Kapitel 1

Plötzlich höre ich Schritte. Ich drehe mich um und will den Raum durch die zweite Tür verlassen. Zu spät, ich bin gerade durch den Torbogen hindurch, da sehe ich eine schwarze Gestalt vor mir auftauchen.
Es ist nur eine Silhouette die vom fahlen Mondlicht beschienen wird und ich erkenne das Gesicht nicht.
„Wer sind sie?", frage ich.
Ich habe ehrlich gesagt nicht erwartet, dass mich jemand hier stören würde. Weit und breit ist kein Haus und laut war ich auch nicht. Ich spüre, wie er seine Hand auf meinen Mund presst und ich wache einige Zeit später wieder auf.
Ich drehe mich um und merke, dass ich noch immer im selben Haus bin, aber im Wohnzimmer. Es ist dunkel, nur die Sterne bieten ein wenig Licht und die Straßenlaterne gegenüber flackert unregelmäßig. Ich sehe den Mann, ich schätze es ist ein Mann, ein paar Meter vor mir. Er bemerkt, dass ich aufgewacht bin und geht wieder auf mich zu. Ich sehe ein Messer in seiner Hand glitzern. „Halt!" rufe ich leise und setze mich aufrecht hin.
„Hast du sie getötet?" fragt er mich nach dem Verbleib der Hausbesitzerin, deren Blut im Schlafzimmer vermutlich bereits zu einer hübschen Lache zusammengelaufen ist. Ich nicke verwirrt und betrachte ihn.
„Wer sind sie?", frage ich und mir wird klar, dass er wohl dasselbe tun wollte wie ich.
„Warum?"
„Es war mein Auftrag", antworte ich strikt mit der Wahrheit.
Dieser Typ würde mich wohl als letzter an die Bullen verpfeifen. „Du bist Auftragskillerin?"
Ich nicke erneut und er mustert mich eine Zeit lang.
„Für wen arbeitest du?
„Was geht dich das an?" Ich bin nicht unfreundlich, aber direkt.
„Ich möchte dich abwerben. Mir gefällt deine Vorgehensweise."
„Die ist immer unterschiedlich."
„Das ist gut…weißt du, ich gehe immer nach einem bestimmten Muster vor…"
„Und das wäre?" frage ich ein wenig gelangweilt, vielleicht lass ich mich ja auf den Typen ein, wenn er größere Herausforderungen für mich hat, als mitten in der Nacht in ein alleine stehendes Haus einzubrechen und jemandem die Kehle durzuschneiden.
„Ich töte Frauen, manchmal vergewaltige ich sie. Darcy sollte mein nächstes Opfer werden, du bist mir wohl zuvorgekommen."
„Oder du warst einfach zu langsam", sage ich. Ich sehe zwar nicht viel, aber ich erahne ein Lächeln auf seinem Gesicht.
„Dann nehme ich das Blut meiner Opfer und male einen Smiley an die Wand", erklärt er und mein Gesicht verhärtet sich. Wie versteinert blicke ich auf die Gestalt, die mit dem Messer in der Hand vor mir steht.
„Du bist Red John", flüstere ich leise.

***

„Ist das ihr ernst?" fragte Lisbon als sie in das Büro kommt und sieht, wie Jane Van Pelt erneut einen Kartentrick vorführt.
„Wie machen sie das?" fragte die rothaarige Agentin gerade.
Sie standen beide bei Van Pelts Schreibtisch, sie hielt einen Kartenstapel in der Hand und schaut sich die nächste Karte an.
„Quadrat", sagte Jane und sie sortiert die Karte wieder nach hinten und hält die nächste hoch.
„Dreieck", teilt Jane mit und lächelt.
„Wie ist das möglich?" fragt die Agentin und hält die Karte umgedreht vors Licht um zu überprüfen, ob sie durchsichtig ist.
„Er sieht die Spiegelung der Karte in der Wand hinter ihnen", erklärt Lisbon genervt.
„Och, Lisbon. Sie sind so eine Spielverderberin", mault Jane und Grace gibt ihm die Karten zurück.
„Wir haben einen neuen Fall", Lisbon schaut in die Runde. Rigsby und Grace packen bereits ihre Sachen.
„Wer und wo?", fragt Cho trocken.
„Eigentlich ist es ein Fall des FBI, aber sie haben unsere Hilfe erbeten", fährt Lisbon fort. „Agent Darcy ist tot."
Die Agenten schauen sich verwirrt an.
„Sicher, dass sie uns dabei haben wollen?" fragte Jane und räumte die Karten zurück in den Schreibtisch, den er eigentlich nie benutzte.
„Sie wollen den Fall so schnell wie möglich aufgeklärt haben", seufzte Lisbon und verschwand wieder. Die Agents beeilten sich, ihr nachzurennen.
Sie kamen ungefähr eine Dreiviertelstunde später am Tatort an.
Darcy wohnte außerhalb von Sacramento in einer sehr ruhigen Gegend, weshalb ihre Leiche auch erst gefunden wurde, nachdem Arbeitskollegen sich Sorgen gemacht hatten, dass sie nicht pünktlich erschienen war und auch nicht ans Telefon ging.
Das Haus war mit gelbem Absperrband versehen und überall liefen Polizisten in dunkelblauen Uniformen und FBI-Agenten in Men-in-Black Anzügen herum, natürlich alle verkabelt. Unbeeindruckt gingen die Agenten vorbei ins Haus und Jane schaute sich natürlich gründlich um.
„Oben", erklärte ein Streifenpolizist und sie folgten der Anweisung. Lisbon öffnete die Tür zum Schlafzimmer und erblickte sofort die Leiche.
Es waren nur Polizisten dort, natürlich keine Forensiker. Es hieß, ein Rechtsmediziner sei auf dem Weg, denn es wurde nicht immer einer gebraucht. Dadurch, und durch schlampige Polizeiarbeit, gingen natürlich oft Beweise verloren.
Jane schaute sich zunächst im Zimmer um, es war sehr schlicht eingerichtet, es standen nur zwei Bücher auf dem Nachttisch und die Bettdecke war bereits auf den Boden verlegt worden.
Darcy hatte ihre Augen geschlossen, die Kehle war einfach aufgeschlitzt mit einem sauberen Schnitt und das Blut hatte die Matratze verfärbt und war auch auf die Parketten getropft, wo das Holz es bereits eingezogen hatte.
Jane ging näher heran, schnüffelte ein wenig herum, ignorierte Lisbons genervten Seufzer über sein Verhalten und er richtete sich wieder auf.
„Es war ein Profi", erklärte er und drehte sich zu den Agenten um, die immer noch Beweise eintüteten.
„Ach wirklich?" fragte Lisbon mit ihren Blick, der sie zugedröhnt und schläfrig wirken ließ.
„Der Schnitt ist sauber und mit einem geeigneten Messer durchgeführt worden. Das Schloss unten wurde aufgebrochen, jemand war sehr diskret, also keine persönlich motivierte Tat."
„Das heißt, jemand hat für den Auftrag an Darcy bezahlt", sagte Cho und verschränkte seine Arme.
„Na schön, dann müssen wir nur herausfinden, wer", beschloss Lisbon, als Rigsby ins Zimmer kam: „Unten auf der Couch haben wir ein langes blondes Haar gefunden, was eindeutig nicht von Agent Darcy stammt. Es wird ins Labor geschickt", teilte er mit und Lisbon nickte. „Na toll, schauen sie sich hier nochmal um, ob sie noch etwas finden."


Sie waren wieder im Großraumbüro und Rigsby legte den Hörer auf, als Jane mit seiner Teetasse wieder den Raum betrat.
„Das war die Rechtsmedizin. Sie haben das Haar analysiert und die DNS extrahiert. Sie haben das Muster nach unten geschickt", erklärte er.
„Ich gehe mal schauen, ob sie schon einen Treffer gelandet haben", sagte Van Pelt und stand auf, um in den Keller zur Datenanalyse zu gehen.
„Was denken sie, Jane, wer hätte Darcy umbringen wollen?" fragte Agent Rigsby.
Der Berater setzte sich gemütlich auf seine Couch und dachte nach: „Sie hat genügend Feinde. Die Frage die sich eigentlich stellt, ist, wer würde einen professionellen Auftragskiller dafür bezahlen? Es schien wirklich jemand mit Erfahrung zu sein."
„Hm", machte Rigsby und wandte sich wieder den 360°-Tatortfotos zu, die er auf seinen Rechner gezogen hatte.