TITEL: Crescendo (poco a poco)
GENRE:
Charakterstudie/Drama
CHARAKTERE:
House, Wilson, Thomas Bell
PAIRING:
Gen
RATING:
PG
SPOILER:
Spoiler für 6x15
WÖRTER:
550
ZUSAMMENFASSUNG:
House versucht, seinen biologischen Vater anzurufen. Nach und nach.
ANMERKUNG:
100 Situations Challenge, Prompt #038: Challenge


Der erste Anruf scheiterte schon am Drücken der richtigen Tasten.


Beim zweiten Mal legte er bereits auf, nachdem das erste Freizeichen erklungen war. Er wusste nicht, was all das sollte.


Den dritten Versuch brach er wohlwissend ab, bevor er sich überhaupt ereignen konnte. Stattdessen schenkte er sich einen doppelten Whiskey ein und schaffte es, seine Hände vorerst damit zu beschäftigen.


Der vierte Anruf galt Wilson, auch wenn das so nicht geplant war. Doch war es besser, am Ende überhaupt eine Nummer zu wählen, als immer wieder daran zu scheitern.

"Was ist?", wollte Wilson wissen. House fragte sich genau das gleiche.


Der fünfte Tag, das fünfte Mal. Er fragte sich, ob es je enden würde. Fragte sich, wie es enden würde, wenn es denn enden würde, und ob es enden würde, bevor es überhaupt angefangen hat. Er fragte sich so viel, verlor sich in wirren Gedanken und legte das Telefon beiseite.


Das Freizeichen rauschte bereits zum sechsten Mal durch die Leitung und er fing an, sich gut zu fühlen, weil er es getan und durchgehalten hatte und dabei gleichzeitig wusste, dass jetzt niemand mehr den Anruf entgegennehmen würde. Er ließ es ein paar weitere Male klingeln, bevor er zufrieden auflegte, ein paar Mal tief durchatmete und sich wieder dem Tag widmete.


Er ließ es ein paar Wochen bleiben, erquickte sich von Zeit zu Zeit an dem Gefühl, einmal durchgehalten zu haben, bis sich die bittere Erkenntnis in sein Hirn schlich, dass er rein gar nichts erreicht hatte.

Er holte das Predigtbuch aus einer der Schubladen, justierte es solange, bis es ganz exakt parallel zu den Tischkanten ausgerichtet war, und rüstete sich für den siebten Versuch. Am Ende wählte er nicht einmal.


Als das Freizeichen ein weiteres Mal ertönte und sich in seinen Ohren wie eine nicht mehr verklingende Explosion anhörte, fing seine Hand ganz leicht an zu zittern. Es war noch schwerer als beim letzten Mal.

Nach fast dreißig Sekunden beruhigte sich sein Herzschlag wieder. Er musste keine Angst mehr haben, keine Gedanken mehr an die richtigen oder falschen Worte verschwenden. Als plötzlich doch noch eine Stimme erklang, legte er hastig auf und sein Herz klopfte auf einmal bis zum Hals.


Diesmal rief er nicht in der Hoffnung an, dass sich niemand melden und er sich danach einfach nur besser fühlen würde. Nein, diesmal rief er an, weil er wusste, dass genau das nicht mehr funktionierte. Diesmal rief er an, weil er seine Stimme hören wollte.

Es dauerte nicht so lange wie beim letzten Mal.

"Bell", meldete sich eine sonore Stimme nach einem kurzen Räuspern.

House sagte nichts und versuchte, so ruhig wie möglich zu atmen.

"Hallo?"

Er hatte nicht angerufen, um etwas zu sagen. Trotzdem fühlte er sich irgendwie besser.


Am nächsten Abend—zum ersten Mal nicht in seinem Büro, sondern zurückgezogen zu Hause—hatte er wieder nicht vor, etwas zu sagen.

Er meldete sich am anderen Ende mit der gleichen, sonoren Stimme, fragte nach der eigenartigen Stille wie schon beim letzten Mal nach, doch diesmal legte er dann nicht einfach auf. Er blieb dran und House hörte ihn besonnen atmen.

Nach weiteren lautlosen Sekunden, in denen er mit dem Auflegen kämpfte, sagte House plötzlich doch etwas: "Hier ist Greg House. Ich bin—" Er brach ab.

"Ich weiß, wer du bist, Greg."

Sein Herz setzte einen kurzen Moment aus.

ENDE