Ludicrous Smile
Kapitel 1
Eine steife Brise wehte um den höchsten Turm von Hogwarts. Hermine stand am Vorsprung einer bröckeligen Mauer und hatte die Arme fest um den Leib geschlungen. Seit einer guten Stunde harrte sie nun hier aus, den Blick abwesend in den klaren Sternenhimmel gerichtet, durchgefroren bis aufs Mark. Doch es war nicht die Kälte an sich, die sie frösteln ließ, vielmehr waren es die Umstände, in denen sie gefangen war. Hogwarts hatte den besten Schulleiter verloren, den die Schule je gesehen hatte. An seiner statt regierte jetzt Snape. Mit ihm und seinen Todesser-Freunden hatte das Grauen in Hogwarts Einzug erhalten. Ganz besonders für alle, die kein reines Zauberer-Blut besaßen.
Irgendwo in der Ferne war eine Eule zu hören und Hermine blinzelte. Dann wurde es wieder ruhig. Inmitten dieser eigenartigen Stille, die nur vom leisen Rauschen des Windes durchbrochen wurde, trat lautlos eine Gestalt an sie heran.
„Guten Abend, Miss Granger."
Hermine riss starr vor Schreck die Augen auf, regte sich jedoch nicht von ihrem Platz. Einen Moment lang fühlte sie sich versucht, dem Tod in der Tiefe den Vorrang zu geben, ehe sie sich Snape ausliefern würde.
„Was tun Sie zu so später Stunde noch hier oben?", fragte er eindringlich.
In ihr arbeitete es. Ihr Herz pochte wie wild, sie hatte nicht damit gerechnet, dass jemand sie hier finden würde. Außerdem, jedes Wort, das sie in seinem Beisein von sich gab, wäre reine Verschwendung gewesen. Er verdiente es nicht, dass sie ihm ihre Aufmerksamkeit schenkte.
„Kommen Sie, Granger", fuhr er mit belustigtem Unterton in der kalten Stimme fort. „Sie haben doch nicht wirklich vor, sich hier draußen den Tod zu holen."
In Hermine wallte Ärger auf. Genau hier war es gewesen, wo Albus Dumbledore vom Turm gestürzt war, nachdem Snape ihm den Todesfluch aufgehalst hatte. Vorsichtig streckte sie den Hals und blickte hinab in die schwarze Dunkelheit. Dort unten hatte er gelegen, friedlich auf dem Gras ausgestreckt, als würde er schlafen. Einzig und allein die verkrümmte Haltung seiner Gliedmaßen hatte davon gezeugt, dass etwas nicht in Ordnung gewesen war.
„Was kümmert Sie das?", fragte sie bitter, ohne ihren verhassten Professor anzusehen. „Sie sind ein verdammter Todesser!"
Auf Snapes Gesicht tauchte ein sardonisches Grinsen auf, das sie jedoch nicht sehen konnte.
„Richtig."
Hermine fühlte Übelkeit in sich hochsteigen und wünschte sich sehnlichst, dass er sie angelogen hätte. Seine Stimme aber war außergewöhnlich ruhig geblieben, was ihr unmissverständlich begreiflich machte, dass es nichts als die blanke Wahrheit war. Nicht ein Fünkchen Reue steckte in Snape.
„Gehen Sie weg", brachte sie mühsam hervor. „Sie widern mich an."
Eine Weile wurde es still und die Anspannung in Hermines Knochen stieg ins unerträgliche. Sie wusste, dass es nicht ungestraft bleiben würde, Snape oder den Carrows frech zu kommen. Inniglich wünschte sie sich, er würde einfach wieder gehen, doch sie wusste es besser.
Dann, als er nicht antwortete, drehte sie zum ersten Mal, seit er den Turm betreten hatte, den Kopf in seine Richtung und sah ihn an.
Snape zuckte kaum merklich zusammen, als er ihr aufgedunsenes Gesicht erblickte. Schuld daran waren nicht nur die unzähligen Tränen, die ihr über die Wangen gelaufen waren. Eines ihrer Augen war merkwürdig angeschwollen und von einem Gemisch unschöner Farben umrankt. Gleich darauf hatte Snape sich wieder gefasst.
„Zwingen Sie mich nicht, Gewalt anzuwenden, Granger", knurrte er sie mit unergründlicher Miene an.
Hermine zwang sich zu einem süßlichen Lächeln. Wenn Harry und Ron jetzt hier wären und sie so sehen würden ...
