A/N: In diesem Kapitel kommt eine Art Gedicht vor, welches auf dem Mittelhochdeutschen des Walter von der Vogelweide beruht. Leider war der Herr Vogelweide so unfreundlich, nicht alle von mir benötigten Wörter zu verwenden, so dass ich mir die künstlerische Freiheit erlaubt habe, „eigene" mittelhochdeutsche Wörter zu kreieren. Die „Übersetzung" findet ihr am Ende des Kapitels.
Als Dank für ihre aufopferungsvolle Hilfe widme ich dieses Kapitel meinem Agent Großkatze, SoyTryphena, die sich nicht scheute, extra für mich in der Höhle des Löwen, auch genannt Red Lion, Recherchen anzustellen!
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GSI: Stonehenge oder Der Fluch des Vergessens
1. Kapitel
Minerva McGonagall beobachtete unter gesenkten Lidern hervor ein Schauspiel, welches sich seit mehreren Monaten jede Woche wiederholte. Es war Frühstückszeit in der Großen Halle und die Posteulen schwebten herein und suchten ihren Empfänger. Eine junge, braune Eule landete knapp neben Snapes Teller und trippelte vor ihm hin und her. Der Tränkemeister schien sie zu ignorieren, doch Minerva wusste, dass die Eule ihm ausweichen würde, hätte er nach seinem Brief gegriffen.
Severus ließ seinen Blick aufmerksam über die vier Haustische schweifen, während er scheinbar unbeabsichtigt eine Weintraube vor die Eule fallen ließ. Sie mochte keine Eulenkekse und hatte ihm auch schon schmerzhaft klar gemacht, was er ihres Erachtens nach mit trockenem Toast machen konnte. Als sich der kleine Vogel auf die Weintraube stürzte, packte auch er zu, strich ihr beruhigend über das Gefieder und nahm seinen Brief von ihrem Bein. Sie schuhute empört, hackte jedoch nicht, weil sie zu sehr mit der Weintraube beschäftigt war.
Die Direktorin wusste, was jetzt kam: der dunkle Mann würde der Eule etwas ins Ohr flüstern, und was immer das auch wäre – verstehen konnte sie es nicht – es reichte aus, um den Vogel völlig zu beruhigen. Minerva hätte zu gern gewusst, von wem Snape plötzlich so regelmäßig Post bekam. Aber im Gegensatz zu seiner geschäftlichen Korrespondenz und dem monatlichen Potions Today las er die Briefe dieser Eule nie am Frühstückstisch. Er steckte sie gleichmütig in die linke Innenseite seines Umhangs und widmete sich weiter seinem Tee.
Severus lächelte innerlich. Wenn Minerva dachte, er hätte nicht bemerkt, dass sie ihn jedes Mal beäugte, sobald diese Eule kam, dann musste sie tatsächlich senil sein. Ein Spion, oder wie er zugeben musste, Ex-Spion seines Kalibers bemerkte alles. Was sind wir wieder arrogant heute, dachte er spöttisch und erhob sich, um den Tisch zu verlassen. In einer halben Stunde würde der Unterricht beginnen, und er musste noch einiges vorbereiten.
Er fragte sich, wie ein simpler Brief einer ehemaligen Schülerin seine Stimmung aufhellen konnte, aber er hatte es sich schon vor geraumer Zeit verboten, darüber nachzudenken. Hermione Granger war mehr als eine ehemalige Schülerin. Obwohl er es niemals öffentlich bekennen würde, schätzte er sie sehr. Sie hatten in den letzten drei Jahren zwei haarsträubende Abenteuer erlebt – oder wie sie es überenthusiastisch nannte: Ermittlungen geführt.
Und der Tränkemeister würde eher eine dunkelrote Robe tragen als die Freundschaft zu dieser jungen Frau aufzugeben.
Obwohl sie sich nie an seine Anweisungen hielt, sich kurz zu fassen, ja selbst für Alte Runen endlose Seiten verschwenden konnte, wartete er jede Woche auf ihren Brief, den er ihr mit einem Versprechen abgerungen hatte. Er antwortete nicht immer oder manchmal so kurz, dass es schon an Grobheit grenzte, aber das schien ihr nichts auszumachen.
Er hatte nicht das Gefühl, dass sie sich stur an ein Versprechen hielt. Sie schrieb zu ihm wie zu einem Freund. De Facto schrieb sie an ihn wie man es nur bei einem guten Freund tat, und es verblüffte ihn immer wieder, wie viel Vertrauen sie zu ihm haben musste. Und über eines war sich Severus definitiv sicher: niemand würde dem zynischen Bastard aus dem Kerker zugestehen, dieses Vertrauen zu erwidern. Doch das tat er.
Er las ihre Nachrichten nie hastig, nie beim Frühstück, während des Unterrichts oder überhaupt in irgendeiner Form nachlässig. Er nahm sich Zeit, obwohl er dabei keinen Tee mehr trank, da er ihn einmal über das Pergament gespuckt hatte, als sie ihm berichtete, dass sie zufällig über den Weasleyjungen und dessen Freundin in einer äußerst delikaten Situation gestolpert war, bei einem ihrer noch immer regulären Besuche im Fuchsbau.
Sie hatte zwar keine Details genannt, doch die Vorstellung allein hatte Severus gereicht.
Es mochte sein, dass er Potter verabscheut hatte, nur weil er ein Potter war und seinem Vater erschreckend ähnlich sah. Mittlerweile war er soweit, dass er – zumindest vor sich selbst – zugeben konnte, dass der Bursche bei weitem mehr von Lily hatte, und das machte ihn zu einem fast erträglichen Menschen.
Was die kleine Gryffindor in Ronald Weasley gesehen hatte oder noch immer sah, war ihm jedoch ein Rätsel. Er hatte über positive Eigenschaften des Rotschopfes nachgedacht, die sie vielleicht faszinieren konnten, lange, bevor sich diese seltsame Freundschaft zwischen ihnen entwickelte. Aber Weasley war und blieb in allem, was er tat, Durchschnitt. Er war durchschnittlich schlau, durchschnittlich magisch begabt, durchschnittlich stark und durchschnittlich aussehend. Das einzige, was ihn wirklich auszeichnete, war seine Treue zu Harry Potter und damit auch mehr oder weniger gezwungenermaßen zu Hermione.
Als Severus nach der Schlacht, dem Koma und dem Prozess wieder nach Hogwarts zurückgekehrt war, hatte sich das restliche Personal Hogwarts die Mäuler darüber zerrissen, wie es dazu kommen konnte, dass das Traumpaar Weasley/Granger kein Traumpaar mehr war. Er hatte sich damals lediglich gefragt, wie Granger überhaupt auf die Idee gekommen war, in Weasley ihren Prinzen zu sehen.
Sie war in allem so kompetent, nur in zwischenmenschlichen Beziehungen schien sie gewisse Defizite zu haben. Severus schnaubte lautlos und selbstspöttisch bei diesem Gedanken und sah zur Uhr. Er musste gerade reden…
„Legen Sie die Federn zur Seite und bringen Sie Ihre Arbeiten nach vorn!", sagte er leise und deutlich. „Rubens und Atkinson sammeln die Kessel und die restlichen Hilfsmittel ein. Die anderen können gehen. Stellen Sie sich darauf ein, dass wir die gesamte Doppelstunde am Montag brauen werden, also seien Sie vorbereitet. Ich dulde keine Schlamperei!" Er beobachtete, wie die Hufflepuffs und Ravenclaws hastig ihre Sachen packten und aus seinem Klassenzimmer verschwanden.
Severus stellte sicher, dass das Klassenzimmer aufgeräumt war, keiner etwas vergessen oder gar gefährliche Ingredienzien liegen gelassen hatte. Das kam schon einmal vor, doch er war insgeheim stolz darauf, dass es in seinem Fach noch nie zu einem schwerwiegenden Unfall gekommen war. Außerdem war er eitel und hinterhältig genug, diese Tatsache bei jeder Lehrerkonferenz bestimmten Kollegen unter die Nase zu reiben. Er mochte es, wenn sich Sprout dann so aufregte, dass sie zu stottern anfing.
Die meisten Leute, die sich überhaupt Gedanken über ihn machten, glaubten, dass er das Unterrichten hasste. Sie waren im Irrtum. Lehren war etwas, was ihm lag, und er beherrschte es außerordentlich gut. Was er hasste, waren auch nicht – wie allgemein angenommen – Schüler, die rein von ihrem geistigen Potenzial her dem Stoff nicht folgen konnten. Das war eine Laune der Natur, die er ihnen niemals vorhielt oder je vorhalten würde.
Nein, rasend machten ihn diejenigen, die intelligent genug waren, um Zaubertränke zu begreifen, sich jedoch aus Arroganz, Faulheit oder einfach Desinteresse nie die Mühe machten, sich wirklich damit zu beschäftigen. Ihm war klar, dass nicht jeder seine Leidenschaft für diese Materie teilen konnte, doch er erwartete und forderte, dass sie beherrschten, was er sie lehrte.
Ihm schien, dass die meisten dieser Arroganten, Faulen und Desinteressierten aus Gryffindor stammten, was ihn dazu verleitete, dem Haus der Löwen weitaus mehr Punkte abzuziehen als jedem anderen. Minerva warf ihm vor, noch immer seine Slytherins zu bevorzugen und ihre Babys zu benachteiligen und mit Verachtung zu strafen. Er hätte ihr beinahe ins Gesicht gelacht. Ganz offensichtlich wusste sie nicht, von wem die Briefe stammten, die er jede Woche bekam.
Und er fragte sich, warum Hermione diese Tatsache für sich behielt. Sie war nicht gerade dafür bekannt, aus ihrem Herzen eine Mördergrube zu machen. Hatte sie Angst vor den Reaktionen ihrer Freunde und alten Mentoren, wenn bekannt wurde, dass sie sich ausgerechnet mit ihm angefreundet hatte? Oder schämte sie sich sogar dafür? Er würde sie irgendwann direkt danach fragen müssen.
Severus betrat sein Quartier und entledigte sich der schweren Robe. Darunter trug er nur ein weißes Hemd und eine schwarze, eng anliegende Weste. Das Feuer im Kamin musste Jolly, der Hauself, erst vor kurzem wieder angefacht haben, denn es brannte zwar munter vor sich hin, hatte den Raum aber noch nicht völlig aufgewärmt. Er warf einen Blick zur Decke hoch. Es schneite also noch immer.
Die Decke in seinem Wohnzimmer war genauso verzaubert wie die in der großen Halle, so dass er jederzeit das Wetter um Hogwarts im Auge behalten konnte. Für einen Tränkemeister, der dazu noch im Kerker lebte, war es von großer Wichtigkeit, darüber Bescheid zu wissen, denn es gab dutzende von Kräutern und Tränkezutaten, die nur unter bestimmten Wetterverhältnissen gesammelt werden durften, damit sie ihr magisches Potenzial voll entfalten konnten.
Der dunkle Mann legte seine langen Beine überkreuzt auf dem kleinen Tisch vor dem Kamin ab und öffnete Hermiones Brief.
Severus…
Er schätzte es sehr, dass sie nicht so sentimental wie andere junge Frauen ihres Alters war und alberne Anreden wie Lieber oder Teurer wählte.
Ich habe es geschafft! Ich konnte mit ein wenig Zusatzarbeit und Extralernen am Wochenende die Zwischenprüfung für Alte Runen eher ablegen und hatte daher Zeit, Professor Faulkes anzuschreiben und sie zu bitten, mich in ihren Kurs aufzunehmen. Und was soll ich sagen? Sie hat zugestimmt! Wir sind jetzt seit drei Tagen in Wiltshire und versuchen, die Runen am Opferstein von Stonehenge zu entziffern.
Severus runzelte die Stirn und sah auf das Datum des Briefes. Runen auf dem Opferstein? Davon hatte er noch nie etwas gehört, aber Hermione musste davon ausgehen, dass er es wusste, denn sie erklärte es nicht weiter.
Es ist kein Spaziergang, Severus, das kann ich dir sagen. Ich muss gerade lachen, denn ich kann mir vorstellen, wie du jetzt verächtlich vor dich hinschnaubst und etwas von verweichlichter Gryffindor murmelst.
Tatsächlich hatte er nichts dergleichen getan. Im Gegenteil, wenn er das Wetter hier betrachtete, hoffte er, dass die Bedingungen in Wiltshire um einiges angenehmer waren, doch ihre nächsten Zeilen verwarfen diese Überlegung.
Es schneit pausenlos, der Boden ist gefroren, und es ist hundekalt. Aber andererseits ist das die einzige Jahreszeit, in der man als wissenschaftlicher Zauberer oder Hexe in Stonehenge vernünftig arbeiten kann und lediglich einen kleinen Illusionszauber nutzen muss. In den restlichen Monaten ist das Gebiet ja so von okkultistischen Muggeln überlaufen, dass man keine fünf Minuten ungestört ist. Du glaubst ja nicht, wie wenig sie den Zaun um die Steine herum beachten!
Diesmal schnaubte er wirklich. Muggel, die sich mit Okkultismus beschäftigten, fand er noch lächerlicher als Hexen, die Gilderoy Lockhart für einen Helden hielten.
Es ist auch so frustrierend genug. Was immer wir versuchen, wir können die Runen nicht entziffern. Sie haben keine Ähnlichkeit mit uns bekannten Zeichen. Ich meine, es ist ja nicht so, dass wir hier alles Hohlköpfe wären. Doch sie widerstehen allen logischen Schlussfolgerungen. Ich hatte schon den Verdacht, dass es vielleicht nur eine sinnlose Kritzelei wäre, doch warum sollte sich jemand die Mühe gemacht haben, einen ganzen Felsen mit Runen zu übersäen und sie dann unter einem Ignorierzauber zu verbergen, so dass nur magische Menschen sie überhaupt finden konnten? Und welche Rolle spielen die einzigen zwei tief eingravierten Ritzzeichnungen auf dem anderen Stein, die angeblich Ähnlichkeit mit einem mykenischen Dolch haben sollten?
Jetzt war Severus verwirrt. Wovon sprach die kleine Gryffindor? Er hasste Runen, beherrschte sie zwar, weil er sie für einige Tränke brauchte, doch er hasste sie. Er hatte sich nie mehr mit ihnen beschäftigt, als für seine Studien notwendig waren. Es ärgerte ihn, dass Hermione offensichtlich davon ausging, dass er alles wusste, obwohl es ihn auch gleichzeitig schmeichelte.
Auf jeden Fall, dachte er, würde er heute noch ein ausführliches Gespräch mit Professor Ark, der Lehrerin für Alte Runen, führen müssen. Seine Augenbraue wanderte spöttisch nach oben. So weit war es also schon gekommen – er fing wieder an zu lernen, weil Hermione ihn auf irgendetwas aufmerksam machte.
Ich bin so verdammt müde, Severus, und ich habe das Gefühl, mir wird nie wieder warm. Hast du gewusst, dass nach sechs oder sieben Stunden unbeweglichen Kniens im Schnee jeglicher Wärmezauber seine Wirkung verliert? Ich wusste es nicht. Aber ich will mich nicht beschweren, denn den anderen geht es genauso. Und ich lerne trotz allem immer noch dazu. Du hast mir wirklich einen Gefallen getan, dass du Liz Faulkes auf deine Liste geschrieben hast. Sie ist eine verdammte Koryphäe. Oh, bitte, ziehe mir keine Punkte wegen undamenhaften Fluchens ab – ich meine das wirklich als Kompliment.
Seine Lippen kräuselten sich. So schlimm war er doch nun wirklich nicht, oder? Und dann lachte er leise. Und ob er das war, er konnte sich an eine ähnliche Situation erinnern, in der er ihr genau wegen dieser Wortwahl bewusst Punkte abgezogen hatte, nur um sie zu ärgern.
Die nächste Zeile begann mit einem etwas verwischten Klecks, als hätte sie gezögert, überhaupt etwas zu schreiben.
Interessierst du dich eigentlich für Gruselgeschichten, Severus? Wir sind in der Nähe von Avebury untergekommen, in einer abgeschiedenen Herberge, in der außer uns niemand weiter lebt. Avebury ist eine Ortschaft etwa 25 Meilen von Stonehenge entfernt, ebenfalls von Steinkreisen umgeben. Jedenfalls, der Mann, der jeden zweiten Tag vorbeikommt und uns Essen bringt und fragt, ob alles in Ordnung ist, hat uns gestern Abend eine seltsame Geschichte erzählt. Er hält uns übrigens für Wetterforschungs- und Geologiestudenten.
Und er meinte, dass es ihm gar nicht so recht wäre, dass wir uns hier allein aufhielten. Wir entgegneten lachend, wir wären ja nicht allein, immerhin sind wir sieben Zauberer und Hexen. (Na ja, letzteres sagten wir nun gerade nicht, aber du weißt schon, was ich meine). Doch er war immer noch besorgt und erzählte uns während des Abendessens, dass schon immer rund um Stonehenge und Avebury Menschen spurlos verschwunden wären. Vor mehreren hundert Jahren soll sich sogar einmal eine ganze Söldnertruppe in nichts aufgelöst haben!
(Hätte ich auch gemacht, wenn ich Söldner wäre, dachte Severus skeptisch.)
Brickley, also unser Herbergsvater, behauptete, all diejenigen, die so verschwanden, seien zuletzt bei den hängenden Steinen gesehen worden. Er hat das ganz nett erzählt, so richtig mit gesenkter Stimme und vorsichtig umherschauen und so, eine richtige Gruselgeschichte eben. Du wirst mich bestimmt gleich wieder auslachen, aber für einen Moment hatte ich tatsächlich das Gefühl, er glaube seinen eigenen Blödsinn.
Du siehst schon, ich bin so müde, dass ich noch mehr plappere als sonst. Die anderen sind auch schon alle im Bett, außer Liz Faulkes, unsere Professorin, die sich gerade ihre Stiefel anzieht, um ihren üblichen Abendspaziergang zu machen. Ehrlich mal, ich weiß nicht, wo sie dazu noch die Energie hernimmt, aber so ist sie eben.
Ich wünsche dir eine gute Nacht, Severus!
Hermione
Severus las den Brief ein zweites Mal. Es war das typische Geplauder der kleinen Gryffindor, doch etwas beunruhigte ihn daran. Vielleicht, weil sie einfach in Wiltshire weilte? Er kannte die Grafschaft ganz gut; hatte er doch einen großen Teil seiner Ferien in der Nähe von Avebury verbracht. Doch damals hatte er nie Gerüchte darüber gehört, dass irgendwer dort einfach verschwunden war.
Er stand auf und verließ sein Quartier. Es war kurz vor dem Abendessen, doch es war nicht der Hunger, der ihn hinaustrieb. Das Büro von Aurelia Ark, der Professorin für Alte Runen, lag direkt in der Mitte des Astronomieturmes. Seit dieser einen Nacht vor fünf Jahren war Severus nie mehr ganz oben gewesen und er vermied es im Allgemeinen völlig, den Astronomieturm zu betreten, doch er wollte und musste ein paar Dinge in Erfahrung bringen.
Unbehaglich klopfte er an die schwere Tür, die sich in nichts von seiner Bürotür unterschied. „Komm herein!", erklang die sanfte Stimme seiner Kollegin. „Severus!", sagte sie erstaunt, als sie ihn erkannte. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn je hier gesehen zu haben, und er sprach nur selten mit ihr und dann auch nur über schulische Angelegenheiten.
Er lehnte sich an den Türrahmen und runzelte die Stirn. „Ich weiß, es ist gleich Dinnerzeit, aber könntest du mir vorher ein paar Fragen beantworten?"
Aurelia erhob sich und wies auf eine Sitzecke. „Natürlich. Möchtest du einen Tee?"
Severus schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde dich nicht länger aufhalten als notwendig. Erzähl mir alles, was du über Stonehenge und die Runen, die dort auf einem der Steine gefunden wurden, weißt."
Sie blinzelte irritiert. „Stonehenge?" Er nickte, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich in dem Sessel zurück. „Möchtest du die lange oder die kurze Version?"
„Ich denke, ich werde auch die kurze verstehen", murmelte der Tränkemeister.
„Na schön. Stonehenge gilt als das berühmteste prähistorische Bauwerk und gehört zur megalithischen Ära, die in eine Zeit von etwa 4000 bis 1500 vor Christus einzuordnen ist. Es gibt tausende dieser Steinkreise in ganz Europa, obwohl es weder in der Muggel- noch in unserer Welt wirklich überzeugende Theorien gibt, warum wer und wann genau diese Steinkreise errichtet hat.
Allerdings ist man sich unter uns Zauberern ziemlich sicher, dass, wer auch immer sie errichtet hat, ebenfalls magisch begabt gewesen sein muss, weil es in der vormaligen Zeit keine Technik gab, mit der man diese tonnenschwere Steine über so weite Gebiete hätte transportieren können. Du weißt sicherlich, dass einige der Stonehengesteine aus Material bestehen, die aus dem Norden Englands stammen?"
Das wusste Severus zwar nicht, aber es spielte im Moment für ihn auch keine Rolle. Er nickte ihr aufmunternd zu. „Und weiter?"
„Die Muggel glaubten lange Zeit, dass Druiden Stonehenge erbaut haben, obwohl das eine nicht haltbare Theorie ist."
„Nein?"
„Nein. Sieh mal, die Kelten kamen erst um 500 vor Christus nach Britannien. Die Druiden waren ihre – na, wie soll ich es sagen – ihre Schlaumeier, ihre Stammesweisen."
„Können wir davon ausgehen, dass die Druiden Zauberer waren?", fragte Severus, der sich langsam für dieses Thema erwärmte.
„Nicht unbedingt. Einige waren es mit Sicherheit, denn wir wissen ja von Brennus, dem Weisen, dass er ein Zauberer war, aber andere waren tatsächlich normale Muggel, die sehr viel mehr Wissen besaßen als die einfachen Menschen ihrer Zeit. Aber kommen wir zurück zu Stonehenge. Obwohl die Druiden eine Schrift besaßen und auch das Runenalphabet kannten, haben sie nur wenige Aufzeichnungen über die Steinkreise hinterlassen und wenn, handelt es sich ausschließlich um Warnungen."
„Warnungen?", wiederholte Severus erstaunt.
„Genau das." Aurelia sah ihn ernst an. „Die wenigen erhaltenen Pergamente der Druiden enthielten immer nur Warnungen und zwar derart, dass sich niemals jemand wagen sollte, den Steinen zu nähern. Man sollte sie nicht versetzen, behauen, entfernen oder in jeder anderen Form verändern, ja, man sollte es sogar vermeiden, sie zu berühren."
Die Runenkundlerin stand auf und ging zu einem Regal, dem sie einen dunkel angelaufenen Lederband entnahm. „Sieh mal hier, Severus." Sie deutete auf eine Zeichnung. „Das ist ein Holzschnitt der Muggel aus dem 12. Jahrhundert. Kannst du die Schrift unter der Zeichnung lesen?"
Severus nahm ihr das alte Buch vorsichtig aus den Händen. Auf dem Bild waren ganz eindeutig die großen Felsblöcke zu erkennen, um welches sich Druiden versammelt hatten, die Bauern und andere einfache Leute daran hinderten, den Steinen zu nahe zu kommen. Er runzelte die Stirn, als er langsam die in alter Schrift gedruckte Warnung las.
niht berur der steine körper, niht sult ir nahen iu.
de schwarze bose ist in ene und gebez niht in ru.
so niht missetout an ene und niht da suochen wil.
de bose erden unten de steine bringen de leides vil.
„Das schwarze Böse?", fragte er zweifelnd. „Was ist damit gemeint? Schwarze Magie?"
Seine Kollegin zuckte mit den Schultern. „Seit Jahrhunderten versuchen Runenkundler, das herauszufinden. Gerade im Moment ist wieder eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Simba Faulkes in Avebury und versucht sich unter anderem wieder daran."
„Simba Faulkes? Ich dachte, sie heißt Liz?"
Aurelia lachte. „Simba – komm schon, Severus, du weißt schon, Simba wie Löwin."
Dem Tränkemeister dämmerte es. „Ach, nein. Die Rede ist von Elizabeth Faulkes? Verdammt, ich kenne sie. Sie war zwei oder drei Jahre unter mir." Sein Mundwinkel verzog sich. „Gryffindor natürlich." Und ausgerechnet sie habe ich auf die Liste geschrieben, dachte er spöttisch.
„Wie nachlässig von ihr, hm?", neckte ihn Aurelia, doch er beschäftigte sich bereits wieder mit dem Text.
„Na schön, man soll sich also nicht an ihnen versündigen und nicht versuchen herauszufinden, was mit ihnen los ist. Aber was, bei Merlin, bedeutet die böse Erde unter den Steinen?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, wirklich. Es ist auch nicht gerade mein Fachgebiet. Außerdem wolltest du doch etwas über die Runen wissen, oder?"
Severus nickte. „Genau. Erzähl mir etwas darüber."
„Sie wurden erst vor knapp achtzig Jahren zufällig entdeckt. Und jetzt rate von wem?"
„Merlin, woher soll ich das wissen?", blaffte Severus, hielt jedoch gleich darauf als Zeichen seiner friedlichen Gesinnung seine Hände hoch. „Mach einfach weiter."
„Von Aberforth Dumbledore, der zusammen mit einigen – ich sage jetzt mal nicht Saufkumpane, obwohl es das am besten treffen würde – dort eine Nacht mit… feiern verbrachte."
Severus zuckte die Schultern. „Er war zu dem Zeitpunkt noch jung. Wer wäre ich, ausgerechnet den ersten Stein zu werfen? Wieso wurden die Runen erst da entdeckt?"
„Sie waren mit einem Ignorierzauber verborgen und wurden nur entdeckt, weil sich Aberforth genau vor ihnen bei einem ihrer Spielchen mit dem Ignorierzauber verbarg, sich jedoch so dämlich anstellte, dass einer seiner Freunde ihn enttarnte – und die Runen gleich dazu."
„Und sie sind nur auf dem Opferstein? Sind die anderen Steine sorgfältig abgesucht worden?"
Aurelia seufzte. „Natürlich sind sie das, Severus. Aber sie sind nur an dem so genannten Opferstein. Er heißt auch nur so, weil irgendwer irgendwann dem Kind einen Namen geben wollte. Es ist nicht bewiesen oder irgendwie überliefert, dass tatsächlich mal jemand darauf geopfert wurde, man hat nie Anzeichen von Blut gefunden. In Bezug auf Stonehenge tappen wir völlig im Dunkeln."
„Hm", brummte er und wollte gehen. Dann fiel ihm noch etwas ein. „Weißt du etwas über die angebliche Ritzzeichnung eines mykenischen Dolches?"
Sie lächelte. „Gehört habe ich davon, ja. Jetzt ist natürlich die Eine-Million-Galleonen-Frage, was ein mykenischer Dolch oder die Zeichnung davon auf einer Insel zu suchen hat, die mit der griechischen Bronzezeit ungefähr so viel zu schaffen hat wie du mit den Gryffindors?"
Severus rieb sich nachdenklich das Kinn und sah noch einmal auf die alte Zeichnung des Steinkreises in dem Buch, bevor er aufstand und Aurelia zunickte. „Danke, dass du dir die Zeit genommen hast." Er deutete eine knappe Verbeugung vor ihr an und verließ das Büro.
Er mochte die gemeinsamen Essen in der Großen Halle nicht und verzichtete oft so lange darauf, bis Minerva ihm irgendwelche Gemeinheiten androhte. Schon als Kind hatte er den Weg zur Küche mit verbundenen Augen gekannt, und er saß oft hier, ließ sich von den Hauselfen verhätscheln, von denen nicht wenige seit dreißig Jahren der Meinung waren, er sei viel zu dünn und lauschte ihrem Geplapper.
So hatte er schon mehr Klatsch und Tratsch und von manch geplantem Streich gehört als jeder andere Lehrer auf Hogwarts. Die Küche war riesig, mindestens so groß wie die Große Halle, und alle Hauselfen, die entweder hier oder gerade woanders nichts zu tun hatten, versammelten sich darin. Severus saß immer stumm in einer Ecke, aß langsam und lauschte ihnen. Sie schenkten ihm genauso wenig Beachtung wie zu der Zeit, als er ein Kind war, höchstens, dass ab und zu einer von ihnen vorbeikam, sein Knie tätschelte und versuchte, ihn zu mehr Essen zu bewegen.
Er mochte es in der Küche. Es war warm, er war nicht so allein wie in seinem Quartier, musste aber auch nicht hunderte von Schülern und das oftmals geistlose Geschwätz seiner Kollegen ertragen. Dumbledore hatte ihn immer gefunden; Minerva wusste offensichtlich nicht einmal, dass er hierher kam.
Und doch war in ihm eine innere Unruhe, die er nicht zu fassen bekam. Er hatte ein ungutes Gefühl, und es hing mit Hermiones Brief zusammen. Als Jolly das dritte Mal vorbeikam, um ihm einen Mandelpudding anzubieten, hielt er ihn fest. „Was wisst ihr Hauselfen über Stonehenge?", fragte er leise.
Ein kurzes Schaudern ging durch Jollys schmächtigen Körper. „Es ist ein schönes, altes Bauwerk", antwortete er langsam.
Severus beugte sich vor und starrte ihn an. „Jolly…", knurrte er. „Ich weiß, dass du nicht lügen kannst. Was ist mit Stonehenge?"
Der kleine Kerl kniff ängstlich die Augen zusammen und fing an, seinen Kopf zu schütteln. „Jolly weiß nichts. Nur, dass da etwas Böses ist. Nein, nein, Jolly ist böse. Jolly ist ein böser, böser Hauself!" Er nahm eine Schöpfkelle von der Wand und schlug sie sich so heftig gegen den Kopf, dass er blutete. Mehrere Hauselfen schrien auf und eilten auf ihn zu, und Severus riss ihm die Kelle aus der Hand.
„Jolly, um Merlins Willen, beruhige dich!", zischte er. „Du bist ein guter Hauself, hörst du? Ein guter Hauself!"
Jolly zitterte und starrte ihn mit tennisballgroßen Augen an. „Es ist gut", versuchte Severus ihn zu beruhigen. „Ich werde nicht mehr fragen, verstehst du? Es ist alles in Ordnung." Er sprach zu ihm wie zu einem Kleinkind – wenn er denn je mit einem Kleinkind gesprochen hätte. Die Hauselfen um ihn her blinzelten verängstigt.
Das gab ihm zu denken. Um sie nicht noch mehr zu verunsichern, verließ er die Küche und machte sich langsam auf den Weg in den Kerker. Jolly war ein Hauself, der seit Jahren sein Quartier aufräumte und seine Launen ertrug. Er war weniger schüchtern als die anderen, zumindest was seinen Umgang mit dem Tränkemeister anging. Nicht selten bestand er energisch darauf, dass Severus endlich etwas aß, seine Arbeit im Labor unterbrach oder sich schlafen legte.
Und doch hatte er plötzlich solche Angst gehabt, dass er auf eine simple Frage hin anfing, sich selbst zu bestrafen. Das war interessant. Solches Verhalten zeigten Hauselfen nur, wenn sie jemanden verpflichtet waren, aber einem anderen die Wahrheit sagen sollten, wollten oder mussten.
Tatsache war jedoch, dass die Hauselfen Hogwarts verpflichtet waren und somit hätte der Beantwortung seiner Frage nichts im Wege gestanden. Severus blieb stehen und fuhr sich durch die Haare. Hogwarts war alt, über 1000 Jahre. Doch Stonehenge war um viele tausend Jahre älter. Konnte irgendeine Art Urinstinkt, vielleicht die Erinnerung an eine böse Macht, die Hauselfen so verängstigen?
Er beschloss, dass er sich nicht mehr weiter damit beschäftigen würde. Was, zum Teufel, gingen ihn schließlich irgendwelche Mysterien um hängende Steine oder Runen an? Er hatte sich von Gruselgeschichten beeinflussen lassen, was bedeutete, dass er wohl langsam alt und weich wurde. Severus schüttelte über sich selbst den Kopf.
Alles, was mit Hermione zu tun hatte, schien Ärger anzuziehen, das war der einzige Grund, warum er sich Sorgen machte. Aber warum machte er sich eigentlich Sorgen um eine Gryffindor? Sie war bereits ein großes Mädchen und eine der fähigsten Hexen, die er je gekannt hatte. Sie würde selbst auf sich aufpassen können.
Mit diesem Gedanken betrat er wieder sein Wohnzimmer, wo ihn ein aufgeregtes Klopfen empfing. Das Klopfen ertönte von dem einzigen Fenster in seinem Quartier, einer kreisrunden Luke, die sich am anderen Ende seines Zimmers befand. Selbst Severus, der nicht gerade klein war, musste sich strecken, um sie zu öffnen.
Ein Vogel schoss so schnell herein, dass er kaum mehr als einen flüchtigen Blick auf ihn erhaschen konnte, als er das Fenster wieder schloss. Er drehte sich herum und streckte seinen Arm aus. Ein dunkelbrauner Falke landete auf ihm und streckte seinen Fuß vor. Severus runzelte die Stirn. Falken wurden nur äußerst selten benutzt, um Briefe zu verschicken. Der Absender dieser Nachricht hatte sicherstellen wollen, dass der Brief in höchster Geschwindigkeit ankam, denn Wanderfalken waren die schnellsten Vögel der Welt.
Der Tränkemeister strich dem Falken sanft über die Federn, bevor er vorsichtig das versiegelte Pergament von seinem Bein löste. Seine Augenbraue wanderte fragend empor, als er die Schrift erkannte. Hermione. Er rollte die Nachricht auf.
Severus,
Liz Faulkes ist seit gestern Abend verschwunden. Wir haben sie heute schon den ganzen Tag gesucht, auch Eulen geschickt, doch die Vögel kreisten nur einmal kurz über uns, bevor sie wieder landeten. Sie wissen nicht, wo Liz ist! Wir haben das örtliche Aurorenbüro und die magische Eingreiftruppe benachrichtigt, doch die meinten nur, bevor nicht mindestens zwei Tage vergangen seien, könnten sie nichts unternehmen.
Ich habe ein mulmiges Gefühl, nenn es eine Vorahnung, wenn du so willst. Lach mich nicht aus, aber ich fürchte, dass sie in Gefahr ist. Ich muss ihr helfen, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll zu suchen. Gib mir einen Rat, Severus, ich bitte dich!
Hermione
Er knirschte mit den Zähnen. Er hatte gewusst, dass sie Ärger anziehen würde, aber so schnell? Und jetzt wollte sie sich auch noch allein auf eine höchst unsichere Suche begeben. Nach dem, an was er sich aus seiner Schulzeit an Elizabeth Faulkes erinnerte, war sie niemand, der sich mal eben, ohne eine Nachricht an jemanden zu hinterlassen, absetzte.
Und wenn man all die Fakten über Stonehenge, die er heute erfahren hatte mit der Tatsache, dass wohl oft Leute in der Gegend verschwanden, kombinierte, konnte er sich nicht vorstellen, dass Hermiones Professorin aus einem profanen Grund fort war. Etwas war im Gange und die kleine Löwin steckte schon wieder mittendrin.
Verdammt, verdammt, verdammt.
Es war nach neun Uhr abends, aber er war sich sicher, dass die Direktorin noch in ihrem Büro zu finden sein würde. Er wurde nicht enttäuscht. „Herein", ertönte ihre trockene Stimme.
Severus betrat das Büro. „Ich brauche Urlaub, Minerva, sofort", sagte er ohne weitere Einleitung.
„Es ist spät und außerdem unüblich für dich, Witze zu reißen", antwortete McGonagall, ohne den Blick von irgendwelchen Papieren zu nehmen.
Der Tränkemeister durchquerte mit großen Schritten den Raum, stützte sich mit beiden Händen auf ihrem Tisch ab und sagte außerordentlich leise: „Ich scherze nicht. Es ist äußerst wichtig, dass ich sofort aufbreche. Ein Freund von mir ist sehr wahrscheinlich in Gefahr."
Jetzt hatte er ihre Aufmerksamkeit. Behutsam ließ sie das Pergament, in welchem sie gerade gelesen hatte, sinken. „Ich wusste gar nicht, dass es jemanden gibt, der dir so wichtig ist, dass du alles stehen und liegen lässt, um an seine Seite zu eilen, wenn er dich braucht", bemerkte sie genauso leise wie er.
Seine Augenbraue schoss nach oben. „Und? Bist du jetzt erschüttert, weil du erkennst, dass selbst ich menschliche Regungen besitze?"
„Wer ist es?", fragte Minerva.
„Das spielt überhaupt keine Rolle", schnarrte er.
Die Schulleiterin schüttelte den Kopf. „Du verlangst von mir mitten im Schuljahr – noch mehrere Wochen von den Ferien entfernt und kurz vor den Halbjahresprüfungen – dich einfach so auf deine Forderung hin gehen zu lassen? Wie stellst du dir das vor? Wie lange gedenkst du denn Urlaub zu machen? Was soll ich den anderen sagen, wenn sie es sich auch plötzlich anders überlegen und der Meinung sind, sie bräuchten unbedingt jetzt eine Pause? Und kannst du mir bitte verraten, wen ich auf die Schnelle als deinen Vertreter aus dem Hut zaubern soll?"
„Es ist mir egal, was die anderen denken, und du kannst Slughorn kurzzeitig für mich einsetzen. Und du weißt genau, dass ich keinen Urlaub brauche. Ich muss jemandem helfen, in dessen Schuld ich stehe. Bist du jetzt zufrieden?"
„Sag mir den Namen, und ich lasse dich gehen, Severus!", fauchte Minerva.
„Verdammt noch mal! Es ist Hermione Granger, dein Lieblingslöwenbaby! Bist du nun zufrieden?" Severus war außer sich vor Wut. Musste die alte Schnüfflerin denn so fürchterlich penetrant sein?
Ihre Augen wurden groß. „Oh, Merlin!", hauchte sie. „Sie hat die Lebensschuld von dir eingefordert?"
Lebensschuld? „Wovon redest du, Minerva?", fragte Severus misstrauisch. Natürlich wusste jeder, dass er in Grangers Schuld stand, weil sie für ihn letztes Jahr gebürgt hatte, als man ihn des Mordes beschuldigt hatte. Doch eine Lebensschuld konnte nur bestehen, wenn jemandem das Leben gerettet wurde. Und da Severus unschuldig war, bestand zwischen ihnen ein einfaches Schuldverhältnis, zumal noch eines, welches Hermione nie einfordern würde, da sie solche magischen Geflogenheiten ablehnte.
Minerva wurde bleich, und Severus' Gedanken rasten. Es bedeutete, sie hatte sich verplappert und das wiederum bedeutete, dass es etwas gab, was sie über ihn wusste, ihm aber nicht mitteilen wollte. Sein Gesicht wurde völlig ausdruckslos, als er sich noch näher zu seiner Vorgesetzten beugte.
„Lebensschuld, hm?", flüsterte er bedrohlich. „Ich dachte, Medimagier hätten mir damals das Leben gerettet, aber so war es nicht, richtig? Es war Granger, die zur Heulenden Hütte zurückkehrte und mich auf ihre ganz eigene, sture Weise wieder zurückholte? Ich hätte es mir denken sollen… ich war ein Idiot. Warum hast du es mir nie gesagt?"
Seine alte Professorin, Mentorin, Kollegin und fast Vertraute, schloss die Augen und holte tief Luft. „Sie wollte es nicht. Hermione. Du kennst sie doch. Sie wollte nie, dass du es erfährst und glaubst, in ihrer Schuld zu stehen. Sie sagte, das würde dich in den Wahnsinn treiben, weil du sie verabscheust." Ihre Augen öffneten sich und musterten ihn mit raubvogelhafter Schärfe. „Aber das tust du überhaupt nicht, oder? Du hast von einem Freund gesprochen, dem du helfen müsstest, und du hast völlig ernst geklungen."
„Ich bin ein geborener Lügner, Minerva", sagte Severus sanft.
„Nein, bist du nicht, Severus. Ich weiß, dass du nicht gelogen hast. Du kannst morgen nach dem Unterricht gehen. Ich werde einen Ersatz für dich finden. Und bitte…" Sie sah ihn schon fast flehend an. „Sag es ihr nicht. Sag ihr nicht, dass du es weißt."
Aber das tue ich, dachte er wütend und beschämt. Und ich stehe in ihrer Lebensschuld. Fast wäre es ihm lieber gewesen, wenn er es nicht gewusst hätte.
Wortlos wandte er sich um und ging zur Tür. Minervas Stimme hielt ihn zurück. „Was hättest du getan, wenn ich dir die Erlaubnis verweigert hätte, Severus?"
Er drehte sich wieder um, die schwarzen Augen kalt und entschlossen. „Dann hätte ich gekündigt. Einen schönen Abend noch, Direktorin!"
SSHGSSHG
niht berur der steine körper, niht sult ir nahen iu.
de schwarze bose ist in ene und gebez niht in ru.
so niht missetout an ene und niht da suochen wil.
de bose erden unten de steine bringen de leides vil.
***
Berührt nicht der Steine Körper und nähert euch ihnen nicht.
Das schwarze Böse ist in ihnen und gibt keine Ruhe.
So vergreift euch nicht an ihnen und sucht dort nichts.
Die böse Erde unter den Steinen bringt (euch sonst) viel Leid.
(Zugegeben, wirklich toll klingt das im modernen Deutsch nicht! ;D)
Liz Faulkes beruht auf einer tatsächlich existierenden Person, die ich schrecklich gern habe und der ich viel verdanke. Simba ist der Swahili-Ausdruck für Löwe/Löwin.
