Das Fangtasia war brechend voll. Überall gafften Menschen den Vampiren hinterher und andersrum. Da öffnete sich plötzlich die Tür und ein Mädchen kam herein. Sie schien höchstens 17 Jahre alt zu sein, doch sie verhielt sich als hätte sie Jahrhunderte hinter sich. Das Mädchen trug enge Jeans, ein körperbetontes schwarzes Top und schwarze High-Heels.
Kaum war sie fünf Schritte in der Vampirbar gelaufen, stand ein großer Mann vor ihr. Er war blond, hatte grün-blaue Augen, unter denen große, rote Schatten lagen. „Was macht ein so alter Vampir im Fangtasia?" Eric sah das Mädchen neugierig an.
„Hm, woran sieht du mein Alter?" Fragte sie. „Die Tattoos, dein Auftreten. Unverkennbar." Antwortete der Hüne. Tatsächlich trug sie einige Tattoos; auf ihrem linken Unterarm waren knapp unter der Armbeuge gezackte Linien zu sehen, an ihrem Handgelenk trug sie eine Art Armreif wie aus Stacheln, die Tattoo sahen tatsächlich nicht neu aus.
„Ich habe von der Bar gehört. Du bist Eric, ich kenne... Kannte Godric. Dein Macher, wenn ich nicht irre?" Nun war seine Neugierde geweckt. „Das stimmt." Antwortete er kurz angebunden.
„Ich war mit ihm zusammen. Ihr wart gemeinsam in Deutschland. 1945, Ende des Krieges. Nachdem ihr euch getrennt habt traf ich ihn. Sein Alter beeindruckte mich, nicht viele Vampire überleben so lange. Du hast übrigens auch ein beachtliches Alter erreicht." Meinte sie anerkennend.
„Wir waren bis vor recht kurzer Zeit zusammen. Doch Godric erkannte, dass ihn sinnlosen Töten nicht befriedigte. Als ich versuchte, seine Meinung zu ändern, verließ er mich. Wie ich später erkennen musste, war es nicht nur das Töten und Trinken, was ihn langweilte, sondern das Leben an sich. Ich bekam es in der Nacht nach seinem Tod sofort mit. Ich kann nicht glauben, was er getan hat. Das werde ich ihm nie verzeihen." Ihr liefen blutige Tränen über die weißen Wangen.
„Fast 1500 Jahre bin ich nun schon auf dieser Welt und eine Beziehung über kaum 60 davon bringt mich zum Stürzen."
„Warum bist du hier? Du solltest wissen, dass ich mindestens genauso gelitten habe und auch ich ihn nicht zurückbringen kann." Meinte Eric ein wenig verwirrt.
„Das Einzige, was ich dir zu sagen habe, ist, wie sehr er dich geliebt hat. Du warst mehr für ihn, als ein Sohn für einen Vater je sein könnte. Nach dem, was ich darüber weiß, kann ich nicht verstehen, wie er dir das antun konnte. Es tut mir leid." Die Tränen in ihren Augen wurden mehr und mehr, bis ihr halbes Gesicht von Blut gedeckt war. „Es tut mir leid..." Hauchte sie noch einmal leise, bevor sie mit einem Zischen verschwand.
