Diese Geschichte gehört zu meinen ältesten: 2009 begonnen, bis 2011 weitestgehend fertig, mit letzten Änderungen 2012 und mein erster Text, den ich gezielt für die Veröffentlichung schrieb. Abgesehen von ein paar Kleinigkeiten, wo es mir heute die Fußnägel kringelt, repräsentiert dieser Text meinen Hauptheadcanon zu Legolas, mit der Ausnahme, dass ich mit Túvial eigentlich gern mehr gemacht hätte. Ebenjene wurde nämlich in der letzten Änderung 2012 eingearbeitet und ich wollte nicht den ganzen Text ändern, weshalb ich mich dann für die in diesem Text präsentierte Lösung entschied. Auch wenn es mein Headcanon ist, repräsentiert der Text nicht mehr mich als Autor, behaltet das bitte im Hinterkopf. Ich wollte den Text trotz seiner deutlichen Mängel jedoch nicht in einer Schublade versauern lassen, auch wegen des Hauptheadcanons.
Teil Eins: Vom Letzten Bündnis und der Belagerung Barad-dûrs
Noch etwas zum Aufbau: Der Text besteht aus zusammenhängenden OneShots. Selbige wurden nicht in chronologischer Reihenfolge geschrieben, von daher schwankt die Qualität mitunter.
Eine Spielerei mit meinem Headcanon findet sich unter dem Titel Mad World bei meinen Fanfictions.
Im Jahre 3441, zu Zeiten des Letzten Bundes, fand die Belagerung von Barad-dûr dank großer Taten ihr Ende und mit ihr das Zweite Zeitalter. Doch diese Geschichte beginnt sieben Jahre zuvor mit dem Beginn der Belagerung, denn in diesem Jahre 3434 war es, dass es begann, dass das Übel die Elben vom Eryn Galen, vom Grünwald, heimsuchte.
Oropher war ein Sindar-Fürst und König der Waldelben vom Eryn Galen, und obwohl er es nicht befürwortete, dass Galadriel und Celeborn sich in die Angelegenheiten von Lórien einmischten, so herrschte doch ein festes Bündnis zwischen seinem Volke und seinen Verwandten jenseits des Flusses. Doch genauso war er bestrebt, sich nicht in die Angelegenheiten irgendeines der anderen Völker Mittelerdes einzumischen, war jedoch klug genug, dennoch mit dem Letzten Bündnis in die Belagerung um Barad-dûr zu ziehen, obgleich sie unabhängig und nicht gewillt waren, sich dem Oberbefehl Ereinion Gil-galads zu unterstellen. Oropher wusste, dass es erst Friede in Mittelerde geben konnte, wenn Sauron endgültig vernichtet war; der Krieg dauerte schon zu lange. Eine große Armee war es, die er zusammenstellte und mit ihr gen Süden zog. Sein oberster Herold war sein Sohn Thranduil.
Und ebenjener war es, der dem König diesen Feldzug ausreden wollte.
„Vater, es nicht so klug, wie du denkst, in diese Schlacht zu ziehen", versuchte er seinen Vater zu überzeugen. „Sicher stimmt es, dass wir erst dann wieder Frieden haben, wie du sagt, wenn Sauron vernichtet ist, doch Elendil und Gil-galad werden dies auch ohne unsere Hilfe gelingen. Wir verfügen nicht über die Mittel, einen Kampf von solchen Ausmaßen ohne zu große Verluste zu überstehen. Sicher, unsere Kämpfer sind tapfer und verwegen, doch im Vergleich zu den Eldar des Westens ist unsere Ausrüstung mehr schlecht als recht. Geh nicht!"
Doch Oropher ließ sich nicht umstimmen, und Thranduil wäre nicht sein Sohn, würde er nicht wider besseres Wissen mit ihm kommen.
Und wie er staunen sollte, als sie beim Großen Strom Anduin zum Heere Elendils und Gil-galads zusammen mit ihrem Verwandten Malgalad aus Lórien und seinen Mannen stießen! Prächtiger gerüstet und schöner anzusehen und größer als jedes Heer Mittelerdes je zuvor war es anzusehen, außer als die Valar am Ende des Ersten Zeitalters gegen Thangorodrim zogen. Soweit das Auge reichte, erstreckte sich vor ihnen eine Stadt aus vielen tausend Zelten, einem Meer aus Blumen gleich. In der Mitte dessen oben auf einem Hügel flatterten die Standarten Gil-galads und Elendils, der beiden Heerführer, im Wind. Goldene Panzer klirrten und Schwerter blitzten in der Sonne auf. Bei diesem Anblick stocke Thranduil der Atem. Doch gleichzeitig verfestigte sich seine Meinung, dass sie hier nicht gebraucht würden; zu viele waren es und zu gut waren sie gerüstet (im Vergleich zu ihnen kam er sich schäbig vor).
Und doch wurden sie herzlich und mit Freuden empfangen, denn ganz gleich, was Thranduil behaupten mochte: Sie waren sehr wohl vonnöten. Freudig war daher ihr Empfang und der ihrer zahlreichen Krieger, Oropher aber gab sich kühl und stolz, wie es seit jeher seine Art den Noldor gegenüber war.
Lange Tage zogen sie weiter nach Süden, alle Völker der Elben vereint, und mit ihnen waren viele Menschen, ja selbst Tiere und Vögel und Durins Volk und einige andere Zwerge. Alles Leben, so hieß es, ergriff in diesem Kriege Partei für beide Seiten, ausgenommen die Elben. In der Dagorlad stießen sie dann auf Saurons Heer vor dem Schwarzen Tor von Mordor.
Die Orks, wild schreiend und wüste Verwünschungen ihren Feinden entgegenschleudernd, ließen ebenjenen kaum Gelegenheit, ihre Reihen zu ordnen, und gingen rasch zum Angriff über. Unglücklicherweise wurden gleich bei diesem ersten Sturm Malgalad und sein Heer von Hauptheer abgeschnitten und in die Totensümpfe getrieben. Malgalad kam ums Leben und mit ihm mehr als die Hälfte seines Gefolges. Doch auch die Verluste der Waldelben fielen schmerzlicher aus, als sie hätten sein müssen; sie waren nicht gut genug gerüstet.
„Ach, Vater, hättest du nur auf mich gehört!", klagte am Abend nach der Schlacht Thranduil.
„Du hast die Horden Saurons gesehen", entgegnete Oropher. „Hunderttausende sind es! Es ist nur rechtens, dass wir hier sind und unseren Beitrag zum Frieden für Mittelerde beisteuern."
Thranduil seufzte resigniert.
„Komm", sagte sein Vater in beschwichtigenden Tonfall. „Elendil will Kriegsrat halten mit den anderen Heerführern. Wir sollten dabei sein und uns anhören, was er zu sagen hat."
Allen war an diesem Tage das Herz schwer, doch machte ihnen Elendil wieder Mut, dass sie nicht schon jetzt verzagen sollten. Malgalads Beispiel sollte ihnen eine Lehre sein. Ja, Saurons Heer war mächtig, doch sie kämpften um ihr Land und nicht um das seine, ihr Wille sei frei, der der Orks gebunden an Knechtschaft und Furcht. Sich endgültig einig sein mussten sie sich, jeden Zwist, der in der Vergangenheit war, zumindest für diesen Krieg vergessend. Einen obersten Heeresführer bräuchten sie, und Elendil schlug Gil-galad vor, denn von seinem Volk waren die meisten in ihrem Heer vertreten.
Als dies gesprochen ward, da lachte Oropher voller Hohn, und er rief aus: „Ein Noldo, ein sogenannter Weiser?! Bedenket doch die Taten ebenjener in der Vergangenheit! Verrat und Lug und Trug und übles Zauberwerk brachten sie unter jene des vergangenen Beleriand, mordeten sogar andere Elben! Dem werde ich nicht folgen, der von solchen Leuten abstammt."
Gil-galad ertrug all den Spott schweigend und sagte nichts dazu.
Doch war Oropher der Einzige, der dies so sah, selbst Thranduil hielt zunächst zu Gil-galad. Sein Vater zürnte ihm deswegen sehr. „Warum tust du dies? Du kennst du die alten Geschichten!", rief er aus.
„Du hast doch gesehen, was mit Malgalad geschah", entgegnete sein Sohn. „Sollte dir dies nicht Lehre genug sein? Schon jetzt fielen unsere Verluste größer aus, als sie hätten sein müssen, und um dies in Grenzen zu halten, fehlt es uns an Mitteln dazu. Von Anfang an war ich dagegen, mitzuziehen, nun versuche ich, das Beste daraus zu machen."
Schlussendlich musste sich der störrische Waldelenkönig geschlagen geben.
Und so war es beschlossene Sache. Gil-galad erhielt den Oberbefehl, Elendil aus seinen Stellvertreter ernennend, und ordnete zunächst die Truppen neu. Dann, als sie ihre Wunden genügend geleckt hatten, da gingen sie ihrerseits zum Angriff auf Mordor über. An vorderster Front stand unter anderem Oropher. Thranduil argwöhnte, dass der König etwas im Schilde führte, und er ahnte nichts Gutes.
Wie Recht er behalten sollte!
Derweil nahmen auch die viel zu zahlreichen Orks und finstere Menschen, allesamt beseelt vom Hass auf die Freien Völker, Stellung auf. Oropher ließ seinen Blick über ihre Reihen gleiten. „Wie, der Verräter Sauron wagt sich nicht aus seinem Versteck in Barad-dûr?", rief er ihnen Spott entgegen. „Na, das wollen wir ändern!"
Und noch ehe Gil-galad den Befehl zum Vorrücken gegeben hatte, so stürmte er mit seinen Mannen voran.
„Vater, nicht!", rief ihm Thranduil noch hinterher. Welch Narretei! Noch eine letzten Blick auf seinen Heeresführer werfend eilte er seinem Vater hinterher und zur Hilfe.
„Oropher ist vom Wahnsinn gepackt, wir müssen ihn da heraus holen", rief Elendil entsetzt aus, als er die Reiterei der Waldelben voranstürmen sah, allen vornweg Oropher und sein Sohn.
Gil-galad, den Waldelbenkönig verfluchend und einen Irren schimpfend, gab endlich den Befehl zum Angriff; vielleicht konnten sie ja noch retten, was zu retten war.
Doch zu spät, ach zu spät sollten sie kommen.
Mit Mut, der Irrsinn war, trieb Oropher sein stolzes Schlachtross unbarmherzig an, sein Schwert weit ausholend schwingend. Mit donnernden Hufen folgten ihm seine Mannen, und sein Sohn war an seiner Seite. Mitten in die Reihen der Feinde ritten sie, weder auf Mann noch auf Tier achtend. Alles, was ihnen vor ihre Klingen und die Hufe der Pferde kam, wurde niedergemacht. Doch sah Oropher die Lanze nicht, die ein Ork ihm entgegenhielt, und sie traf ihn tief in die Brust, Panzer wie Fleisch gleichermaßen durchdringend, und riss ihn vom Pferde. Schreckensstarr zügelte Thranduil sein Pferd und wollte zu seinem zu Tode verwundeten Vater eilen, doch wurde er aufgehalten von einem der Herolde des Feindes. Ein hitziger Kampf wurde es, doch schließlich gelang es Thranduil, schwer verletzt, seinen Gegner niederzustrecken. Rasch eilte er zu seinem Vater, doch kam jede Hilfe zu spät. Bitter weinend beugte er sich über den Leib Orophers und betrauerte seinen schmerzlichen Verlust. Die tobende Schlacht um ihn herum beachtete er nicht mehr. Und so wäre es auch beinahe um ihn geschehen gewesen, wenn nicht eine Elbin aus Orophers Gefolge sich mutig dem Ork in den Weg stellte, der Thranduil hinterrücks überfallen wollte, und ihn erschlug.
„Komm mit, mein Prinz, du musst fort von hier!", rief sie ihn an.
Wie in Trance ließ er sich von ihr fortführen, überwältigt von Kummer und Schmerz, jedoch nur unter der Bedingung, dass der Leichnam seines Vaters geborgen würde. Sie brachte ihm in Sicherheit hinter die eigenen Linien und versorgte seine Wunden, blieb auch in den nächsten Tagen stets bei ihm. „Wer bist du, schöne Fremde?", fragte er daher, als er wieder klar denken konnte.
„Aramiel ist mein Name, und ich bin Heilerin und Kriegerin", antwortete sie.
Und so geschah es, dass sich sein Herz dem ihrem zuwandte, und ihres ihm, trotz all der Schrecken oder gerade deswegen. Noch wussten sie jedoch nichts von den Gefühlen des jeweils anderen zueinander.
Doch die Schlacht sollte sobald noch kein Ende nehmen und Thranduil, der nun der König der Waldelben war, musste alsbald an seines Vater Platz treten. Oftmals kämpften sie tagelang ohne Unterbrechung, bis Freund wie Feind vor Erschöpfung beinahe tot umgefallen wären. Hin und her wogte das Schlachtenglück, die Verluste waren zahlreich und schmerzlich. Doch niemand gab auf, wollte es nicht tun. Die einen kämpften aus Furcht vor dem Verlust der geliebten Heimat und die anderen aus Furcht vor dem gehassten Sauron, ihrem Feldherren. So gingen die Jahre ins Land, und Blut tränkte die Erde.
Wieder einmal hatte der Letzte Bund eine, wenn auch nur kurze, Verschnaufpause vor den erbarmungslosen Kämpfen. Thranduil hatte zahllose aber kleine Wunden aus dem letzten Kampf davongetragen, die nun Aramiel sorgsam versorgte. Nur sie tat dies, und er wollte es auch nicht anders; ihre Nähe gefiel ihm. Die Dunkelheit seines Zeltes und die Stille darin wurden nur von einer Schale mit einem knisterndem Feuer darin verdrängt, mehr brauchte er nicht an Licht und Wärme in den Nächten, die verdunkelt wurden von Saurons Schatten. Die beiden waren allein.
„Ach, sag mir, Aramiel, warum müssen wir nur so viel Grausames erleiden?", seufzte er schließlich. „Viele meiner Kameraden mussten bereits ihr Leben lassen, und ihre Leiber wurden zerhackt und geschändet von den Orks, der niederen Brut Saurons. Und dann, gleich beim ersten Angriff auf Mordor, fiel auch noch mein Vater. Nicht einmal ein ordentliches Begräbnis konnten wir ihm geben. Welch furchtbares Schicksal hat mich ereilt! Womit bloß verdiene ich es?"
Sie hielt inne, seine Wunden zu waschen, und sah ihm in die Augen. Schmerz und Kummer und großes Leid sah sie in ihnen und doch lächelte sie, denn er war immer noch ihr König. „Verdient hast du es bei weitem nicht", sagte sie. „Doch solange du uns in die Schlacht führst, werden wir dir folgen und nichts wird vergebens sein. Sauron wird fallen!"
„Wie kannst du dir da so sicher sein?", fragte er.
„Höre auch dein Herz", entgegnete sie und legte ihm seine Hand darauf. „Was sagt es dir?"
Eine Weile schwieg er. Doch dann begegnete er ihrem Blick und sagte: „Dass du wunderschön bist, das sagt es mir." Und er beugte sich vor und küsste sie, und nun fanden sie endlich zueinander.
Von nun an zog Thranduil wieder mit Hoffnung und neu gewonnener Stärke in die Schlacht. Die Belagerung Barad-dûrs wurde immer drückender, und schlussendlich musste der Hexer doch hervorkommen, wo doch schon alles gewonnen schien, den Einen Ring an seiner schwarzen Pranke. Er focht mit Elendil und Gil-galad und erschlug sie und ward nicht niederzuwerfen. Da ergriff Isildur die Bruchstücke seines Vaters, Elendils, Schwert Narsil und schnitt mit dem Heftstück dessen Sauron den Ring vom Finger und behielt ihn. Da war Sauron, der Feind aller Völker Mittelerdes, doch besiegt, wie es schien.
Doch zu welchem Preis war dieser Sieg erkauft? Gil-galad und Elendil waren gefallen im Zweikampf mit Sauron und Anárion, Isildurs Bruder, fiel mit vielen der Seinen in der Ebene von Gorgoroth. Auch die Waldelben hatten schmerzliche Verluste zu verzeichnen; Thranduil, der seinen Vater verlor, kehrte mit kaum einem Drittel seiner Armee in die Heimat zurück. Lange hatten sie danach Frieden, und die Zahl der Waldelben mehrte sich wieder. Doch sie waren unruhig und ängstlich und spürten die Veränderung, die das aufkommende Dritte Zeitalter bringen würde.
.
Einige Jahre später heiratete Thranduil Aramiel, und sie wurde seine Königin. Viele Jahre nach dem Beginn des Dritten Zeitalters dann wurde ihr erster und einziger Sohn geboren. Legolas nannte Thranduil ihn.
