Anmerkung: Die Geschichte spielt in Staffel 7. Aus praktischen und inhaltlichen Gründen habe ich außer Acht gelassen habe, dass Mark Kinder hat. Die beiden tauchen also in dieser Story nicht auf, ebenso ist Pete keine Hauptperson.
Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an SG 1 gehören MGM/UA, World Gekko Corp. Und Double Secret Production. Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu Lebenden und Toten Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors.
Kapitel 1 ~Nothing Good~
Jack lag in seinem Haus auf der Couch und hatte die Augen geschlossen. Auf dem Tisch stand eine leere Flasche und in der Hand hielt er sein zweites Bier an diesem Abend.
Endlich Wochenende! Jack hatte sich schon lange vorgenommen, sich wieder einmal so richtig zu entspannen. Ein ganzes Wochenende, nur für mich allein. Für mich, meinen Fernseher und ein paar kühle Bier. Doch irgend etwas –fiel ihm auf- war nicht so, wie es sein sollte. „Oh nein!", entfuhr es ihm als er das erste Mal wieder ein Bild von ihr vor sich sah.
Sam. Dies sollte also wieder einer der Abende werden an denen er nur an seine kleine Sammy dachte, den ganzen Abend nur von seinem Major träumte…
Ein paar Minuten später fuhr Jack erschrocken aus seinen Träumen auf.
Die Klingel.
Stöhnend richtete er sich von seinem Sofa auf und durchquerte leise vor sich her fluchend das Wohnzimmer. Wer konnte das jetzt noch sein? Er schaute auf die Uhr. Gut, es war erst knapp sechs, aber immerhin war es Freitag. Wochenende. Entspannen. Ausruhen. Ein Bier trinken.
Plötzlich musste er enttäuscht feststellen, dass die erhoffte Wirkung des Alkohols in seinem Körper noch nicht eingetreten war. Nicht, dass er ein Trinker war, aber heute war ihm einfach danach gewesen. Wie so oft in den letzten Wochen musste er es sich eingestehen, während er seinen Flur betrat.
Also, wer konnte das sein? Die alte Mrs. Withley von nebenan? Oder Daniel? Aber probieren geht über studieren, sagte Jack sich, und so riss er voller Elan die Haustür auf.
Ja! Perfekt! Sie war es! Sie stand direkt vor ihm. Seine Sam. Genau das hatte er geträumt. Sie hatte ihn nach der Arbeit besucht und mit ihm einen Kaffee getrunken. Noch in einen Moment hatten sie eine unschuldige Unterhaltung geführt, aber schon im nächsten…
,,Sir?" kam es von Sam.
Erst da realisierte Jack, dass er nicht mehr bloß träumte. Und er hatte sie nur angestarrt. Etwas zögernd brachte er ein erstauntes ,,Sam." heraus. Na toll Jack,… ihr Name. Wow! Du hast ihren Namen behalten. Etwas Blöderes fällt dir auch nicht ein, oder?
,,Sir, ich wollte Sie nicht stören, …ich"
Erst da bemerkte er ihren Zustand. Ihre Augen waren geschwollen, ihre Wangen glänzten noch feucht. Es bestand kein Zweifel, sie musste noch vor kurzem geweint haben. Aber warum? Und was machte sie hier? Hatte sie Daniel nicht etwas davon gesagt, dass sie nach der Arbeit ein Date hatte, mit diesem…Pete!? Jack spuckte diesen Namen in Gedanken nur so heraus. Pete. Er wusste, dass es unfair war, aber er hasste ihn, er war im Begriff ihm seine Sam wegzunehmen. Moment. Seine Sam…?
,,Carter? Was machen Sie denn hier?!", hörte er sich sagen. Mist! So hart hatte er nicht klingen wollen.
,,Sir…Ich…ich…könnte ich vielleicht…" Sam stockte. ,,Würden Sie mich...vielleicht reinlassen?!", brachte sie schließlich mit zitternder Stimme hervor.
,,Ja natürlich, nur hereinspaziert.", versuchte Jack die Situation aufzulockern. Sam schob sich an ihrem Colonel vorbei in den Flur.
,,Also, Carter. Was führt Sie hierher?", fragte Jack neugierig.
Anscheinend hatte er seine gute Laune noch immer nicht verloren, stellte sie missfallend fest.
,,Sir, ich…ich brauchte…ich brauchte jemanden zum Reden."
Langsam machte sich in Jack ein beklemmendes Gefühl breit. Man, sie sieht ja auch was fertig aus. Aber er hielt es für besser, ihr das nicht zu sagen und so zog er lieber seine Allzeit-Gute-Laune-Nummer durch. Aber überrascht war er trotzdem.
,,Und da kommen Sie ausgerechnet zu mir? Wollten Sie sich nicht nach der Arbeit mit Pete treffen?" Die Bitterkeit über diesen Satz schluckte er schnell herunter.
,,Ja..Sir…Er…er weiß noch nichts davon."
Jack verstand nicht und sah sie fragend an. ,,Carter?" Diese Frage stellte er immer, wenn er das astrophysikalische Gerede des Majors wieder einmal nicht verstand, was ja keine Seltenheit war. Normalerweise antwortete sie ihm mit einem ellenlangen Vortrag, aber dieses Mal nicht. Ihre Reaktion war so völlig anders und Jack erschrak. Sam fing doch tatsächlich an zu weinen. Tränen rannen ihr Gesicht herunter. Automatisch wollte Jack sie ihr wegwischen, doch er zog seine Hand schnell zurück.
Eine Berührung. Keine gute Idee. Nicht jetzt, Jack.
Dann fing Carter langsam an. ,,Ich…ich,…Sir…er weiß nicht, dass…Mark,…mein Bruder…er…Sir…er wurde…er wurde im Einsatz… erschossen, Sir." Bei den letzten Worten überschlug sich ihre Stimme fast. Jetzt, wo sie es herausgebracht hatte, wusste sie nicht so recht, ob sie erleichtert oder geschockt sein sollte. Es war das erste Mal, dass sie es wirklich laut ausgesprochen hatte. Seit diesem Telefonat,…sie brach zusammen und rutschte langsam an der Wand entlang in Richtung Boden.
Jack konnte nur geschockt zusehen. ,,Oh mein Gott, Sam…", entfuhr es ihm nach einer Schrecksekunde. Jetzt verstand er. Sam's Bruder war der Grund für ihren Besuch. Sollte er wirklich…? Er konnte nicht glauben, dass er tot sein sollte. Wann hatte er den Polizisten das letzte Mal gesehen? An Sam's Geburtstag? Man, das war auch schon wieder ein DreiviertelJahr her. Aber bevor er sich hier in seinen Gedanken verkroch, sollte er sich lieber um Sam kümmern, die vor ihm gegen die Wand gelehnt auf dem Boden saß. Langsam fasste er sich wieder und hockte sich vor Sam hin. Vorsichtig legte er ihr eine Hand auf die Schulter und sprach sie leise an. ,,Sam." Oder war es für sie besser, wenn er sie Carter nannte? Einen Versuch war es wert. ,,Carter?" Noch immer keine Reaktion. Sam saß nur schluchzend mit angezogenen Knien da und hatte ihren Kopf in den Armen verborgen.
Also gut,.. Es machte ihr anscheinend nichts aus, also konnte er genauso gut in seine Gewohnheit zurückfallen. ,,Sam.", schubste er sie sachte an. ,,Sam, komm schon." Jack bemerkte gar nicht, dass er sie duzte, während er versuchte Sam aus ihrer Haltung zu befreien und ihre verkrampften Hände vom Gesicht zu lösen. Sofort zog sie den Kopf noch weiter zurück, so als wollte sie ihn nicht sehen. Aber wieso war sie dann hierher gekommen? Dann nahm er entschlossen ihre zitternden Hände in seine und hob ihren Kopf leicht an, so dass er mit seinem auf einer Höhe war. ,,Sam. Bitte mach die Augen auf. Bitte. Sieh mich an." Er betrachtete ihre Augen, die langen, nassen Wimpern. In ihnen hingen dicke Tränen, die ihr die Wange herunter rannen, als sie zaghaft ihre Augen öffnete. Dann sah sie Jack mit verstörtem Blick an. ,,Sam?" Sie nickte kaum wahrnehmbar. ,,Sam... Es tut mir so unglaublich Leid."
Wieder flossen bei ihr Tränen. Mit prüfendem Blick sah Jack sie an, dann zog er sie langsam in seine Arme. Er wollte sie halten. Er musste sie irgendwie trösten. Und sich trösten. Am liebsten hätte er sie nie wieder losgelassen. Meine Sam. Würde es nur immer so sein,ertappte er sich bei dem Gedanken. Nein. Daran darfst du jetzt nicht mal denken. Du darfst ihre Situation nicht ausnutzen. Das würde alles zerstören. Auf gar keinen Fall.
,,Sam. So unglaublich Leid.", flüsterte er ihr ins Ohr und wiegte sie leicht hin und her.
Nach ein paar Minuten stellte er erleichtert fest, dass die Umarmung nicht nur ihn etwas beruhigt hatte. Ihr Atmen wurde leichter und ihr Schluchzen leiser. Dennoch spürte er die Feuchtigkeit ihrer Tränen auf seinem Hemd. Mein Gott. Ich muss sie loslassen. Muss loslassen. Sonst passiert noch ein Unglück. Ich darf das jetzt nicht. Schnell fasste er einen Entschluß. Vorsichtig löste er sich von ihr. Aber nur soweit, dass er ihr den Arm um die Hüfte legen konnte und sie so zu sich hochziehen konnte. Sie sträubte sich nicht dagegen. Behutsam führte er sie ins Wohnzimmer und setzte sie auf dem Sofa ab. Sofort rollte Sam sich dort zusammen. ,,Moment. Ich hol eine Decke." Schnell verschwand er im Schlafzimmer und kehrte mit einer flauschigen Wolldecke zurück. Er breitete sie über dem Major aus und drückte sie an den Seiten fest als er ihr Zittern bemerkte. Dann schob er den Tisch etwas beiseite und setzte sich vor das Sofa. Seine Hand fand ihre. ,,Willst du darüber reden?", hauchte er leise, während sein Daumen beruhigende Kreise auf ihrem Handrücken malte. Sie öffnete ruckartig die Augen und sah direkt in Jack's. Man, diese Augen. Diese wunderschönen blauen Augen, verlor sich Jack in dem Blau seiner Kollegin. Diese Augen, in ich mich schon vor Jahren unsterblich verliebt hab. Mein Gott,…und sie waren direkt vor ihm. Dieses Glitzern, das in ihnen lag. Aber da schreckte Jack aus seinen Gedanken auf. Heute war da kein Glitzern. Kein Leuchten. Nur der Schimmer ihrer Tränen.
Drei Stunden später stand Jack auf der Terrasse und starrte die Bäume rings um ihn an, deren Blätter sich in der leichten Brise des Abends bewegten.
Er brauchte frische Luft und etwas Bewegung, nachdem er rund eine halbe Stunde vor Sam auf dem Boden gekniet hatte. Auf seine Frage hatte sie nur mit einem Schulterzucken geantwortet und geschwiegen. Zehn Minuten später war sie dann in einen leichten Schlaf gefallen. Jack hatte ihr ein zusätzliches Kissen unter den Kopf gepackt und ihr die Schuhe vorsichtig ausgezogen, bevor er dann einige Minuten lang nur dagesessen hatte und dem unregelmäßigen Atem seines Majors gelauscht hatte. Nach einiger Zeit war er aufgestanden und hatte sich in einen der Sessel gesetzt um seine Knie zu entlasten.
Während Sam schlief verhielt er sich so leise wie möglich. Er schnappte sich die neueste Ausgabe der Anglerzeitschrift „Blinker", um sich über die verbesserten Köder zu informieren, räumte in seinem Schlafzimmer ein wenig auf und goss das abgestandene Bier in den Abguss.
Doch jetzt wurde ihm der Wind zu kalt in seinem T-Shirt und er ging zurück ins Haus. Sam lag immer noch in ihrer angestammten Position auf dem Sofa. Na gut, dann lasse ich sie schlafen. So fertig wie sie ist, wird das wohl das Beste sein. Er schnappte sich schnell das Telefon von der Station und ging damit außer Hörweite von Sam. Er wählte eine ihm gut bekannte Nummer.„Hier ist Colonel O'Neill. Verbinden Sie mich bitte mit General Hammond...General. Ja O'Neill hier. Es geht um die Mission am Montag nach P3X-7-irgendetwas…ja, genau die meine ich, Sir. Ich fürchte, dass SG-1 nicht in der Lage sein wird sie planmäßig durchzuführen…nein,…ehm…ich habe gerade erfahren, dass Major Carters Bruder gestorben ist…Ja Sir, ich weiß... Sie ist ziemlich fertig und ich glaube nicht, dass sie unbedingt auf diese Mission gehen sollte…ja Sir. … nein, ich will mir keinen zusätzlichen Urlaub rausschlagen, ich meine nur, weil Major Carter sicherlich nicht Ihnen gegenüber zugeben wird, dass sie nicht einsatzfähig ist…Vielen Dank…Ja richte ich aus. Wiederhören, Sir." Damit legte Jack auf. So, der General weiß Beschied. Gut. Was jetzt?
In der Küche bemerkte er dann den Stapel von Geschirr und entschloss sich alles in die Spülmaschine zu packen. Blieb nur zu hoffen, dass er mit dem Krach Sam nicht weckte.
Sam drehte sich ihrer Decke unruhig hin und her. Immer wieder sah sie neue Schreckensszenarien vor sich: Das schmerzverzerrte Gesicht ihres Bruders, riesige Blutlachen, eine Kugel, die auf sie zugerast kommt, dann Mark wie er auf dem Boden aufprallt mit einem Loch in seiner Brust. „Neeeeiin!!!" Entsetzt fuhr sie hoch. Schweiß stand auf ihrer Stirn. Orientierungslos blickt sie sich um. Couch, Sessel, Angelzeitschrift. War sie bei Jack? Dann fiel ihr wieder alles ein. Es waren nicht nur schlechte Träume gewesen, es war Wirklichkeit. Ihr Bruder war tot. Tränen stiegen in ihr hoch. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Warum??! Warum nur??!
Do you know the feeling
Everything in your life
Is against you
Burning you out
The world is covered in dark clouds
And you don't feel like before
…
Jack war sofort bei ihr, nachdem er den Schrei gehört hatte. „Hey."
„Hi, Sir.", brachte Sam mit tränenunterdrückter Stimme hervor.
„Alles okay?" Er setzte sich neben sie auf das Sofa.
„Sir, er ist tot." Sam zog die Knie an sich.
Dumme Frage, Jack. Wie kann da alles okay sein? „Ich weiß, Carter. Und ich weiß wie schwer das für Sie ist. Also, wenn Sie reden möchten, ich bin für Sie da." So stark er sich auch wünschte, sie Sam zu nennen, er wusste, dass er ihr es damit noch schwerer machen würde, also blieb er bei Carter.
„Danke, Sir.", kam es knapp von Sam, dann entschloss sie sich doch ihm eine Erklärung zu geben. „Ich… ich hatte das gehofft, als ich herkam. Ich wollte reden, wollte nicht allein sein, wusste aber nicht zu wem ich gehen sollte." Jack nickte.
„Aber dann war ich auf einmal nicht mehr so sicher, was das Reden angeht." fuhr sie fort.
„Carter, ich bin vielleicht nicht der Richtige dafür, vielleicht sollten Sie zu Daniel gehen, er ist besser in so was.", versuchte Jack einzuwenden.
„Nein, nein. Sie sind schon der Richtige, Sir, nur ich…" Sie fing an zu schluchzen. „Ich kann einfach nicht begreifen…" Sam schlug die Hände vors Gesicht und fing erneut anzuweinen.
Jack legte seine Hand auf ihr Knie. „Carter. Ich weiß, so etwas versteht man nie. Glauben Sie mir, ich kenne das nur zu gut. Man kann und will es nicht glauben." Dann zog er sie erneut in seine Arme und wiegte sie leicht hin und her. Er merkte, dass sie die Nähe eines Menschen brauchte. So war es damals auch bei ihm gewesen. Er hatte sich leer und allein gefühlt. Und schuldig. Diese Schuld lastete noch heute auf ihm.
„Sir,…ich…warum?…er hat doch nur seine Arbeit getan!" Sie krampfte sich zusammen.
„Ich weiß. Es trifft immer die Guten, Carter." Kinder und Hüter des Gesetztes. Gibt es überhaupt noch Gerechtigkeit in diesem Land?
So saßen die Beiden noch eine Weile da, Sam in Jack's Armen, der ihr beruhigend zusprach.
Schließlich raffte sich Jack dann hoch um einen Tee für Sam zu kochen, während sie sich verstohlen die Tränen aus dem Gesicht wischte und versuchte sich zu fangen. Doch so sehr sie sich auch bemühte, das Krampfgefühl im Magen wollte nicht weggehen und die Tränen ließen sich auch nicht vollständig verbannen. Wieso Mark? Wieso ihr Bruder? War die ganze Welt denn gegen Sie? Doch die letzte Frage strich sie in Gedanken wieder, als Jack ihr einen Becher mit der dampfenden Flüssigkeit entgegenstreckte. Wenigstens war sie nicht allen egal. Jack gab ihr Trost, wenn der Schmerz auch tief saß; so tat es doch gut, dass sie wusste, dass er sie verstand.
In diesem Moment klingelte Sam's Handy. Sie zuckte zusammen, kramte es dann aber hervor. Schnell zog sie es aus ihrer Tasche und klappte den Bildschirm hoch. „Ja? Sam Carter." Sie versuchte ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. „Ja. Janet…nein ist okay, wenn's ein Notfall ist kannst du ja nichts dafür…nein, ich bin sowieso nicht in der Verfassung auszugehen,…ja…nein ist schon okay. Wir reden später. Machs gut." Damit legte sie auf.
„Doc Fraiser?", fragte Jack getäuscht neugierig, um sie etwas abzulenken.
„Ja. Janet und ich waren heute Abend eigentlich verabredet. Wir wollten etwas Essen gehen und danach vielleicht noch eine Runde tanzen. Aber sie hat einen Notfall im SGC; SG-12 hatte Probleme mit ein paar Jaffas und Ensign Mayweather wurde angeschossen…Irgendwie trifft es heute immer mehr. Ich hoffe wenigstens, dass Daniel und Teal'C heil nach Hause kommen."
„Ja, ich auch. Aber das geht schon gut, Carter. Es ist ja schließlich nur ein Treffen mit Bra'tac und einigen von der Jaffa Rebellion. Um die mache ich mir keine Sorgen…" er warf ihr einen strengen Blick zu. „Was ich über Sie im Moment nicht sagen kann."
Sam nahm einen Schluck vom Tee. Die heiße Flüssigkeit tat im Hals gut, vertrieb den salzigen Geschmack der Tränen und beruhigte sie ein wenig. „Sir. Ich danke Ihnen. Ich glaube, ich werde nach Hause fahren, ein paar Sachen zusammen packen und dann rüber nach San Diego fliegen. Die brauchen dort sicher jemanden, der alles regelt."
„Oh nein. Das werden Sie ganz bestimmt nicht, Carter. Sie werden in Ihrer Verfassung nicht, ich wiederhole, nicht in ein Auto steigen. Außerdem ist es spät, Major und da lasse ich es nicht zu, dass Sie bis nach San Diego fliegen." Jack nutzte die militärische Anrede, um ihr deutlich zu machen, dass er es ernst meinte.
„Aber Sir…Ich muss…"
„Nein, Major. Keine Chance. Sie bleiben heute Nacht hier. Ich werde mein Bett für Sie neu beziehen und nehme dann die Couch."
„Sir! Bitte,…ich muss dringend nachdenken und…" Ihre Stimme klang immer verzweifelter.
„Nein. Bitte, Sam, verstehen Sie doch." Er konnte nicht länger den fiesen Colonel raushängen lassen. Er hatte Wochenende. Wenn auch kein sehr glückliches bis jetzt. Und er wollte Sam auf keinen Fall noch mehr verletzten. „Nachdenken können Sie auch hier. Bitte verstehen Sie doch, dass ich mir Sorgen mache. Es ist ja nur für eine Nacht. Morgen früh können Sie dann sofort los. Nur bitte lassen Sie sich diese Nacht, um ihren Kopf halbwegs frei zu bekommen."
Sam schluchzte, wischte sich eine Träne von der Wange und nickte dann resignierend. Sie hatte nicht die Energie, sich gegen ihren Vorgesetzten zu wehren. Und sie sah auch ein, dass sie keine Chance hatte, sobald er daraus einen Befehl formulierte. Also nickte sie, nahm einen Schluck Tee und schaute dann zu Jack auf.
„Aber nur unter einer Bedingung: Ich nehme das Sofa."
Eigentlich sollte ich ihr das ganz schnell ausschlagen, aber was soll's. Hauptsache ich weiß sie in Sicherheit und ich kann mich um sie kümmern. „Okay. Das ist ein Deal. Und nun bleiben Sie sitzen, trinken Sie Ihren Tee und versuchen Sie sich zu entspannen. Ich mache Ihnen Bettzeug fertig." Damit verschwand er auch schon um die Ecke und schloss hinter sich die Tür zum Schlafzimmer. Dort schnappte er sich das Telefon, das noch auf dem Bett lag, und wählte Janets Privat Nummer. Hoffentlich war Cassie zu Hause und hatte heute ausnahmsweise mal kein Date. Nach dem fünften Klingeln nahm endlich jemand ab. Er stutze, als sich eine Jungenstimme meldete. Das war weder Janet noch Cassie. Schnell fragte er nach Letzteren. Kurze Zeit später hatte er Cassie dann endlich am Apparat. „Cassie. Pass auf. Es ist mir egal, was ihr in Janet's Haus treibt, du brauchst gar nicht erst versuchen es zu erklären. Bitte schau nur in Janet's Kalender nach der Nummer von einem Freund von Sam, er heißt Pete." Cassie tat wie ihr befohlen, wollte jedoch wissen was los ist. „Sam's Bruder ist in einem Einsatz gestorben. Sam ist bei mir. Sie ist völlig fertig. Und Pete ist ein Kollege von Mark, aber sie hat ihm noch nichts gesagt. Das will ich jetzt erledigen, also bitte gib mir die Nummer." Drei Minuten später war Pete Shanahan über Mark's Tod informiert und wusste, dass Sam die Nacht bei Jack verbrachte. Es war Jack egal, was Pete sich dabei dachte, oder was er alles dagegen hatte. Fest stand, dass er es ihm schuldig war, wenigstens diese Information zukommen zulassen, und dass er Sam nicht vor morgen früh gehen lassen würde.
Mit einem bezogenen Kissen und einer Bettdecke, einem Laken, frischen Handtüchern und einer neuen Zahnbürste bewaffnet, kam Jack zurück ins Wohnzimmer. Sam setzte sich mit ihrer Tasse auf einen Sessel, nachdem sie vergeblich versucht hatte, Jack diese Aufgabe abzunehmen. Keine Minute später war das Sofa, militärisch, akribisch korrekt bezogen und Jack machte eine einladende Bewegung in Richtung Couch. „Bitte Madam, Ihr Schlafgemach." Sam musste schmunzeln. Wow. Das ist das erste Mal seit Stunden, dass sie ein Hauch von Fröhlichkeit zeigt, gut gemacht Jack! „Ehm. Sie können zuerst ins Bad." Er schaute auf die Uhr. Es war bereits kurz vor elf. „Damit Sie nicht noch einmal aufstehen müssen."
Sam nickte und schnappte sich Zahnbürste und Handtuch. „Danke, Sir."
„Dafür nicht, Carter." Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Wozu hat man denn Freunde?" Freunde. Dieses Wort klang in Sam nach, als sie auf dem Weg ins Badezimmer ihres Colonel's war. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, fiel ihr Blick auf den Spiegel. Von dem, was sie sah, war sie nicht gerade begeistert. Ihre Augen waren verquollen und die Spuren der Tränen waren im ganzen Gesicht zu sehen. Sie sah so fertig aus, wie sie es war. Schnell spritze sie sich etwas Wasser ins Gesicht und putzte dann ihre Zähne.
Mit einem letzten verzweifelten Blick auf ihr Spiegelbild verließ sie den Raum und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Ihr Aussehen konnte sie heute nicht mehr verbessern, aber das war ihr auch ziemlich egal. Wie unwichtig so was alles doch ist.
Jack kam gerade aus dem Schlafzimmer, wo er noch etwas vergessen hatte und sah Sam gedankenverloren auf ihn zukommen. Als sie nur noch knapp einen Meter vor ihm stand, sprach er sie an. „Carter." Keine Regung. „Hey. Sam. Was ist los?" Immer noch nichts. Erst als er ihre Schulter berührte, schrak sie auf und blickte noch verwirrter drein als vorher.
„Sir. Ehm…ich…" Sie wusste selbst nicht so genau, was mit ihr los war. Einfach nur fertig. Ja genau, das war sie. „Ich…war nur in Gedanken. Haben Sie etwas gesagt?"
„Nein. Ich wäre dafür, dass Sie sich gleich hinlegen und versuchen zu schlafen. Es ist spät und Sie müssen sich ausruhen. …Hier!" Er hielt ihr ein Hemd von sich hin. Sam nahm es entgegen und sah ihn dann fragend an.
„Carter. Ich dachte, Sie würden gerne aus Ihren Klamotten raus. Ich habe leider nichts passendes in Ihrer Größe, aber es müsste eigentlich lang genug sein, um…" das Wichtigste zu verhüllen…Denk nicht mal dran Jack! „Aber wenn Sie lieber in Jeans schlafen möchten, werde ich Sie nicht aufhalten,..."
Einen Moment dachte sie nach, dann entschied sie sich für das Hemd. „Ja, okay. Die Vorstellung ist wirklich nicht sehr bequem." Beide nickten. Sam schaute sich nervös um und wusste anscheinend nicht recht was sie tun sollte. Doch Jack verstand. „Ich bin im Bad, ziehen Sie sich in Ruhe um."
Sam schlüpfte aus ihrer Strickjacke und bemerkte erst jetzt, dass sie keine Schuhe mehr trug.
Verwirrt schaute sie um sich und entdeckte sie schließlich neben dem Sofa. Jack musste sie ihr ausgezogen haben. Wann wusste sie nicht.
Keine Minute später stand sie in Jack's Flanellhemd gehüllt in dessen Wohnzimmer und legte ihre Sachen ordentlich über einen Sessel. Sie konnte sich glücklich schätzen, Jack als Vorgesetzten zu haben, das wusste sie. Er war immer für sein Team da.
Und besonders für sie…
„So, ich dachte mir," rief Jack aus Richtung Bad und schreckte Sam aus ihren Gedanken hoch. „Dass Sie vielleicht…" Als er bei ihr angekommen war, verschlug es ihm die Sprache. Sam stand nur mit seinem verwaschenen Hemd bekleidet vor ihm. Sein Blick wanderte nach unten und er stellt fest, dass der Stoff nur knapp die Hälfte ihrer Oberschenkel bedeckte. Mit einem Zischen zog er die Luft ein, als sein Blick wieder hoch zum Gesicht seines Majors wanderte. Sam musterte ihren Vorgesetzten währenddessen, und er glaubte auf ihrem Gesicht ein kleines Lächeln zu sehen.
Jack, du Idiot. Kannst du dich nicht einmal zusammen reißen? Wenn du jetzt auch noch zu stottern anfängst, dann… „Carter…ehm…ich meinte…Haben Sie Hunger?"
Sam musste noch immer schmunzeln. Komische Situation. Sie stand vor ihrem Vorgesetzen, nur mir einem Hemd von ihm bedeckt und ihm fielen beinahe die Augen raus. Innerlich musste sie lachen. Dann besann sie sich und hatte es plötzlich eilig seine Frage zu beantworten.
„Ehm, nein Sir, danke. Ich fühle mich nicht in der Lage irgend etwas zu essen…"
„Schon okay, Carter. Ich werde Sie nicht zwingen, und schlafen ist sowieso das Beste, was Sie jetzt tun können."
Ein Nicken war die Antwort und der Major kroch unter die Bettdecke. Sie zog sich das Kissen zu Recht, machte es sich etwas bequemer und schaute Jack erwartend an. Dieser brauchte einen Moment, um sich zu überlegen, was es noch zu sagen gab. Dann entschloss er sich für die einfachste und unkomplizierteste Methode.
„Gute Nacht, Carter."
„Gute Nacht.", kam es von Sam, dann fügte sie noch schnell ein „Sir." hinzu.
Jack wandte sich zum Gehen, schaute sich aber noch einmal um, vielleicht wollte Sam ja noch etwas sagen. Doch diese hatte den Mund zu einer Linie zusammengepresst und starrte schweigend in den Raum, also verließ er das Wohnzimmer und schloss die Schlafzimmertür hinter sich.
Leicht durcheinander legte er sich ins Bett, nachdem er sich seiner Klamotten entledigt hatte.
Wie war es dazu gekommen, dass seine Sam bei ihm auf dem Sofa lag, in seinem Hemd, in seinem Haus? Wie oft er sich das alles gewünscht hatte. Doch dies war eine völlig andere Situation. In seiner Vorstellung war nie irgendwer gestorben, schon gar nicht Sam's Bruder.
Und sie hatte auch nicht mit Tränen in den Augen vor seiner Tür gestanden, sondern ihn immer mit einem zärtlichen Kuss begrüßt. Vielleicht kommt das ja noch. Doch sofort ohrfeigte er sich innerlich für diesen Gedanken. Sam trauerte und er hatte nichts Besseres zu tun, als über eine Beziehung mit ihr nachzudenken. Das war nicht fair, und er wusste es.
Er fühlte sich schuldig für seine Gedanken, drehte sich um, zog die Decke bis zum Hals und versuchte einzuschlafen.
Seit zwei Stunden lag Sam jetzt bereits wach. Das Zimmer war von einem leichten Mondlicht erhellt und sie beobachtete die Schatten der Äste an den Wänden. Sah zu, wie sie leicht aneinander stießen und dann wieder auseinander gezogen wurden. Schließlich kam sie zu dem Schluss, dass die Äste wie die Menschen waren. Einen Tag waren sie zusammen, und schon am nächsten waren sie voneinander getrennt und man konnte den anderen nicht mehr erreichen. So wie sie Mark. Es gab so viel, was sie ihm hatte sagen wollen. So viel. Erst neulich hatte er sie am Telefon gefragt, ob sie glücklich sei. Die gleiche Frage, die sie von ihrem Dad immer gestellt bekam, wenn er von den Tok'ra zu Besuch kam. Und genau wie sonst hatte sie keine Antwort gehabt. Sie hätte sagen können, dass sie es wäre, aber das wäre gelogen gewesen. Das war ihr klar geworden. Sie war schon lange nicht mehr glücklich. Schon lange gab sie vor es zu sein, machte sich etwas vor, sagte sich immer wieder: Ich bin glücklich. Ich habe glücklich zu sein.
Doch sie hatte einfach aufgelegt. Sie hatte ihrem Bruder keine Antwort gegeben, und jetzt würde sie nie mehr in der Lage sein es ihm zu sagen. Nie mehr.
Und sie bereute. Sie bereute, nicht schon längst etwas geändert zu haben. Sie bereute, dass sie es weder geschafft hatte ihren Vater noch ihren Bruder glücklich zu machen, indem sie glücklich war. Aber es gab da auch diese Angst, diese Ungewissheit. Ungewissheit, was sie erwarten würde, wenn sie endlich den ersten Schritt unternahm, glücklich zu werden. Pete die Wahrheit zu sagen und ihn zu verlassen. Sie wusste, dass es ungerecht war, ihn so auszunutzen. Ihn als einen Ersatz zu missbrauchen für etwas, was sie nicht haben durfte, nicht haben konnte. Etwas was ihr gewisse Regeln verboten.
Doch das brachte sie im Moment auch nicht weiter. Ihr war schon seit einiger Zeit klar, was sie zu tun hatte, aber ihr hatte der Mut dazu gefehlt. Nun war er da. Jetzt hatte sie endlich die Kraft diesen Entschluss zu fassen. Warum hatte nur erst ihr Bruder dafür sterben müssen?!
Verzweifelt drehte sie sich auf die andere Seite und starrte auf den Stoff des Sofas.
Doch so sehr sie sich auch bemühte einzuschlafen, es wollte ihr nicht gelingen.
Nach einer weiteren Stunde gab sie es schließlich auf. Sie wickelte sich aus der Decke, stand auf und stellte sich ans Fenster. Die Bäume in Jack's Garten warfen dunkle Schatten auf den Rasen und ließen die Umgebung unheimlich erscheinen. Doch das machte Sam keine Angst. Sie hatte nur Angst alleine zu sein. Plötzliche Angst, niemanden zu haben. Ihr Vater war auf einer geheimen Mission der Tok'ra, ihr Bruder tot. Wer war noch für sie da?
Ihr Blick fiel automatisch auf eine Tür. Jack's Schlafzimmer. Sollte sie? Nein. Es war mitten in der Nacht und er schlief bestimmt. Es wäre nicht fair ihn zu wecken, wo er sich doch so um sie gekümmert hatte. Aber hatte er nicht gesagt, dass er für sie da war? Hatte er ihr nicht das Angebot gemacht ihr zu helfen, wenn sie nicht weiter wusste? Ja. Das hatte er. Und plötzlich wusste Sam, dass sie dieses Angebot nutzen würde.
Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt breit und lugte hinein. Jack lag auf dem Bauch, auf der rechten Seite des Bettes, die Decke quer über das ganze Bett gezogen, sein rechter Arm hing von der Bettkante. Sie konnte sehen, wie sich sein Oberkörper regelmäßig hob und senkte. Er schlief. Schließlich holte sie noch einmal tief Luft und betrat dann den Raum. Ihr Blick fiel auf Jack's muskulöse Schultern, als sie um das Bett herumging. Dann stand sie neben ihm. Langsam bewegte sich ihre Hand auf seinen Rücken zu. Berührte ihn leicht an der Schulter. Rüttelte sacht. Doch schon im nächsten Moment bereute sie ihre Entscheidung. Was tat sie hier?! Sie stand mitten in der Nacht im Schlafzimmer ihres Vorgesetzen und weckte ihn. Wenn das die Air Force wüsste…am liebsten hätte sie Kehrt gemacht und sich unter der Decke im Wohnzimmer verkrochen. Doch dazu war es jetzt zu spät. Der Colonel drehte sich mit einem leisen Murren auf die Seite und schlug die Augen auf.
Vor sich sah er ein Paar lange Beine und schließlich Sam's Gesicht. „Was ist los, Sam?", fragte er sie schlaftrunken und fuhr sich mit der einen Hand durch die grauen Haare.
„Sir,…ich…ehm…ich konnte nicht schlafen und…". Sie machte eine Pause.
„Wollen Sie reden?" Sie sah ihn hilflos an, nickte dann leicht.
Jack richtete sich im Bett auf und musterte seinen Major und sein Blick fiel auf die Anzeige des Weckers. Halb drei. „Haben Sie überhaupt schon geschlafen?"
„Nein, Sir.", gab Sam zu.
„Und warum sind Sie dann nicht schon viel früher gekommen?"
„Ich,…ich hatte Angst, Sir.", beichtete Carter.
„Carter. Das brauchen Sie nicht. Ich bin da." Jack meinte ernst was er sagte. Er konnte es kaum ertragen Sam so verstört zu sehen. Mit verschränkten Armen stand sie vor ihm und wirkte so,…so hilflos. „Kommen Sie her."
Einen Moment zögerte Sam, ein Teil von ihr sträubte sich der Bitte des Colonel's entgegenzukommen, aber der andere Teil zog sie praktisch nur in seine Richtung. Also setzte sie sich schließlich auf die Bettkante und starrte auf ihre zitternden Beine.
Jack legte eine Hand auf ihren Arm und stellte fest, dass sie nicht gerade warm war. „Kommen Sie. Sie sind ja völlig ausgekühlt." Er rutschte in Richtung Bettmitte. „Ab unter die Decke mit Ihnen." Am liebsten hätte er sein Aufforderung sofort wieder zurückgenommen. Was tust du dir hier nur selber an? Sam mit dir unter einer Decke?! Doch dann siegte seine Vernunft und er schwor sich hart zu bleiben.
Zuerst hatte Sam die Aufforderung überhaupt nicht verstanden, doch als Jack nun die Bettdecke anhob und ihr bedeutete darunter zu kriechen, wurde ihr klar, was er wollte. Ohne weiter darüber nachzudenken, leistete sie seiner Bitte folge und befand sich plötzlich neben ihrem Vorgesetzten im Bett.
„Sir, ich…" Ihre Stimme begann zu beben.
Jack beruhigte sie mit leiser Stimme: „Ganz ruhig, Carter. Entspannen sie sich."
Entspannen? Wie stellte Jack sich das vor? Ihm so nahe zu sein erinnerte sie unweigerlich an die Ereignisse in der Antarktis. Ihr Mut, endlich auszusprechen, was sie sich vorgenommen hatte, war auf ein Mal verschwunden. Vielleicht war es noch zu früh. Sam verkrampfte noch ein wenig mehr und biss sich auf die Lippen. Ihr war kalt, in ihrem Kopf überschlug sich alles und sie wusste nichts zu sagen.
„Also. Ich höre zu, Sam. Sie brauchen nur anzufangen." Mittlerweile war seine Müdigkeit fast ganz verschwunden und er war darauf vorbereitet sich einen langen Vortrag anzuhören. Doch Sam machte keine Anstalten anzufangen. Also wartete er. Sam versuchte wirklich, sich auf eine Antwort zu konzentrieren, und Jack zu berichten, was sie beschäftigte. Doch sie bekam es einfach nicht heraus. Die Ungewissheit breitete sich wieder in ihr aus. Also schwieg sie. Nach zehn schweigsamen Minuten schaute Jack zur Seite, direkt in ihr Gesicht. Er wartete auf eine Antwort.
Also überwand sie sich und brachte schließlich doch etwas heraus, auch wenn es nicht das war, was sie eigentlich hatte sagen wollen. „Sir…ehrlich gesagt, ich…ich kann noch nicht reden." Dann hatte sie ihn also umsonst aus seinem Schlaf gerissen. Nein. Jetzt wo sie schon einmal hier, und er wach war, wollte sie nicht einfach wieder in das einsame Wohnzimmer zurück. Daher fügte sie, fast flüsternd hinzu: „Ich brauchte einfach…jemanden."
Jack verstand. „Ich sagte doch, dass ich für Sie da bin. Sie müssen es nur sagen…Sie frieren ja immer noch.", stellte er fest und schlang einen Arm um ihre Schultern, um sie näher an sich heran zuziehen. Sie brauchte dringend Wärme. Körperliche wie auch seelische, das wusste er aus eigener Erfahrung.
Also schloss er seine Arme um sie und wog sie leicht hin und her. Sam ließ es geschehen. Sie hatte keine Mauern um sich herum aufgestellt, wie es sonst meist der Fall war, sie hatte einfach keine Kraft mehr den Menschen in sich zu vergraben und den gefühlslosen Militär zu mimen. All ihre Schilde wurden von Jack's Umarmung herunter gefahren und sie ließ es mit sich geschehen. Sie schloss die Augen und genoss die einschläfernde Bewegung. Gerade hatte Jack bemerkt, dass sie sich etwas entspannte, da krampften sich ihre Muskeln zusammen und sie riss ihre Augen auf. „Schon okay, alles ist gut." Sam versuchte wieder gleichmäßig zu atmen, aber das Bild vor ihren Augen wollte nicht verschwinden. Immer wieder sah sie ihren Bruder tot in einer Blutlache liegen. Alleingelassen auf dem Beton der Straße. Kalt und leblos. Ein Zittern breitete sich über ihren Körper aus und Jack verstärkte die Umarmung, rutschte ein Stück näher an sie heran, sodass sich ihre Beine fast berührten. Wärme. Er versuchte alles auszublenden und sich nur darauf zu konzentrieren, Sam Wärme zu geben.
Ihre Atemzüge waren immer gleichmäßiger geworden, bis sie dann irgendwann eingeschlafen war. Jack hatte sie losgelassen und die Decke über sie gezogen. Kurz darauf hatte Sam sich in eine bequemere Schlafposition begeben und hatte die Beine an ihren Körper heran gezogen.
So lag sie nun vor ihm. Zusammengerollt wie ein kleines Kind und wirkte so friedlich, aber doch verletzlich auf Jack. Hoffentlich wird ihr Blick bald wieder so friedlich. Er konnte es nicht ertragen, ihre sonst so glänzenden und vor Freude strahlenden Augen, mit solch einem traurigen Blick zu sehen, wie sie ihn heute gehabt hatte. Aber das war nur natürlich. Es war klar, dass es seine Zeit brauchen würde, bis der Schmerz weniger würde. Eine lange Zeit. Aber er nahm sich vor, ihr diese Zeit zu geben. Er wollte ihr helfen und für sie da sein, also fasste er einen Entschluss. Er würde Sam nach San Diego begleiten.
