danach weiß er nicht mehr, dass er ein Vampir ist. Josef und Beth müssen ihre Überzeugungskünste zum Besten geben...
Spoiler: 1.16
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Teil: 1/?
Disclaimer: Alle in dieser Story verwendeten Charaktere und Grundkonzepte sind Eigentum der jeweiligen Rechteinhaber. Sie werden einzig und allein zu Unterhaltungszwecken genutzt. Eine Copyright-Verletzung ist weder beabsichtigt noch impliziert.
Hauptcharakter(e)/Paar(e): Mick/Josef, Beth/Mick,Simone
Kommentar: Rise and shine. Das sagt Josef, nachdem er Mick zurückverwandelt hat.

Prolog

„Wie ist es, wieder ein Vampir zu sein?"

Josef und Mick hatten sich in einem Restaurant in der Innenstadt getroffen. Josef war mit einem berühmten Architekten verabredet, dem er eine Unterredung beim Essen hatte abgewinnen können. Der Typ war eine echte Diva, allerdings konnte er es sich leisten, denn er war sehr, sehr gut, um nicht zu sagen genial. Nach dem Anschlag war Josefs Büro noch immer eine hässlich ausgebrannte Windschneise in einem ansonsten hochmodernen Bürokomplex.

Mick hatte sich einen Kaffe bestellt. Er hatte ihn lange angestarrt, bevor er sich einen Schluck genehmigt hatte. Das schwarze Getränk schmeckte nicht annährend so gut, wie es ihm als Mensch geschmeckt hatte. Nein, eigentlich schmeckte es überhaupt nicht.

„Du solltest dir Blut darunter mischen", meinte Josef, nachdem er Micks Gesichtsausdruck statt einer Antwort bekommen hatte.

„Josef, ich wollte zum Vampir werden, um Beth' Leben zu retten. Es ist schließlich nicht so, dass du eine Armee an Vampiren hast, die sich deine Anhänger schimpfen, mit der wir Beth hätten befreien können. Ich bin dankbar, dass du mir geholfen hast. Es war meine Entscheidung, ich gebe dir keine Schuld."

„Ich bin nicht besorgt, dass du mir die Schuld geben könntest." Der andere Vampir seufzte. „Es geht hier um dich. So wie ich dich kenne, hasst du das Vampirsein jetzt mehr denn je. Du hast die letzten Tage zu sehr genossen. Irgendwann musst du aufhören, es zu hassen."

„Wir haben uns gestern Abend getroffen, Beth und ich. Auf ein Date."

Josef zog eine Augenbraue minimal hoch, dann nickte er beeindruckt. „Ich gratuliere."

„Du hattest recht..."

„Das erzähle ich dir schon die ganze Zeit und endlich ist es auch bei dir angekommen!"

Bevor Mick etwas erwidern konnte, klingelte sein Handy. Er entschuldigte sich und nahm das Gespräch an. Nachdem er geendet hatte, kam ihm Josef zuvor. „Beth, ein neuer Fall, bla, bla, bla. Verschwinde schon! Mein Architekt sollte jede Minute kommen."

Mick sprang auf, er hielt einen Moment innen. Er griff sachte Josefs Arm. „Danke."

„Immer zu Diensten", erwiderte Josef. Dann war Mick verschwunden.

Teil 1

„Mick, alles klar?" Beth war ihm hinterher gerannt, doch Mick war als Vampir tausendmal schneller als sie. Sie hatte gerade noch sehen können, wie der Vampir, den sie verfolgt hatten, in die erste, offene Etage gesprungen war und einen ganzen Haufen Baumaterial auf Mick hatte niederprasseln lassen.

Beth blickte sich um, der Angreifer war in der Dunkelheit verschwunden. Sie eilte zu Mick hinüber, der auf dem Boden lag.

Mick rappelte sich auf. Überrumpelt saß er auf dem sandigen Boden der Baustelle. Er fasste sich an den Kopf. Schwindelgefühl ließ ihn still verharren. Seine Hand war voller Blut, als er sie in Augenschein nahm.

„Zum Glück bist du ein Vampir", sagte Beth. „In Zukunft verfolgen wir Verdächtige nur mit Schutzhelmen auf unsichere Baustellen, wo einem jederzeit etwas den Schädel zertrümmern kann." Beth reichte ihm ihre Hand. „Mick?", rief sie, als er nicht reagierte. „Alles in Ordnung?"

„Ich..." Mick sah an sich herab. „Ich weiß nicht... Ich kann mich nicht erinnern, was ich hier mache?" Er schaute Beth mit großen Augen an.

„Wie heißt du?"

„Mick St. John."

„Du kennst mich?"

Mick schüttelte ein paar Mal langsam den Kopf.

„Okay." Beth streckte die Hände aus und bewegte sich ein paar Mal runter. Damit wollte sie vor allem sich selbst beruhigen. „Shit."

„Lass mich sehen, was dir fehlt." Beth hielt ihm erneut die Hand hin und zog ihn auf die Beine. Sie schaute sich seine Kopfwunde an. Mit ihren Fingern wischte sie Krümel aus seinem Haar. Blut hat seinen Hemdkragen getränkt, aber die Wunde war schon wieder dabei, zu verheilen. Für einen Menschen wäre der Kontakt vermutlich tödlich gewesen. „Was ist das letzte, an was du dich erinnern kannst?"

Mick überlegte einen Augenblick. „Coraline und ich, wir haben geheiratet..."

„Und danach?"

„Wir waren... im Bett", sagte Mick schüchtern, „... und jetzt bin ich hier."

„Du erinnerst dich als letztes an deine Hochzeitsnacht?" Beth legte entsetzt die Hand vor den Mund, als der Vampir nickte. Sie marschierte vor ihm auf und ab. „Was machen wir? Was machen wir? Wir sollten hier verschwinden. Fahren wir zu dir."

„Und du bist?"

„Oh ja, Beth Turner, Reporterin bei BuzzWire." Beth ging zurück zu Micks Auto.

„Was haben... wir, du und ich, hier...?"

„Einen Verdächtigen verfolgt."

„Einen Verdächtigen?"

„Ja, du bist Privatdetektiv und-"

Privatdetektiv?", unterbrach Mick sie irritiert. „Aber ich bin Musiker."

Beth blieb wie angewurzelt stehen und packte fest seinen Arm. Schallend brach sie in Gelächter aus. Mick schaute sie noch verwirrter als zuvor an.

„Okay, okay", sagte sie, nachdem sie sich einigermaßen beruhigt hatte. Die Vorstellung, dass Mick sang und/oder ein Instrument spielte, war einfach zu komisch, zu surreal. „Du weißt aber, dass du ein Vampir bist?"

„Was!"

„Gib mir dein Handy, ich rufe Josef an."

„Handy?"

„Wir haben das Jahr zweitausendsieben." Beth tastete mit den Händen Micks Mantel ab und entnahm der rechten Tasche das Handy. Im Schnelldurchlauf berichtete sie Josef, was passiert war, und dass sich Mick an die letzten fünfundfünfzig Jahre nicht erinnerte, ebenso seine Verwandlung in einen Vampir. Er lebte praktisch in den Fünfzigern!

Josef konnte Beth beschwichtigen. „Gib ihm eine große Tasse Blut und schick ihn in seine Kühlbox. Ich bin zwar kein Arzt, aber Vampir. Morgen geht es Mick besser. Alles wird verheilt sein. Vielleicht hat er ein Trauma erlitten und sein Gehirn braucht ein wenig länger, um sich zu regenerieren."

„Mick soll in eine Kühlbox?"

„Er steht drauf!", bestätigte Josef.

Beth wandte sich von Mick ab. Ihre Stimme wurde immer leiser, während sie ins Handy flüsterte. „Bitte, Josef, du musst vorbeikommen. Ich glaube, ihm ist nicht bewusst, dass er ein Vampir ist. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Du bist auch einer, du kannst es ihm am besten klar machen."

In Micks Apartment angekommen umrundete der Vampir voller Skepsis die Sofainsel. Schon auf der Fahrt hatte er aus dem Fenster des Wagens gesehen, als hätte er sich für über fünfzig Jahre einfrieren lassen, um jetzt, wie bei den Jetsons, in einer wunderübersäten Zukunft aufzuwachen. Wahrscheinlich wartete er darauf, dass sein Auto vom Boden abhob.

„Wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?"

„Ah!" Beth zuckte zusammen, als plötzlich Josef hinter ihr aufgetaucht war. „Du kannst dich nicht so einfach an mich heranschleichen."

„Ich bin ein Vampir. Es ist meine Pflicht, meinen Fähigkeiten zu nutzen und mich an meine Opfer anzupirschen." Josef checkte Mick ab, doch der sah genauso aus wie eh und je. „War es wirklich nötig, Papa Schlumpf von seiner Party loszueisen?"

„Papa Schlumpf? Wäre nicht Hugh Hefner passender? Egal, ich will es gar nicht so genau wissen." Die blonde Reporterin winkte ab. „Mick, erinnerst du dich an Josef?"

„Nicht dass ich wüsste." Er kam zu den beiden.

„Ich bin schwer getroffen!" Der ältere Vampir legte eine Hand auf seine Brust. Er schaute seinen Freund prüfend an. Beth schubste Mick herum, der sich immer mehr wie ein fehlgeleitetes Versuchkaninchen vorkam, und zeigte ihm die Kopfwunde, von der inzwischen nichts mehr zu sehen war.

„Da hilft nur Blut." Entschlossen schritt Josef zum Kühlschrank.

Mick und Beth blieben zurück. Vertraulich fragte Mick die Reporterin leise, ob er wirklich mit diesem durchgeknallten Typen, der sich für einen Vampir hielt, befreundet war.

„Mick, ich will dich nicht beunruhigen, aber du bist wirklich ein Vampir", antwortete sie ebenso leise.

Der Vampir starrte sie nur ungläubig an. Dabei war er doch derjenige, der die Kopfverletzung hatte! Als Beth in die Küche ging, folgte er ihr.

„Welche Blutgruppe darf es denn sein?" Josef stand am offenen Kühlschrank, der eine Haufen Blutbeutel und nichts anderes enthielt.

„Das ist ein Scherz, okay? Ja? Ihr verarscht mich gerade kräftig." Mick sah zwischen Beth und Josef hin und her. „Ich habe etwas auf den Schädel gekriegt, fein, mir fehlt ein wenig Zeit, aber die Vampirsache... das ist absolut bescheuert. Wo ist Coraline?"

Josef und Beth tauschten einen Blick aus. „Keine Ahnung. Wir wissen es nicht", antwortete Beth.

Unbeirrt nahm Josef einen Beutel A Positiv. Er riss das Plastik mit einem seiner Eckzähne auf, obwohl die Geste für seine Verhältnisse primitiv war, verfehlte sie nicht seine Wirkung. Josef befüllte die zwei Gläser, die er zuvor auf den Tisch gestellt hatte. Demonstrativ trank er einen großen Schluck von dem Blut. „Deine Lieblingsblutgruppe."

„Das ist Traubensaft", sagte Mick perplex.

„Probier's." Josef ließ das Glas Blut wie ein Barkeeper zu ihm rübergleiten.

Mick stoppte es mit seiner Hand. Er hielt das Glas in die Höhe und wunderte sich über die Konsistenz des Traubensaftes.

„Das Plasma trennt sich nach einer Weile von den zellulären Bestandteilen", kommentierte der ältere Vampir. „Es geht eben nichts über frisches Blut."

„Kannst du nicht spüren oder riechen, dass Josef anders ist als ich? Riechst du mein Blut?", fragte Beth und zerrte ihren T-Shirt-Ausschnitt über ihr rechtes Schlüsselbein. Und tatsächlich konnte Mick ihr Blut in die Adern wahrnehmen, riechen, spüren. Es war unglaublich, zu unglaublich. Das mussten Nachwirkungen von dem Unfall sein.

„AB, Beth ist schon ein leckeres Schnittchen, hm?" Josef grinste.

Die Reporterin warf ihm einen giftigen Blick zu.

Mick stippte seinen Zeigefinger in die rote Suppe. „Das ist alles ein schlechter Traum", murmelte er und schob sich kurzentschlossen die Fingerspitze in den Mund. Zu seiner Überraschung gefiel es ihm. Ein echter Schock. Die plötzliche Gier nach mehr erschreckte Mick.

„Du weißt es." Josef und Mick schauten sich an.

Der jüngere Vampir nahm einen ersten zögerlichen Schluck, ehe er sich das Glas Blut in einem kräftigen Zug die Kehle hinunterkippte. Es musste einfach ein komischer Traubensaft sein. Oder Kunstblut, das in Hollywoodfilmen benutzt wurde, nur trinkbar.

„Und nun muss unser Kleiner ins Eisfach und ich zurück zu meiner Party." Josef überließ es Beth, Mick von seiner Kühlbox zu erzählen, und verabschiedete sich. Sie führte ihn durch sein Apartment, zeigte ihm den aktuellen Fall, an dem sie beide dran waren, aber der alte Musiker kannte den Privatdetektiv Mick St. John nicht.

Schließlich brachte sie ihn in sein Schlafzimmer.

„Ich schlafe hier drin?", fragte Mick vor seinen gläsernen Kühlschrank stehend.

Beth zuckte mit den Schultern. „Ehrlich gesagt war ich mit dir noch nie hier oben. Josef hat es gesagt. Aber ich habe da hinten ein richtiges Bett gesehen."

„Ich denke, ich schlafe in dem Bett."

„Du solltest die Jalousien blickdicht schließen."

„Josef ist..."

„Ein bekannter Investmentbanker."

„Ein Vampir, wollte ich sagen?"

„Oh, das auch. Du kennst ihn besser als ich... Na ja, morgen kennst du ihn besser als ich."

„Ich hoffe, dass morgen alles gut ist. ... dass ich morgen aufwache und Bescheid weiß", grummelte Mich. „Du bist die einzige, die ich mehr oder weniger kenne. Ich habe das Gefühl, ich kann dir vertrauen. Dir und diesem Womanzier."

Beth lächelte.