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Wir lachten, spielten, tollten herum und waren uns so nah wie es sonst nur Geschwister waren. Du warst von Anfang alles was ich kannte und was ich liebte. Schon als wir noch Kinder waren, spürte ich die enorme Präsenz des Lichts in dir. Du gabst mir Hoffnung wo ich keine sah und fingst mich auf, wenn ich fiel. Allein deine Nähe gab mir Mut für alles was kommen mochte. Jedes Mal, wenn ich in dein Gesicht sah fühlte ich die angenehme Wärme in meinem Körper kribbeln und dies war nicht nur auf Grund deiner Gutmütigkeit so.
Mit dir konnte ich, seitdem ich denken kann, über alles reden und dir mein Herz ausschütten, wenn mich Sorgen quälten. So wie du mir Deines.

Ich wusste vom Anbeginn unserer Freundschaft wie schwer dein Leben als Prinz war und dass die Zeit in der dein Vater verschwunden war dich innerlich auffraß. Ich war stets für dich da, hörte dir zu und wollte dich aus deinem tristen Alltag befreien. So wie du mir es stets warst. Ich hatte nicht viel, doch ich gab dir stets alles was ich hatte. Dies war nicht immer einfach, doch irgendwie gelang es mir in dunkelster Stunde auch dir ein Licht zu sein.

Wir waren schon immer von unterschiedlichem Rang und dies wurde uns als Kinder schon sehr früh bewusst. Deine Bestimmung war es eines Tages das Königreich Sturmwind zu regieren, während ich nur die Tochter einer Zofe deiner Familie war und mir dasselbe Leben wie ihr bevorstand. Dir war dieser Unterschied von der ersten Sekunde an vollkommen gleich, denn du mochtest die Person die ich war. Du hast dir noch nie etwas aus Rängen und Rassenunterschieden gemacht. Jeder war für dich wertvoll und du sahst schon immer nur das Gute in den Wesen Azeroths.

Du bist wahrlich reinen Herzens, Anduin."

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Kinderlachen erfüllte den Thronsaal, als das kleine Mädchen in diesen gerannt kam. Das rosa Kleidchen flatterte bei ihren schnellen Schritten und ihre braunen geflochtenen Zöpfe wehten im Laufwind. Mit ihrem strahlenden Sommersprossengesicht blieb sie nur wenige später Augenblicke vor den Stufen des Throns stehen, winkte verstohlen dem Prinzen von Sturmwind zu und kicherte dabei verschmitzt. Aus ihren hellbraunen Augen sah sie anschließend zu dem Stellvertreter von König Varian Wrynn, welcher noch immer spurlos verschwunden war, auf und straffte sich etwas.

Ihre Mutter, eine Zofe des Königshauses, hatte ihr schon sehr früh den nötigen Anstand und Respekt beigebracht, den sie den Hochrangigen entgegenzubringen hatte. Lord Bolvar sah auf das Mädchen nieder, schloss kurz die Augen und begann kurz darauf warmherzig zu lächeln. Seine grünen Augen blickten nun gütig in ihr Gesicht, ehe er seine warme Stimme erhob: „Was kann ich für dich tun, Liebes?"

Für einen kurzen Moment kaute das kleine Mädchen auf ihrer Unterlippe herum, linste nochmal zu Anduin hinüber und schaute anschließend wieder zu Bolvar auf. Ihren Kopf legte sie leicht schräg, verschränkte die Hände miteinander hinter dem Rücken und fragte höflich: „Darf Anduin, bitte, mit mir spielen, Lord Bolvar?" Ihre großen Augen schauten ihn voller Hoffnung an und sie schien ihn mit diesem Blick regelrecht anzuflehen. Hochlord Bolvar nahm seine Augen von dem kleinen Mädchen und sah zu seiner Rechten, wo Prinz Anduin stand.

Der Prinz, mit den blonden kurzen Haaren und seinen hoffnungsvollen tiefblauen Augen, sah ihn nun genauso an wie das kleine Mädchen vor ihnen. Auf die Blicke der Beiden hin begann der Hochlord amüsiert zu lachen und nickte schlussendlich. „Geht nur spielen, ihr Zwei. Bleibt jedoch in der Nähe des Schlosses.", gab er den Beiden die Erlaubnis und erfreute sich daran die zwei Kinder mit seinen Worten glücklich zu machen.

Das kleine Mädchen begann übers ganze Gesicht zu strahlen und entblößte dabei die Zahnlücke, an der ihr ein Schneidezahn fehlte. „Danke, Hochlord Bolvar.", gab sie freudig kichernd von sich und sah anschließend zu Anduin, während dieser sich ebenfalls bei Bolvar bedankte. Die Augen des Mädchens ruhten nun voller Vorfreude auf dem Prinzen und sie sagte nun fast schon ungeduldig: „Wer zu Letzt beim Bauernhof der Wollertons ist, ist eine lahme Schildkröte."

Mit diesen Worten wandte sie sich schallend lachend um, woraufhin Anduin ihr für den Moment irritiert hinter sah und nur einen Wimpernschlag lachend hinter ihr herjagte. „Du wirst die lahme Schildkröte sein!", rief er ihr zu, als er den langen, mit Marmor gepflasterten, Gang entlang rannte.

Zurück blieb ein schmunzelnder Hochlord Bolvar, welcher sich in Gedanken für Anduin freute. In der kleinen Magnolia hatte er eine gute Freundin gefunden, die ihn oft von der Grübelei und das Trauern um seinen verschollenen Vater ablenkte.

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Es dämmerte bereits, als die Kinder noch immer in der Nähe des Bauernhofs der Wollertons am See saßen. Gemeinsam hatten sie herumgetollt, den Bauer ein wenig geneckt und zum Schluss frische Kuhmilch von ihm erbeten. Da der Bauer die Beiden kannte und sie öfter auf seinem Hof zum Spielen kamen, hatte er ihnen diese Bitte nicht verwehrt.

Während Magnolia aus Friedensblumen einen Kranz flocht, hatte Anduin sich erhoben und war zum Ufer gegangen. Seine strahlenden blauen Augen, die er von seiner Mutter Tiffin geerbt hatte, schauten trübsinnig auf das Wasser, welches in der Abenddämmerung orangerot glitzerte. In Gedanken hing er seinem Vater nach und fragte sich, ob er ihn je wiedersehen würde. Etwas zu seinen Füßen erregte nun seine Aufmerksamkeit, weshalb er sich runterbeugte und mit den kleinen Fingern im schlammigen Sand des Ufers pulte.

Er fuhr erschrocken zusammen, als ihm das Augenlicht genommen wurde und eine tiefe Stimme brummte: „Wer bin ich?" Ein Grinsen zeichnete sich einen Herzschlag später auf seinen Zügen ab und er sagte fast schon gelangweilt: „Du bist Magnolia Lyndgryn. Wer auch sonst?" Die Hände, welche seine Sicht für den Moment geraubt hatten, lösten sich von seinem Gesicht und er vernahm ein empörtes Schnauben.

Auf dieses hin richtete sich Anduin wieder auf, sah hinter sich und betrachtete seine beste Freundin einen Moment lang. Sie hatte die Hände in ihre schmalen Seiten gestemmt, ihn grimmig angeschaut und ihren Mund zu einer kleinen Schnute verzogen. „Bin ich nicht! Ich bin ein furchteinflößender Bär! Grrrrrr!" Sie fletschte die Zähne, hob ihre Hände und formte ihre Finger zu Krallen, woraufhin Anduin los prusten musste. Sein Lachen veranlasste Magnolia dazu erneut zu schnauben und zu fordern: „Fürchte mich!"

„Ich kann nicht.", lachte der Prinz von Sturmwind, hielt sich den Bauch und deutete mit dem Zeigefinger seiner sauberen Hand auf sie. „Bären sind viel größer und tragen keine Kleider oder Blumenkränze, so wie du.", gab er noch immer amüsiert grinsend von sich und konnte beobachteten wie seine beste Freundin wieder begann mürrisch drein zu blicken. Der Blick Anduins wurde freundlicher und er sagte neckend: „Außerdem weißt du doch gar nicht wie ein Bär richtig aussieht."

„Oh doch! Hochlord Bolvar und Mama haben mir Bilder von Bären gezeigt.", zischte sie unwirsch, verschränkte die Arme vor der Brust und sah noch immer böse zu ihrem besten Freund. Anduin schüttelte jedoch den Kopf, grinste sie verschmitzt an und erklärte: „Nein, nicht so. In echt meine ich." Magnolias Blick wurde nun um vieles milder und ein Hauch von Scham zierte auf einmal das Gesicht des Mädchens, während sie ihre Arme aus der Verschränkung löste und ihren Blick von Anduin abwandte. Sie legte ihre Arme hinter den Rücken, strich mit dem Fuß im Sand des Seeufers herum und nuschelte verlegen: „Nein, das nicht." Kurz darauf sah sie jedoch wieder vorwurfsvoll zu ihm und fügte hinzu: „Du aber auch noch nicht." Belustigt lachte der Prinz auf, ehe er sich auf ihre letzten Worte hin mit stolzgeschwellter Brust straffte und ehrlich sagte: „Doch! Ich schon. Und zwar als mein Vater mich einmal mit in den Wald von Elwynn nahm."

Schlagartig wurde Magnolias Gesichtsausdruck wieder sanfter und ihre hellbraunen Augen begannen vor Faszination zu leuchten. „Wirklich?", flüsterte sie in die frühe Abendluft hinein und beobachtete wie ihr bester Freund triumphierend nickte. Von Neugier gepackt trat sie näher an ihn heran und fragte: „Wie sind sie so? Sehen sie wirklich wie auf den Bildern aus?" Ein kleines Grinsen zierte nun Anduins Gesicht, wobei er sich am Hinterkopf kratzte und zu ihr meinte: „Ja, irgendwie schon... auf jeden Fall sehen sie groß, stark und auch sehr kuschelig aus. Vater sagte damals, dass es im Wald nicht viele Bären gibt und ich Glück hatte einen zu sehen."

„Zeigst du mir irgendwann Mal einen Bären im Wald, Andu?", wollte sie nun mit hoffnungsvoller Miene von ihm wissen und betrachtete ihn dabei bittend mit ihren großen Augen. Einen kurzen Augenblick sah der Prinz sie nur an und hing ein weiteres Mal seinen Gedanken an seinem Vater nach. Schließlich begann er übers ganze Gesicht zu strahlen, nickte ihr zu und versprach: „Natürlich." Auch Magnolia begann zu grinsen, wippte fröhlich auf und ab und hielt erst inne, als Anduin sagte: „Dafür kann ich dir jetzt aber das hier zeigen."

Frech grinsend hielt Sturmwinds Prinz ihr einen toten Goldfisch vor die Nase, woraufhin sie angeekelt aufschrie: „Anduin, das ist eklig!" Sie wandte sich schaudernd von ihm ab und rannte über die Wiese davon, woraufhin er ihr lachend folgte und sie, mit dem toten Goldfisch vor sich haltend, ein wenig durch das Gelände des Bauernhofes jagte.

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