Disclaimer: Die Figuren gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit ihnen.
Niemals Langeweile
Sherlock legte beide Hände auf den Lehnen seines Sessels ab und sank noch etwas tiefer hinein. Nur ein wenig, so dass John, der ihm gegenüber saß, nicht merken würde, dass er sich fallen ließ. Unweigerlich ging Sherlocks Blick zu John hinüber. Der knetete die Hände und legte die Stirn in Falten. Es war beinahe körperlich schmerzhaft, John beim Denken zuzusehen.
- Sorgen - Unentschlossenheit -
Wenn es wieder wegen seiner mörderischen Geheimagentenfrau ist... Sherlock seufzte, richtete sich wieder etwas mehr auf und sagte: „Du willst reden. Wenn es wieder wegen Mary ist, ich sagte schon, du kannst ihr vertrauen."
„Nein, das ist es nicht", kam es von gegenüber zurück.
„Was ist dann?"
„Sherlock."
„Ja."
„Sherlock", John räusperte sich hörbar, „du bist intelligent und gebildet."
Ein tiefes „Hmmm" kam zur Antwort. Sherlock sah zur Zimmerdecke hinauf.
„Wie kann jemand, der Chemiker ist und alles darüber weiß, Drogen nehmen?"
„Ahhhh. Das. Mir war langweilig." Sherlock drückte sich wieder in die Gemütlichkeit des Sessels hinein. Er sah sich im Wohnzimmer um. Wo hatte er seine Geige abgelegt?
„Und?", fing John nach ein paar Minuten Schweigen wieder an.
„Was und?"
„Nur Langeweile. Ernsthaft?". John lachte auf. „Vor ein paar Tagen erst habe ich dich in einem Crackhaus gefunden. Das..."
„Wie oft denn noch? Das war für einen Fall. Ich war undercover!"
John legte den Kopf schräg. „Dafür hättest du nicht wirklich Drogen nehmen müssen. Es hätte gereicht, so zu tun als ob."
„Hmmpf." Sherlock verschränkte die Arme und starrte zu seinem Totenschädelfreund auf dem Kaminsims hinüber. Der hatte nie widersprochen.
„Schau, Sherlock, ich muss das wissen, damit ich dir helfen kann."
Sherlock holte Luft, aber war zu langsam.
„Und sag jetzt nicht, du brauchst keine Hilfe. Du hast die Wahl, du kannst es mir selber erzählen oder ich gehe zu Mycroft", drohte John.
Sherlock machte den Mund auf und wieder zu und wieder auf, bevor etwas herauskam: „Das würdest du nicht."
Er sah sich Johns Gesicht und Haltung an.
- zusammengezogene Augenbrauen - fester Blick - angespannte Muskeln
Sherlock unterdrückte einen weiteren Seufzer. „Gut. Von mir aus. Wie du willst. Es war einmal..."
„Sherlock! Wir haben darüber gesprochen."
„In Ordnung. Ich hatte einen schweren Unfall, bei dem es zu einer temporären Sauerstoffunterversorgung meines Gehirns kam. Dadurch wurde eine autoskopische Halluzination ausgelöst."
John schien das kurz zu verarbeiten. „Du hattest eine Nahtoderfahrung, bei der du dich außerhalb deines Körpers gesehen hast? Hast du noch mehr gesehen?"
Sherlock rümpfte die Nase „Keine Engel oder ein Licht am Ende des Tunnels, wenn du das meinst." Sein Gesichtsausdruck erhellte sich. „Aber es war unglaublich, John. Ich war von Schmerzen und Ängsten völlig losgelöst. Und alles lag ganz klar vor mir. Alles. Es gab keine Fragen mehr, nur noch Antworten. In meinen Gedanken war Ruhe, John." Sherlock sah verloren vor sich hin.
„Dissoziation."
„Hmm?"
„Du hattest eine dissoziative Erfahrung", erklärte John.
Sherlock nickte. „Aber als ich im Krankenhaus wieder aufgewacht bin, war alles wieder wie vorher. Ich wollte dieses Gefühl von Schwerelosigkeit wieder haben."
„Ganz zu schweigen von Allwissenheit." John schmunzelte verständig.
Ein Grinsen huschte über Sherlocks Gesicht. „Wenn ich an einem Fall arbeite, sind meine Gedanken geordnet, fokussiert. Wenn ich den Fall löse, werde ich von Erfolg durchflutet. Das ist wie ein Drogenrausch." Sherlock zuckte mit den Schultern. „Vielleicht besser."
„Die nächste Zeit wird bestimmt nicht langweilig", sinnierte John.
„Dafür sorge ich."
