Beyond the seaside

„Ich habe einen Traum,

gelegen durch Zeit und Raum,

zu ändern was einst geschah,

drum mache ich es wahr,

bring mich nach Haus, mach mich frei,

bring mich nach Haus, zu den mächtigen Drei!"

„Chris, hinter dir!"

Der Dämon hatte sich gerade hinter den jungen Wächter des Lichts teleportiert und seinen Energieball aufgeladen.

„Beam dich weg!", befahl Piper, doch es war zu spät. Der Dämon feuerte seine leuchtende Blitzkugel ab und Chris wurde durch die Luft geschleudert. Unsanft landete er auf dem alten Tisch unter der Treppe, die zu den oberen Stockwerken führte. Das dunkle Holz zersplitterte in tausend Teile und der Wächter des Licht blieb bewusstlos und mit blutendem Rücken liegen. Sofort lud der Dämon seine Energiekugel nach und feuerte, doch Piper ließ die Blitze in der Luft explodieren und versetzte mit einem zweiten Schub ihrer Zauberkraft den Dämon einen Schlag, der ihn durch die Luft einige Meter nach hinter schleuderte.

„Warum ist er nicht explodiert!", schrie Piper, doch es war niemand da um sie zu hören. Paige war mit Wyatt geflohen, als die Bande von 3 Dämonen angegriffen hatte, und Leo war unterwegs zu Phoebe. Doch Piper hatte keine Zeit mehr um auf ihre Schwestern zu warten. Schnell ließ sie Chris erstarren, damit er nicht an dem offenen Rücken sterben konnte, dann richtete sie ihre Konzentration wieder auf den Dämon. Die junge Frau machte ein paar Schritte vorwärts, immer bereit ihre Magie zu nutzen, doch der glatzköpfige Dämon blieb regungslos liegen. Er trug lange Gewänder und mehrere okkulte Symbole auf seiner Kleidung. Typisch, wie sich die Hexe dachte. Jede Menge dämonischer Zeichen, um die Macht des Guten zu schwächen und die Macht des Bösen zu stärken, doch die meisten waren nur Schmuck. Nur ein Zeichen machte ihr Sorgen: Ein verschlungenes Symbol, das dem Zeichen der Macht der Drei verteufelt ähnlich sah. Es befand sich auf der Stirn des Dämons, eingebrannt und anscheinend nie richtig verheilt. Plötzlich wurde Piper aus ihren Gedanken gerissen. Die zwei anderen Dämonen, die sich weggebeamt hatten, tauchten neben der Hexe auf und hielten ihre Hände fest, damit sie ihre Zauberkräfte nicht nutzen konnte. Wie auf Kommando erhob sich der am Boden liegende Dämon ohne ein Muskelzucken. Ein grausames Lächeln lag auf seinen Lippen und er bündelte wieder einen Energieball, doch dieses mal nicht mit einer, sondern mit zwei Händen. Immer größer und konzentrierter wurde das Bündel aus Blitzen, und Piper konnte sich nicht befreien, egal wie sehr sie sich wehrte.

„Das war's dann wohl, Hexe.", sagte der Dämon und schleuderte die Unmenge an dämonischer Energie auf die junge Frau. Das war's dann wohl wirklich, dachte sich Piper, doch mitten im Flug wurde die riesige Energiekugel weggebeamt und tauchte hinter dem Dämon auf, der sofort in einem Flammenmeer den Weg in die Hölle antrat. Die beiden anderen Dämonen schrieen ebenfalls auf und ließen von Piper ab, die sofort nach vorne eilte, wo sich Paige gerade manifestierte. Sie trug den kleinen Wyatt auf dem Arm.

„Paige! Gott sei dank...", seufzte Piper und griff sich ihren Sohn, der sie mit leuchtenden Augen ansah. Die beiden übriggebliebenen Dämonen standen immer noch schreiend da ohne auch nur die kleinste Anstalt zur Flucht oder Angriff zu machen.

„Was ist mit denen?", fragte Paige.

„Sieh dir ihre Stirn an! Das Zeichen glüht!", sagte Piper und hielt ihren Sohn fest in den Armen. Tatsächlich glühte das Symbol, das dem der Schwestern so ähnlich sah, auf den Stirnen der Dämonen und sie schienen ihnen große Schmerzen zu bereiten.

„Lass sie explodieren!", schlug Paige vor, doch Piper winkte ab.

„Es hat schon vorhin nicht funktioniert, und ich fühle mich so schwach..."

Paige sah ihre Schwester besorgt an. Ganz plötzlich hörten die Dämonen wieder auf zu schreien und zwischen ihnen leuchtete das Symbol, das sie auf ihren kahlen Köpfen trugen, mitten in der Luft auf und der eben vernichtete Dämon erschien.

Den beiden Hexen blieb die Luft weg, und sie gingen einige Schritte zurück. Der gerade erschienene Dämon grinste sie wieder an und alle Drei fingen an ihre Energiebälle auf die Schwestern und Wyatt abzufeuern. Doch Nichts traf die Hexen. Die Blitze prallten an dem magischen Schild, das Wyatt aufgespannt hatte, ab.

Die Dämonen ließen ab. Der Junge ließ das Schild verschwinden, und eine angespannte Stille machte sich breit. Sowohl die Dämonen, als auch die Hexen warteten auf einen günstigen Augenblick, doch nichts geschah.

„Warum belassen wir es dieses mal nicht bei einem Unentschieden?", spottete der mittlere Dämon und die Drei teleportierten sich weg.

Paige und Piper entspannten sich etwas, doch sie wussten, dass die Dämonen auch nur tricksen könnten.

„Wyatt, Gefahr!", sagte Piper, und ihr Sohn spannte sein blau leuchtendes Schild auf. Für ihn war das alles nichts wirklich neues.

„Leo!", schrie Piper dann. Chris lag immer noch erstarrt auf dem Boden. „Leo!"

Nach einer Weile regte sich etwas, und Leo und Phoebe erschienen neben dem verletzten Wächter des Lichts.

„Heil ihn!", befahl Paige ohne sich aus Wyatts Schild zu wagen. Der Älteste regierte sofort und kniete sich über Chris. Die Starre wurde aufgehoben und ein sanftes, heilendes Licht strömte aus Leos Händen, das die Wunde und die verbrannte Kleidung zuwachsen ließ.

Piper winkte sofort Phoebe in den Schild und klammerte sich an ihren Arm. Diese sah ihre große Schwester verwirrt an. Zwar fühlte sie sich auch seltsam geschwächt, aber deswegen gleich in Wyatts Schild zu bleiben, schien ihr sehr übertrieben.

„Was ist los?", fragte sie dann.

„Sie können sich regenerieren!", sagte Paige und kramte einen Zettel aus ihrer Hosentasche.

„Das sollte reichen!". Plötzlich teleportierten sich die drei Dämonen hinter den Schwestern und feuerten wieder ihre Energiebälle ab, doch nichts drang durch Wyatts Schild.

„Piper!", schrie Paige und ihre Schwester reagierte. Sie versuchte die kahlen Dämonen einzufrieren, doch nichts geschah. Nur ein noch breiteres Grinsen erschien auf ihren Gesichtern. Die Dämonen legten ihre Hände zusammen und sofort schoss ein gleißend blauer Blitzstrahl aus ihnen. Die Energiewelle prallte auf Wyatts Schild und der Junge fing an zu weinen. Es schien unglaublich anstrengend für ihn als Baby zu sein, so einer Macht standzuhalten.

„Los jetzt!", befahl Phoebe und die Mächtigen Drei setzten an:

„Dämonenbrut aus Blitzen geboren,

eure Macht nun für immer verloren,

brennt im Höllenfeuer für alle Zeit,

denn die Macht der Drei ist gegen euch gefeit!",

lasen die Hexen und bereiteten sich auf eine Explosion der Dämonen vor, doch nichts geschah. Die drei Angreifer blieben völlig unberührt von dem Zauberspruch. Sofort stockte den Hexen der Atem. Wyatt schrie immer lauter und sein Schild schien zu schwinden.

„Los haut ab! Paige, beamt euch auf den Dachboden!", befahl Leo. Er hatte Chris gerade zu Ende geheilt und nichts war von der Wunde zu sehen. Sofort gehorchten die Hexen und Paige beamte sie hoch auf den Dachboden. Eine Weile hielt Wyatts Schild den Energiestrahl noch ab, doch dann verschwand das Energiefeld und der Blitz schoss nach vorne. Leo konnte sich gerade noch mit Chris in Sicherheit teleportieren, als der Strahl die komplette Wand aufriss.

Die Dämonen lachten laut. Sie waren sich ihrem Sieg über die Mächtigen Drei sicher. Sie wollten ihr Werk vollenden und teleportierten sich ebenfalls nach oben.

Kaum waren die Hexen oben angekommen rannte Phoebe zu einer kleinen Kiste und schmiss die dort gelagerten Kristalle einfach hinter sich. Paige fing sie magisch auf und hielt sie in der unmanifestierten Form, während sich Piper, ihren Sohn fest im Arm, konzentrierte und darauf wartete, dass die Dämonen auftauchten. Leo war gerade mit dem, immer noch bewusstlosen Chris erschienen, als die drei Dämonen auftauchten. Noch bevor sie mit ihren Energiebällen losfeuern konnten, schoss Piper los. Sie versuchte die Dämonen explodieren zu lassen, doch leider gelangen ihr nur einige oberflächliche Explosionen die, die Dämonen nur etwas torkeln ließen. Wyatt schrie weiter in ihren Armen, und plötzlich beamte er sich und seine Mutter weg. Die Dämonen waren kurz überrascht, doch sie fingen sich schnell wieder und luden ihre Energiebälle auf. Kurz bevor sie, sie abfeuern konnten, beamte Paige die Kristalle in einem Kreis um die Dämonen und, mit einem kreischenden Geräusch, schloss sich eine Energiepyramide um die Angreifer, die sofort aufschrieen.

Paige entspannte sich, genau wie Phoebe. Durch diese Macht konnten selbst alle drei Dämonen zusammen nicht entkommen.

Phoebe schnaufte und stand auf. Sie lockerte ihre Arme und sah zu Leo, der gerade einige kleinere Schrammen von Paige heilte. Neben ihr erschien Piper mit ihrem Sohn, die nach einer kurzen Angespanntheit die Lage erkannte und ebenfalls ruhiger wurde.

„Warum hat der Zauberspruch nicht funktioniert?", fragte Phoebe und verschränkte die Arme.

„Ich weiß es nicht, vielleicht lag es am Spruch selbst?", sagte Paige und stand auf.

Piper winkte ab. Der Spruch war in Ordnung, und nach einer Weile erkannte sie, was wirklich der Grund war. Kreidebleich sah sie zuerst zu Paige, die erst langsam zu verstehen begann, dann zu Phoebe. Leo stand auf und sah auf seine Ex-Frau, die starr und trüb auf den Einband des Buches sah.

„Was ist los!", fragte er. Keine Reaktion.

„Piper, was ist los!", schrie er sie schon fast an. „Warum hat der Zauber nicht funktioniert!"

Erst jetzt reagierte Piper, und man konnte sehen, wie sie ihren Sohn stärker an sich presste.

„Weil es die Macht der Drei nicht mehr gibt."

„Was!", blaffte er und stürzte zum Buch, um selbst kreidebleich zu werden. Er sah auf den schwarzen Einband des alten Buchs, und dort, wo das Emblem der Macht der Drei sein sollte, waren nur drei Ellipsen. „Ihr" Symbol, hatte sich gelöst.

„Was? Was ist mit dem Buch los!", fragte er und sah seiner Ex-Frau in die Augen. „Ist es ein böser Zauber!"

„Nein.", sagte Phoebe, „Dieses Zeichen ist unser Symbol, es zeigt die Macht der Drei, und es hat sich bisher nur wenige Male gelöst."

„Damals, als ein Dämon die Wut gegen uns selbst geschürt hatte, bis wir unsere Magie gegen uns einsetzten...", begann sie, dann und Piper fuhr fort.

„Und als Prue gestorben war."

Leo verstand zwar den Schock über den Verlust der Macht, aber er verstand nicht, warum es so entsetzlich war, schließlich hatten sie schon viel schlimmeres überstanden.

„Und was, wenn es wieder ein Dämon war!"

„Wir haben seit damals nie mehr unsere Magie direkt gegen uns eingesetzt.", sagte Phoebe.

Langsam erwachte Piper aus ihrer Starre. Ihr Sohn wurde in ihren Armen unruhig, Sie ging zu seinem Laufstall und setzte ihn hinein, dann drehte sie sich zu dem Ältestem, der mal ihr Mann war , um und verschränkte ebenfalls die Arme, wie ihre jüngere Schwester.

„Aber... warum seit ihr so entsetzt! Tut doch was!" Leo erkannte seine Schützlinge kaum wieder. Er kannte sie schon ihr ganzes Leben lang und hatte sie selten so kraftlos gesehen.

„Wir können nichts tun.", sagte Paige.

„Ohne die Macht der Drei, sind wir nur normale Hexen. Ich konnte nicht einmal einen von denen sprengen!", sagte Piper und nickte auf den magischen Käfig voller schreiender und fluchender Dämonen.

„Und ohne Wyatts Hilfe hätte ich den aufgeladenen Blitzangriff nicht wegbeamen können.", fuhr Paige fort. Sie sah nervös zu den Dämonen, dann zu Leo.

„Aber... Warum habt ihr jetzt schon aufgegeben, warum wollt ihr nicht versuchen eure Macht zurückzubekommen!" Leo war verzweifelt. Warum waren die Schwestern nur so hoffnungslos?

„Ich hatte eine Vision.", begann Phoebe. Sofort richtete sich der Blick des Ältesten auf die mittlere Schwester. Diese sah ihn traurig in die Augen und fuhr fort:

„Ich sah unser Zeichen, wie es sich auflöste, und dann sah ich, wie eine Macht die Welt verdunkelte." Leo sah sie fragend an, dann folgte er den traurigen Blicken der Schwestern, die zu Wyatts Laufstall führten.

Jetzt verstand er. Das, wovor Chris sie gewarnt hatte, das, was Wyatt böse machen würde, war eingetroffen. Doch etwas in ihm regte sich, ein letzter Funken des Widerstand, eine letzte Hoffnung.

„Phoebe...", begann er und sah der Hexe in die Augen, so, wie als würde er sie aufbauen wollen, „Wenn du eine Vision hast, siehst du immer genau das, was kommen wird, genau einen Moment aus der Zukunft."

Die Schwester sah ihn fragend an und nickte.

„Wie alt sah Wyatt da aus?"

Erst verstand sie nicht, doch dann hellte sich ihr Gesicht auf und ein breites Grinsen überkam sie. Sie lachte laut auf und sprang ihrem Ex-Schwager in die Arme.

Die beiden Anderen waren völlig perplex. Was ging denn da vor sich?

„Hey!", schrie Piper , „Hey!" Doch die Jubelnden hörten sie nicht. Erst nachdem die Älteste ihre Stimme lauter erhob, als für sie üblich.

Phoebe sah ihrer, noch traurigen und verwirrten Schwester in die Augen.

„Wyatt war alt, mindestens 25 oder so!", lachte sie, und langsam breitete sich die Freude auf Piper und Paige aus.

Eine ganze Weile verging, bis den Hexen und dem Ältesten etwas auffiel:

Wenn es noch nicht an der Zeit war, das Wyatt böse wurde, warum hatte sich dann die Macht der Drei gelöst?

„Ok, ok, ok .", beruhigte sich Paige, " Warum ist die Macht der Drei aufgehoben!"

Sie sah fragend in die Runde.

„Ich frag mal Oben nach, vielleicht wissen die's ja.", sagte Leo lächelnd und verschwand in tausend leuchtenden Funken.

Die Schwester sahen nun alle den erschöpften Wyatt an. Sein Schild hatte ihm viel Kraft gekostet, und langsam vielen ihm die Augen zu. Er störte sich nicht daran, dass neben seinem Laufstall drei Dämonen eingesperrt waren. Er war es gewöhnt.

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass er böse wird.", seufzte Piper. Die Beiden andren stimmten ihr zu. Als Chris ihnen gesagt hatte, dass Wyatt böse wird, wollten sie es erst nicht glauben, doch sie fanden sich langsam damit ab, doch sie waren nicht bereit aufzugeben.

„Aber wir können es ändern.", sagte Phoebe, „Wir haben schon vieles in der Zukunft gesehen, was dann nie wahr wurde! Zum Beispiel deine Tochter Piper, Wyatt sollte eigentlich nie als Junge geboren werden!" Piper lächelte und fügte traurig hinzu „Und Prues Tod."

Phoebe lächelte aufbauend, doch plötzlich brach es aus Paige heraus:

„Wenn wir jetzt schon die Macht der Drei verloren haben, vielleicht hat sich dann auch Wyatts Zukunft geändert!" Doch diese Theorie wurde schnell von einer etwas demolierten Männerstimme widerlegt:

„Nein."

Die Schwestern drehten sich zu Chris um, der etwas geknickt auf dem Boden saß und sich den Kopf rieb.

„Wieso?", fragte Piper, ohne auf die schmerzenden Knochen ihres Wächters des Lichts zu achten.

„Als ich in der Zukunft mit Hilfe des Buchs in der Zeit zurückgereist bin, war das Symbol noch völlig intakt."

„Aber das ist unmöglich!", sagte Phoebe. „Das Zeichen symbolisiert die Macht der Drei, die Macht, die immer an die Gute Seite von unserer Familie weitergegeben wurde, und wenn Wyatt in einer Zukunft böse war, dann hatte er kein Recht auf diese Macht und das Zeichen hätte sich lösen müssen." Sie zeigte auf das Buch und verschränkte wieder die Arme.

Chris schien etwas irritiert, doch er fing sich schnell wieder.

„Nein, in meiner Zeit war die Macht der Drei zwar gebrochen, doch die Erben waren schon geboren und die Macht der Halliwells wurde weitergereicht"

Piper sah auf, genau wie ihre Schwestern. „DIE Erben!"

Chris schreckte hoch.

„Plural!", blafften die Schwestern wie aus einem Mund.

Chris machte einige Schritte zurück und versuchte sich herauszureden.

„Nein, nein! Ihr versteht das falsch!"

„Chris...!" Die Schwestern hatten schon lange genug von der Geheimniskrämerei, jetzt wollten sie Klartext. Zur Not, auch mit Gewalt.

Doch dazu kam es nicht. Ungeschickt hatte der Wächter des Lichts beim zurückweichen einen der Kristalle verschoben, sodass der Käfig verschwand und die Dämonen frei waren. Sofort beamten die sich weg.

Noch wütender sahen die Schwestern auf den verzweifelten Chris.

„Genug!"

Erschrocken, und zum Kampf bereit drehten sich die Schwestern um, und blickten in vertraute, durchsichtige Augen.

„Grandma?"

Mit milden, und kampferprobten Augen sah die Tote auf ihre Enkel.

„Was willst du denn hier?"

„Was ist das denn für eine Begrüßung für eine verstorbene Verwandte!", empörte sich die alte Hexe.

„Grandma, du bist so oft hier, wer kann da noch von tot sprechen!", fragte Phoebe entnervt und stemmte die Hände in den Nacken.

Dafür bekam sie nur einen gereizten Blick.

„Wieso ich hier bin?", fragte sie und legte die Hände zusammen. Sie wirkte wie ein allwissendes höheres Wesen, doch in Wirklichkeit, war sie nur eine tote Großmutter die alle Tage mal vorbeischaute.

„Prue ist weg.", sagte sie knapp.

„Was!", brach es aus allen drei Schwester heraus. „Wie weg!"

„Naja, weg weg. Eben war sie noch hier auf unserer Seite, und dann war sie weg.", versuchte Penny zu erklären. Sie wollte alles wie einen lustigen Zufall wirken zu lassen, doch die Mächtigen Drei hatten darauf keine Lust.

„Wie kann meine Schwester aus dem Jenseits verschwinden!", blaffte Piper ihre Großmutter an.

„Es ist nicht so, als würden wir hier alle wie im Himmel oder im Fegefeuer gehalten!", empörte sich die Tote. „Wir haben hier die gleichen Aufgaben, wie im Leben, nur mit mehr Macht!"

Die Schwestern sahen interessiert zu ihre Verwandten hoch, die einige Meter über den Boden schwebte. Sie waren so klare Worte über das Jenseits nicht gewöhnt, vor allem nicht von ihrer Großmutter.

„Prue war...", begann Penny, „Die Beste. Hier, auf unserer Seite, hat sie einen Dämon nach dem Anderen vernichtet, auch ohne die Macht der Drei. Sie ist nicht einmal „getötet" worden."

Nach einigen verwirrten Blicken ihrer Enkel erklärte sie ihre Wortwahl.

„Nach dem Tod werden die Seelen der Menschen getrennt. Besonders Gute kommen in den Himmel, besonders schlechte in die Hölle, doch besondere Seelen, so wie unsere, die viel Macht in sich tragen, werden in eine andere Welt geschickt, um dort gegen das Böse zu kämpfen. Im Jenseits gibt es genauso Kämpfe wie hier, nur, dass die Guten drüben wesentlich schwerer zu vernichten sind." Ein erhabenes Lächeln machte sich auf ihrem leuchtenden Gesicht breit.

„Soll das heißen, alle Halliwells kämpfen auch nach dem Tod gegen die Dämonen!", brach es aus Piper heraus. Sie konnte nicht glauben, dass sie nicht einmal im Tode Ruhe hätte.

„Nur wenn ihr es so wollt!", beschwichtigte Penny. „Niemand muss weiterkämpfen! Wenn ihr Tod seit, habt ihr die freie Auswahl: Paradies, Wiedergeburt oder eben Kampf."

„Aber was ist denn jetzt mit Prue?", fragte Phoebe.

„Sie war die Beste von uns allen. Sie hat die Dämonen entgültig vernichtet, alleine. Doch irgendetwas schien mit ihr nicht zu stimmen, sie wurde immer mächtiger und mächtiger, und ihr Wunsch zu leben immer größer und größer. Naja, bis..."

Eine Stille machte sich breit.

„Du meinst sie ist wieder in unsere Welt gekommen!", fragte Piper ungläubig. „Prue lebt!"

Penny sah teilweise glücklich, teilweise traurig und nickte.

Im Wohnzimmer hatte Phoebe einen Stadtplan und die Weltkugel bereitgelegt.

Sie griff sich das Kristallpendel und begann es zu schwingen. Chris saß neben ihr und starrte angespannt auf den Plan, wie als würde er auf einen leuchtenden Punkt warten, der den Standort der Gesuchten verrät.

„Aber...", begann Paige, die sich etwas unwillkommen in so einer Familienangelegenheit fühlte.

„Wie kann ein Toter, eine körperlose Seele in unsere Welt kommen? Wie konnte Prue die Schwelle des Todes überwinden?"

Penny sah auf ihre jüngste Enkelin und lächelte. Sie freute sich, dass sich die, früher so unbeholfenen Hexe jetzt in eine richtige Halliwell gewandelt hatte.

„Wie ich schon sagte, wir, und alle anderen guten Hexen, haben besondere Seelen, wir sind wichtig für das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse." Paige sah sie wissbegierig an.

„Und deswegen erhalten wir im Jenseits unsere Körper zurück, um die Dämonen in anderen Dimensionen besiegen zu können."

„Aber wie kann sie einfach wieder ins Diesseits kommen! Ich dachte das ist absolut unmöglich!", fragte Piper. Sie streichelte ihren schlafenden Sohn, der auf dem Sofa lag. Es wäre zu gefährlich ihn jetzt alleine zu lassen.

„Prue war die mächtigste von uns, und sie war gerissen. Sie hat eine Lücke in den Welten ausgenützt, den Tartaros."

„Das griechische Fegefeuer?", fragte Paige. Penny schien überrascht über das wissen ihrer Enkelin.

„Nicht direkt Fegefeuer. Es ist ein Loch im Meer, am tiefsten Punkt verbindet ein Portal das Diesseits mit dem Jenseits, damit sie sich nicht zu weit voneinander entfernen."

„Aber dieses Portal funktioniert nur in eine Richtung!", sagte Paige. Sie hatte sich eine ganze Weile mit transdimensionalen Reisen beschäftigt, hauptsächlich, weil sie den Gedanken an völlig andere Welten reizend fand.

„Nicht wenn du die Macht der Halliwells hast." Penny lächelte verschmitzt. Sie war auf der einen Seite besorgt um die Macht der Drei, um ihren Urenkel und Prue, doch auf der anderen Seite war sie auch unglaublich Stolz, dass eine Halliwell die Schwelle zum Tod nicht nur überschreiten, sondern richtig brechen konnte.

„Ich hab sie!"; rief Phoebe. Der Kristall am Ende des Pendels war auf einen Punkt in San Francisco niedergegangen. Chris war ebenfalls aufgesprungen und wollte mitgehen, doch Piper winkte ab.

„Ok, wir gehen alle, Grandma, Chris ihr passt auf Wyatt auf!", befahl sie.

„Ich?", fragte die Tote, doch ihr Widerspruch wurde von Pipers Blick zerstreut. Chris sah zu dem Geist hoch und verzog eine Augenbraue, doch die schmerzhafte Erinnerung an seine letzte Begegnung mit diesen Dämonen ließ ihn dann doch dableiben. Außerdem hatte er noch etwas zu erledigen. Zum Abschied strich die Mutter ihrem Sohn über die Wangen, dann teleportierte Paige sie alle weg.

Die Gasse war schmutzig und voller Müllsäcke. Hier und da waren leere Einkaufswägen zu sehen und einige Mülltonnen waren von innen ausgebrannt. Mitten in dieser Müllhalde manifestierten sich aus tausenden hellblauen Punkten die Schwestern.

„Puh... ist hier jemand gestorben oder warum stinkt das so?" Paige rümpfte die Nase und wedelte mit ihrer Hand die Luft durcheinander. Phoebe hatte vorsichtshalber die Karte und das Pendel mitgenommen.

„Prue?", schrie Piper und kümmerte sich recht wenig um ihre erschrockenen Schwestern. „Prue?" Sie ging einige Schritte nach vorne und sah sich um, doch keine Menschenseele war zu sehen.

„Sind wir hier auch richtig?"

„Ja.", sagte Phoebe. Sie packte schnell die Karte wieder aus und pendelte mit dem Kristallanhänger.

„PRUE?", schrie Piper wieder. Sie ging weiter.

„Piper!" Paige ging ihrer Schwester nach. Ihr kam das alles unangenehm vor. Sie war sozusagen Prues Nachfolger gewesen, und jetzt da eine Möglichkeit bestand, das die mächtige Hexe wiederkommt, kam sie sich recht unwillkommen vor, doch sie versuchte den Gedanken schnell zu verwischen.

„PRUE!", schrie Piper und setzte zu einem lauteren Rufen an, doch wurde sie von einem vorbeigefliegenden Mann gestört. Hart prallte er mit dem Rücken auf die Backsteinwand und blieb regungslos liegen. Noch bevor Piper etwas tun konnte, kam ein Dolch hinterhergeflogen und traf den Mann, der sofort in Flammen aufging und verschwand.

„Ein Dämon?", fragte Paige. Sie rannte zu der Stelle, wo der Mann gerade verbrannt war und hob das Messer auf. Sie erkannte sofort das Symbol, dass auf dem Schaft des völlig aus einem schimmernden Metall gegossene Dolches eingraviert war.

„Prue!", schrie Piper und rannte in die Richtung aus der dem Dämon geflogen kam, doch dort war niemand. Betrübt atmete sie durch.

„Piper!", rief Paige, doch ihre Schwester reagierte erst beim zweiten Ruf.

„Sieh dir den Dolch an." Sie hielt den Dolch, der den Dämon vernichtet hatte in den Händen. Das Metall war seltsam, es leuchtete und hatte keine Spur von Kratzern oder Blut, obwohl es gerade noch in einem Dämon gesteckt hatte.
"Das Zeichen!", brach Piper plötzlich hervor und deutete auf eine Gravur am Schaft.

Es war das Symbol der Macht der Drei.

„Piper, Paige!", rief plötzlich eine Stimme. Die zwei Schwestern drehten sich um und sahen Phoebe, die, die Karte in der einen, und das Pendel in der anderen Hand hielt.

„Und, hast du sie?", fragte Piper.

„Sie ist am See!", antwortete Phoebe.

Piper stockte. „An DEM See?"

Ihre Schwester nickte.

Paige verstand gar nichts. „Welcher See?"

„Der See an dem Mom gestorben ist."

Der See lag ruhig und Menschenleer in dem kleinen Waldgebiet, in dem schon seit Jahren keine Touristen mehr waren. Hin und wieder sah man hier Jugendliche, die Mutproben absolvierten, oder Liebespärchen, doch der nachgesagte Fluch des Sees war immer noch stark präsent. Versteckt hinter Bäumen und Hecken erschienen die drei Schwestern.

Als sie aus ihrem Versteck kamen, überwältigten sie fast die Erinnerungen. Vor allem Phoebe, die damals die Visionen ihrer Mutter hatte, wie diese gestorben war, hielt die Luft an.

„Prue!", schrie Piper und ging sofort näher zum See. Ihre Schwestern folgten ihr. „Prue!"

Sie waren schon fast im Wasser, als Piper abbremste. Das Wasser war ruhig und fast wellen los. Nichts erinnerte noch an den Dämon, der hier jahrelang gemordet hatte. „Prue!"

Etwas weiter am Ufer lag die kleine Hütte, in der Paiges Vater Sam gelebt, und gearbeitet hatte, doch sie war ebenso verlassen, wie die alten Ruderbote am Steg. „Prue!"

„Hier ist sie nicht.", sagte Phoebe deprimiert. „Wie kann sie sich nur so schnell bewegen?"

„Vielleicht kann sie sich beamen?" Paige verschränkte die Arme. Dieser See lies ihr einen Schauer über den Rücken fahren, auch wenn sie damals nicht dabei gewesen war, als Prue fast gestorben wäre.

„Nicht das ich wüsste. Ihre Kräfte waren die Telekinese und die Astralprojektion.", erklärte Phoebe. „Doch es kann auch sein, dass sich ihre Kräfte weiterentwickelt haben, wie unsere."

Sie sah betrübt Piper nach, die sich auf den Weg zu Sams Hütte machte.

„Was ist denn los mit ihr?", fragte Paige vorsichtig. Sie sah zu ihrer älteren Schwester, diese lächelte und sagte:

„Als Prue starb, hat sie am meisten gelitten. Sie war früher die mittlere Schwester, sie hatte immer eine große Schwester, die sie um Rat fragen konnte. Als Prue dann starb, machte sie sich Schuldgefühle, weil Leo sie, und nicht Prue geheilt hatte. Sie hatte nie wirklich die Gelegenheit sich zu entschuldigen, oder wirklich Abschied zu nehmen."

Paige sah Phoebe tief in die Augen, und sie fühlte sich unwillkommener als je zuvor.

Doch plötzlich wurde sie aus ihrer Gedanken gerissen, als Phoebe vornüber wegflog. Erst weit auf dem See ging sie nieder und versank schnell. Sofort wollte Paige ihr nacheilen, doch ein Energieball traf sie und sie wurde weggeschleudert. Unsanft landete sie nahe am Wasser. Verzweifelt sah sie auf die Stelle, wo Phoebe gerade untergegangen war.

„Piper!", schrie Paige und wollte sich beamen, doch wieder traf sie ein Blitzball, der aus dem kleinen Wäldchen vor ihr kam. Der Angriff hinterließ eine klaffende Wunde und einen ausgekugelten Arm. Paige schrie leise auf. Verzweifelt sah sie wieder aufs Wasser, dann auf die Stelle, aus der die Blitze kamen. „Piper!"

Wieder schnellten zwei Blitzkugeln aus dem Wäldchen, diesmal fest davon überzeugt, ihr Werk zu vollenden, doch mitten in der Luft blieben sie stehen und Piper eilte zur Verletzten.

„Leo!", schrie sie und konzentrierte sich auf die nächsten Angriffe. Wieder wurden mehrere Energiebälle abgefeuert, die sie jedoch lässig in der Luft auffing. „Kannst du sie zurückschleudern?", fragte sie Paige. Diese nickte schwach und machte eine Handbewegung „Energiebälle!" Sofort wurden die, in der Luft gehaltenen Bälle weggebeamt und zurückgeschickt, doch sie trafen anscheinend nur Bäume und Büsche.

Plötzlich fuhr Piper erschrocken herum und machte sich bereit das zu feuern, was sich gerade manifestierte, doch an den leuchtenden Punkten erkannte sie schnell ihren Ex-Mann, der Phoebe aus dem Wasser gerettet hatte. Mit leuchtenden Händen heilte er sie und nach kurzer Zeit hustete und spukte sie Wasser. Noch etwas benommen öffnete Phoebe die Augen und ein Lächeln huschte ihr übers Gesicht.

„Weg hier!", befahl Piper, und alle folgten. In tausenden hellen Punkten verschwanden sie ins Nichts.

Sie hatten sich gerade manifestiert, als Leo schon zu Paige eilte und ihre Wunden schloss. Piper stand mit Phoebe auf und die Beiden machten sich zum Kampf bereit. Erst jetzt erkannten die Schwestern, wo sie waren: Im P3. Es lag verlassen und mit den Hockern auf dem Tresen da, so wie als wäre nichts geschehen. Plötzlich tauchten die drei Dämonen, die sie davor gefangen gehalten hatten, auf. Sie umkreisten die Schwestern und luden ihre Energiebälle auf. Sofort eröffneten sie das Feuer, doch Piper ließ einige Energiebälle in der Luft erstarren, und Phoebe schleuderte einige mit ihrer Empathie zurück. Die Dämonen erkannten ihre Lage und beamten sich weg. Die Schwestern wussten, dass die Gefahr bei weitem noch nicht gebannt war. Paige, die gerade geheilt worden war, stand auf und machte sich ebenfalls zum Kampf bereit, während Leo sich wegbeamte. Er wusste, hier würde er nur stören und er wollte sichergehen, dass die Dämonen nicht den schutzlosen Wyatt angreifen konnten.

Eine knisternde Spannung lag in der Luft. Einige Minuten hielt sie an, bis die Dämonen wieder auftauchten. Sofort beamte Paige die Energiebälle, die noch in der Luft erstarrt waren, auf einen Angreifer, während Piper ihre ganzen Magie auf den gleichen Dämon feuerte. Dieser schrie auf und verschwand in einem Meer aus Flammen. Wütend starrten die anderen Dämonen auf die Schwestern, doch sie taten nichts. Langsam gingen sie näher aufeinander zu und das Symbol auf ihren Stirnen glühte wieder auf. Die Schwester wussten sofort, dass die Dämonen ihren gefallenen Kameraden zurückholen würden, und sie konnten rein gar nichts dagegen tun. Plötzlich fingen die Dämonen an zu schreien und ihr Symbol tauchte mitten in der Luft auf, doch etwas stimmte nicht. Fast schon panisch starrten sie auf etwas hinter den Schwestern, und fast schon mit einer messerscharfen Klarheit und Entschlossenheit sagte eine vertraute Stimme rhythmisch:

„Aus der Hölle ihr entsandt,

nie die Flammen euch verbrannt,

der Bund der euch am Leben hält,

euch nun jetzt zu Tode quält

euer Henker ist nun hier,

in der Form von Halliwells vier!"

Die Schwestern stutzten erst, doch verstanden sie, und zusammen mit der Stimme wiederholten sie den Spruch. Und mit jedem Mal schrieen die Dämonen lauter auf. Nachdem der Spruch dreimal gesagt worden war, zersprangen sie in tausend Teile und nichts außer etwas Ruß und Rauch blieb zurück.

Eine ganze Weile standen Piper, Phoebe und Paige regungslos dar. Nicht aus Angst, die Dämonen könnten zurückkehren, sondern aus Ehrfurcht, was hinter ihnen stand. Erst langsam löste sich diese Starre und sie drehten sich um. Und dort stand sie. Mit ihren stahlblauen, kampferprobten und doch gütigen Augen, mit ihrem langen schwarzen Haar, die sie immer offen trug und mit ihrem lächelnden Mund, auf dem bereits das Wort „Hi" zu sehen war.

Prue.