The Vampires Student Teil VI:
„Hunters of the dusk"
Kapitel 1: "Die Party geht weiter"
Gannen Harst ging durch die Gänge des Bunkers der Vampaneze und kontrollierte die Türen.
Der lange schwarze Umhang bauschte sich hinter dem großen, schlanken Mann mit der Hakennase und den an den Schläfen ergrautem Haar, und verlieh ihm das Aussehen einer Fledermaus.
Aus den Tiefen der Katakomben dröhnten die wummernden Bässe, die Party zu Ehren des Lords der Vampaneze war noch immer in vollem Gang.
Nur seine Lordschaft war seit einer geraumen Weile verschwunden.
Mit gerunzelter Stirn registrierte der alte Vampaneze Gannen Harst, dass die Sicherheitstüren offen standen, und die Alarmanlagen entschärft waren.
In dieser Nacht gab es keine Wachen, niemand war auf Posten, ausnahmslos alle Vampaneze tobten betrunken, berauscht und wild durch die Katakomben des Hauptquartiers.
Würden die Feinde heute Nacht zuschlagen, wären sie unvorbereitet und unorganisiert, und könnten empfindlich verletzt werden.
Doch das war mehr als unwahrscheinlich.
Der Feind wusste nichts von dem Hauptquartier, und auch nichts von dieser Nacht.
Und selbst wenn: Die Vampaneze waren noch nie so zahlreich versammelt gewesen, wie in der heutigen Nacht.
Gannen Harst machte sich keine Sorgen.
Ruhig schritt Harst die Gänge ab und schloss sorgfältig alle Türen wieder hinter sich.
Seine Lordschaft war eben ein wenig unvorsichtig gewesen, als er sich mit dem Mädchen, das man ihm besorgt hatte, in sein Apartment begab.
Dennoch beschloß Harst nachzusehen, nur für alle Fälle.
Vor der schwarzen Metalltür des Apartments hielt er an, legte die Hand auf die Klinke und drückte sie langsam und vorsichtig herunter.
Lautlos schlüpfte der schlanke Harst in das Dunkel des Apartments, und ließ die Tür hinter sich angelehnt.
Das Apartment lag verlassen da, aber aus dem angrenzenden Zimmer konnte er ein Stöhnen vernehmen.
Gannen Harst blieb seitlich am Türrahmen stehen, und beugte sich gerade einmal weit genug vor, um einen Blick zu dem riesigen Bett werfen zu können.
Er hob überrascht eine Augenbraue.
Das blonde Mädchen lag mit verdrehten Gliedern neben dem Bett, offensichtlich tot.
Seine Lordschaft Steve Leopard war aber dennoch nicht allein.
Zwischen zerwühlten Laken und hastig fortgeschleuderter Kleidung ergoss sich seidenglattes schwarzes Haar auf den blutroten Kissen.
Ein Stöhnen und schweres Atmen ließ Harst den Blick abwenden.
Also hatte Steve Leopard es endlich geschafft, die Schattentänzerin an sich zu binden.
So leise wie er gekommen war, zog sich der alte Vampaneze wieder zurück, und schloß die Tür des Apartments.
Mit geneigtem Haupt blieb er vor der geschlossen Tür einen Moment stehen.
Wenn er Zweifel gehabt hatte, dass es sich bei Steve wirklich um den Lord handelte, so waren diese jetzt fort.
Er kreuzte zwei Finger über der Brust und schwor: Ich werde euch dienen, bis in den Tod, Steve Leopard, Lord der Vampaneze.
Das Gewölbe kochte.
Wasser tropfte von der Decke, das vom Schweiß und Atem der Menge stammte, die sich zu den harten Beats, die aus übergroßen Boxen kamen, stampfend bewegte.
Die Party hatte sich auf angrenzende Tunnel und Gewölbe verteilt, überall in den Ecken und Nischen lungerten Vampaneze, rauften, tanzten, maßen ihre Kräfte miteinander, lachten und gröhlten.
In einem der halbfertigen Hallen, die sich noch im Bau befanden, hatten welche angefangen, auf den Baugerüsten herumzuklettern, und immer neue und waghalsigere Methoden zu erfinden, wie man von dort herunterspringen oder sich gegenseitig herunterstoßen konnte.
Es gab Verletzte, doch das interessierte niemanden.
Es war völlig unübersichtlich in den Katakomben, daher konnte niemand sagen, wie viele Vampaneze sich hier eigentlich aufhielten oder wo.
Seit Stunden hatte niemand den Lord der Vampaneze gesehen, doch das erstaunte niemanden, jeder ging davon aus, dass er sich wohl gerade woanders vergnügte.
Als die Gestalt von Steve Leopard wieder auftauchte, sprach es sich allerdings schnell herum, und viele Vampaneze eilten zurück in das Gewölbe, wo die Musik spielte und die Party am wildesten war, denn jeder wollte dort sein, wo der Lord war.
Gillian mischte sich unter die Menge.
Sie besah sich die ausgelassene Horde, und atmete den Geruch nach Zigarettenrauch, Schweiß, Adrenalin, und Blut der in der Luft hing. Die Musik ging ihr direkt unter die Haut, und genüsslich lehnte sie sich gegen eine Wand und schloß die Augen…
Mithras saß auf einem Stapel leerer Bierkisten, den Kopf trübsinnig in die Hände gestützt und versuchte dahinterzukommen, was er falsch gemacht hatte.
War er zu schnell rangegangen?
Sie war so plötzlich weggelaufen…
Er war ihr nach, hatte sie aber in der Menge verloren, und stundenlang nach ihr gesucht…
Einer seiner Kumpel boxte ihm unsanft in die Rippen.
Verärgert sah er auf, doch sein Kumpel grinste und zeigte mit dem Kinn in eine Richtung.
Mithras sah dorthin, und sein Herz machte einen Hüpfer.
Da war sie!
Sie lehnte an der Wand, und ein Ausdruck lag in ihrem Gesicht, den er nicht zu deuten vermochte…"Na los!", lachte sein Kumpel, und stieß ihn von seinem Sitz.
Mithras grinste verlegen, steckte die Hände in die Hosentaschen, und schlenderte, um Lässigkeit bemüht, zu der schwarzhaarigen, blassen Schönheit herüber.
Sie hatte die Augen halb geschlossen und Mithras schluckte.
Was sollte er sagen?
Er beschloss, sich zu entschuldigen.
Was auch immer er falsch gemacht hatte, es war besser, sich erst einmal zu entschuldigen, dann konnte er noch immer fragen, was eigentlich los war…
Gillian bemerkte ihn nicht, als er bei ihr stand, deswegen nahm er all seinen Mut zusammen und rief: "Hey!"
Sie hob die Augen, und sah ihn an.
Mithras musste schlucken.
Unter den langen schwarzen Wimpern schimmerten ihre Augen unverkennbar rot.
„Du…", stammelte er.
Gillian sah ihn unverwandt an.
„Du… ich meine…Wow. Du hast…du hast es also getan?", stammelte er sich einen zurecht.
Gillian hob fragend eine Augenbraue.
„Ich meine, wegen…also…deine Augen!", keuchte er.
Gillian kräuselte die Lippen, und grinste wie eine zufriedene Katze.
Mithras Herz pochte aufgeregt. „Ich wusste es! Es hat dir gefallen, richtig?!"
Sie antwortete nicht, sondern lächelte nur geheimnisvoll.
Mithras grinste: "Jetzt bist du eine richtige Vampaneze!", sagte er und es klang stolz.
Gillian lachte. „Vampaneze und Gourmet!", sagte sie, und biss sich verführerisch auf die Unterlippe.
Mithras trat dichter an sie heran, und grinste: "Es geht doch nichts über eine gehörige Portion Adrenalin im Blut!"
Gillians Augen blitzten.
Die Menge brach plötzlich in Jubel aus und klatschte stampfend. Aus vielen Kehlen erklang wieder der Ruf: "Leopard! Leopard!", und aller Augen richteten sich auf die Gestalt in langem schwarzen Mantel, die am anderen Ende des Gewölbes auf dem Podest neben dem DJ aufgetaucht war.
Der Lord der Vampaneze tat zunächst so, als höre er die Rufe nicht, und sprach mit dem DJ, doch als die Menge nicht aufhörte, gab er sich geschlagen, kletterte auf eine Bassbox und verbeugte sich vor seinem Publikum.
Die Vampaneze fingen an zu schubsen und zu drängeln und reckten ihre Arme und Fäuste in die Luft.
Steve genoß die Aufmerksamkeit sichtlich.
Mit überheblichem Gesichtsausdruck sah er auf die tobenden Vampaneze herab, voll in seinem Element.
Gillian grinste, ließ Mithras ohne ein weiteres Wort stehen und schlängelte sich zwischen die Vampaneze auf die Tanzfläche, die angefangen hatten, wild zu pogen.
Auf der Tanzfläche sprangen die Vampaneze mit Anlauf gegeneinander, nur um die Köpfe gegeneinander zuschlagen oder von einander abzuprallen, und von den Umstehenden aufgefangen zu werden, die sie sofort wieder wegstießen.
Furchtlos schlängelte sich die zierliche Vampaneze durch dieses Chaos, versetzte hier einem stämmigen Mann einen Schubs, oder wich dort einem langhaarigen Rocker aus, bis sie vor dem DJ-Pult ankam, wo die Menge am dichtesten war, und alle zu dem Lord der Vampaneze aufsahen und die Hände zu ihm hochreckten, wie zu einem Rockstar.
Hier wurde es schwerer für Gillian durchzukommen, die Leute standen zu dicht, und sie konnte sie nicht mehr beiseite schubsen, aber das war ihr egal, sie hüpfte mit der Menge mit, die Arme erhoben und lauschte den stampfenden Rocksongs.
Steve ließ seinen Blick über die Menge schweifen und entdeckte die schlanke Gillian mitten in der dichtesten Menge tanzend.
Die Männer um sie herum nahmen keinerlei Rücksicht auf sie, und verstimmt runzelte der Lord der Vampaneze die Stirn.
Er sah sich um, und sofort waren ein paar glatzköpfige Vampaneze an seiner Seite.
Er brüllte ihnen Anweisungen zu, und die Männer sprangen von dem erhöhten Podest herunter und bahnten sich einen Weg durch die Menge, die respektvoll zurückwich, bis eine schmale Schneise entstand, die vor der zierlichen Frau endete.
Gillian hörte nicht ganz auf zu tanzen, sie wiegte sich weiter in den Hüften und biss sich verführerisch auf die Unterlippe.
Nur zwei Meter entfernt auf dem Podest beugte der Lord der Vampaneze sich vor und hielt ihr einladend die Hand hin.
Ein aufgeregtes Gemurmel ging durch die Umstehenden.
Gillian lachte leise.
Sie trat vor, legte den Kopf schief und sah zu Steve hoch, dessen Augen violett schimmerten.
Sie ergriff die Hand, die er ihr bot, und er zog sie mühelos hoch, als wiege sie nichts.
Er schlang besitzergreifend einen Arm um sie, und griff ihr mit der freien Hand in den Nacken.
Vor aller Augen küsste Steve sie direkt auf den Mund, und die Vampaneze brachen in Gejohle und anerkennende Pfiffe aus.
Die Schneise hatte sich wieder geschlossen und die Menge warf Bierflaschen an die Wand, die rechts und links von Gillian schäumend und spritzend zersplitterten.
Steve ließ von ihr ab, und Gillian lachte.
Mithras stand am anderen Ende des Gewölbes und starrte fassungslos zu dem Bild herüber, das sich ihm bot.
„Alter!", rief sein Kumpel neben ihm. „Der Lord der Vampaneze schnappt sich dein Mädchen!"
Wutschäumend fuhr Mithras zu ihm herum, doch der Kumpel lachte ihn gackernd aus: "So ein Pech, Alter!"
Mithras sah rot und schlug mit der Faust gnadenlos zu. Er traf seinen Freund direkt ins Gesicht, und dessen Kiefer brach knackend.
Zwei andere sprangen herbei und zerrten Mithras von ihm fort.
Der hob die Hände zum Zeichen des Friedens und als sie zögernd losließen, stemmte er die Fäuste in die Taschen und stapfte davon in einen der Tunnel.
Steve Leopard zog Gillian mit sich fort, und sie verließen, von den Glatzköpfen flankiert, das Gewölbe.
Hier wo es etwas ruhiger war, traten verschiedene Vampaneze an Steve heran, um ein paar Worte mit ihm zu wechseln.
Gillian hielt sich im Hintergrund, und hörte gelangweilt zu, wie die Vampaneze immer wieder das gleiche wiederholten: dass sie es schon immer gewusst hätten, dass Leopard der Lord sei, dass sie ihm gehorchen und vertrauen würden, dass sie ihm folgen werden bis in den Tod und andere Speichelleckerei.
Steve wurde dieses Geredes nicht müde, und genoß die Aufmerksamkeit sichtlich, aber immer wenn es Gillian langsam zu viel wurde, und sie sich gerade verdrücken wollte, sah er wieder zu ihr, und zog sie zu sich heran, und legte ihr besitzergreifend einen Arm um die Hüften.
Schließlich eiste er sich los, und verschwand mit Gillian in einen verlassenen Tunnel, und auch die Glatzköpfigen folgten ihnen nicht mehr.
Erleichtert atmete Gillian auf.
Die Musik und der Lärm der Party waren hier nur noch ein dumpfes Pochen, wie der Herzschlag einer fernen Kreatur.
Steve schlenderte ein wenig mit ihr den Tunnel hinab und hatte dabei seine Finger mit ihren verschränkt.
Nach einer weiteren Biegung blieb er stehen und zog sie zu sich ran, sich gegen die kalte Tunnelwand lehnend.
Er legte ihre Hände auf seinen Schultern ab und umfasste ihre Hüften.
„Hmmm…", machte Gillian und sah ihm in die Augen.
Sie näherte sich seinen Lippen, aber hielt sich in letzter Sekunde zurück und grinste, als er in Erwartung eines Kusses seinen Mund leicht öffnete, ihn aber nicht bekam.
Er knurrte, zog sie herum und drückte sie gegen die Wand.
Mit dem Unterarm stützte er sich an der Wand ab, mit der anderen Hand fuhr er ihr langsam über die Lippen.
„Geb es endlich zu, Gillian, du stehst auf mich."
Gillian lachte leise.
Sie fuhr mit ihren Fingern an seinem T-Shirt runter bis sie seinen pochenden Herzschlag unter ihrer Hand spürte.
„Ich frag mich nur, wann das passiert ist…", flüsterte sie unter seinen Fingern.
Steve grinste. „Du warst von Anfang an scharf auf mich, du willst es dir nur nicht eingestehen."
Gillian öffnete den Mund und wollte protestieren, aber schloß ihn wieder, als ihr keine Erwiderung einfiel.
Gillian schüttelte den Kopf.
Woher nahm Steve Leopard nur dieses scheißverdammte Selbstbewusstsein?
Steve grinste triumphierend beugte sich vor und presste seinen Mund auf ihren, und küsste Gillian ein weiteres Mal, bis sie außer Atem waren.
„Ich denke, wir gehen besser zu mir…", murmelte er an ihrem Hals.
Dann zog er sie am Handgelenk fort und Gillian folgte willenlos.
