Es war ein guter Tag beschloss der Junge als er zu seinem Unterschlupf zurückkehrte. Ungesehen von den wenigen Menschen die bei dieser Eiseskälte noch auf den Straßen waren huschte er durch die Straßen Richtung Theater, auf dessen ungenutzten Dachboden er sich eine Art Zuhause eingerichtet hatte. Seit einem Jahr lebte er nun auf der Straße, seit seine Eltern eines Nachts spurlos verschwunden waren. Doch der Junge hatte sich schnell mit seiner neuen Situation abgefunden und kam gut zurecht. Erst heute hatte er zwei Mahlzeiten abgegriffen, einen anderen Straßenjungen grün und blau geprügelt und zuletzt noch ein Brot vom Bäcker geklaut, das würde sein Abendessen werden.

Zufrieden grinsend kehrte er in die Straße auf der Rückseite des Theaters ein, dort wo sich sein geheimer Einstieg befand. Sofort blieb er in den Schatten stehen als er sah wie sich jemand an der Mauer bewegte. Es war eine kleine Person und sie stand einfach nur da, tat nichts. Leise Geräusche drangen an sein Ohr und er stellte fest dass die Person weinte. Konnte der Kleine das nicht woanders tun? Warum ausgerechnet dort wo er hinwollte?
Zu einer Entscheidung kommend schritt er aus den Schatten und hatte vor an dem kleinen Jungen vorbeizugehen. Doch wider seinen Entschluss blieb er auf der Höhe des Jungen stehen und sah ihn an. Der Junge war äußerst klein, hatte blonde Locken und große blaue Augen die Tränenreich zu ihm aufsahen. Zudem zitterte er stark, die Kleider die er trug sahen viel zu dünn aus. Noch immer stand er vor dem Jungen und sah in diese großen Augen. Da war eine Unschuld in ihnen die er selbst vor einem Jahr verloren und seitdem noch nicht wieder gesehen hatte. Er vermisste sie, das wurde ihm jetzt erst klar als er den kleinen Jungen sah.
Ohne genau zu wissen warum hielt er ihm eine Hand hin und sagte: „Ich bin Thatch. Wenn du heute im Warmen schlafen willst, dann komm mit." Nach kurzem Zögern nahm der Kleine seine Hand und ließ sich von ihm führen, durch seinen Eingang, die vielen Treppen hinauf, in seinen Schlupfwinkel. Dort gab er dem Kleinen die Hälfte eines seiner Brote und eine seiner wenigen Decken. Das Lächeln das er von ihm bekam wärmte etwas in ihm.

Später bekam er den Namen des Kleinen aus ihm raus. Er hieß Marco. „Wo sind deine Eltern?", fragte Thatch als nächstes, Marco war viel zu klein um allein unterwegs zu sein. Nun sammelten sich wieder Tränen in den so großen Augen des Kleinen und er murmelte: „Wollen mich nicht." Unwillkürlich ballten sich Thatch's Hände zu Fäusten. Wie konnten sie nur ein so kleines Kind auf die Straße setzen?

Er schlang einen Arm um Marco und meinte: „Meine sind auch weg, einfach verschwunden. Aber ich brauch sie nicht, ich komme so zurecht. Ich pass auf dich auf, Kleiner, versprochen!"