Titel: Ironic
Arbeitstitel: Mutation
Teil: 1/4
Pairing: wird nicht verraten (- soll nen Überraschungseffekt haben XD)
Genre: dark, comedy, romance, Shônen Ai
Warnings: Shônen Ai/yaoi, dark, depri, Selbsthass, language, comedy, strange, OOC
Bemerkung: Ja, mal ne längere Story zu Conan von mir. Eigentlich war das Teil hier für nen Conan SA FF WB gedacht, aber... es gab nicht sonderlich viele Einsendungen, also fiel der sozusagen ins Wasser^^' Nya, auch egal.
Öhm... was kann ich hierzu sagen... tja, ist jetzt schon etwas älter, hab's in den Sommerferien geschrieben.
Achso, das Teil hier ist in der Zukunft angesiedelt. Da ich die Story allerdings nur bis zu den Animefolgen kenne, die hier gezeigt wurden und ich mir auch die Spannung auf das weitere Geschehen nicht nehmen will, hab ich mir die Zukunftsversion einfach mal aus den Fingern gezogen. Also müsste man es unter Umständen noch in ein AU setzen^^'
Oh, Shinichi benutzt ab und zu... okay, okay, eigentlich flucht er fast die ganze Zeit herum, aber es hat so wunderbar gepasst in dieser Story *rofl* Also ich bitte dies zu entschuldigen, aber es war nötig^^'
Das Pairing kommt erst später, allerdings dürfte es erratbar sein^^' Ähm... ich glaub... das war's... also dann, viel Spaß beim Lesen^^ (und ein kleiner Kommi wär echt lieb^^)
Disclaimer: Weder „Meitantei/Detektiv Conan" noch „Majikku Kaito/Kaito Kid" mit ihren Charas gehören mir, sondern Gosho Aoyama. Ich leihe sie mir lediglich aus und mache keinen Profit hiermit. Der Inhalt dieser Story ist jedoch meiner Fantasy entsprungen und sollte er jemandem nicht gefallen bitte ich sie/ihn diese Geschichte kommentarlos zu ignorieren.
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Ironic
Wenn man morgens die Zeitung aufschlägt und all diese Artikel über konfuse und bizarre Dinge liest, die im Laufe eines Tages passieren, dann ist der erste automatische Gedanke immer: ‚Zum Glück passiert so was mir nicht.' Das braucht man erst gar nicht zu leugnen, das ist bei jedem so. Nicht immer bewusst, aber mindestens unterbewusst. Und jeden Morgen wenn man dann diese Berichte liest, erfüllt einen ein Gefühl der Erleichterung, das man am liebsten für immer in sich behalten will, doch spätestens nach dem Frühstück ist es schon wieder verschwunden und hinterlässt einen freien Platz für die Angst, die sich langsam aber sicher in ihn drängt und dort festkrallt. Aber trotz aller Angst leben wir alle den ganzen Tag lang mit dem Gedanken: ‚Mir wird so was ganz sicher nicht passieren' Vielleicht ist es auch mehr eine stumme Hoffnung, ein stummes Gebet als ein Gedanke. Aber diese Hoffnung trägt jeder mit sich herum. Jeder! Selbst die größten Pessimisten sind unterbewusst Optimisten.
Auch ich wandere Tag ein, Tag aus mit diesem Gedanken umher. Auch ich, der gerade wissen sollte, dass das Schicksal, das Unglück nicht vor einem selbst Halt macht. Ich sollte wissen, wie sich von einem Tag auf den anderen alles ändern kann. Ich sollte wissen, wie man in der einen Minute noch glücklich ist und in der nächsten schon verzweifelt. Doch trotz allem trage ich dieses stumme Gebet weiter mit mir herum, schicke es jeden Tag gen Himmel und hoffe, dass mich jemand erhört. Aber irgendwie scheint wohl jemand da oben gerade gegen mich was zu haben...
„Erst das mit der Organisation vor ein paar Jahren und jetzt DAS!" Meine Stimme schwankt ein bisschen, angesichts der 3 Bier und 4 Whiskey, die ich an diesem Abend schon in mich hineingeschüttet habe. „Ich seh die Schlagzeile schon vor mir: ‚Meisterdetektiv lässt Meisterdieb entwischen! – Oder sollte man besser sagen ‚Meisterloser?!'"
Der Barkeeper wirft mir einen leicht mitleidigen Blick zu. Allerdings hat sein Mitleid seinen Ursprung wohl eher in der Tatsache, dass ich nur noch halb auf dem Tresen hänge und vor mich hinmurmele, als darin, dass ich ein paar Stunden zuvor den verfluchten Meisterdieb 1412 hab entwichen lassen.
Wie ich ihn doch hasse! So sehr hasse ich ihn! Ich würde ihn am liebsten in irgendeinem dunklen Kerker einsperren, wo kein Sonnenlicht hindringt und ihn nie, nie wieder rauslassen! Ja, genau! So sehr hasse ich ihn! So sehr, dass ich... ihn entwischen lasse... Ja, entwischen LASSEN! Er ist mir nicht ölig durch die Finger geschlüpft, wie all die anderen Male zuvor, oh nein. Im Gegenteil! Ich hatte ihn in die Enge getrieben! In die engste Enge aller Engen! Nur noch ein kleines Stück... ein kleines Stück! Dann hätt' ich ihm den Hut runterreißen können und ihn enttarnen. Aber nein! Was mach ich?! Ich stehe da. Einfach nur da! Und als ob das nicht gelangt hätte, sag ich auch noch: ‚Verschwinde!' Und ich wiederhole es sogar nochmal, als er mich verwundert fragt, was ich gerade gesagt hätte. Ich sage es einfach noch mal! ‚Verschwinde!' Pah! Und dann... dann geht er an mir vorbei und verschwindet im Dunkel der Nacht. Tja, und ich kompletter Idiot steh immer noch da und rühre nicht einmal den kleinsten Muskel um ihm nachzurennen! ... Warum ich das nicht getan hab? Tja, das ist die große Preisfrage. DAS weiß ich nämlich selber nicht!
„Das beste wär' wohl gewesen, wäre ich der kleine Scheißer geblieben... aber nein, ich musste ja das Gegenmittel schlucken..." Ich kann den Blick in meinem Rücken spüren, den mir der Barkeeper zuwirft, während ich immer noch vor mich hin murmelnd in Richtung Toilette schwanke.
Es wäre doch wirklich nicht schwer gewesen. Überhaupt nicht! Einfach den Arm ausstrecken, seinen Arm umklammern und ihn so lange festhalten, bis die Polizei kommt. Das wär alles gewesen. Nur das! Das hätte ich doch schaffen können! Aber was mach ich?! Nichts! Nada! Njente! Null Komma Null Null Nix! Wah! Ich hasse mich! Wirklich! Ich hasse in diesem Augenblick nichts mehr als mich! Naja... vielleicht diesen verfluchten Meisterdieb. Oh ja, den hasse ich noch mehr! Aber kurz danach komme ich selbst.
„Verdammter Meisterdieb... alles nur wegen diesem verdammten Meisterdieb. Dummer Kerl... elender Kerl... ich hasse ihn..." Nachdem ich mich erleichtert und mein Gesicht unters kalte Wasser gehalten habe, gehe ich nun wieder etwas sicherer zurück in die Bar, setzte mich jetzt aber in einer der Nischen um nicht die ganze Zeit vom Barkeeper angestarrt zu werden. Eine Kellnerin mit weitem Ausschnitt nimmt meine Bestellung auf. Sie lehnt sich dabei extra weit vor und klimpert mich mit ihren langen, wahrscheinlich falschen, Wimpern an. Vielleicht will sie was von mir... ich denke, ich könnte sie haben... wenn ich sie wollte. Aus irgendeinem Grund will ich sie aber nicht. Und warum? Tja, DAS weiß ich auch mal wieder nicht! Dabei hätte ich alle Freiheiten! Ich bin volljährig, ich hab ein eigenes Haus – auch wenn es das meiner Eltern ist, ich war schon immer der einzige in der Familie, der es benutzte – und das wichtigste: Ich bin ledig! Ich hab keine nervige Freundin, die mir die Ohren zuheulen würde, würde ich sie betrügen. Ich müsste nicht mal Schuldgefühle haben, wenn ich die Frau vor mir jetzt nehmen würde. Selbst wenn ich irgendwie gebunden wäre, wer sollte es denn bitte schön meiner Freundin erzählen? Shiho? Gut, sie wohnt bei mir, aber sie ist wohl die letzte, die sich um mein Liebesleben kümmern würde. Sie scheint ja alles kalt zu lassen. Selbst das mit dem Gift hat sie damals kalt gelassen... Mann... ich wünschte, mich würde auch alles kalt lassen... Aber nein! Ich hänge in einer elendigen Kneipe ab und stelle mir irgendwelche dummen Fragen, auf die ich doch sowieso keine Antwort finde... Und noch dazu mach ich mir Gedanken über irgendeine fiktive Freundin! Wie weit will ich heute eigentlich noch sinken?
„... kommt sofort..." An diesem Tonfall merke ich, dass ich noch lange auf meinen Drink warten kann. Pff... Weiber. Beachtet man sie, wollen sie nicht beachtet werden und beachtet man sie nicht, wollen sie beachtet werden und rauschen dann beleidigt ab, wenn man sie ignoriert. Vielleicht ist es ganz gut, wenn ich heute nicht die geringste Lust auf irgend ein Weib habe. Dann muss ich mich wenigstens nicht mit diesen komplizierten Gedankengängen rumschlagen, die die immer haben. Und ich muss nicht wieder noch stundenlang reden, wenn der Sex vorbei ist und das einzige, was ich will ist einfach zu schlafen...
‚Verschwinde' Wahhh! Hätte ich ne Knarre würd' ich mich erschießen! Warum verdammt nochmal hab ich das gesagt?! Ich kann doch wirklich nicht mehr ganz klar gewesen sein in diesem Moment! ‚Verschwinde' Welcher verdammte Teufel hat mich da geritten?!! Wahrscheinlich war's der Sauerstoffmangel gewesen... wär ja kein Wunder. Immerhin bin ich dem Kerl bald ne viertel Stunde hinterhergerannt, bis ich ihn endlich mal hatte. Und was mach ich, wenn ich die Früchte meiner Arbeit ernten könnte?!! Ich lass sie einfach hängen! Nur ein kurzer Griff, ein kurzer Griff hätte gelangt und mein Korb wär voll gewesen und ich für immer versorgt...
.... oh Mann... Früchte meiner Arbeit... jetzt werden meine Gedanken schon symbolisch! Warum sag ich nicht einfach, ich hätte diesen verfluchten Meisterdieb fangen können und wäre für den Rest meines Lebens als der Mann berühmt gewesen, der den Phantomdieb gefangen hatte. Aber neee, ich geh lieber als der Mann in die Geschichte ein, der so nah dran war wie niemand zuvor und diesen verfluchten Dieb dann einfach so entwischen lässt. Einfach so... Als wär' er ein kleiner Junge gewesen, der einen Lutscher geklaut hat, weil er kein Geld hat. Genau so! ... Aber er ist nur leider kein kleiner Junge mit zu wenig Geld! Oh nein! Er ist der meistgesuchte Dieb Japans... ach was, der ganzen Welt! Er ist DER Dieb unter den Dieben! Und ich behandle ihn wie einen kleinen Jungen! Bah! Wie ich mich doch hasse!
„Und nun ein Lied für all die traurigen Seelen hier und da draußen." Ich schaue kurz auf und sehe eine Frau am Mikrophon stehen. Lange Beine, lange Haare, kurzes Kleid, große Brüste, typisch Kneipensängerin eben. Dennoch sieht sie nicht wirklich billig aus. Links von ihr sitzt ein schwarzer Mann am Klavier und spielt darauf. Rechts der Frau steht einmal ein Saxophonist und ein Mann mit einem Cello, der die Saiten bluesmäßig mit den Händen zupft. Die Stimme der Frau gesellt sich nun zu der Musik der Männer und harmoniert perfekt mit ihnen. Scheint eine professionelle Band zu sein... so schlecht ist der Laden ja gar nicht. Außerdem hat er die richtige Musik zu meiner Stimmung: depressiv! Und alles nur wegen diesem Dieb! Ich wünschte er würde jetzt nochmal vor mir in die Ecke gedrängt stehen. Aber nur er und ich, ganz ohne Polizei. Die würden mich ja nur miteinsperren, wenn sie sähen, wie ich auf diesen Kerl einschlage. Oh ja. Dadrauf hätte ich jetzt Lust! Diesem verdammten Meisterdieb ein paar kräftige Schläge in sein ätzendes Grinsen zu hämmern. Immer und immer wieder drauf! Da wäre mir wirklich alles egal, mein Ruf, mein Image, Hauptsache ich könnte ihn schlagen! Ihm wehtun! .... wobei ich dann wahrscheinlich immer noch nicht wüsste, warum ich ihn hab gehen lassen... außerdem ist Gewalt keine Lösung... Aber ich würde mich verdammt nochmal besser fühlen, wenn ich dem Kerl in die Fresse schlagen könnte bis sie grün und blau ist! ... soviel zu: Gewalt ist keine Lösung.
„Don't go away... Stay with me… I wish I could hold you tight…" Nya… vielleicht ist die Band doch nicht so gut… jetzt fängt die auch schon an mir das unter die Nase zu reiben! ... toll, jetzt krieg ich auch schon Paranoia. Die Sängerin weiß ja noch nicht mal, dass ich diesen dummen Dieb hab entwischen lassen... Aber trotzdem... das Lied ist perfekt auf meine Situation zugeschnitten! Mit Ausnahme des letzten Satzes. Gehalten hätte ich ihn vielleicht, aber ganz sicherlich nicht sanft. Eher fest am Arm, sodass die Blutzufuhr unterbrochen wird. Und dabei immer kräftig in die Fresse rein! Oh, wie ich diesen Kerl doch hasse!! So abartig!! So – ab – ar – tig! Ach verdammt! Was hab ich mir bloß dabei gedacht? Es ist zum Haare raufen... ach was, zum Haare ausreißen! Zum sich selbst schlagen! Oder lieber diesen beschissenen Dieb!! Ich hasse ihn! Und mein Drink ist immer noch nicht da!
Erneut spüre ich einige fragende Blicke. Kein Wunder, wenn ich mit der Faust auf den Tisch schlage, als ob ich ihn in zwei hauen wollte. Allerdings hab ich eher das Gegenteil erreicht, denn dieser Tisch ist aus einem verdammt stabilen Holz und meine Faust so was doch nicht ganz gewöhnt. Ach Mann... alles Scheiße. Was macht eigentlich diese verdammte Kellnerin?! Ich will mein Drink haben! Aber nein! Miss Kneipenschlampe is ja beleidigt, weil ich sie nicht angegafft hab. Pff... dumme Tussi... dummer Laden... zu laut, zu verraucht. Dieser elende Zigarettenqualm brennt in meinen Augen. Nya... vielleicht brennen sie auch, weil ich seit über 24 Stunden nicht mehr geschlafen habe. Wann denn auch?! Vorgestern schickt dieser Mistdieb eine seiner tollen Warnungen und bis ich die mal entschlüsselt hatte, waren es nur noch zwei Stunden bis zum Raub. Tja, und nachdem ich schöner Vollidiot ihn dann hab entwischen lassen aus mir immer noch unerfindlichen Gründen, war das einzige, wonach mir war, mich in eine rauchige, sticke Kneipe zu hocken und mich selbstzubemitleiden und zu besaufen! Wobei man letzteres wohl aus meinem Tagesablauf streichen kann. Ich krieg hier ja nichts!!!
Tock!
Gerade, als ich durch die halbe Bar schreien will, wo denn nun mein verdammter Drink bleibt, höre ich das Aufsetzen eines Glases vor mir. Genervt öffne ich meine Augen, die ich zuvor noch geschlossenen hatte, um dieser Schlampe die Meinung zu geigen. Aber irgendwie steht da nicht die dumme Tussi, sondern ein dummer Kerl, der mich von oben herab betrachtet. Oh, wie ich es hasse von oben herab angeschaut zu werden! Seit ich damals einige Zeit – einige lange Zeit... – als der kleine Scheißer rumlaufen musste, macht es mich wahnsinnig, wenn jemand von so weit oben auch mich runterschaut. Der Kerl da dürfte zwar ungefähr so groß sein wie ich, aber da ich sitze und er steht, ist er viel größer als ich... und er schaut immer noch!
„Schlechten Tag gehabt, was?" Seine behandschuhte Hand schiebt das Glas mit Whiskey zu mir. Mit der anderen stellt er ein anderes Glas vor den Platz gegenüber von mir.
Was soll das jetzt?! Will der sich zu mir setzen, oder was?! Das sollte er lieber lassen... das letzte worauf ich jetzt aus bin, ist Gesellschaft! Ich übernehme keine Garantie für das, was passieren könnte, wenn der sich zu mir setzt! Ich könnte ihn mit diesem Drecksdieb verwechseln, wenn er mich zulabert. Und voll in seine Fresse schlagen. Volle Kanne rein! Hm... vielleicht sollte ich das tun... da würde ich mich vielleicht abregieren... danach würde es mir besser gehen... jedenfalls solange, bis ich dann das Gerichtsverfahren wegen Belästigung und Handgreiflichkeit am Hals hab, welches leider zugunsten dieses Kerls ausgehen würde, da er ja absolut nichts getan hatte. Meine Entschuldigung, ich hätte mich nur abreagieren müssen wegen diesem Scheißkerl, würde vor Gericht wohl auch nicht gerade auf Verständnis treffen... Mwah... es ist doch wirklich alles scheiße heute...
„Ich darf mich doch setzen, oder?" Ich starre ihn nur an ohne zu antworten. Einerseits hab ich keine Lust auf Gesellschaft, aber andererseits... Ach verdammt nochmal, der soll sich endlich setzen und nicht mehr auf mich runterstarren!!
Anscheinend habe ich irgendeine Bewegung gemacht, die er als ein ‚Ja' gedeutet hat. Vielleicht hat er auch mein Schweigen als ein ‚Ja' gedeutet... jedenfalls setzt er sich und wir sind endlich auf gleicher Augenhöhe. Jetzt kann ich ihn mir auch mal genauer anschauen:
Ein mittelgroßer Mann mit braunen, leicht strubbeligen Haaren. Ich schätze ihn um die 25, also so alt wie ich. Vielleicht etwas älter oder jünger. Gewichtsmäßig müsste er auch in meinem Niveau anzusiedeln sein. Seine Kleidung besteht aus einem beigefarbenen Mantel sowie Handschuhe und Hut in derselben Farbe, die allesamt recht elegant aussehen. Das gepflegte Äußere spricht auch dafür, dass das hier kein elender Schnorrer ist, der die Kneipen nach Leuten absucht, die er soweit bequatscht, bis sie ihm was zu saufen ausgeben. Das stellt dann gleich die erste Frage: Was macht jemand seines Standes in solch einer billigen Spelunke?
Weiter im Text: Seine Augen sind blau und scheinen trotz der auf ihnen lastenden Müdigkeit recht aufmerksam zu sein. Kleine Fältchen umgeben sie. Lachfalten nehme ich an. Toll... eine Frohnatur... genau das richtige, was ich jetzt gebrauchen kann...
Was fällt mir noch auf? Er ist... ach verdammte Scheiße! Zum Teufel mit den elenden Analysen! Kann ich denn wirklich nicht einmal diesen ganzen Detektivscheiß vergessen ohne gleich jeden fremden Menschen zu analysieren, katalogisieren und dann in die ‚Gut-, Böse- und Informanten-'Schublade einzusortieren?! Das ist doch wirklich schrecklich! Langsam geht mir dieses Detektivgehabe auf den Sack! Auf jeden Fall, weil ich ohne es nicht in dieses beschissene Dilemma mit diesem beschissenen Dieb geraten wäre! Wah!! Ich hasse ihn!
Ich schnaube kurz und nehme dann einen kräftigen Schluck aus meinem Drink. Ich weiß, dass ich mich nicht bedankt habe, aber ich habe derzeit wirklich keinen Drang zu Höflichkeitsfloskeln. Allerdings scheint mir mein Gegenüber das nicht sonderlich übel zu nehmen. Dieses seltsame, mitleidig aussehende Lächeln, sagt mir das irgendwie...
„Wer sind Sie eigentlich?", frage ich schließlich harsch über den Rand meines Glases hinweg, die Frage, die ich trotz allem beantwortet haben will.
„Shigeru Feith, freut mich!" Er reicht mir die Hand über den Tisch. Einen Augenblick zögere ich, schüttele sie schließlich aber doch. So ganz hat mir der Drecksdieb das Benehmen doch noch nicht weggeätzt. Hm... ‚Feith'... wahrscheinlich Amerikaner... das würde den leichten Akzent in seiner Stimme erklären. Allerdings ist sein Vorname japanisch... Vielleicht haben seine Eltern verschiedene Nationalitäten... oder eine ausgeprägte Affinität zu Japan... oder... Ahhh!!! DA! Ich mache es schon wieder!
„Shinichi Kudo", stelle ich mich dann auch vor, nuschele meinen Nachnamen aber so stark, dass er ihn unmöglich verstanden haben kann. Ich bin nicht scharf drauf, dass er mich fertige, betrunkene Sau als den Shinichi Kudo wiedererkennt, von dem er vielleicht mal in der Zeitung gelesen hat. Oder sollte er zukünftig mal von mir in Zeitung lesen.... Mit der Betonung auf ‚sollte'! Wer weiß, ob ich da jemals noch mal drinstehe?! Jetzt wo ich diesen Mistdieb hab entwischen lassen... wahrscheinlich will mich jetzt keiner mehr engagieren... wer will schon einen Meisterloser?! Ach scheiß auch drauf! Das beste wär' sowieso, gäbe ich mein Detektivdasein auf! Das hat mich sowieso immer nur in die Scheiße geritten! Ich hätte mir viel ersparen können, hätte ich nicht wie fanatisch darauf bestanden der reale Sherlock Holmes zu werden...
Pff... Sherlock Holmes... der hat nie in solchen Zwickmühlen gesessen… Wieso hat Conan Doyle ihn nie in solche Situationen gebracht?! Dann wüsste ich wenigstens was ich zu tun hätte, aber nein! Ich Idiot muss natürlich den meistgesuchten Dieb Japans absichtlich entwischen lassen, was mich letztendlich in einer miesen Kneipe zur Überlegung bringt meinen Job an den Nagel zu hängen! Pah! Das ist doch lächerlich! Läch – er – lich! So verdammt lächerlich! Wah! Ich hasse diesen Kerl!
„Anstrengenden Tag gehabt?" Jetzt will der auch noch Smalltalk halten... Das würde ja noch gehen, wenn er nicht unbedingt über meinen Tag reden würde! Dieser Tag war der beschissenste in meinem ganzen bisherigen Leben! Und ich hatte in meiner Kleinknirpszeit viele beschissene Tage!
Als ich aber einen Laut deutlichen Missfallens von mir gebe, scheint der Kerl zu verstehen und das Thema zu wechseln.
„Wohnst du hier in Tokyo?" Wie kommt der Kerl denn dazu mich einfach so zu duzen?! Wir kennen uns vielleicht gerad mal fünf Minuten! Und eigentlich kann man nicht mal von ‚kennen' sprechen, da wir bisher nicht wirklich viel miteinander gesprochen haben! Andererseits... er ist so alt wie ich und in Kneipen wie diesen siezt sich doch sowieso keiner, also scheiß auf die verdammten Formalitäten.
„Ja... Beika..." Er nickt und scheint sich von meinem einsilbigen, genervten Verhalten nicht sonderlich angegriffen zu fühlen... seltsamer Kerl... „Und du? Amerikaner?", frage ich dann, um auch mal etwas zu der Unterhaltung beizusteuern und meine Etikette etwas zu restaurieren – ich hab keine Lust eine Klage wegen Beleidigung an den Hals zu kriegen...
Er scheint etwas überrascht zu sein. „Merkt man das noch so stark?" Er lächelt leicht verlegen, sein Akzent ist ihm wohl peinlich. Ich zucke mit den Schultern, während ich den letzten Schluck aus meinem Glas nehme.
„Ich hab ein Gehör für so was..."
Mein Gegenüber nickt nur interessiert, fragt aber Gott sei Dank nicht woher ich dieses Gehör habe. Dann hebt er seine Hand um der Kellnerin zu winken. Meine Güte... seh ich so versoffen aus?! ... anscheinend...
„Woher aus Amerika?" Langsam interessiert mich der Kerl. Er hat etwas an sich, das mich neugierig macht... vielleicht bin ich aber auch nur scharf auf eine Unterhaltung, weil ich so von meinem Frust abgelenkt werde. Außerdem krieg ich durch ihn was zu trinken und werd nicht pausenlos ignoriert.
„L.A. Bin aber letztes Jahr nach Nagoya umgezogen und jetzt für einige Tage geschäftlich in Tokyo." Los Angeles also... da wohnen doch auch meine Eltern... allerdings wäre es Schwachsinn ihn zu fragen, ob er sie kennt. Bei einer Millionenstadt wie L.A. wäre das purer Zufall. Außerdem müsste ich ihm dann nochmal meinen Nachnamen nennen und das Thema mit dem Wiedererkennen hatten wir ja schon mal...
Tock!
Und noch bevor ich auch nur irgendein Wort sagen kann – was allerdings sicher kein Wort des Dankes gewesen wäre – rauscht die Kellnerin schon wieder ab. Naja, mir egal. Ich hab meinen Drink, der Rest ist mir scheißegal!
Mein Gegenüber blinzelt etwas verwirrt und starrt abwechselnd zwischen mir und der verschwundenen Tussi umher.
„Was... hast du denn mit der gemacht", fragt er schließlich. Ich zucke nur mit den Schultern und verziehe genervt und angewidert das Gesicht.
„Frauen..."
Er grinst und nickt verstehend.
Hm... das kann jetzt mehreres bedeuten:
Entweder er ist verheiratet beziehungsweise liiert und hat ne Frau, die Zicken hoch drei macht, und versteht es darum. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass er gerade eine Beziehung hinter sich hat und nun von Frauen angepisst ist. Natürlich wäre es auch möglich, dass er gewisse Aversionen gegen Frauen hegt und wenn ich nicht gleich aufhöre damit ihn wieder in eine Schublade zu stecken, kriegt er noch einen unerklärlichen Hass auf das weibliche Geschlecht von mir angedichtet und die unstillbare Lust jede verdammte Frau auf dieser Welt unerbittlich umzubringen... Himmel... warum kann ich den ganzen Scheiß nicht einfach mal vergessen?!!! Nur einen einzigen Abend lang! ...mwah... aber davon kann ich wahrscheinlich lange träumen... wahrscheinlich verfolgt mich dieses beschissene Detektivdenken bis in den Tod und ich werde irgendwann auf meiner Wolke sitzen und die einkommenden Engel genaustens überprüfend, ob sie es denn wirklich verdient haben durch das achso heilige Himmelstor zu schreiten! Wenn ich's mir recht überlege wäre ich aber besser für den Scheitelpunkt zwischen Himmel und Hölle geeignet... oder gleich in die Hölle – wohin ich sicherlich auch verfrachtet werde, wenn ich weiterhin solche blasphemische Gedanken hege... Aber eigentlich ist mir das auch so ziemlich egal... Ich will nur diese dumme Angewohnheit loswerden! Wenigstens in meiner Freizeit! Oder in diesem Falle meiner Selbstbemitleidungszeit... aber nein! Das kann ich natürlich nicht... Was'n Scheiß'...
Mir entweicht ein genervtes Knurren, worauf ich einen leicht erschrockenen Blick ernte. Mit hochgezogenen Augenbrauen fragt mein Gegenüber:
„Geht's dir gut?"
Für einen Augenblick starre ich ihn nur an, anscheinend etwas böse, da er ein wenig zurückweicht. Ich hätte jetzt die Möglichkeit mit jemandem zu reden, mein Herz auszuschütten, ihm zu sagen, warum ich an genau diesem Abend mein Leben mehr als alles andere – mit Ausnahme von dem dieses Dreckdiebes – hasse und am liebsten alles hinschmeißen würde, was ich mir in bald neun Jahren aufgebaut habe. Aber bitte! Das da ist ein völlig Fremder! Jemand, den ich gerade mal eine Viertel Stunde kenne! Er könnte ein Verbrecher sein, ein Spion von was weiß ich wem, ein Auftragskiller, der mich umbringen soll und jetzt Informationen über mich sammelt, ein fanatischer Irrer, der seine Opfer in Kneipen anspricht um sie später Stück für Stück auseinander zu nehmen, die Haut abzuziehen, sie sich umzuhängen, während er nackt um ein rituelles Feuer tanzt, die Organe verbrennt und das Fleisch isst und... Oh... mein... GOTT! Ich hab zu viele Bücher gelesen, zu viele Filme geschaut, zu viele Tote gesehen! Ich drehe durch!
Ich seufze. Ohja, der Meisterdetektiv Shinichi Kudo würde niemals leichtsinnig irgendjemand Fremdem seine Leiden und Sorgen erzählen, dazu wäre er viel zu misstrauisch und paranoid. Aber eigentlich... hier und jetzt, an diesem Abend, in dieser Kneipe bin ich doch sowieso nur eine arme, besoffene Sau, die einfach einen Zuhörer braucht – egal wie normal oder psychopathisch er in Wirklichkeit sein sollte. Also:
„Kennst du das, wenn du Dinge, die im Job wichtig und unerlässlich sind, in der Freizeit beim besten Willen nicht abstellen kannst und du deshalb halb wahnsinnig wirst?!"
Ein paar Sekunden starrt er mich nur verwirrt an, während ich mir denke, dass er mich jetzt für total bescheuert hält. Und dann – fängt er an zu lachen!
Ich seufze genervt. Vielleicht sollte ich doch an meinen alten Gewohnheiten festhalten. Die bewahren mich wenigstens vor so einer Enttäuschung.
„Entschuldige..." er muss noch ein paar Kichersalven überwinden, bevor er sich wieder einigermaßen beruhigt hat. Ich ertrinke derweil meine Enttäuschung im Whiskey.
„Ähm... hör zu, ich-", weiter spricht er nicht, da er mit großen Augen zusieht, wie ich den Rest des Glases in einem Zug nehme und ihn dann anblaffe: „Was?!"
Er sieht zuerst mich an, dann das leere Glas in meinen Händen und – fängt wieder an zu lachen! ... Der Kerl war mir die längste Zeit sympathisch gewesen... aber eigentlich... war er mir ja noch überhaupt nicht sympathisch gewesen. Trotzdem. Ich hatte gerade beschlossen ihm mein ganzes Leid zu offenbaren und der Kerl fängt einfach an zu lachen! Wenn der so weiter macht, vertreibt der auf mich noch auf meiner Hassskala von Platz zwei. Den ersten wird er nicht erobern, da hat dieser Drecksdieb inzwischen Wurzeln geschlagen!
Mit einem bösen Blick starre ich ihn an, was ihn aber nicht sonderlich verunsichert. Er lächelt kurz und winkt dann erneut der Kellnerin um ein weiteres Glas zu bestellen. Schließlich wendet er sich mir zu, mit so einem ätzend freundlichen Lächeln als wolle er sich entschuldigen...
„Entschuldige bitte, ich hab' das nicht böse gemeint. Es ist nur...", er kratzt sich leicht verlegen am Kopf und ich werde etwas unsicher. „Naja... ich hab meistens genau das gleiche Problem..." Pflapp! – Volle Kanne im Fettnäpfchen versunken...
„Sorry", murmele ich, aber er macht nur eine wegwerfende Handbewegung.
„Schon gut. Ich hätte es vielleicht zuerst sagen sollen und dann lachen, aber... mir ging halt gerad das gleiche durch den Kopf."
Er grinst mich freundlich an und ich kann irgendwie nicht anders als leicht zurückzulächeln. Irgendwie schafft der es ja wirklich mich etwas aufzumuntern... Bah! Ich will doch gar nicht aufgemuntert sein! Jaja, ich weiß. Selbstmitleid ist scheiße und man sollte es vermeiden, da es weder einem selbst noch anderen hilft. Besser ist, wenn man etwas dagegen tut und rausfindet, warum etwas so gelaufen ist, wie es nun mal gelaufen ist. Aber... verdammt noch mal, ich will mich jetzt aber selbstbemitleiden! Und da wird mich auch kein dahergelaufener Amischnösel plötzlich aufmuntern!
Eine Sekunde später ist mein Lächeln schon wieder verschwunden. Die Kellnerin bringt das nächste Glas, genauso unfreundlich wie zuvor, aber ich habe inzwischen beschlossen sie zu ignorieren. Was soll ich mich auch mit dem dummen Weib rumschlagen? Interessiert mich doch eh nicht...
„Was machst du beruflich?", frage ich dann schnell, als mir einfällt, dass er vielleicht wissen will, was ich mache und das uns unwiderruflich zu diesem dummen Wiedererkennungsaspekt führen würde...
„Ach..." er seufzt. „Das ist schwer zu erklären. Ich bin eine Art Sicherheitsbeauftragter für eine größere Firma in Nagoya. Ich sehe mir die Räume und Gebäude an und untersuche, welche Wege Diebe nehmen könnten und wie man diese dann unwegsam machen kann."
Klingt gar nicht mal so uninteressant. Außerdem haben wir da fast was gemeinsam. Wir versuchen beide Verbrechen zu verhindern... bei mir liegt die Betonung inzwischen allerdings auf ‚versuchen'...
„Und?", frage ich dann über den Rand meines Glases hinweg. „Klappt das auch?"
„Bis jetzt wurde bei uns noch nie eingebrochen, aber vielleicht haben wir auch einfach Waren, die keinen interessieren." Er zuckt mit den Schultern.
„Was stellt ihr her?"
„Irgendwelchen Computerkleinkram", er kratzt sich wieder am Kopf. „Weiß nicht genau. Ich arbeite nur damit, das Bauen überlasse ich den Fachmännern.
Da! Schon wieder ein kleines Lächeln auf meinem Gesicht! Schrecklich!
„Jedenfalls", fährt er dann fort. „untersuche ich jeden Raum, in den ich komme, nach eventuellen Eingangs- beziehungsweise Ausgangsmöglichkeiten, die ein Dieb benutzen könnte. Sogar diese Kneipe hier...", er schüttelt missmutig den Kopf. „Dahinten zum Beispiel", er weißt mit der Hand in Richtung Bartresen. „Ganz links, zwischen den letzten beiden Regalen ist eine kleine Nische. Wahrscheinlich ein Notausgang, falls hier überfallen wird. Oder da auf der Bühne, da ist auch noch eine verborgene Tür, die wahrscheinlich schnell nach draußen führt." Ich versuche meinen Blick zu klären – was durch meinen übermäßigen Alkoholkonsum nicht ganz so einfach ist – und betrachte mir die Bühnenwand genau. Und tatsächlich! Rechts hinter dem Saxophonisten kann man in der schwarzen Wand die leichten Umrisse einer Tür erkennen.
„Wie lang hast du dich hier umgesehen?" Ich weiß nicht, wie lange er schon hier war, bevor er mich angesprochen hat. In der Zeit, in der wir zusammen waren, konnte er jedenfalls nur die Tür bei der Bar entdeckt haben. Die Bühne befindet sich nämlich hinter ihm.
„Nicht so lang. Ein paar Minuten vielleicht. Geht bei mir inzwischen recht schnell. Naja, wir arbeiten halt auch bei uns unter Zeitdruck."
Ich muss sagen, ich bin leicht beeindruckt. Mir wären diese ganzen Dinge sicherlich erst bei sehr viel genauerer Betrachtung aufgefallen – und ich hätte wohl nüchtern sein müssen...
„Und was ist es bei dir?"
Es vergehen ein paar Sekunden, bevor ich die Frage richtig realisiere. Tja... wenn ich ihm jetzt antworte, könnten wir unweigerlich zu dem Wiedererkennungsaspekt kommen und genau das wollte ich ja vermeiden, also werde ich wohl schweigen. Aber im Grunde ist das unhöflich... und wie mir bei genauerer Betrachtung des Glasbodens klar wird, habe ich ja auch damit angefangen und davor beschlossen mit ihm darüber zu reden, also wäre es nun nicht nur unhöflich zu schweigen, sondern auch feige... Mwah! Scheiße, ein kleiner Klumpen Stolz hat sich doch noch nicht in meinem Tran aus Selbstmitleid und Alkohol aufgelöst...
„Nya... ich ordne immer alle möglichen Menschen in irgendwelche Schubladen ein...", sage ich schließlich, während ich weiterhin den Boden meines inzwischen schon wieder halbleeren Glases fixiere.
„In was für Schubladen?" Er neigt den Kopf leicht zur Seite, anscheinend versteht er nicht.
„Nya... in ‚Gut', ‚Böse', ‚Nicht einschätzbar' ‚Massenmörder', ‚Serienkiller', ‚Vergewaltiger', ‚Psychopath' und so weiter halt..." Diesmal zucke ich mit den Schultern, ziehe dann aber die Augenbrauen hoch, als ich den erschrockenen Blick meines Gegenübers bemerke. Nach ein paar stillen Sekunden dämmert es mir dann auch mal, dass er ja nicht weiß, was ich mache und mich jetzt wahrscheinlich für irgendeinen Verbrecher hält, der mit solchem Pak zusammenarbeitet.
„Ich bin Detektiv", meine ich schnell zu Erklärung. Er atmet erleichtert aus, danach fängt er an zu grinsen und sagt:
„Cool!"
Ich blinzele verwirrt. „Was?"
„Dass du Detektiv bist."
„Wieso?" Ich verstehe gar nichts mehr und vergesse vor lauter Verwirrung sogar zu trinken, obwohl ich das Glas schon an den Mund gesetzt habe.
Erneut kratzt er sich verlegen am Kopf. „Naja... ich fand Detektive schon irgendwie immer cool. Hab' als Kind immer sämtliche Krimis und Detektivromane verschlungen, die mir unter die Finger kamen."
Ich grinse schief. „Da bist du nicht der einzige..." Obwohl ich es nicht sehr laut gesagt hatte, hat er mich wohl doch gehört, denn auch er grinst.
„Was waren deine Lieblingsautoren?"
Ich fixiere wieder den Glasboden. „Doyle... aber in letzter Zeit nicht mehr so wirklich..." Genauer gesagt, seit heute Abend. Warum hat Doyle auch nie solche Situationen beschrieben, wie ich sie gerade erlebe?! Dann wäre er unangefochten an der Spitze geblieben...
„Hm...", er schaut etwas nachdenklich. „Nya... gut, Doyle hat mit Holmes schon den berühmtesten Detektiv von allen erschaffen, aber... er war irgendwie nie mein Fall. Ich lese da lieber Ellery Queen." Meine eine Augenbraue wandert nach oben. Der Kerl sollte sich mit Heiji zusammentun... „Kennst du Yusaku Kudo?"
Ich muss aufpassen, dass ich nicht anfange verächtlich zu grinsen... Ob ich ihn kenne?! Der Kerl ist mein Vater... aber das tut hier nichts zur Sache... Also nicke ich nur.
„Wie findest du die Bücher? Also sie sind ja wirklich nicht schlecht beschrieben und die Verbrechen sind teilweise schon recht knifflig, aber... mir fehlt die Tiefe in den Büchern. Sie haben nicht dieses gewisse Etwas, das einen mit den Charakteren mitfiebern lässt. Verstehst du was ich meine?"
Ich sitze inzwischen angespannter als je zuvor an diesem Abend da und starre ihn unverholen an. Dann kann ich mich nicht mehr halten und – beginne zu lachen! Himmel! Wie geil! Ich hab ja wirklich nichts gegen meinen Vater, nur... diese beschissene Schwärmer- und Loberei geht mir manchmal ganz schön auf den Sack! Immer ist er der beste, der tolle Schriftsteller! Der sich achso tolle Fälle ausdenkt und achso toll schreibt und was weiß ich noch alles achso toll machen kann! Irgendwie tut es gut endlich mal jemanden zu treffen, der die Arbeit meines Vaters zu bemängeln weiß.
Ich brauche einige Zeit, bis ich mich wieder beruhige. „Ja... ich weiß was du meinst."
Er sieht mich aber noch etwas verstört an. „Was war daran jetzt so lustig?"
„Ach, ich bin bisher noch nie jemandem begegnet, der Yusaku Kudos Bücher nicht leiden konnte."
„Und das ist jetzt... gut oder schlecht?!"
„Gut", grinse ich und stelle dann die Frage, die mich beschäftigt. „Würdest du ihm das auch direkt ins Gesicht sagen?"
„Ja", seine Antwort kommt so augenblicklich und überzeugend, dass ich erneut lachen muss. Ich sollte diesen Kerl unbedingt meinem Vater vorstellen!
Fortsetzung folgt...
