Ich wollte mich hier einmal an einem Lex-PreTribe versuchen, und an einer Geschichte, die keine meiner eigenen Charaktere mitbeinhaltet, sondern eben lediglich Charaktere aus der Tribewelt und ein paar für die Geschichte notwendige Nebenfiguren.
Reviews, konstruktive Kritik, Hilfestellungen, Anmerkungen usw. sind immer willkommen und auch gewünscht.
Und natürlich gehört mir weder The Tribe, noch sonst etwas, das damit zu tun hat. Dies hier ist lediglich eine Geschichte, die von mir zu dem Fandom geschrieben wurde. Ich verdiene hiermit kein Geld, sondern tue das aus Spaß an der Freude.
Wenn er die Augen schloss, dann konnte er so tun, als wäre alles in Ordnung. Den Krach ignorieren. Sich vorstellen, irgendwo ganz anders zu sein. Irgendwo, wo -
"Du dämliche Schl..."
Er öffnete die Augen wieder, seufzte, krallte die Finger in die Bettdecke, um sich daran zu hindern, wütend aus dem Zimmer zu stürmen. Es hatte ja doch keinen Sinn. Er würde ihn nur wieder verdreschen und beschimpfen, wie immer, wenn er versuchte, sie zu beschützen. Und sie würde es ihm auch nicht danken. Sie würde mit fahrigen Handbewegungen nach einer Zigarette greifen, eine Flasche Bier neben sich stehen haben, und sie würde darüber jammern, wie ungerecht die Welt doch war und wie traurig es war, dass sie ihrem eigenen Sohn nicht helfen konnte. Dieses Szenario kannte er mittlerweile. Und es war nichts, was er so dringend wiederholen wollte.
Unten polterte es erneut. Vermutlich wieder ein Stuhl, der umgefallen war, als sein Vater sich betrunken und wütend einen Weg durch die Wohnung gebahnt hatte. Ein spitzer Schrei, ein panisches Flehen.
"Nein, nicht, bitte nicht ..."
Er hasste es, wie sie in solchen Momenten vor ihm im Staub kroch, nur um Stunden später wieder Entschuldigungen zu finden. Er hasste es, wie sie blaue Flecken am nächsten Morgen durch billiges Makeup zu vertuschen versuchte, und er hasste es, wie es ihn morgens begrüßte, betont fröhlich, und dabei nervös eine Zigarette nach der anderen rauchte. Oder manchmal erst gar nicht aufstand, sondern auf der Couch ihren Rausch ausschlief, während im Kühlschrank wieder einmal gähnende Leere herrschte.
Lex konnte sich nicht mehr erinnern, wann es angefangen hatte. Er konnte sich auch nicht daran erinnern, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, da waren sie glücklich gewesen. Da hatte sein Dad noch einen Job gehabt, seine Mutter noch ein Lächeln auf den Lippen gehabt. Da hatte es drei Mahlzeiten am Tag gegeben und Schleckereien zwischendurch. Da hatten sie in einem größeren Haus gewohnt und nicht in dieser alten Baracke, die so heruntergekommen war, dass kein Mensch sie mehr hatte haben wollen.
Aber dann hatte sein Dad irgendwann seinen Job verloren. Und hatte irgendwann angefangen zu trinken. Lex war noch zu klein gewesen, um zu verstehen, was passierte. Er wusste nur, dass Daddy auf einmal ständig laut wurde, öfters Zuhause war, viel trank. Und wenn Daddy viel getrunken hatte, ging man ihm besser aus dem Weg. Dann wurde er wütend, laut und aggressiv. Warf Möbel um, zerbrach Geschirr. Tat Mummy weh. Zunächst mit Worten, aber irgendwann auch mit Schlägen. Mummy versicherte Lex zwar ständig, dass alles in Ordnung war und alles gut werden würde, aber Lex glaubte nicht daran. Er hörte Mummy zu oft weinen, um noch daran zu glauben.
Seine Mutter hatte lange Zeit drei Jobs gehabt. War kaum noch Zuhause gewesen, hatte versucht, die Familie über Wasser zu halten. Dann war sie gefeuert worden. Hatte angeblich gestohlen. Danach war nichts mehr so gewesen wie früher.
Er lauschte auf den Lärm und das Geschrei von unten. Irgendetwas ging zu Bruch, laut und scheppernd. Vermutlich eine Bierflasche. Das würde seinen Vater noch viel wütender machen. Und da kam es auch schon. Lex lag still und hörte zu, wie sein Vater seine Mutter beschimpfte und sie verantwortlich für alles machte, was passiert war. Kaum zu glauben, dass die beiden einmal glücklich gewesen waren. Er konnte sich jedenfalls kaum noch daran erinnern.
Das Schluchzen seiner Mutter wurde lauter, und einen Moment lang war Lex versucht, tatsächlich aufzustehen, hinunterzugehen und ihr zu helfen. Dann würde sie ihn anflehen, seinem Vater nicht weh zu tun, und er würde sie dafür hassen, weil sie wollte, dass er den Mann losließ, der ihr so wehtat. Und er würde seinen Vater für das verachten, was aus ihm geworden war. Und dafür hassen, was er seiner Mutter angetan hatte. Und sein Vater würde seine Wut an ihm, Lex, auslassen, während seine Mutter anfangen würde zu weinen.
Zum Kotzen, das alles. Er hatte es so satt.
"Hör auf, hör auf, hör ..."
Widerwillig und zornig auf sich selbst setzte er sich schließlich doch im Bett auf, schlug die Bettdecke zurück.
Unten knallte eine Tür, dann kehrte Stille ein. Stille, die gelegentlich vom heftigen Schluchzen seiner Mutter durchbrochen wurde.
Großartig. Jetzt würde sich sein Vater im nächsten Pub weiter besaufen.
Er ging nicht nach unten, um seine Mutter zu trösten, wollte das Bild des Jammers nicht sehen, das sie abgeben würde, wollte nicht sehen, wie sie inmitten umgefallener Möbel und den Scherben der zerbrochenen Flasche saß und sich heulend eine Zigarette nach der anderen anzündete.
Mit einem Plumps ließ er sich zurück auf die Matratze fallen. Aber schlafen konnte er noch lange nicht.
