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Schon wieder sie.
Das war jetzt die vierte Veranstaltung in Folge, auf der sie ihn begleitete. Die Medien begannen schon zu spekulieren, ob es etwas festes werden würde. Viele sahen es schon als etwas festes, nahm er doch sonst nie mehr als zweimal die gleiche mit.
Sie hatte hellbraune Haare und dunkelgrüne Augen. Sie war hübsch, dass musste ich zugeben. Kleiner als er (natürlich) aber doch sehr groß für eine Frau. Und keinen Monstervorbau.
Höchstens B.
Allerhöchstens.
Sie hatte ein schönes Lächeln. Kein Plastikgrinsen, wie man sie sonst auf den Gesichtern dieser Schaupüppchen an den Armen reicher Männer sieht.
Sie war nicht künstlich und ich hasste es.
Ich hasste nicht sie.
Ich hasste nur Es. Die Situation. Dass nicht ich es war, der dort mit ihm auf dieser Bonzenschau war, obwohl ich solche Partys nicht ausstehen konnte.
Sie traf gar keine Schuld. Sie wusste ja nichts von mir.
Vielleicht hasste ich auch ihn.
Er, der zu mir gesagt hat, es sei nicht gut, wenn er öffentlich zu mir stünde. Dass seine Firma wichtiger sei. Dass er Beziehungen für die Öffentlichkeit bräuchte.
Ja, ich hasste ihn.
Dafür, dass er mich dazu brachte sein kleines schmutziges Geheimnis zu sein, zu dem er ging, sobald die Öffentlichkeit nicht hinsah.
Und doch ließ ich ihn immer wieder zu mir kommen, weil er mich ansah und ich nicht widerstehen konnte. Weil das mit uns jetzt schon so lange ging.
Weil er mir sagt, dass er die verschiedenen Frauen als nichts ernstes sieht.
Doch jetzt ist sie da.
Ich habe ihn schon zwei Wochen nicht mehr gesehen und am Telefon sagte er nur, dass er keine Zeit hat.
Er geht mit ihr auf diese Party.
Zum vierten Mal.
er lächelt sie an.
Sie trägt blaue Diamantstecker.
Die Diamantstecker, die die gleiche Farbe haben wie seine Augen.
Die Diamantstecker, von denen ich mir gewünscht habe, er würde sie mir schenken, damit ich immer etwas von ihm bei mir tragen könnte.
Ich habe mir extra Ohrlöcher stechen lassen, weil er sagte, dass er Ohrschmuck an anderen mag.
Allerdings wohl nur an Frauen.
Nicht an mir.
Ich schalte den Fernseher ab. Noch länger zu sehen, wie er sie anlächelt und sie so perfekt neben ihm aussieht ertrage ich nicht.
Es tut mir weh.
Heute Abend werde ich ausgehen. Ich war schon lange nicht mehr aus. Ich habe immer darauf gewartet, dass er zu mir kommt.
Doch jetzt warte ich nicht mehr. Jetzt hat er sie und keine Zeit mehr für mich.
Darum habe ich beschlossen auch keine Zeit mehr für ihn zu haben.
Es ist seltsam wieder in einem Club zu stehen. Vier Jahre ist es jetzt her. Vier Jahre, seit ich sein kleines schmutziges Geheimnis wurde. Vier Jahre, in denen ich nur noch gearbeitet und auf ihn gewartet habe.
Vier Jahre, in denen der Kontakt zu meinen Freunden aus der Schule fast erloschen ist.
Ich weiß wo sie wohnen und was sie arbeiten. Ich weiß, dass zwei von ihnen geheiratet haben.
Ich war auf der Hochzeit. Sie war noch im ersten Jahr.
Ja, nach Vier Jahren wird es endlich Zeit, dass ich wieder anfange zu leben.
Die Musik ist gut.
Ich kenne viele Lieder nicht. In vier Jahren ändern sich eben auch die Chats.
Habe ich wirklich so abseits der Welt gelebt?
Egal, nun ist es vorbei und ich tauche wieder ein in diese bunte laute Welt, die nicht aus warten besteht.
Drei Wochen lang bin ich nun fast jeden Abend ausgegangen.
Ich habe auch viele Männer kennen gelernt. Ich habe getanzt, getrunken und mit einigen geschlafen.
Ich kann ihn trotzdem nicht vergessen, aber es ist ein Anfang.
Er hat sich immer noch nicht gemeldet.
Sie war wieder neben ihm zu sehen. Sie trug ein anderes Kleid, aber die Ohrstecker waren die gleichen.
Dieses Mal trug sie auch einen Ring.
Meine Brust schmerzte, als ich ihn mit ihr dort auf dem Cover des Magazins gesehen habe.
Ich habe es nicht gekauft. Ich will nicht wissen, ob der Ring eine Bedeutung hat.
Ich will es wissen.
Er soll es mir sagen. Ich will es nicht über Umwege erfahren müssen.
Aber er meldet sich nicht.
Er ist hier.
Warum ist er hier?
Warum ist er hier, ohne mir vorher etwas zu sagen?
Er lächelt nicht.
Er hat eine steile Falte in seiner Stirn und die Augenbrauen zusammengezogen.
Er ist wütend.
Warum?
Er fragt mich, warum ich mit anderen Männern schlafe.
Deswegen ist er wütend? Er schläft mit anderen Frauen und das sage ich ihm auch.
Die Falte in seiner Stirn vertieft sich, als er sagt, man könne das nicht vergleichen.
Ich frage, warum man es nicht vergleichen kann.
Er ist still.
