Hallo, liebe Leute!
Hier ist (wie meinen alten Lesern versprochen) das erste Kapitel einer neuen Geschichte! Es ist eine autorisierte Übersetzung. Das Original heißt "An aversion to change" von Mel88.
Ich hoffe, es gefällt euch! Und ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir einen Kommentar hinterlasst!
Eure luckyserpent
Kapitel 1 – Fahnenflucht
Draco wurde brutal auf den Steinboden zu den Füßen des Dunklen Lords geschleudert. Der Stein schnitt in sein Gesicht, doch kleine Kratzer waren das Geringste seiner Sorgen. Draco hatte darin versagt, Dumbledore zu töten. Stattdessen hatte Snape es ausführen müssen. Wegen Dracos Schwäche hatte er seine erste Mission verpfuscht. Er war in Schwierigkeiten und das wusste er. Und wenn man in Schwierigkeiten mit Voldemort steckte, hatte man nur eine einzige Option: Betteln.
„Bitte, mein Lord. Vergebt mir. Ich war schwach. Ich wurde von den Versprechungen des alten Knackers eingelullt. Ich habe Euch enttäuscht." Draco ließ seinen Kopf noch tiefer hängen, wenn es überhaupt möglich war. Seine Stimme war mit aufrichtiger Scham und Reue gefüllt.
„Schweig!", ertönte Voldemorts herrische Stimme von seinem erhobenen Sitz auf dem roten Sessel. „Ich will deine erbärmlichen Ausreden nicht hören, Junge. Ich wünsche nur, dass mir gehorcht wird, was du nicht getan hast. Und dafür verdienst du nur eines."
Draco wappnete sich gegen den nahenden Tod. Es war nicht das erste Mal, dass er den grellgrünen Lichtblitz des Tötungsfluchs erwartete. Doch statt dem eisigen Griff des Todes wurde ihm ein grässlicher Schmerz zuteil.
„Crucio!"
Draco wälzte sich auf dem Boden, rollte sich zusammen und zog die Beine an die Brust. Solch ein Schmerz war ihm nicht unbekannt. Er hatte schließlich siebzehn Jahre lang mit seinem Vater gelebt. Doch so vertraut der Schmerz auch war, er hatte sich nicht an ihn gewöhnt. Wer könnte sich schon jemals an das Gefühl gewöhnen, dass seine Augen mit einem heißen Schüreisen versengt wurden? Oder dass ein Keil unter seine Nägel getrieben wurde? Oder dass seine Organe in seiner eigenen Haut zu Fetzen zerrissen wurden?
Sein Vater, Lucius Malfoy, sah nun zu, wie sein Sohn gefoltert wurde. Seine kalten Augen zeigten kein Mitleid. Stattdessen waren sie mit starker Enttäuschung und äußerster Verachtung gefüllt. Seine Lippen kräuselten sich, als er Draco vor Schmerz aufschreien hörte.
Der Schmerz hörte fast so plötzlich auf, wie er angefangen hatte, und Draco blieb schwitzend und keuchend auf dem kalten Boden liegen. Voldemort löste seinen Blick von dem wertlosen Jungen zu seinen Füßen und bellte Lucius einen Befehl zu:
„Entferne diesen Jungen aus meinem Blickfeld! Nimm ihn mit zum Malfoy Manor und erteile ihm selbst eine Lektion. Ich erwarte dich innerhalb einer Stunde zurück, um weitere Instruktionen entgegenzunehmen. Habe ich mich klar ausgedrückt?"
„Ja, Lord", erwiderte er gehorsam.
Lucius trat zu dem regungslosen Draco hinüber und packte ihn grob am Oberarm. Er riss den jungen Mann auf die Beine, worauf sie apparierten und kurz darauf im Malfoy Manor ankamen.
Lucius warf Draco sofort nach ihrer Ankunft auf den Boden. Es war, als widere es ihn an, seinen Sohn einen Augenblick länger als nötig zu berühren. Dann begann er seine eigene Art der Bestrafung: eine Mischung aus körperlicher und emotionaler Folter, die er in den Jahren der Vaterschaft perfektioniert hatte.
Fast eine Stunde lang schleuderte Lucius Draco Beleidigungen entgegen und demütigte ihn auf jede nur erdenkliche Weise. Immer wieder traf er ihn mit einem gut gezielten Fluch oder Tritt in den Bauch oder Schlag ins Gesicht. Das Ergebnis war ein gebrochener, blutender Junge, der bewegungslos, aber immer noch bei Bewusstsein auf dem weißen Marmorboden des Foyers lag. Blut sickerte beständig aus Dracos Körper und gerann auf dem Boden, wo es einen entsetzlich schönen Kontrast von Karmesin auf Elfenbein erzeugte.
Mit einer letzten Beleidigung und einem Tritt gegen Dracos Rippen funkelte Lucius seinen Sohn mit Abscheu an und stolzierte davon.
Dracos Geist registrierte die Schritte seines Vaters auf dem harten Steinboden und hörte das Geräusch seines Disapparierens. Erst dann rührte Draco sich. Mit erbärmlicher Langsamkeit kroch er zu einer Wand, wobei er einen breiten Streifen von verschmiertem Blut auf dem Boden hinterließ. Er setzte sich mühsam auf, zuckte vor Schmerz auf und atmete langsam. Er konnte spüren, wie sich ein oder zwei Rippen gegen seine Lungen schoben und ihm das Atmen erschwerten. Jeder langsame Atemzug brachte einen Schmerzensstoß, jeder Schmerz ein weiteres Aufkeuchen und jedes Einatmen noch mehr Schmerz. Es war ein unerträglicher Teufelskreis.
Der Schmerz hielt Draco davon ab, in den ersehnten Zustand der Bewusstlosigkeit zu sinken. Er hielt den dünnen Griff auf seinen Verstand aufrecht, indem er sich selbst versicherte, dass eine Erlösung von dem Schmerz, sei es durch Ohnmacht oder Tod, bald kommen würde. Bewusstlosigkeit war diesmal der Retter für Draco, wie es bei all den Malen zuvor der Fall gewesen war. Sein Kopf sank gegen die Wand, als er durch den Blutverlust ohnmächtig wurde.
Wie viel Zeit vergangen war, als er aufwachte, wusste Draco nicht genau. Alles, was er wusste, war, dass seine Wunden versorgt und seine Brust eingewickelt worden war. Statt auf dem Marmorboden in einer Lache seines eigenen Blutes zu liegen, war er nun auf der schwarzen Ledercouch im Salon seines Vaters.
„Mutter hat mich gefunden", dachte er mit Gewissheit. Wäre es nach seinem Vater gegangen, läge Draco immer noch blutend auf dem Boden.
Er öffnete die Augen und fühlte sich zu schwach, um sich mehr zu bewegen. Die tiefe und eisige Stimme seines Vaters drang von einer Stelle hinter der Couch an Dracos Ohren.
„Zu deinem Glück sagte der Dunkle Lord, dass noch nicht alles verloren ist. Ihm ist ein Weg für dich eingefallen, deine Schuld abzugleichen. Du verdienst eine solche Chance nicht, doch der Dunkle Lord ist gnädig."
„Gnädig", höhnte Draco innerlich bei dieser Bemerkung, zeigte aber keine Regung nach außen hin. Es zu tun, hätte förmlich hat nach einer weiteren Ohrfeige geschrien oder vielleicht sogar nach dem Tod.
Lucius ging zur Vorderseite der Couch, um seinen Sohn besser mustern zu können. Er sah die Bandagen spöttisch an, als wären sie ebenfalls ein Zeichen von Schwäche.
„Aber sei dir gewiss: wenn du in dieser Mission versagst, wird er Schlimmeres tun als dich nur zu töten. Hast du mich verstanden, Junge?"
Draco nickte matt und versuchte, wach und aufmerksam genug zu bleiben, um die neuen Befehle des Dunklen Lords zu hören. Als Lucius zu Ende erklärt hatte, erhob er sich. „Du weißt, was du zu tun hast, Draco. Enttäusche mich nicht."
Das letzte sagte er mit einer unausgesprochenen Drohung. Und damit ließ Lucius ihn allein.
Eine Woche verging. Draco war keineswegs völlig geheilt, doch er hatte genug seiner Kraft zurückgewonnen und sein Kopf realisierte, was er zu tun hatte.
„Ich muss hier raus", dachte er verzweifelt. Er stieg die lange Treppe zu seinem Zimmer hinauf, wobei er mehrmals stehen bleiben musste, um Atem zu schöpfen. Er umklammerte das Geländer mit zittrigen weißen Fingern, schnaufend und gleichzeitig vor Schmerz ächzend. Schließlich erreichte er sein Zimmer und lehnte sich erschöpft gegen die Tür. Mehr als alles andere wollte er sich ausruhen. „Aber ich kann nicht. Nicht jetzt. Ich muss zuerst hier raus."
So schnell er konnte, riss Draco seine Schubladen auf und begann, wahllos Kleidung in einen Koffer zu stapeln. Hosen, Shirts, Boxershorts, Socken, alles. Er würde nichts in seinem Zimmer oder seinem Badezimmer zurücklassen.
Er versuchte, nicht an seine Mutter zu denken, die arme Frau, die sich wirklich um das Wohlergehen ihres Sohnes gesorgt hatte. Sie war es, die den Großteil vom Zorn seines Vaters ertragen hatte, als Draco noch ein Kind war. Doch jetzt da er gesetzlich erwachsen war, konnte Lucius Draco so viel schlagen, wie er wollte, ohne Angst vor einer Züchtigung durch das Zauberergamot. Die Hälfte davon gehörte ohnehin ihm, somit würde es nichts bringen, Anklage zu erheben. Draco hoffte, dass sein Vater seine Mutter nicht umbringen würde, während er fort war, doch es gab keine Möglichkeit, die Handlungen des sadistischen Mannes vorherzusagen.
Die Treppe hinunterzukommen war ein wenig schwieriger als hinauf. Der geschwächte Junge versuchte, seinen schweren Koffer leise die Treppe hinunter zu befördern. Seinem Versuch war nicht viel Erfolg vergönnt. Auf halbem Wege verloren seine bebenden Finger, die jetzt von einem dünnen Schweißfilm umhüllt waren, ihren Griff auf den Koffer. Er polterte die Stufen hinunter und echote laut im leeren Foyer. Er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis seine Mutter ihn aufhalten würde. Die Schwärze, die in sein Sichtfeld eindrang, und seine Wunden, welche von der körperlichen Anstrengung wieder aufgesprungen waren, ignorierend, heftete Draco seinen Blick auf die Tür.
Mit schweren und langsamen Schritten ging Draco weiter. Die Entfernung, die nicht mehr als fünf Meter betragen konnte, erschien ihm so weit wie fünf Kilometer. Es war ein endloser Gang.
„So muss sich wohl ein Toter fühlen", dachte er.
Endlich erreichte er die Hausschwelle und holte tief Luft. Entschlossen überschritt er sie und verließ damit offiziell die Begrenzung, die ihn so lange gefangen gehalten hatte. Als er einige Schritte vom Haus weggegangen war, drehte er sich um, um es ein letztes Mal in Augenschein zu nehmen. Das dunkle Gerüst enthielt keine Liebe für ihn und er empfand ebenfalls keine zu ihm. Er hasste jeden düsteren Stein, jeden grotesken Wasserspeier, jede bedrohliche Turmspitze, jeden aufragenden Schornstein. Mit einem triumphierenden Lächeln apparierte er zu der Adresse, die Dumbledore ihn nur Sekunden vor seinem Tod geistig zugeschickt hatte.
Das letzte, das Draco sah, als er verschwand, war ein Aufblitzen seiner Mutter. Sie lehnte sich mit einem Ausdruck der Niederlage gegen die Tür des Malfoy Manors. Sie realisierte natürlich, was ihr Sohn da tat und dass es nicht in ihrer Macht stand, ihn aufzuhalten. Sogar aus der Entfernung konnte er sehen, wie Tränen an ihrem blassen Gesicht entlangrannen. Sie hob eine Hand an ihren Kopf und wiegte ihn sanft. Die andere lag über ihrem Herzen und zog sich leicht zusammen, als wäre die Bewegung das einzige, das das Organ am Schlagen erhielt. Draco spürte einen Stich in seinem eigenen Herz: seine Mutter zu verlassen, die Frau, die sich um ihn gesorgt und ihn aufgezogen hatte, war härter, als er erwartet hatte.
Er sah sie nur einen Augenblick lang und dann war er verschwunden.
In dem Bruchteil einer Sekunde landete Draco in einer heruntergekommenen Nachbarschaft. Er konnte die anderen Menschen, die in der Straße lebten, so laut sie konnten leben hören. Babys weinten, Liebende unterhielten sich und Kinder lachten. All diese normalen Klänge, die Draco noch niemals hatte erleben können, trafen ihn wie Ziegelsteine.
Er seufzte. „So lebt also die andere Hälfte." Draco bereute seinen Entschluss nicht, doch er wünschte, es hätte einen anderen Weg gegeben.
Als er auf die Adresse zuging, tauchte das Haus langsam auf. Zuerst erschien eine kleine Tür, die dann von schäbig aussehenden Wänden und Fenstern umrahmt wurden, welche in dicken Spinnweben eingedeckt waren. Er legte eine Hand an den Türklopfer, der die Gestalt einer Schlange hatte. Draco verzog das Gesicht, während er nochmals tief Luft holte und zwei Mal an die Tür zum Grimmauldplatz, Hauptquarter des Ordens des Phönix, klopfte.
