Spencer fragte sich, ob es etwas Schlimmeres geben konnte, als auf einen Menschen zu warten, den man nicht kannte und eigentlich auch gar nicht kennenlernen wollte. Aber Penelope hatte ihn quasi zu diesem Blind Date gezwungen. Sie hatte ihn ja gewarnt, nicht mit Morgan über ihr Gespräch zu reden, aber er war es leid gewesen, dass jeweils beide ihn ständig mit Fragen zum anderen belästigt hatten. Warum hatten sie überhaupt ihn gefragt? Es musste beiden doch klar sein, dass dieses eines der wenigen Themen war, von denen er keine Ahnung hatte.
Es war vor zwei Tagen gewesen, als Penelope ihn wieder in ihr Büro gezerrt hatte.
„Ich habe dir doch gesagt, dass es mir leid tut, aber ihr beide seid mir auf die Nerven gegangen."
„Strafe muss sein, du hast Freitag abend ein Date mit Tara."
„Was?"
„Sie freut sich schon, dich kennen zu lernen. Ihr geht essen, um acht Uhr im Trade."
„Du kannst doch nicht einfach..., ich werde nicht..."
„Oh, doch, du wirst hingehen. Darling, Tara wird mir sofort mitteilen, sollte dein entzückendes Hinterteil auch nur 1 Minute zu spät da sein. Ich werde dann dafür sorgen, dass sie einen kleinen Hausbesuch macht."
„Okay, gut..."
Er war extra 15 Minuten zu früh dran gewesen, es hätte ihn nicht gewundert, wenn Penelope wie Nemesis höchstpersönlich vor dem Restaurant gestanden hätte. Sie hatte sogar einen Tisch reserviert. Noch 10 Minuten, bis diese ominöse Tara hier auftauchen sollte, Informatikstudentin laut Penelopes Auskunft. Spencer sah erneut auf seine Uhr.
„Spencer ? Das kannst eigentlich nur..."
„Dr. Spencer Reid," erwiderte er genervt und sah auf. Das erste, was er sah, waren zwei große, grüne Augen, die ihn anfunkelten.
„Tara McKinsey, keine Doktortitel, keine Auszeichnungen oder sonstiges..., Pen hatte recht, du weißt echt, wie man mit Frauen umgeht."
„Wollen Sie den ganzen Abend da stehen bleiben?"
„Ehrlich gesagt nein..."
Bevor sie sich setzte, hatte Spencer die Gelegenheit, Tara näher in Augenschein zu nehmen, ca. 1,76 m groß, kupferrote glatte Haare, die sie in einem asymmetrischen Pagenkopf trug, der auf der längeren Seite knapp übers Kinn reichte, sie machte sich keine Mühe, die Sommersprossen zu überschminken, die sich teilweise auf ihren Wangen ausgebreitet hatten. Sie trug ein limonengrünes Kleid im 60er Jahre Style über einer schwarz-grün gemusterten Bluse. Ihm fiel auf, dass sie ihre Uhr ebenfalls über dem Ärmel trug.
„Garcia hatte nichts von Erkennungszeichen gesagt."
„Bitte?"
„Ihre Uhr..."
„Ach so, nein, ich trage sie immer so, es würde mich beim Programmieren nerven, wenn ich sie nicht ständig im Blick hätte, sonst würde ich Tage vorm Rechner sitzen."
„Wollen Sie sich über mich lustig machen?"
„Nicht nötig. Das machst du schon selbst."
„Sie sind ziemlich unverschämt."
„Ich bin unverschämt? Na ja, Pen hat mir schon gesagt, dass ich mich nicht wundern soll..."
„Wundern worüber?"
„Über dein Verhalten, dass du ein wenig anders bist, aber ich finde, mit ein wenig hat sie deutlich untertrieben. Du verhältst dich mehr als merkwürdig mir gegenüber."
„Na, ganz toll, hören Sie mir mal zu, ich will eigentlich gar nicht hier sein, ich bin nur hier, weil Garcia mich sozusagen genötigt hat, zu dieser Verabredung zu erscheinen."
„Was? Das hat sie mir nicht gesagt. Okay, hör zu, wenn ich dir so absolut unsympathisch bin, dann beenden wir das hier und jeder von uns kann nach Hause gehen. Es ist nur schade, weil sie mir viel von dir erzählt hat und ich dich tatsächlich kennenlernen wollte."
Tara stand auf.
„Es tut mir leid, es war nicht fair von mir. Nur das hier ist mein erstes Blind Date, und ..."
„Und jetzt?"
„Ich weiß auch nicht."
„Also, ich könnte noch mal reinkommen und wir tun so, als wenn die letzten paar Minuten gar nicht passiert wären."
„Ich glaube, das muss nicht unbedingt sein."
Sie standen sich gegenüber, durch den Tisch voneinander getrennt, bis Tara ihm die Hand reichte.
„Okay, ich bin Tara."
„Spencer."
„Mit oder ohne Doktortitel?"
„Ohne reicht."
„Okay, gut. Dann muss ich mich nicht eingeschüchtert fühlen."
„Wäre sonst auch nicht nötig."
„Hey, du siehst wirklich netter aus, wenn du lächelst."
Tara musste grinsen, als Spencer langsam von den Ohren her rot anlief.
„Darauf hat Pen mich auch noch vorbereitet."
„Worauf?"
„Dass du rot wirst, wenn du nervös bist."
„Also, was weißt du bis jetzt?"
„Hmm, warte mal, irgendwo hab ich ne Merkliste…."
„Ist nicht dein Ernst."
„Nein, absolut nicht. Okay, was hat Pen mir über dich erzählt? Lass es mich so formulieren, ich weiß nichts über schmutzige Geheimnisse oder Leichen im Keller…, die wirst du mir also persönlich mitteilen müssen."
„Warum drängt sich mir der Verdacht auf, dass du es im Anschluss Garcia erzählen wirst?"
„Vermittel ich einen so indiskreten Eindruck?" fragte Tara.
„Nein, also, aber es ist doch nun mal so, dass Frauen untereinander…"
„Woher weißt du davon, wie Frauen untereinander…?"
„Rein statistisch gesehen…"
„Das hat Pen auch noch erwähnt, die Statistiken."
Tara war nicht verwundert, als Spencer erneut rot wurde.
„Gibt es irgendetwas, dass dir nicht peinlich ist?" Tara konnte sich das Lachen nicht verkneifen, als Spencer sich hilfesuchend nach einem Versteck umsah.
„Es tut mir leid," sagte sie, „es ist nicht meine Absicht, dich hier ständig in Verlegenheit zu bringen."
„Schon in Ordnung, ich weiß nur nicht, na ja, ich …"
„Ist okay…"
Die Kellnerin hatte schnell realisiert, dass sie den beiden ein paar Minuten zum Beschnuppern lassen sollte, bevor sie die Bestellung aufnahm, wobei sie sich schnell entschieden.
„Und was machst du sonst so, wenn du dich von mir nicht in Verlegenheit bringen lässt?"
„Normalerweise lässt mir die Arbeit nicht sehr viel Zeit fürs Privatleben."
„Ich würde jetzt gerne sagen, dass ich das nachvollziehen kann, aber das ist definitiv nicht der Fall. Nur ich merke, dass ich mir jeden Tag nach der Uni sage, dass ich mich möglichst nicht mehr vor den Computer setzen will, aber das halte ich maximal eine Stunde durch, außer ich habe vor, mal wieder zu lesen. Manchmal habe ich von Dokumenten im pdf Format die Nase voll."
„Du meinst richtige Bücher?"
„Ja, allerdings."
„Ich dachte immer, dass Informatiker gegen so etwas eine Abneigung haben, jedenfalls habe ich Garcia noch nie ein Buch lesen sehen."
„Sie hat welche in ihrer Wohnung, aber sehr wenig Literatur."
„Und dein Lieblingsbuch?"
„Rate…."
„Bastard operator from hell?"
„Gar nicht mal schlecht, aber nicht richtig…, willst du weiterraten, oder soll ich es verraten?"
„Kürzen wir es ab und du sagst es mir."
„Versprichst du mir, dass du mich nicht auslachst?"
„Das würde ich nie tun."
„Das glaube ich dir sogar. Okay, mein Lieblingsroman ist „Tod eines Handlungsreisenden". Na, überrascht?"
Spencer sah sie überrascht an.
„Bevor du nach dem warum fragst, wir haben es im Unterricht gelesen, und es hat mich sehr fasziniert, allerdings war ich da so ziemlich die Einzigste."
„Du erlaubst dir jetzt keinen Scherz mit mir, oder?"
„Nein, warum sollte ich?"
„Es ist auch eines meiner Lieblingsbücher."
„Ist es so schlimm, dass wir etwas gemeinsam haben?"
„Nein, absolut nicht, es wundert mich nur."
„Warum? Es ist ja nicht so als wäre es ein todlangweiliges Fachbuch."
„Ich hätte ehrlich gesagt gedacht, du würdest eher auf Science Fiction oder so was stehen."
„Das ist halt eines meiner dunklen Geheimnisse. Da wir das jetzt geklärt haben. Was magst du an dem Roman am liebsten? Oh, lass mich raten. Die psychologische Tiefe des Protagonisten."
„Du willst mich ärgern, oder?"
„Nein, das ist mein purer Ernst."
„OK, du liegst nicht ganz falsch. Die Probleme des Protagonisten, obwohl man eigentlich besser von einem Antagonisten reden sollte, sind so vielschichtig und komplex."
„Oh je, musst du so mit deinem Wissen angeben?"
„Das wollte ich nicht."
„Ok, zurück zum Roman. Du meinst also, es sei faszinierend, dass die Hauptperson immer mehr den Bezug zu Realität verliert, sich alles schön redet und letztlich Selbstmord begeht. Ich würde sagen das ist eher..."
„Geisteskrank?"
„Nein, ich wollte sagen extrem. Es wird ganz langsam beschrieben wie er immer mehr und mehr sich selber verliert. Nicht nur sich sondern auch noch seine Familie. Und warum das alles?"
„Weil er Anerkennung wollte und dem amerikanischen Traum nachhing."
„Genau, und das schlimmste ist, dieser Roman hat an Aktualität nichts verloren."
„Willst du jetzt mit mir hier über die Wirtschaft diskutieren oder worauf soll das hinauslaufen?"
„Warum nicht ?"
„Ich finde das ist nicht gerade ein passendes Thema für ..."
„Ein Date?"
„Ähm...ja."
„Wie süß."
„Was denn?"
„Dass du anfängst es als Date zu bezeichnen."
„Technisch gesehen ist es das auch."
Tara sah Spencer entgeistert an.
„Ist etwas nicht in Ordnung?" fragte er.
„Wir haben technisch gesehen ein Date?"
„Na ja, äh, ..."
„Spencer, können wir uns darauf einigen, dass wir tatsächlich ein Date haben und uns dabei so halbwegs wie normale Menschen benehmen?"
„Meinst du, es ist eine gute Idee, dass wir uns so verstellen müssen?"
Tara sah überrascht auf, weil sie das Gefühl hatte, dass sie seine Schale ein wenig geknackt hatte.
„So, so, du zweifelst also meinen Geisteszustand an."
„Nein, ähm, das hab ich so nicht gemeint..."
„Das war nicht ernst gemeint. Ich glaube, ich sollte immer einen Simultanübersetzer dabei haben, wenn ich weggehe. Das passiert mir total häufig, dass man mich missversteht."
„Kommt mir bekannt vor..."
„Anscheinend noch etwas, das wir gemeinsam haben. Das wird ja immer mehr."
In dem Moment klingelte Taras Handy.
„Du entschuldigst mich kurz...?"
„Klar..."
Tara ging nach draußen, kam aber nach ein paar Minuten zurück.
„Sorry, es war eine gute Freundin, ich hoste ihre Website und sie hatte da ein kleines Problem. Ich hab es aber klären können."
„Nervt es dich nicht manchmal, dass du ständig...?"
„Manchmal schon, gerade wenn ich im Prüfungsstress bin. Dir passiert das seltener, oder? Ich meine, das wäre ja so, als wenn dein Nachbar dich bitten würde, ihm zu sagen, wie er sich verhalten muss, damit keiner darauf kommt, dass er haufenweise zerteilte junge Männer im Kühlschrank hat."
„Das würde irgendwann als Kühlung nicht mehr ausreichen, um den Gestank des Verwesungsprozesses zu überdecken. Es ist ja schon mit einer Gefriertruhe schwer genug..."
„Spencer, so genau wollte ich das nicht wissen."
„Tut mir leid."
„Schon in Ordnung. Passiert mir auch total oft, jemand fragt mich etwas, und ich lande nach 2 Sätzen bei Informatik oder Computer allgemein."
„Aber du hast sicherlich meistens mit Leuten zu tun, die sich auch sehr viel damit beschäftigen."
„Die meisten davon sind mir zu sehr darauf bezogen, im Gegensatz zu vielen von denen hab ich noch Freunde und interessiere mich für andere Dinge. Ich weiß noch, wann Tag oder Nacht ist. Und ich habe wie zum Beispiel heute abend Kontakt mit Nichtinformatikern."
„Du hast ja wenigstens Zeit, Freundschaften zu pflegen."
Tara bemerkte seinen traurigen Gesichtsausdruck.
„Es tut mir leid, ich wollte nicht..."
„Ist schon in Ordnung, man gewöhnt sich dran."
„Und dann lernst du mal jemand anderen kennen und ist ausgerechnet meine verrückte Person. Ich hinterlasse immer gerne einen fürchterlichen Eindruck."
„Nein, absolut nicht. Der Abend gefällt mir immer besser."
„Ist das jetzt dein Ernst?"
„Ja, ich gehe so selten aus, da würde es mir nie einfallen, dich jetzt zu belügen."
„Soweit Pen mir gesagt hat, gehst du nie aus."
„Sie hat es nicht versäumt, dich wirklich über alles zu informieren."
„Glaub mir, sie hat es nicht getan, um dich irgendwie blöd dastehen zu lassen. Nur sie wollte, dass ich möglichst genau weiß, worauf ich mich einlasse."
„Und du hast trotzdem zugesagt?"
„Warum hätte ich es nicht tun sollen? Spencer, ich glaube, du hast ein sehr viel schlimmeres Bild von dir selbst als andere."
„Denkst du?"
„Hey, ich will dich hier nicht analysieren, das wäre wohl eher dein Gebiet, wobei ich dir davon in bezug auf meine Person abraten möchte, aber ich finde dich sehr nett."
„Warum sollte ich überhaupt auf die Idee kommen, dich zu analysieren? Du hast nicht zufälligerweise mehrere Menschen umgebracht, die du bei dir zu Hause versteckst?"
Tara verschluckte sich fast an ihrem Creamy Mint Ice Tea, bevor sie anfing zu lachen. Ihr Temperament trat zutage, wenn sie lachte. Es war zwar laut, aber es klang wie die vertonte Flugbahn eines Delphins.
„Nein, keine Leichen irgendwo in meinem Umfeld," kicherte sie.
„Das beruhigt mich wirklich, dass Garcia mich nicht zu einem Date mit einer Serienmörderin schickt."
„Glaub mir, so etwas ist ihr durchaus zu zutrauen. Du hättest mal sehen sollen, was sie neulich mit diesem Geek auf der LAN Party gemacht hat, nachdem er mit Cola und Pizzaresten auf ihrem Baby rumgekleckert hat. Ich hab mich auf ihren Wunsch hin auf seinen Rechner gehackt und hab seine Registry umgebaut, was ihn für eine ganze Weile nicht sehr glücklich gemacht hat, bis Pen mir gestattet hat, sie wieder zurückzusichern."
„Das sieht ihr ähnlich."
Während des Essens schwiegen sie die meiste Zeit, wofür sie nach dem Essen umso mehr redeten und noch mehr lachten.
„Und sagt deine professionelle Meinung, ist bei mir nichts mehr zu retten und ich muss weggesperrt werden?"
„Nein, du bist völlig in Ordnung."
Tara wirkte ein wenig wie eine ungezogene Elfe, wenn sie lächelte. Sie hatte zudem eine sehr interessante Art an sich.
„Bist du zufrieden mit deinem Leben?" fragte er sie nach einer Weile.
Tara legte den Kopf ein wenig schief, zog eine Augenbraue hoch und schien einen Moment zu überlegen.
„Hmm, was heißt schon zufrieden, mehr oder weniger ja, das variiert halt. Lass es mich mal so sagen, derzeit bin ich mit meinem Alter und dem was ich mache, sehr zufrieden, nur ich wäre gerne geistig älter, dieses Ding mit der Altersweisheit. Um es kurz zu machen, ich will das Aussehen einer 22-Jährigen, die Energie einer 22-Jährigen, aber die altersbedingte Weisheit einer 80-Jährigen."
„Das wird kaum möglich sein."
„Dann sollte das mal jemand erfinden."
Spencer schüttelte lachend den Kopf.
„Tara, wie stellst du dir das vor? Ein kombiniertes Produkt aus Anti Aging Pflege, ein Ratgeberhandbuch und einem Energydrink?"
„Das ist gar nicht mal schlecht, Spence, wirklich nicht schlecht."
„Du meinst das wirklich ernst, oder?"
„Ja, warum nicht? Aber eigentlich bin ich lieber unzufrieden."
„Warum?"
„Unzufriedenheit treibt mich an, weiterzumachen, mich weiterzuentwickeln. Ich glaube, wenn ich irgendwann denke, dass ich zufrieden bin, dass ich dann faul werde."
„Das geht vielen so, du bist also nicht vollends verrückt, auch wenn du das denkst."
„Ich hab von mir selbst nie behauptet, dass ich verrückt bin, das haben immer nur andere. Denkst du eigentlich, dass wir Herr über unsere Entscheidungen sind, ich meine, dass wir nicht unterbewusst zu einer bestimmten Entscheidung gezwungen werden?"
„Worauf willst du hinaus, dass wir durch unsere Erziehung oder Bildung geprägt werden oder dass wir von außen kontrolliert werden...?"
„Eher, dass wir von außen zu bestimmten Sachen gedrängt werden, eine Art unterbewusster Konditionierung..."
„Du bist eine Anhängerin von Verschwörungstheorien?"
„Ja, weil ich denke, wenn es so viele verschiedenen Theorien gibt, irgendwo etwas Wahrheit drinstecken muss."
„Und zu welcher Theorie neigst du?"
„Mich zieht es zu der Theorie mit den Illuminaten."
„Ah ja, die bayerischen Illuminaten, gegründet 1776 in Ingolstadt von Adam Weishaupt, durch einen Regierungserlass von 1785 sind sie verboten worden, darüber wie es weitergeht, gibt es verschiedene Theorie, die am meisten verbreitetste ist die, dass Adam Weishaupt in die Vereinigten Staaten gegangen ist, dort George Washington ermordet hat und Präsident geworden und somit nicht George Washington auf der Ein Dollar Note zu sehen ist. Zudem wäre damit für die Anhänger dieser Theorie auch geklärt, wie die Pyramide mit dem allsehenden Auge auf den Geldschein gekommen ist. Außerdem der lateinische Ausspruch „Novus Ordo Seclorum"..."
Spencer wurde durch einen weiteren Lachanfall Taras unterbrochen.
„Was ist los?"
„Dafür, dass du nicht daran glaubst, weißt du ganz schön viel darüber..., und du solltest mal deinen Gesichtsausdruck dazu sehen."
Wie schon mehrere Male an diesem Abend drehten sich einige Gäste missbilligend nach den beiden um.
„An allen Universitäten gibt es mehrere Gruppierungen, die sich damit befassen und diesen Unsinn auch noch ernsthaft glauben."
„Aber es gibt durchaus Fakten, die dafür sprechen, dass es Dinge gibt, die auf die Illuminaten hinweisen, bestimmte politische Attentate, die Ein Dollar Note, die du ja schon angesprochen hast…"
„Worauf willst du dich beziehen? Auf die beiden lateinischen Ausprüche, den ersten habe ich ja schon erwähnt, der zweite wäre: Annuit Coeptis, was bedeutet: Möge die Unternehmung, gerne wird da auch das Wort Verschwörung verwendet, gelingen. Dann die Pyramide, die ja 13 Stufen hat, was ja mit den dreizehn Hierarchie Stufen der Illuminaten zu tun hat."
„Was ist mit der römischen Zahl hier?" fragte Tara und wedelte mit einem Ein Dollar Schein vor Spencers Gesicht herum, „wenn mich meine Schuldbildung nicht ganz täuscht, steht MDCCLXXVI für 1776, was ja nun einmal das Gründungsjahr der bayerischen Illuminaten mit ihrem Gründer Adam Weishaupt ist und merkwürdigerweise beginnen die Namen beide mit dem Buchstaben „W", der zufälligerweise der 23. Buchstabe im Alphabet ist. Wenn man zudem bedenkt, dass 2 + 3 in der Quersumme 5 ergibt und ich mir mal spontan die Form des Pentagons in Erinnerung rufe, was ja nun mal fünfeckig ist."
„Und wahrscheinlich ist das Nächste, was du anführst, die Theorie nach dem Ausspruch, dass alle großen Anarchisten an einem 23. bzw. sogar an einem 23.05. gestorben sind."
„Aber du musst zugeben, dass sehr viele Politiker und auch andere an einem 23. gestorben sind, beziehungsweise dass auch viele große historische Ereignisse an einem 23. geschehen sind. Um mal ein paar Beispiele anzuführen, der ehemalige schwedische Ministerpräsident Olof Palme wurde exakt um 23.23 Uhr getötet, das Ermächtigungsgesetz, welches den Nazis vor dem zweiten Weltkrieg diktatorische Vollmachten übertrug, wurde am 23.März 1933 verabschiedet, der Irak-Krieg begann am 20.03.2003, und schau mal, zweimal die 23."
Spencer grinste Tara belustigt an, bevor er fortfuhr.
„Und das ist noch längst nicht alles, 2 geteilt durch 3 ergibt 0.666, und angeblich beschwört man mit der Zahl 666 ja den Teufel, und wo du schon bei Weishaupt und Washington warst, denk mal ans Internet www für world wide web, Julius Caesar wurde mit 23 Messerstichen getötet, Das lateinische Alphabet hat 23 Buchstaben, die USA legten 23 Tests von Atomdetonationen im Bikini Atoll (Süd-Pazifik) fest, Shakespeare ist am 23. April 1556 geboren und am 23. April 1616 gestorben, Im Vorstand von Microsoft sitzen 23 Leute und 5 Vorstandsvorsitzende, der AOL Chatraum ist auf 23 Mitglieder begrenzt und hat folgendes Symbol an der Tür: eine Pyramide, das 23. Element im Periodensystem ist ein V ( röm.5)."
„Du hast was relativ aktuelles vergessen, die Anschläge auf das World Trade Center, 11.09.2001, 11 plus 9 ist 20, plus 2 plus 1 ergibt wieder 23," erwiderte Tara.
„Rechnet man normalerweise nicht nur die einzelnen Ziffern…? Das beweist doch nur wieder, dass man überall 23 herausbekommt, wenn man lange genug rechnet."
„Willst du dir den Spaß mit der Zahlenmystik gönnen oder soll ich?"
„Ladies first…."
„Oha, da kommt wohl der Gentleman in dir zum Vorschein…, also gut, die Zahl 2 ist die Zahl der Verdoppelung und des Gleichgewichts. Sie ist aber auch die Zahl von Trennung, Zwietracht, Gegensatz von gut zu böse, Licht und Schatten, Geist und Materie, männlich und weiblich, Tag und Nacht, Himmel und Erde, Land und Wasser, aktiv und passiv, links und rechts, Yin und Yang. Sie wird auch gerne als die Zahl des Weiblichen betrachtet. Hingegen steht die Zahl 3 als Summe von 1 und 2 Zahl für das Umfassende Vater, Mutter und Kind für die Vermittlung und für das Himmlische. Die Zahl der Trinität, von wegen Vater, Sohn, Geist, der umfassend verstandenen Gottheit. Dieses Prinzip wurde schon in der ägyptischen Mythologie in der Form von Osiris, Isis und Horus und in der indischen Mythologie in der Form Brahma, Vishnu und Shiva angewandt, und sie war somit die Zahl des ganzen Menschen aus Körper, Seele und Geist, der menschlichen Befindlichkeit aus Über-Ich, Es und Ich und der erfahrbaren Erfüllung von Mann und Frau im Kind. Die Verbindung von Himmel und Erde durch Luft, der Problemlösung durch These und Antithese in Synthese. Die aus der Zahl 23 resultierende Quersumme 5…."
Tara stoppte, als sie Spencers verwunderten Gesichtsausdruck sah.
„Ist etwas?"
„Äh, nein, aber woher weißt du das alles?"
„Wie schon gesagt, ich glaube an die Theorie."
„Es ist relativ selten, dass sich Frauen so ausgiebig mit so einem Thema auseinander setzen."
„Sollte ich aufgrund meines Geschlechts nur mit Shopping, Kosmetik und solchem Unsinn auseinander setzen, nicht, dass ich mich nicht dafür interessieren würde…."
„Nein, ich wollte damit nur…., ich wollte dich nicht kränken, ich bin nur überrascht."
„Wo wir schon bei Überraschungen sind…."
Spencer sah Tara entsetzt an, als sie den linken Träger ihres Kleides herunterzog und ihre Bluse ein Stück herunterzog, sie stand auf und drehte sich um. Auf ihrem linken Schulterblatt war ein Tattoo zu sehen. Es war ein Schriftzug, unter dem ein kleiner goldener Apfel zu sehen war. Das Getuschel der anderen Gäste war kaum mehr zu überhören.
„Kannst du es erkennen?"
„Ja, es ist das altgriechische Wort Kallisti und der goldene Apfel der Zwietracht der Göttin Eris. Der Legende nach war Eris, die Göttin des Chaos und der Zwietracht nicht zu einem Bankett des Göttervater Zeus eingeladen. Darüber war sie wütend und hat einen goldenen Apfel geschaffen, in den sie das Wort „kallisti" eingraviert hat, was übersetzt „die Allerschönste" bedeutet. Sie hat diesen in den Bankettsaal rollen lassen, wodurch ein Streit unter den weiblichen Gottheiten entbrannt ist, wer denn nun die Allerschönste sei, bis festgelegt wurde, dass Aphrodite diesen Titel verdient. Dadurch spricht man heute gern vom sogenannten Zankapfel."
„Ich hätte es nicht besser wiedergeben können," sagte Tara, während sie ihre Kleidung wieder gerade zog.
„Entschuldigen Sie bitte," ein Kellner war an ihren Tisch getreten, „es haben sich einige Gäste über Sie beschwert. Um uns allen größere Unannehmlichkeiten zu ersparen, zahlen Sie bitte und verlassen das Restaurant."
„Wir wussten nicht, dass, aber gut, kein Problem."
Tara bestand darauf, ihren Teil der Rechnung zu begleichen. Als sie draußen standen, fingen beide an zu lachen.
„Oh Gott, es tut mir leid," kicherte Tara.
„Schon in Ordnung, das ist mir noch nie passiert."
