Disclaimer:

Die verwendeten Figuren und Schauplätze aus den Harry Potter Büchern sind Eigentum von J. K. Rowling. Ich verdiene hiermit kein Geld.

Zusammenfassung:

Eine Gruppe subversiver FF Autoren plant das Halloweenfest in Hogwarts und läßt dafür die Künstlerische Freiheit von der Leine. Colin Creevy entdeckt die Heterosexualität, und überall zeichnen sich verhängnisvolle Affären ab. Die Autoren zanken sich, wenn sie nicht gerade ihren voyeuristischen Neigungen nachhängen, und die Künstlerische Freiheit macht sowieso ihr eigenes Ding. Zusätzlich gibt es einen Zug mit vielen Abteilen, knisternde Erotik und gepanschten Punsch.

Warnung: Der Titel sagt eigentlich schon alles ...fast alles ;)

Anmerkungen der Autorin:

Viel Spaß beim Lesen! Kritik, ob positiv oder negativ, ist immer willkommen, also schreibt bitte Reviews.

Slash für alle!

von Tante Hildegard

I

Eine subversive Veranstaltung

Im Konferenzraum eines billigen Stadthotels herrschte ohrenbetäubende Stille, nachdem die Wortführerin der Miliz erbost ein Stückchen Schwarzwälderkirschtorte nach einer gegnerischen Sprecherin geworfen hatte.

Seidenblume stand indessen unschlüssig vor der Buffettafel an der Wand, wo, neben einem silberglänzenden Samowar voller Tee, allerhand süßes Knabberzeug und Gebäck aufgebaut waren. Mit einem Fingernagel stupste sie missbilligend gegen ein Stück Topfkuchen, das als letztes auf einem geblümten Porzellanteller wartete. Dann zischte sie: „Rosinen", und blinzelte gelangweilt zur u-förmig drapierten Tischreihe in der Mitte des Zimmers. Dort klopfte die Diskussionsleiterin, in einem übergroßen Kapuzencape, herrisch mit ihrem Holzhämmerchen auf den Tisch, um zur Ordnung aufzurufen und einem Handgemenge vorzubeugen.

„Die Regeln zur Halloweenchallenge sind eindeutig", bellte sie. „Also müssen Mpreg und Ab-18 Dinge von den weiteren Verhandlungen ausgeschlossen werden."

Protestrufe schallten daraufhin durch den Raum, und wenn die Vorsitzende der Mpreg Miliz noch ein Stück Torte greifbar gehabt hätte, wäre es ohne Zweifel geworfen worden. „Ich weigere mich, das zu akzeptieren!" schrillte sie, unterstützt vom beipflichtenden Murmeln ihrer maskierten Mitstreiterinnen. Die Sprecherin der Ab-18 Dinge erhob sich jetzt ebenfalls. Wie alle Damen ihrer Fraktion hatte sie einen Nylonstrumpf über den Kopf gezogen, der bis zur Oberlippe aufgerollt war, um Kucken und Kekse schnabulieren zu können. „Die Ab-18 Fraktion wird sich das genauso wenig gefallenlassen! So etwas nennt man Diskriminierung von ... Diskriminierung eben!"

„Jawohl!" krähte Schnuffelswelpe, die Mpreg Vertreterin mit zitternder Stimme, dann forderte sie ihre diskriminierten Kolleginnen auf, mit ihr gemeinsam die Sitzung zu verlassen. In der Folge schabten Stuhlbeine übers Laminat und Schritte klapperten zur Tür. Doch ein letztes Wort ließ sich Schnuffelswelpe nicht nehmen, also lugte sie noch einmal zur Tür herein, als der Rest der versammelten Damen schon erleichtert geseufzt hatte, und kreischte triumphierend: „Wir werden ja sehen!" Die Tür schlug zu, und es herrschte einige Sekunden lang betretene Stille, bis auch die Ab-18 Damen beleidigt aus dem Raum stapften, wobei ihre Vorsitzende keifte: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten!".

Verlegen hüstelnd sortierten die Übriggeblieben ihre Gliedmaßen, rückten verspiegelte Skibrillen, Nylonstrümpfe, Kapuzen, Masken und dergleichen zu recht. Man war Eskalationen gewöhnt.

Erst vor zwei Wochen hatte Frodo Black, Sprecherin der Crossoveristen und der Union für Interspeziesbeziehungen in Personalunion, gedroht, Draco Malfoy nach Mittelerde zu entführen und mit einem Ork zu vermählen. Auslöser war eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Autorengruppen gewesen, ob Argus Filch und Dobby der Hauself beim Aufräumen eines Besenschranks ihre Liebe füreinander entdecken sollten oder nicht. Schließlich gelangte man zu einer Einigung, indem man das Schäferstündchen zwischen Dobby und Filch zähneknirschend in Kauf nahm und im Gegenzug Draco behalten durfte. Allerdings verabschiedete man nach dieser Episode vorsichtshalber eine Klausel, die sexuelle Kontakte zwischen dem Riesenkraken und allen anderen Lebewesen, die keine Kraken waren, untersagte. Die Union war zutiefst entrüstet gewesen und hatte eine Protestpetition angekündigt.

„So, da Schnuffelswelpe und Für-Kinder-Ungeeignet Potter uns verlassen haben, sollten wir weiter nach dem Protokoll vorgehen", verkündete die Diskussionsleiterin seufzend und kratze ihre Nase, die wie der Rest ihres Gesichts im Schatten der Kapuze verborgen lag. Alle nickten zustimmend, auch Seidenblume, die mit einer Tasse Tee und einem Stück Schokoladentorte ausgerüstet wieder Platz nahm. In kluger Voraussicht hatte sie sich für eine antike Tragödienmaske entschieden, die einen großen, trichterförmigen Mund hatte, wodurch man problemlos das Buffet konsumieren konnte, ohne seine Anonymität aufzugeben.

„Es geht also um ein Halloweenfest, meine Damen, und wir brauchen einen Aktionsplan", intonierte die Diskussionsleiterin ernst. „Vor allem aber müssen wir uns für Pairings und einen Plot entscheiden. Ich brauche sicher nicht auf die Katastrophe von vor 4 Monaten hinzuweisen, als das eigenmächtige Vorgehen der HP/SS Shipper, des Bündnisses für Oppositionelle Heterosexualität (kurz: OpHet) und der Autoren für Geschwisterliebe und Twincest dazu führte, dass ein Hogsmeadeausflug im Canon endete."

Leidvolles Stöhnen erklang aus den versammelten Mündern.

„Möchten Sie, dass Ron und Hermine ein Paar sind? Möchten Sie, dass Remus Lupin und Tonks unanständige Dinge miteinander tun oder dass Bill und Fleur heiraten?"

Entsetzt schüttelten alle Anwesenden mit den Köpfen und drückten sich, um der Betroffenheit Ausdruck zu verleihen, Kuchengabeln vor die Brust.

„Guuut", brummte die Diskussionsleiterin, während sie auf ein Blatt Papier vor sich tippte. „Also keine unüberlegten Aktionen, die uns dem Canon in die Arme treiben könnten."

Eine zierliche Gestalt streckte ihren Arm in die Luft. Sie hatte ein schwarzes Tuch um ihr Gesicht gewickelt, so dass nur jeweils ein schmaler Spalt für Augen und Nase frei blieb.

„Ja, äh, Sexy Salazar?"

„Wir sollten die Künstlerische Freiheit benutzen, denke ich", empfahl Sexy Salazar und machte einen Knicks, ehe sie sich wieder setzte.

„Alles der Reihe nach, meine Liebe", entgegnete die Diskussionsleiterin höflich. „Wir mögen eine ungesetzliche Vereinigung sein, aber wir sind nicht undemokratisch." Sie kritzelte etwas auf das Papier unter ihrer Nase, ehe sie schnappte: „Wer für die Künstlerische Freiheit ist, hebe die Hand!"

Einmütig erhoben sich zahllose Arme, und die Diskussionsleiterin nickte anerkennend. „Welcher Handlungsort?"

„Der Hogwarts Express, ich meine, die vielen Abteile bieten sich an", rief jemand mit einer gewaltigen verspiegelten Skibrille über den Augen und einer Mütze dazu.

„Quatsch! Ein Zeltlager im Freien ... unterm Sternenhimmel."

„Im Oktober? Du spinnst wohl?"

„Das Schloss könnte die Künstlerische Freiheit hemmen!"

Seidenblume meldete sich geduldig, bis sie zu Wort kam. „Ich stimme zu, dass Hogwarts sich fatal auf die Künstlerische Freiheit auswirken könnte – zu nah am Canon. Aber könnten wir nicht einen Kompromiss finden? Die Schüler fahren im Hogwarts Express zum Zeltlager?"

Nachdenkliches Murmeln folgte. „Was ist mit dem Wetter?"

Seidenblume räusperte sich. „Vielleicht zaubert man eine Schönwetterblase über das Zeltcamp?"

„Was ist das?"

„Weiß nicht, klingt aber gut."

Die Diskussionsleiterin kritzelte in einem fort Worte auf ihr Papier, dann schnippte ihr Kopf nach oben. „Wer für das Blasendings und den Kompromiss ist, hebe die Hand!"

Bis auf die Interspezies Union waren alle einverstanden.

„Was stört euch?", fragte die Diskussionsleiterin.

„Nun, äh", stammelte Frodo Black, „der Krake kann wohl kaum Zug fahren, selbst mit Künstlerischer Freiheit und so. Das ist krakenfeindlich und für uns nicht tragbar!"

Die übrigen Damen stöhnten wissend und rollten mit den Augen, soweit die sichtbar waren.

„Fawkes und Dobby können aber ohne weiteres Zug fahren", schlug Lieb Und Struppig vor. „Von mir aus können sie ein Abteil für sich haben."

„Darüber habe ich bis jetzt noch nicht nachgedacht", pfiff Frodo Black, ehe sie sich flüsternd mit ihren Kolleginnen beriet.

„Sonst noch Vorschläge, Lieb Und Struppig?" schnappte Heißes Eis von den H/D Lobbyisten und Seidenblume fürchtete, sie würde ihre Sahneröllchen und Windbeutel über den Tisch schlenkern.

„Ja, Remus und Sirius sollten sich ein Abteil teilen."

Daraufhin johlten einige Damen begeistert, weshalb die Diskussionsleiterin wieder auf den Tisch hämmern musste, um Ruhe zu schaffen.

„Ich bin dagegen!", verkündete die Wortführerin der OpHet. „Das Bündnis für oppositionelle Heterosexualität beantragt, dass Hermine und Remus ein Abteil teilen."

„Vergiss es!", kreischten verschiedene vermummte Frauen von allen Seiten.

„Ich stimme für Tonks und Neville."

„Ach, halt die Klappe! Neville ist für Blaise Zabini geboren worden."

„Wage es ja nicht! Zabini gehört allein Dumbledore."

Fassungslose Rufe gellten durch den Raum: „Du bist wohl pervers!?"

„Was ist mit Draco und Harry?", zischte Heißes Eis drohend, denn ihre Lobby war sehr einflussreich. Doch die Emotionen waren bereits außer Kontrolle geraten und ein Eclair flog gegen das verdunkelte Sichtfenster ihres Motorradhelms. Patsch.

„Draco wird Luna heiraten, nur damit das klar ist!"

„Bei dir scheppert's wohl!", krakeelte Heißes Eis, wurde aber jäh von Peitsche-die-Weide! unterbrochen, die grölte, dass Colin Creevy Flitwicks Lustknabe werden solle. Zwei andere Frauen schrieen wirre Buchstabenfolgen wie: „RWHP ist das OTP!" Dann flogen ein weiterer Eclair, ein Windbeutel und diverse Tortenstücke sowie Kleingebäck, ehe eine handfeste Prügelei zustande kam.

Seidenblume seufzte und schlich nach draußen. Es hatte sogar jemand das Schild an der Tür verunstaltet, indem jener obszöne Bildchen draufgemalt hatte. „BITTE NICHT STÖREN" lasen die Buchstaben, „Versammlung subversiver Fanfiktion Autoren zur Halloweenchallenge." Auf einer Strichzeichnung daneben tat ein Krake irgendwelche schrecklichen Ab-18 Dinge mit einem rothaarigen Männlein, das offenbar irgendeinen der Weasleys meinte. Auf einem weiteren Bild küsse ein erstaunlich dicker Snape niemand anderen als Lucius Malfoy. Die Figuren waren mit kleinen Pfeilen beschriftet. Zwei zeigten auf die Köpfe und teilten dem Betrachter mit: „Lucius" und „Snape". Ein dritter Pfeil wies auf Snapes Bauch und verkündete: „Schwanger! (Von Lucius!!!)"

Ächzend fetzte Seidenblume das Schild von der Tür, faltete es und ließ es in ihrer Handtasche verschwinden. Gleichwohl ihr einige Hotelgäste fragwürdige Blicke zuwarfen, schien keiner das Schild genauer angesehen zu haben, dafür waren die Blicke nicht verwirrt genug. Sie entfernte die Tragödienmaske von ihrem Gesicht und verließ eilig das Hotel, bevor die Polizei im Mannschaftswagen anrückte und man Frauen mit Strumpfmasken durch die Straßen hechten sah.

II

Die Kunst frei zu sein

Die Künstlerische Freiheit war vergleichbar mit einer Göttin, nur dass sie im Auftrag von Autoren das Leben fiktiver Geschöpfe manipulierte und niemand ein jenseitiges Paradies erwarten durfte, der ihr huldigte. Im Augenblick war ihr göttlicher Wille damit beschäftigt, dringend notwenige Veränderungen im Schloss Hogwarts vorzunehmen, allerdings beschränkten sich ihre konkreten Anweisungen auf einen Zug mit vielen Abteilen und ein Zeltlager inklusive Schönwetterblase. Damit begannen die Probleme. Die Künstlerische Freiheit ließ sich von uneinigen Autoren verwirren, neigte dazu sich schnell zu langweilen und besaß darüber hinaus eine fragwürdige Persönlichkeit. Nicht selten führte ihr Einsatz ins Chaos. Im schlimmsten Fall stellte sie den Canon wieder her und behaupte felsenfest, etwas noch nie dagewesenes fabriziert zu haben. Immerhin musste man ihr zugestehen, dass es keine leichte Aufgabe war, das Leben fiktiver Gestalten zu manipulieren, wenn hundert Autoren zur gleichen Zeit dieselbe Gestalt manipuliert haben wollten und zwar auf unterschiedliche Weise. Das Universum, in dem so etwas ohne peinliche Zwischenfälle absolviert werden konnte, musste erst geschaffen werden.

Harry, Hermine und Ron saßen beim Abendessen in der Großen Halle, als Direktor Dumbledore beherzt von seinem Stuhl sprang und begann von einem Halloweenfest zu erzählen, das am folgenden Samstag stattfinden sollte. Die allgemeine Begeisterung hielt sich in Grenzen, denn die Schüler erinnerten sich noch gut an das Halloweenfest vom vergangenen Jahr. Das hieß, sie erinnerten sich an ganz unterschiedliche Halloweenfeste, denn bekanntermaßen ist es nahezu unmöglich ein fiktionales Universum in hunderte von Variantendimensionen aufzuspalten, ohne dabei ernsthafte Verwirrung in den Köpfen der Bewohner jenes Universums auszulösen.

Ron, zum Beispiel, erinnerte sich an Draco Malfoy, der in einem Volzan-der-Zauberer-aus-dem-Dschungel Kostüm streckte. Der Anblick von Dracos schwindsüchtiger Gestalt in einem Lendenschurz hatte Ron schwer zugesetzt. Nicht zu vergessen, die Tatsache, dass Draco sich hemmungslos an Hermine herangemacht hatte, bis Ron ihm eins auf die Mütze gab. Was danach auf der Party geschehen war, wusste er nicht mehr, denn Snape hatte ihn zur Strafe im Kerker Kessel polieren lassen. Jedenfalls war das letzte Halloweenfest der Erinnerung unwürdig, fand Ron und hätte gern auf ein neues verzichtet.

Dumbledore verkündete, dass die Einzelheiten zum Fest an einem Informationsaushang bekanntgegeben werden würden. Wie stets, war er bester Laune und übersah das grimmige Kiefermahlen seiner Schüler. „Wer möchte, kann sich kostümieren", fügte der Direktor begeistert hinzu. Ron prustete augenblicklich: „Auf keinen Fall!"

Alle murmelten aufgeregt vom nahenden Fest und stopften sich gegrilltes Hähnchenfleisch oder andere Leckereien in die Münder. Aber vor den Türen der Großen Halle braute sich eine unsichtbare Gefahr zusammen. Sie lachte dämonisch und huschte in einen breiten Korridor davon, wo sich plötzlich ein Informationsaushang vor der nackten Steinmauer materialisierte. Als Harry Potter nach dem Abendessen ungläubig vor dem Informationsaushang stand, der pikante Details des Halloweenfests bekanntgab, überfiel ihn die Künstlerische Freiheit und grunzte zufrieden. Weil Ron Weasley daneben stand, überwältigte die Künstlerische Freiheit ihn ebenfalls, und er wunderte sich kurz, weshalb Harry plötzlich so verdammt sexy aussah, schob den verstörenden Gedanken jedoch hastig beiseite.

„Wir fahren 11 Uhr mit dem Hogwarts Express los", las Harry vor, „zu einem Fest im Freien ... mit Zelten." Er kratzte sich betreten den Kopf. „Ich glaube Dumbledore ist durchgedreht. Wer kommt auf die Idee im Oktober ein Zeltlager zu veranstalten?"

„Ja, das ist eigenartig", versicherte Ron mit schief herabhängendem Mund und warf einen skeptischen Blick auf den Aushang. „Wir werden uns den Arsch anfrieren!"

„Arsch?", erkundigte sich daraufhin eine ölige Stimme hinter ihnen, die sie zusammenzucken ließ. „Solange Sie sich nur den Allerwertesten anfrieren, sollten Sie dankbar sein, Mr. Weasley. Es könnte viel schlimmer kommen."

„..."

Snape kräuselte seine Lippen auf vertraut gemeine Art. „Kein Grund so rot zu werden. Eine einfache Mütze kann schon viel ausrichten, damit sie sich nicht das Gehirn verkühlen. Klein wie es ist, sollten sie die Mütze vorsichtshalber noch mit Holzwolle ausstopfen. Sicher ist sicher. Wo von Natur aus wenig vorhanden ist, muss man besonders achtsam sein."

Ron sah weiß wie eine frisch gekalkte Wand aus, als der Lehrer sich in einer fließenden Drehung umwandte und mit wehender Robe davonstakte.

„Hast du...? Hast du das gehört?"

Obwohl es nicht nötig gewesen wäre, nickte Harry hölzern.

„Wo wenig ist, muss man besonders achtsam sein!" äffte Ron den Lehrer nach, so dass ihm dünne Geiferfäden von den Zähnen hingen. „Der meinte wohl das, was er in der Hose hat!"

Harry äugte peinlich berührt zum Aushang, während Ron, mittlerweile im Gesicht so rot wie ein gekochter Hummer, mit seinen Fäusten auf die Luft einschlug. „Den mach ich fertig!"

Als eine halbe Stunde später Draco Malfoy mit seinen unvermeidlichen Begleitern Crabbe und Goyle am Aushang vorbeischwadronierte, blinzelte die Künstlerische Freiheit schnippisch und zog unverrichteter Dinge weiter. Malfoy brauchte sie nicht zu überfallen, er war bereits schwul, obwohl das nicht dem Canon entsprach. Für Crabbe und Goyles Sexualität interessierte sie sich nicht. Wer wollte schon eine erotische Liebesgeschichte lesen, in der vierschrötige Haudegen zu den Protagonisten gehörten?

Na ja, kalkulierte die Künstlerische Freiheit nüchtern, eine Randgruppe von Lesern ließe sich vielleicht finden. Also drehte sie um und fiel doch noch über Crabbe und Goyle her.

In den Duschräumen von Gryffindorhaus schließlich erwischte sie Fred und George Weasley, gefolgt von Neville Longbottom. Anschließend wechselte sie zu den Mädchenwaschräumen, dann in die Slytherinkerker und später in die Privatgemächer der Lehrer. Am nächsten Morgen erwachten die meisten Schüler und Angestellten irgendwie verändert. Auch Millicent Bullstrode und Colin Creevy waren des Nachts überrumpelt worden, allerdings hatte sie, anders als die meisten ihrer Mitschüler die Heterosexualität befallen.

III

Liebe geht durch den Magen

Am Morgen des Halloweenfestes gab es für die Künstlerische Freiheit wenig zu tun. Sie hatte alles und jeden in Hogwarts überfallen, weshalb sogar Professor Snapes Flubberwürmer jetzt eine sexuelle Identität besaßen. Die Schüler trafen sich unterdessen beim Frühstück und beäugten einander unsicher. Obwohl sich alle verändert fühlten, konnten sie nicht ausmachen, worin die Veränderung bestand. Die Hauselfen dagegen waren so sehr mit den Vorbereitungen für das Halloweenfest beschäftigt, dass ihnen nichts auffiel.

In den Küchengewölben von Hogwarts beugten sich zwei nervöse Gestalten über einen großen Punschkessel neben dem Feuer, während die Hauselfen emsig Schnittchen mit dekorativen Salatblättern präparierten und sie auf silberne Platten luden, Gürkchen, Cocktailtomaten und Perlzwiebeln für den kleinen Hunger herrichteten. Über dem Feuer drehten sich mehrere Spieße mit Brathähnchen und einem kleinen Spanferkel, die ein Elf namens Tipsy prüfend mit einer Gabel anstach. Auf dem Fußboden konnte man kaum treten, da überall geschnitzte Kürbisse abgestellt waren, die in wenigen Minuten zu Dekorationszwecken zum Hogwarts Express gebracht werden würden. Folglich blubberten mehrere Kessel voller Kürbissuppe, Kürbispüree, Kürbisschnaps und Kürbispunsch in verschiedenen Ecken der Küche, während aufgeregte Elfen, mit den Armen rudernd, an ihnen vorbeisausten.

Die zwei Menschen hatte, bis auf Seidenblume, niemand bemerkt, denn für Hogwartspersonal, Schüler und Lehrer waren Fanfiktion Autoren schlicht und ergreifend unsichtbar. Seidenblume seufzte und schlich näher heran, dann schepperte es zwei Mal, als sie eine Bratpfanne auf die bestrumpften Köpfe donnerte. Die Gestalten klappten ohnmächtig zusammen. Nach kurzem Durchsuchen der Taschen, fand Seidenblume eine Phiole, deren Inhalt nach Kürbissaft aussah, aber Seidenblume goss ihn vorsichtig in einen Kelch, untersuchte die Farbe und schnüffelte daran, ehe sie die Stirn runzelte.

„Wer sind die?", fragte ein verdatterter Hauself, der während er einen Pudding zubereitete, nichts vom Eindringen der maskierten Gestalten bemerkt hatte. Seidenblume blinzelte kurz, bis sie begriff, dass der Elf die Bewusstlosen und sie selbst aus unerklärlichen Gründen sehen konnte. Das war nicht vorgesehen! Aber wenn man die Künstlerische Freiheit von der Leine ließ, war mit Zwischenfällen aller Art zu rechnen.

Sie tippte auf eine emaillierte Ansteckplakette über der Brust eines Einbrechers und brummte: „Die kommen von der Mpreg Miliz, obwohl sie heute Hausverbot haben. Tja." Schulterzuckend lüpfte sie einen Strumpf und spähte interessiert in das entblößte Gesicht. Ein Hauself mit einem Monokel vorm rechten Glubschauge erkundigte sich misstrauisch: „Was ist Mpreg?"

„Och", prustete Seidenblume, die Stirn krausgezogen, „Mpreg bedeutet, ähm, ... Miliz politischer Rebellen engagiert im Getränkehandel."

Den Elfen erschien dies plausibel, einer zürnte stellvertretend für die anderen: „Die wollten unseren Punsch wegnehmen! Unseren Punsch! Böse Leute!!"

Plötzlich klapperte es in einer Vorratskammer direkt hinter der Wand und Seidenblume sprang alarmiert auf. „Macht ruhig weiter!", rief sie. „Ich passe auf."

Nachdem Seidenblume verschwunden war, flüsterte Winky: „Warum hat sie Maske auf?"

„Wegen Halloween", erklärten die anderen und gingen wieder an die Arbeit.

Ron Weasley kitzelte die Birne eines Früchtestillebens und die Tür zu Hogwarts Küchengewölben schwang auf. Ihn hatte quälender Durst überfallen, also entschied er sich schnell etwas zum Trinken aus der Küche zu organisieren, ehe er in die große Halle ging, von wo man sich zum Hogwarts Express aufmachen wollte. Unzählige Hauselfen wuselten durch die Küche und schenkten Ron keine Beachtung. Er wollte die gestressten Geschöpfe nicht stören, griff nach einem Kelch voller Kürbissaft, der zufällig auf einem Tisch stand, stürzte ihn in einem Zug hinunter und ging wieder. Die Künstlerische Freiheit, die unbemerkt auf seinem Kopf gesessen hatte, kicherte schwachsinnig.

Als Seidenblume aus der Vorratskammer zurückkehrte, schleifte sie eine bewusstlose Frau hinter sich her.

„Ähm, sie ist über einen geschnitzten Kürbis gestolpert und dabei ist ihr eine Bratpfanne auf den Kopf gefallen. Tragisch, wirklich. Ich lege sie einfach hier neben den Anderen ab."

„Die auch von der Mpreg sind?", grummelten die Elfen.

„Ja", bestätigte Seidenblume halbherzig, „aber kein Grund zur Sorge." Hastig entfernte sie das Krakenemblem vom Pulli der ohnmächtigen Frau. „Wo ist Dobby?"

Kleine, feuerrote Gesichter glotzten sie an. Füße scharrten verlegen über den Steinboden und Winky wimmerte. „Um die Zeit putzt er immer Besenschrank mit Filch."

„Ach du lieber Himmel! Das ist furchtbar!", keuchte Seidenblume mit zitternden Knien und grünlichem Gesicht. „Das muss ich unterbinden." Sie war schon fast nach draußen gerannt, da drehte sie sich um und brüllte: „Und bitte schüttet den Kelch auf dem Tisch dort weg. Auf keinen Fall darf das Zeug getrunken werden!" Dann war sie verschwunden. Die Hauselfen äugten verwundert in den leeren Kelch, wackelten mit den Köpfen und wandten sich erneut ihrer Arbeit zu.

Als Seidenblume schließlich in die Küche zurückkehrte, war sie von einer mörderischen Stimmung beseelt. Es gab einfach zu viele Besenschränke im Schloss, als dass sie Dobby und Filch in angemessener Zeit hätte aufspüren können. Bestimmt hatten die Mädels von der Interspezies Union ihre Finger im Spiel! Sie blinzelte trübsinnig in die emporgereckten Gesichter der Hauselfen, die ihr hoffnungsvoll entgegenstrahlten.

„Ich konnte Dobby nicht finden", gestand Seidenblume, ihre Stimme vor Gram ganz brüchig. „Es gibt so verdammt viele Besenschränke in Hogwarts, dass es praktisch unmöglich ist ... Ich habe mir alle Mühe gegeben, wirklich."

Die Hauselfen nickten wissend und trotteten, mit gesenkten Köpfen und hängenden Ohren, an ihre Arbeit zurück. Viele von ihnen waren damit beschäftigt, die geschnitzten Kürbisse zum Hogwarts Express zu schleppen, also wankte eine nicht enden wollende Schlange von Hauselfen, einer nach dem anderen, zur Küchentür hinaus und jeder buckelte einen riesigen Kürbis. Winky indessen starrte schluchzend in den großen Punschkessel hinab, bis ein paar andere Hauselfen auf sie aufmerksamen wurden und ebenfalls wimmernd in den Kessel äugten.

„Was ist denn?", fragte Seidenblume.

Nun brach die arme Winky in ein wildes Geheul aus, schlug sich die Hände vors Gesicht und lief davon.

„Äh?"

„Winky hat aus Versehen Salz in den Punsch geschüttet anstatt Zucker", murmelte ein Elf, der gerade versuchsweise etwas Punsch von seinem Finger nuckelte. „Wegen Dobby." Ringsherum brach Panik aus.

„Hey! Beruhigt euch!", schnauzte Seidenblume die Elfen an, woraufhin sie militärische Haltung annahmen und verschüchtert auf weitere Befehle warteten.

„Wir machen einfach einen neuen Punsch, wenn wir den dort nicht mehr verwenden können."

Flauer Protest keimte irgendwo in den hinteren Reihen auf: „Aber unser Punsch muss zwei Tage lang ziehen."

Seidenblumes Augen verengten sich zu Schlitzen. „Dann brauen wir jetzt einen Punsch, der sofort servierfertig ist."

„Welchen?"

„Lasst mich das mal machen."

Der verunglückte Punsch wurde eiligst weggeschüttet und Seidenblume baute sich grübelnd vor dem leeren Kessel auf. Sie begann willkürlich Befehle zu krähen: „Kürbissaft!" und „Feuerwhiskey!" und die Elfen schafften alles heran. Nachdem sie sämtliche Alkoholika, die ihr in den Sinn kamen, Fruchtsäfte und Wasser in den Kessel hatte gießen lassen, rührte sie mit einem langen Holzstab drin herum und versuchte die kritischen Mienen der Hauselfen beiläufig abzutun.

„Was für Punsch ist das?"

„Äh, sagt bloß ihr habt noch nie etwas davon gehört?", druckste sie, um Zeit zu schinden, bis ihr ein Name für das Gesöff einfiel. Sie tunkte einen Finger in die Flüssigkeit und schob ihn sich anschließend in den Mund. Der Punsch ätze ihr beinahe die Zunge weg, aber sie durfte sich nichts anmerken lassen. „Hervorragend!" log sie dreist und unterdrückte ein Husten.

„Wie heißt das?"

„Äh, Slash." Ein anderes Wort war ihr nicht eingefallen und im Grunde passte es doch ganz gut, immerhin waren in diesem Punsch Zutaten miteinander kombiniert, die in dieser Zusammenstellung eigentlich verboten gehörten und dazu führten, dass das Gehirn sich verkrampfte. So ähnlich verhielt es sich bei Slashpairings wie Lucius und Filch, Snape und Hagrid oder Draco und Dumbledore.

Die Elfen waren mit dem Namen des neuen Punsches zufrieden, sie lehnten es allerdings ab ihn zu probieren.

„Nun, das haben wir doch erstklassig hinbekommen", behauptete Seidenblume. „Ich muss mich noch um andere Angelegenheiten kümmern, also macht ihr hier weiter und ich verlasse euch am besten." Während einige Hauselfen beklommen zum Slash Punsch hinüberlinsten, winkten andere scheu und Seidenblume sputete sich, die Küchengewölbe zu verlassen. Der Punsch schmeckte zwar abscheulich, aber sie konnte sicher sein, dass er nur natürliche Zutaten enthielt, die sie selbst hineingegeben hatte. Auf ihrem Weg zum Bahnhof in Hogsmeade versuchte sie, die zahllosen Besenschränke zu ignorieren, an denen sie im Schloss vorbeilief.

Fortsetzung folgt

Hinweis:

Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Sollte es tatsächlich FF Autoren geben, deren Namen mit meinen Kreationen identisch sind, gratuliere ich ihnen zu hervorragendem Geschmack und weise noch einmal darauf hin, dass es sich um einen nicht beabsichtigten Zufall handelt.

Im übrigen würde ich es nie gutheißen, jemanden mit einem Küchenutensil zu schlagen, selbst wenn die Person es verdient hätte. Erstaunlicherweise mag ich Mpreg und AB-18-Dinge. Kraken akzeptiere ich nur bedingt. (⌐.⌐) ­­