Zuerst die Formalitäten: „Eragon" und alle dazu gehörenden Namen und Marken gehören nicht mir. Ich schreibe die Geschichte nur zum Vergnügen, verdiene kein Geld damit und beabsichtige auch nicht, das in Zukunft zu tun.
Zur Einordnung: Die Geschichte setzt kurz nach dem Ende des 2. Buchs an und nimmt von dort an einen alternativen Verlauf. Ich werde zwar die Erkenntnisse des dritten Bandes mit einbeziehen, aber die meisten Ereignisse – vor allem die unliebsamen – ignorieren.
Ich hoffe, trotz der Einschränkungen wird die Geschichte Anklang finden. Somit wünsche ich allen interessierten Lesern viel Freude beim Schmökern.
Kapitel 1: Von oben betrachtet
Wir sollten losstürmen und sie zerreißen und zerfetzen und in Stücke beißen.
Fraya gab angesichts dieses Ausbruchs ein lautes Seufzen von sich und vergrub ihren Kopf für einen kurzen Moment in ihrem Mantel, der im Wind nervös flatterte. Das war wirklich nicht auszuhalten. Hatte dieser kleine Hitzkopf nichts Besseres zu tun als sich nach einer blutigen Schlacht zu sehen? Der Boden unter der Frau begann heftig zu erbeben und sie gab noch einen Seufzer von sich. Heute schienen sich alle gegen sie verschworen zu haben. Dabei war die Lage doch bitterernst. Schließlich zog da unten einen Streitmacht an ihnen vorbei – oder zumindest ein Teil davon. Sicher, sie wären diesem Problem gewachsen gewesen. Der Zug bewegte sich durch eine enge Schlucht. Damit waren ihre Möglichkeiten eingeschränkt. Doch es war wirklich nicht angemessen, sich einfach so in ein Gemetzel zu stürzen.
Zerfetzt wird nur wenn ich sage, es wird zerfetzt. Klar?, ermahnte Fraya.
Das Beben unter ihr wurde noch heftiger und sie hatte bald Mühe, sich gerade zu halten. Das war ja kaum zu fassen. An diesem Tag musste sich wirklich alles gegen sie verschworen haben.
Pah!, kam die bockige Antwort – begleitet von einem lauten Fauchen. Du bist langweilig. Unsere heldenhaften Ahnen hätten Mut bewiesen und sich in die Schlacht gestürzt.
Was war das denn für ein dummes Argument. Nur weil andere es machten, auch wenn es die hoch verehrten Vorfahren waren, musste es noch lange nicht richtig oder besser sein.
Mag sein. Aber weißt du, was der entscheidende Unterschied zwischen ihnen und mir ist? Ich lebe noch, meinte Fraya um Beherrschung ringend. Im Übrigen kann ich das nicht riskieren. Dein Vater reißt mir den Kopf ab, wenn ich dich nicht wieder heil nach Hause bringe.
Ein leises Scharren und ein mürrisches Schnaufen waren zu hören. Die typische kindliche Trotzreaktion.
Du bist doof, kam schlicht zur Antwort mit dem Unterton, der deutlich machte, dass dazu nicht mehr gesagt werden sollte.
Der Boden unter Fraya wurde nun so heftig erschüttert, dass sie ein Stück nach unten rutschte. Mühevoll hangelte sich die Frau wieder nach oben. Sie atmete ein paar Mal tief durch und gewann Stück für Stück ihre Beherrschung wieder. Es war wieder einer dieser Tage … die sich auffällig häuften, seit sie Lux und seine Schwester am Hals hatte. Aber so konnte man es nicht wirklich ausdrücken. Im Grunde mochte sie die kleinen Wirbelwinde. Sie wahren frech aber auch von Herzen gut und ehrlich.
Du bist wirklich eine große Hilfe, brummte Fraya und richtete ihre Kleidung wieder. Hast du schon mal von der gewagten Theorie gehört, dass Drachen ihren Reiter bei seinen Aufgaben unterstützen und den Rücken stärken sollen.
Sie schmiegte sich an das Gebilde aus schwarzen Schuppen unter sich und begann ausgiebig, den Drachenhals zu kraulen.
Ja, irgendwer hat da mal etwas in der Art erwähnt, vor einiger Zeit, stimmte ihr der gewaltige schwarze Drachen zu.
Fraya verzog ihr Gesicht zu einem gequälten Lächeln und fuhr mit den Händen über die grünen Äderchen, die die Flügel ihres Drachen überzogen. Inzwischen erbebte Endres noch einmal unter einem leisen Lachen. Eilig zog er seinen Kopf wieder ein und drückte ihn platt auf den Boden, denn von unten warf jemand einen Blick zu ihnen hinauf. Von dort aus musste der vorwiegend schwarze Drache wie die Spitze des Hügels aussehen, während der eigentlich Gipfel hinter ihm verschwand.
Gesindel, fauchte er ungehalten. Wofür halten sie sich, die Rechte der Menschen so mit Füßen zu treten?
Fraya antwortete nicht, doch sie stimmte ihrem Seelengefährte völlig zu. Vor kurzem hatte sie noch beobachtet, wie diese Leute, die man gut und gern für Soldaten halten konnte, durch ein Dorf gezogen waren und alle kampftauglichen Männer verschleppt hatten – unter dem Vorwand, sie für eine bevorstehende Schlacht einziehen zu müssen. Es war ein Affront. Nichts desto trotz lag es nicht bei ihnen, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Jedenfalls nicht, ohne es mit den zuständigen Personen abgestimmt zu haben. Lux schien das aber völlig anders zu sehen.
Die schnapp ich mir jetzt, faucht er, stieß sich vom Felsen ab und wollte sich im Segelflug nach unten stürzen.
Fraya verzog ärgerlich das Gesicht, sprang mit einem Satz nach vorn, um sich mit beiden Beinen und einem Arm am Hals ihres Drachen festzuhalten. Mit der freien Hand umfasste sie Lux' Schwanz und zog den kleinen Drachen unter Protesten wieder zurück.
Bist du denn von allen guten Geistern verlassen?, tadelte sie das überraschte Schuppenbündel. Das sind zu viele für dich und zu allem Unglück scheinen sie auch noch gut bewaffnet zu sein.
Schmollend setzte sich Lux auf den Rücken seines älteren Artgenossen. Von unten lachte ihn seine Schwester Lyda herzhaft aus. Die beiden waren gerade alt genug, um selbstständig längere Strecken fliegen zu können. Dafür fehlte es ihnen nicht an Selbstbewusstsein, Unvorsicht und Übermut. Beide Geschwister waren von brauner Farbe, das Mädchen ein wenig dunkler und erdiger.
Aber das dürfen sie nicht, protestierte Lux. Jemand muss etwas unternehmen.
Wir werden auch etwas unternehmen, versicherte Fraya. Aber das alles ist eine Frage der richtigen Umstände und des richtigen Zeitpunkts. Das gehört zu den Dingen, die ihr noch lernen müsst und bei uns lernen sollt. Deswegen haben eure Eltern dich und deine Schwester in unsere Obhut gegeben.
Lyda war auf Endres Rücken gekrochen und hatte sich zu ihrem Bruder gesellt. Mit einem friedlichen Surren schmiegte sie sich an den helleren Drachen um ihn und seinen Übereifer zu beruhigen. Auch sie empfand dieses Verhalten als himmelschreiende Ungerechtigkeit. Doch sie hatte von den Älteren ihres Clans gelernt, die Dinge mit Bedacht anzugehen.
Fraya warf den beiden kleinen Drachen einen warmen Blick zu und sah sich dann mit einem drückenden Gefühl im Magen um. Sie konnte nicht genau sagen, was es war, doch irgendwie fühlte sich das alles sehr falsch an.
Es gibt sicher eine vernünftige Erklärung dafür, meinte Endres und legte alle Überzeugung, die er aufbringen konnte, in seine Worte.
Seine Reiterin lächelte seicht und klammerte die Hände um eine seiner Rückenzacken.
Wem willst du etwas vormachen, Großer?, gab sie zurück.
Sie spürte nur zu deutlich, dass ihren Drachen die gleichen Sorgen quälten wie sie selbst. Wenn etwas nicht stimmte, nahmen sie das beide wahr. Das hatten die vielen Jahre sie gelehrt.
Lass uns nach Hause fliegen, entgegnete Endres nur.
Die Truppen im Tal waren inzwischen an ihnen vorbeigezogen. Der Drache konnte sich also wieder unentdeckt bewegen. Bedächtig erhob er sich von seinem Platz, umkreist den Berg mit ein paar kurzen Schritten und schwang sich dann elegant in die Luft – in Richtung Heimat.
