Ich wartete bis die Schritte der Nachtschwester verklungen waren und setzte mich auf.
Meine Hände suchten zuerst nach meinen Schuhen und ich zog sie an. Schnell aber ordentlich band ich sie mir zu und griff nach meinem Beutel. In der Dunkelheit tastete nach dem Kleiderstapel rechts neben mir auf einem Stuhl. Vorsichtig stand ich auf und hielt mich am Nachttisch fest, als ich leicht schwankte. Das erste Mal seit Tagen stand ich wieder auf meinen eigenen Füßen und hoffte inständige, das ich es auch schaffen würde bis zu dem Raum gegenüber meines Bettes zu kommen.
Einen Fuß nach dem Anderen setzend bewegte ich mich fast vollkommen geräuschlos auf die Tür zu, öffnete sie einen Spalt, großgenug um hindurch zu schleichen, und trat ein. Ich hatte richtig vermutet, dass der Raum nur eine kleine Kammer war und nicht etwa ein angrenzender Krankensaal. Die Wände waren mit Regalen vollständig überladen und ein Lappen fiel herunter als ich an eines dieser stieß. Ich atmete erleichtert auf. Ein Problem weniger.
Doch genug der Zeitverschwendung! Eine weitere Welle der Übelkeit überrollte meinen Körper und ich trieb mich selber zur Eile an.
Geschwind legte ich das Korsette an, band es möglichst bequem und stieg dann in Unter- und Überrock. Mich überkam ein heftiger Schwindel als ich eine schwarze Bluse anzog und stopfte diese schnell in den Rock hinein. Meine Finger spürten die Stickerei, ebenfalls schwarz, welche sowohl die Ärmeln als auch den Kragen zierte. Die zum Rock gehörende dunkelblau Jacke und einen schweren, aber warmhaltenden schwarzen Umhang zog ich noch über, schließlich wusste ich nicht wie kalt es sein würde. Hoffentlich würde ich sie nicht benötigen. Zuletzt steckte ich mir noch meinen Dolch in den rechten Stiefel und band mir meinen Beutel um mein linkes Handgelenk. Ich wollte ihn im Falle einer Flucht nur ungern verlieren.
Dann war es soweit: Ich wurde heftig von hinten gestoßen und einen Bruchteil einer Sekunde später prallte ich mit einer Wucht, als würde mich ein Auto erfassen, zurück.
Das erste, was ich hörte war Vogelgezwitscher und das leise Rauschen von Wind in den Bäumen.
Enttäuschung erfasste mich. Wieder hatten sie mich mit einem Arschtritt überall anders hingeschickt. Nur nicht nach Hause. Es nervte mich und machte mich krank. Lange würde ich es nicht mehr aushalten. Ich schluckte den Verdruss hinunter und stand auf. Ich musste mich auf einer Waldlichtung befinden, welche nahe einer Straße lag. Die Umrisse dieser waren zwischen den großen Bäumen zu erahnen.
Entschlossen ging ich auf sie zu. Zwar wusste ich, dass es nicht sonderlich klug von mir war, einfach auf eine unbekannte Straße hinaus zu treten, aber mir blieb sonst keine andere vielversprechende Möglichkeit, um heraus zu finden, wo ich war.
Ich hatte fast die Straße erreicht, als ich leise Stimmen hörte. Sie kamen von rechts und ich blieb reglos im Wald stehen. Solange ich nicht wusste, wer da kam, sollte ich mich nicht zu erkennen geben.
Die Stimmen kamen näher und ich hörte, wie der eine sagte: „Er sagte, sie sei hier angekommen." Der andere antwortete: „Das wird wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen." Wieder sprach der erste: „ Mein Freund, Ich denke, dass wird nicht nötig sein - Herrin, es freut mich euch hier in Imladris begrüßen zu dürfen"
