Disclaimer: Nein, Harry Potter gehört nicht mir! Wovon träumt ihr eigentlich nachts?
Summary: Es war eigentlich klar gewesen... wirklich! Sobald ihr Leben mal in geregelten Bahnen verlief musste so was passieren! Toll gemacht, Claire!
Das Streben nach Glück
Kapitel 1
Eine neue Welt
Das zierliche Mädchen mit der blassen Haut und den nachtschwarzen Haaren lachte aus vollem Halse. Ihre Hände krallten sich in das Sofa unter ihr; ihre Augen funkelten vor Vergnügen. „Mach das... Mach das noch mal", stieß sie hervor.
Kyle grinste fröhlich, verbeugte sich und wiederholte seine Pantomime. Es war das Bild einer Person, die sie beide kannten und nicht leiden konnten. Andere Leute lächerlich zu machen war eine von Kyles Spezialitäten.
Nachdem er Claire so ein weiteres Mal zum Lachen gebracht hatte – Sie lachte seiner Meinung nach sowieso viel zu wenig! – ließ er sich neben sie auf die Couch fallen. Claires Lachen reduzierte sich zu einem Kichern. „Danke!"
„Kein Problem!"
Sie schob sich eine Strähne hinters Ohr. „Übrigens kann ich dir heute meine erste Miete überreichen!" Sie wedelte mit einem Bündel Bargeld vor ihm herum.
Kyle hob staunend die Hände zum Mund. „Wow... ein denkwürdiger Tag!"
Zuerst hatte er es abgelehnt, dass sie ihm Miete zahlte. Doch Claire hatte sich unwohl gefühlt es nicht zu tun und Kyle hatte schließlich verstanden wieso. Es war nicht nur der Anstand; weil es sich gehörte. Claire mochte es nicht, anderen Leuten etwas schuldig zu sein. Und auch wenn sie wusste, dass Kyle anders war, so hatte sie doch in dieser Hinsicht in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Es hatte sie gelehrt, dass Leute, denen sie etwas schuldete – oder die auch nur dachten, dass es so war – Dinge von ihr verlangen würden, die sie nicht tun wollte. Also gar nicht erst das Risiko eingehen.
Kyle nahm ihr das Geld ab und schwamm weiterhin auf der Welle der guten Stimmung, indem er den obersten Schein herauszog und glatt machte. „Den werde ich mir einrahmen!"
„Tu was du nicht lassen kannst", meinte sie und zuckte mit den Schultern. Unglücklicherweise löste sie damit einen ihrer Ticks aus. Sie versuchte es zu verstecken, doch Kyle sah, wie sich ihr Kopf im Abstand von ein paar Sekunden nach links bewegte. Ohne ein Wort zu sagen, ging er in die Küche. Er wusste, dass es ihr oft peinlich war, wenn er sie so sah. Und außerdem schien ein heißer Tee sie zu beruhigen. Also setzte er Wasser auf.
Claire war ein kompliziertes Mädchen. Er hatte sie im Heim kennen gelernt. Aus ihrer Akte wusste er, dass sie aus einer Pflegefamilie mit schwierigem Hintergrund kam und selbst immer sehr anfällig für Krankheiten gewesen war. Irgendetwas mit ihrem Immunsystem, was er als Nichtsmediziner nie verstanden hatte. Ob ihre Ticks damit zusammenhingen wusste er nicht.
Obwohl es eigentlich nicht Kyles Art war sich mit Klienten anzufreunden, hatte er es trotzdem getan, nach dem... nach einem Zwischenfall im Heim, der immer noch Kyles Blut zum Kochen brachte, wenn er daran zurückdachte. Claire war danach mehr als je zuvor zu ihrer Umwelt auf Abstand gegangen und Kyle hatte es einfach nicht mit ansehen können. Später hatte sie ihm mal gestanden, dass es nur sein Verdienst war, dass sie überhaupt wieder mit Jungs und Männern umgehen konnte. Kyle hatte einfach nicht locker gelassen, hatte ihre Mauer aus Angst und Scham mit Geduld und Beharrlichkeit durchbrochen. Und er war reich belohnt worden.
Dennoch hatte ihre Freundschaft nicht verhindern können, dass er zu ihrem 18.Geburtstag auf Weiterbildung war und sie ein weiteres Mal vom System im Stich gelassen wurde. Gut, es mochte einen Wechsel in der Führungsschicht der Einrichtung gegeben haben und ihr Kontaktbetreuer war kurz zuvor in Ruhestand gegangen. Aber wie verdammt noch mal konnte man ein Mädchen wie Claire mit Ende der Fürsorgepflicht ohne jede Nachbetreuung entlassen?
Er hatte sie schließlich gefunden und zu sich geholt. Zwei Wochen später hatte sie einen Job als Kellnerin gehabt und jetzt hatte sie ihm zum ersten Mal Miete gezahlt. Er war stolz auf sie.
Als er mit ihren Tees ins Wohnzimmer zurückkehrte, saß sie mit einem dicken Buch zusammengerollt im Sessel. Ja, Harry Potter hatte es ihr wirklich angetan. Im Heim hatte sie von ihm Teil 1 und 2 als Leihgabe erhalten und seit sie hier bei ihm war, hatte sie 3 und 4 auch verschlungen. Jetzt saß sie am 5.Buch: „Harry Potter und der Orden des Phönix". Wer sagte, dass das Kinderbücher waren? Wie auch immer... so wie er das sah, war sie noch nicht bei Sirius' Kampf gegen Bellatrix angekommen. Aber sie wusste, was passieren würde. Seit dem „Gefangenen von Askaban" hatte sie die Buchwelt von Rowling nicht mehr vollends befriedigt. Kyle hatte sie daraufhin mit Fanfiction bekannt gemacht und ihr eine neue Welt eröffnet. Und so hatte sie noch vieles mehr über Sirius und Remus und James erfahren... oder, wie es vielleicht zur Zeit der Rumtreiber auf Hogwarts zugegangen war.
Er stellte ihren Pfefferminztee vor ihr auf den Tisch. „Danke Kyle", kam es von Claire, bevor ihr Kopf wieder hinter dem Buch verschwand. Kyle schmunzelte, nippte an seiner Tasse – und verbrannte sich glatte die Lippen. Was hatte er sich auch ablenken lassen.
Leise vor sich hinfluchend ging er zurück in die Küche.
„Was ist denn das für eine Ausdrucksweise", rief Claire ihm neckend hinterher.
Liebend gern hätte er ihr darauf geantwortet. Er arbeitete täglich mit Kindern und Jugendlichen zusammen, bei wem hatte er das Fluchen wohl gelernt? Doch momentan war es einfach nur zu schön, das kalte Wasser über seinen Mund laufen zu lassen. Kühlend, beruhigend, betäubend... erfrierend – okay, das genügte dann wohl. Ein Gefühl wollte er dann schon noch in seinen Lippen haben. Als er sich abtrocknete schaute er auf die Uhr. „Hey Claire! Wolltest du heute Abend nicht kochen?"
- ... ... ... ... ... -
„Na komm, leg das Buch mal für einen Moment weg und antworte mir!"
- ... ... ... ... ... -
„Claire? – Hm." Er runzelte die Stirn und ging zurück ins Wohnzimmer.
Keine Claire. - Der „Harry Potter"-Band lag geöffnet auf dem Sessel. Der Tee dampfte unberührt auf dem Tisch vor sich hin.
Auch in ihrem Zimmer war sie nicht. Und wenn sie raus gegangen wäre, hätte sie an der Küche vorbeikommen müssen. Er hätte sie gesehen.
Wo war sie?
Wider besseren Wissens trat er ans Fenster und sah hinaus. Nichts...
Ungefähr jetzt wurde aus dem ‚Seltsam!' ein ‚Wo verdammt ist sie hin?' mit einem Stich Panik.
Was sollte er tun? Man verlor nicht einfach so eine 18jährige ehemalige Klientin!
Er durchsuchte ein weiteres Mal die Zimmer ihrer Wohnung ohne fündig zu werden, öffnete dann das Fenster und schrie hinaus: „CLAIRE!"
o
ooo
o
Claire hatte keine Ahnung, was los war. Eben noch saß sie da und las, dann kam ein weißer Blitz, der sie blendete und jetzt lag sie auf etwas Hartem... und hatte Kopfschmerzen. Sie hob eine Hand zur Stirn. Autsch.
Nach einem Augenblick blinzelte sie und setzte sich auf. Okay, also das hier war definitiv nicht mehr Kyles Wohnung.
Sie saß mitten auf der Straße umgeben von großen alten Häusern. Was zum Geier war passiert?
Sie stand auf und drehte sich einmal im Kreis. Keine Menschenseele.
Aber...
Da war ein Straßenschild. Sie ging darauf zu.
Sie blinzelte.
Dort – in geschwungenen etwas altertümlichen Buchstaben, stand: Grimmauld Place
Sie blinzelte noch einmal.
„In Ordnung... Kein Problem. Du träumst. Du hast eine blühende Phantasie, nichts weiter. - Oder die Männer in den weißen Kitteln haben dich gerade abgeholt."
Aber wenn sie schon mal da war konnte sie doch auch noch überprüfen, wie weit ihre Phantasie ging, nicht wahr? Konnte doch nicht schaden...
Sie sah sich um.
Zwanzig... siebzehn, sechzehn... dreizehn – elf. Keine zwölf. Sie holte tief Luft, tat das, von dem sie wusste, dass es auf keinen Fall passieren würde – und Voilà!: Grimmauld Place Nummer 12 war plötzlich zu sehen.
Staunend und nun endgültig überzeugt, dass sie wohl verrückt sein musste, ging sie näher heran. Und noch näher. Und...
die Tür öffnete sich und vor ihr stand ein Hauself.
Kreacher.
Ja, er war ungefähr so hässlich, wie sie es sich vorgestellt hatte. Und er rümpfte die Nase, als er sie sah. Musste wohl an ihrer Kleidung liegen. Trotzdem ging er nicht gleich auf sie los, um sie zu beschimpfen. Seltsam.
„Madame wünschen?"
„Ich", begann sie, unsicher, was sie eigentlich sagen wollte. Hallo, hier kommt der Besuch aus der richtigen Welt? Könnte aber auch sein, dass ich einfach nur irre bin. – Und übrigens: Ich bin Vollmuggle!
Sie brauchte gar nicht mehr sagen. Denn während sie noch darüber nachdachte, war von oben lautes Geschrei zu hören. „... hier, du nichtsnutziger Ersatz für einen Sohn! Wertloser kleiner muggleliebender..."
„SEI STILL! – Das ist endgültig vorbei! Ich..."
„Wer streitet da", verlangte sie von dem Elf zu wissen.
„Mistress Black diszipliniert ihren Sohn", antwortete Kreacher in einem Tonfall, der deutlich machte, dass im Hause Black nicht gestritten wurde.
Claires jedenfalls stürmte plötzlich vor, musste jetzt mit eigenen Augen sehen, was gar nicht sein konnte. Sie kam nicht weit. Irgendetwas traf sie von hinten und plötzlich lag sie auf dem Boden. Kreacher trat um sie herum, so dass sie seine kleinen Füße sehen konnte. „Nicht ins Haus kommen ohne Anmeldung, Madame."
Sie bewegte den Mund, doch fand, dass sie sich nicht nur nicht bewegen konnte, nein, sprechen stand auch nicht zur Debatte.
Sie hörte, wie jemand die Treppe runtergestürmt kam. „Kreacher! Wer ist das?" Jemand drehte sie um und blaue Augen erforschten die ihren. Er murmelte etwas und mit einer Bewegung seines Zauberstabes konnte sie sich wieder bewegen.
„Danke!" Sie rappelte sich auf.
„Kein Problem", meinte ihr Retter, zuckte dann jedoch zusammen, als von oben ein weiteres Mal das Gezeter einer aufgebrachten Frau zu hören war. „Verräter! Schändlicher Verrat an unserem Blut! Schmutziger kleiner..."
Kurzentschlossen packte er Claire am Arm und zog sie aus dem Haus. Wie der perfekte Hauself, der er war, schloss Kreacher ungerührt die Tür hinter ihnen. Sie rannten noch ein paar Minuten weiter. Dann blieb er stehen. Claire rannte fast in ihn hinein. „Entschuldige."
„Kein Problem. – Also?" Er sah sie an.
Claire, die jetzt zum ersten Mal einen Blick auf sein ganzes Gesicht werfen konnte, schnappte nach Luft. „Du bist verletzt!"
Als hätte er es bis jetzt noch nicht bemerkt hob er eine Hand zu seiner blutenden Stirn und winkte dann ab. „Das ist nichts! – Zurück zu meiner Frage: Also? Wer bist du? Ich hab dich noch nie bei uns zu Hause gesehen."
„Claire", sagte sie. „Mein Name ist Claire. Darf ich?" Sie schaute ihn fragend an.
Obwohl er sich nicht ganz sicher war, was sie vorhatte, nickte er. Sie holte ein Taschentuch aus ihrer Jeans und tupfte damit vorsichtig über seine Wunde. Er verzog das Gesicht. „Tut mir leid. Vielleicht hältst du es lieber selbst?"
„In Ordnung." Er hob eine Hand zu seiner Stirn und Claire ließ los, damit er sich selbst das Taschentuch gegen die Wunde pressen konnte. Ihre Finger begegneten sich kurz und Claire zog ihre Hand schnell zurück.
Einen Moment standen sie in unbehaglichem Schweigen so da. Schließlich streckte er eine Hand aus. Sie schüttelte sie. Er warf ihr eines seiner strahlenden Lächeln zu, auch wenn es dieses Mal kaum seine Augen erreichte. „Sirius Black", stellte er sich vor.
„Das dachte ich mir schon..." Sie schüttelte den Kopf. Sirius Black... Wahrlich. Du hast es wieder mal geschafft, Claire...
„Was ist?" Er hatte ihren Stimmungswandel von besorgt zu bedrückt bemerkt.
„Nichts... alles... alles einfach prima! – Und... du? Ich meine, die Sache mit deiner Mutter?" Sie deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Er seufzte und zuckte mit den Schultern. „Es ist, wie es ist... Kennst du das, wenn alles was du tust, unweigerlich dazu führt, dass dir wehgetan wird?"
Sie lächelte traurig. „Ja."
Sirius nickte. Dann räusperte er sich. „Hm... Was wolltest du bei uns? Habe ich dich entführt, obwohl du eigentlich gar nicht zu mir wolltest?"
„Nein, nein ganz und gar nicht. Ganz sicher wollte ich nicht zu deiner Mutter! Was ich... ich... Es ist schwer zu erklären", seufzte sie.
Ein etwas belustigtes Lächeln spielt um seine Lippen. Er straffte sein T-Shirt. „Du musst dich doch nicht schämen, Claire. Viele junge Hexen fühlen sich zu mir hingezogen und ich bin sicher..." Er konnte nicht weiterreden, dank der Hand, die sich plötzlich auf seinem Mund befand.
Sie lächelte. „Ich wollte es immer wissen und ich fand die Geschichten toll... aber ich war auch skeptisch, denn immerhin war es nur Fanfiction. Wie konnte das schon stimmen? Aber hier stehst du... wirklich!"
„Bitte was", fragte er, nachdem er ihre Hand von seinem Mund entfernt hatte.
„Nichts... gar nichts. Ich bin wahrscheinlich sowieso verrückt. – Würdest du mich mal kneifen?"
Jetzt sah er sie eindeutig mit der Frage in den Augen an, ob sie nicht ganz dicht war. „Wieso sollte ich das tun?"
„Ich will nur eine Theorie überprüfen."
„Hm... In Ordnung." Als er die Hand hob, stellte er fest, dass ihre ja immer noch in seiner war und ließ sie schnell los. Dann kniff er sie in den Arm.
„Au!" Sie rieb sich über die schmerzende Stelle.
„Zufrieden?"
„Oh ja!" Nein, verdammt noch mal!
„Gut... dann, wenn du nicht erklären kannst, was du bei uns wolltest und auch nicht mich besucht hast dann... gehe ich dann mal... ja?" Irgendwie war es ihm unangenehm, sie allein zu lassen, wo sie doch offensichtlich ein Problem hatte. Aber er hatte auch keine Lust noch länger in der Nachbarschaft seines Ex- ‚zu Hauses' zu sein. Er wollte endlich zu den Potters. James erzählen, was vorgefallen war, seine Eltern darum bitten, eine Weile dort wohnen zu können und sich dann in irgendeine Ecke verkriechen, um still und heimlich ein paar Tränen über den Bruch mit seiner Familie zu vergießen.
„Ja... natürlich, geh..." ‚Plopp!'
„Was?" Er schaute sich um, drehte sich einmal sich selbst... „Claire?" Sie war nicht in Sicht. „Claire?"
ooo
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o
Note : Hallo ! 'winkt in die Runde'
Ein paar Anmerkungen: Ich habe keine Ahnung, wie das Fürsorgesystem in Großbritannien funktioniert. Ich reime es mir aus Sachen zusammen, die für Deutschland zutreffend sind und von denen ich denke, dass sie dort vielleicht auch stimmen.
Und nein, Claire ist kein armes bemitleidenswertes krankes charakterlich perfektes Mädchen, auch wenn es jetzt erstmal so aussieht. Also stellt den Mary-Sue-Alarm wieder aus:-)
So... ansonsten... Weiterschreiben? Ja?/Nein?
Auf bald!
June22
