„Die Geschworenen bekennen die Angeklagte Jessica Simmons einstimmig für schuldig", hallte die Stimme eines der Geschworenen durch den Saal.
Barba atmete erleichtert auf. Er wartete bis alle Menschen den Gerichtssaal verlassen hatten, dann packte er die Dokumente und Akten in seine Aktentasche und verließ den Saal ebenfalls.
„Gute Arbeit, Counselor", sagte Liv, die vor dem Saal auf ihn gewartete hatte. Sie sah ihn an und beobachtete sein Verhalten, das seit Anfang des Falles nicht das Selbe wie sonst war. „Geht es Ihnen gut?"
„Hmm?", der Staatsanwalt schaute auf. „Wieso sollte es mir denn nicht gut gehen?" Er setzte ein Lächeln auf.
„Sie wirken heute etwas... gedankenversunken", sagte Liv, ohne Barba aus den Augen zu lassen.
„Es war ein langer und schwerer Prozess, Liv", entgegnete dieser.
„In der Tat", bestätigte Liv.
Sie wusste, dass mit Barba etwas nicht stimmte, aber sie fragte nicht weiter. Sie war sich bewusst, dass es sie eigentlich nichts anging.
Sie hatten das Gerichtsgebäude verlassen und standen nun im Dunkeln, in der Kälte des frischen Winters.
Nach einem Moment peinlichen Schweigens, verabschiedete sich der Staatsanwalt Manhattans schließlich vom Sergeant und winkte sich ein Taxi an den Straßenrand. Er stieg ein, nannte dem Fahrer kurz die Adresse und starrte in Gedanken verloren aus dem Fenster.
Nach wenigen Minuten hielt der Fahrer am Bürgersteig und riss Barba aus seinen Überlegungen: „Sir, das macht dann zweiundzwanzig Dollar und dreißig Cent."
Barba holte hastig seine Brieftasche hervor und drückte dem Taxifahrer einen fünfzig-Dollar Schein in die Hand, dabei hinterließ er ihm das Rückgeld als Trinkgeld. Ohne zu zögern stieg er aus und nahm die drei Stufen, die zum Eingang des Wohnhauses führten, auf einmal. Eine ältere Dame, seine Nachbarin Diana, kam ihm entgegen und hielt die Tür für ihn auf. Er trat schnell ein, doch weder begrüßte er sie, noch bedankte er sich, wie er es sonst immer tat. Im eilen Tempo stieg er die Treppen in den dritten Stock hinauf, anstatt wie üblich, den Lift zu benutzen. Den Hausmeister, den er auf dem Gang begegnete, beachtete er nicht im Geringsten. Schließlich kam er an seinem Apartment an, dessen Tür er geräuschvoll hinter sich zufallen ließ.
Mit klirrenden Schlüsseln schloss er mehrmals ab.
Seinen schwarzen Mantel befestigte er sorgfältig am Jackenhacken. Sein graues Jackett warf er aber direkt zu Boden, nachdem er es ausgezogen hatte. Die rote Krawatte fand ihren Platz einige Schritte daneben, auf dem laminierten Fußboden des sechzig Quadratmeter großen Wohnzimmers.
Barba legte sich auf die dunkelfarbene Couch und atmete geräuschvoll aus. Mit seinen Händen fuhr er sich durch sein geordnetes Haar und zerzauste es.
Einen Moment lang starrte er die Decke über sich an und genoss den Moment der Ruhe, der jedoch nur für wenige Sekunden anhielt.
Nebenan schrieen sich seine Nachbarn gegenseitig an. Von draußen hörte er Polizeisirenen und über ihm wurden Möbel verschoben, sowie laut Musik gehört.
Barba holte sein Handy aus der Hosentasche und wählte eine Nummer, von der er nicht mit Sicherheit wusste, ob sie noch aktiv war.
Es klingelte zwei Mal, danach ging eine Frau dran.
„Monica Anderson, hallo?", sprach sie in einem freundlichen Ton.
„Die Nummer gibt es also tatsächlich noch", sagte Barba, wobei er sich erneut aufsetzte.
„Rafael", sagte die Frau am anderen Ende der Leitung, nicht mehr ganz so freundlich. „Was willst du, Rafael?" Jene Freundlichkeit war verschwunden.
„Nach neun Jahren ist das das erste, was du zu sagen hast?", fragte Barba vorwurfsvoll.
„Was willst du?", wiederholte Monica kalt.
„Wie geht es Tori?", fragte Barba schließlich. Es war der Grund für seinen Anruf.
„Du hast kein Recht, sie so zu nennen, Rafael!", fauchte Monica
„Du hattest kein Recht sie mir wegzunehmen!", rief der Staatsanwalt in sein Handy. „Du hattest verdammt noch mal kein Recht dazu!"
„Weißt du was, Rafael?", zischte Monica. „Du kannst mich mal. Und ruf ja nie wieder hier an!" Sie legte auf.
Wütend stand Barba auf und stieß das Glas Wasser, welches er am Morgen nicht weggeräumt hatte, vom Tisch. Das Glas zersplitterte in verschieden große und unzählige Teile auf dem Laminat, auf dem sich auch das Wasser verteilte. Mit den Händen in die Hüfte gestemmt, verfolgten seine Augen die Pfütze an Wasser, die weiter und weiter breitete. Er ging in die Hocke und sammelte vorsichtig die Scherben auf, wobei er sich an der linken Hand schnitt.
„Scheiße", wisperte Barba zu sich und setzte sich neben die Unordnung.
Er starrte auf das Blut, welches sich an der Schnittwunde sammelte. Langsam flossen die Tropfen sein Handgelenk nach unten. Sein weißes Hemd färbte sich langsam dunkelrot. Nur ein Tropfen traf zunächst den Saum des Ärmels und verteilte sich, als der Stoff die dicke Flüssigkeit aufsaugte. Immer schneller lief sein Blut seinen Unterarm entlang und der Ärmel seines Hemds nahm an Gewicht zu.
Das Display seines Handys flackerte auf. Er warf es auf die Couch ohne dranzugehen. Unter dem Glastisch fischte er eine neue Flasche Whiskey hervor. Er sah sie einen Zeit lang an und überlegte, ob es eine gute Idee war.
Schließlich war er kein Trinker. er würde nicht viel trinken. Aber in dem Moment brauchte er es einfach. Er drehte die Flasche auf und nahm einen Schluck daraus.
Der Alkohol brannte in der Kehle und er hustete reflexartig, doch er nahm noch einen Schluck und noch einen, bis der Inhalt der Flasche nur noch die Hälfte betrug und er zu betrunken war, um ins Schlafzimmer zu gehen. Er suchte nach dem Deckel, der unter den Tisch gerollt war, kam er nicht dran.
„Scheiß' drauf", murmelte er zu sich selbst und stellte die Flasche auf den Tisch rechts von sich. Er ächzte und zog sich an der Couch hoch. Ihm war schwindelig und sein Kopf fing schon an zu schmerzen.
Er lehnte sich zurück. Sein Blick fiel auf die Unordnung, die er nicht weggeräumt hatte. Ins Besondere schaute er die Scherben an und fragte sich, wie er das zurückgewinnen konnte, was er vor knapp neun Jahren verloren hatte.
_
Hallo!
Das ist meine erste Story zu Law & Order
und sie wird garantiert etwas sehr OC ausfallen..
aber dazu in den folgenden Kapiteln.
Mal sehen ob das hier wer liest, und falls ja,
bedanke ich mich!
Es wäre toll ein paar Rückmeldungen zu bekommen!
LG, MrReese
