In Gedanken sterben
Das Messer in meiner Hand glänzt im Nass des Blutes so tröstlich; im versprechen mir bereits gegeben zu haben, was ich lange schon ersehne. Die Schmerzen sind, nachdem sie mich so lange mein einziges Glück haben fürchten lassen, fast unwichtig geworden, im Gefühl grenzenloser Freiheit. Ob sie mich je verstehen können? Oder werden sie mir nur Vorwürfe machen sie im Stich gelassen zu haben, als sie meine Hilfe am meisten brauchten?
Wer hilft mir? Sie reden von Schicksalen, Heldentum und Prophezeiungen. Wer hat wohl beschlossen, dass ich ein Held sein muss, ein Symbol für die bloße Möglichkeit den dunklen Lord zu besiegen? Dass ich heldenhaft zusehen soll, wie meine Freunde sterben, und es mit Fassung tragen?
Fast als würde die Zeit langsamer verstreichen sehe ich den ersten Tropfen sich aus der Wunde lösen, ehe er den Damm bricht und das Blut als Strom über meine Finger rinnt. Riesige Tropfen fallen, Perlen gleich, zu Boden, wo sie, sich in tausende kleinere verwandelnd, zerbersten.
Wieder hebe ich dass Messer, denn je mehr des roten Blutes aus meinem Körper rinnt, desto weniger fühle ich.
Der kalte Wind, der hier auf dem Dach weht, scheint seinen eisigen Biss verloren zu haben; die schmerzen verblassen, als hätte sich ein Nebel über die Wunde gelegt und mich von ihr entfernt.
Schmerz flammt wieder auf, als ich mir dass Messer, fast verzweifelt über der Gefühllosigkeit, so heftig in meinen Körper stoße, dass die Spitze der makellosen Waffe an der Unterseite des Armes wieder austritt.
Verzweiflung? Kaum fühlte ich sie, ist sie auch schon wieder verschwunden. Je mehr meiner Gefühle schwinden, desto klarer sehe ich meine Umgebung; die Dachschindeln, den sternenklaren Himmel an dem es funkelt als wollten mich die Sterne rufen doch endlich zu ihnen zu kommen.
Schwankend schaffe ich es noch einmal aufzustehen und mich auf meinen Besen zu setzen. Ungeschickt taumelt er hin und her, als ich den Sternen immer näher komme.
Ich bin hoch über dem höchsten Schulturm. Meine vom Blut nassen Hände rutschen immer öfter ab. Ich spüre wie ich den Halt endgültig verliere. Ich breite die verletzten Arme aus und genieße den freien Fall. Je weiter ich mich dem Boden nähere, dem zu entfliehen ich auf das Dach flog, desto mehr Menschen sehe ich auf den, in britischer Manier gestutzten, Rasen laufen. Ich schließe nicht die Augen. Ich will nicht, dass sie glauben ich traue mich nicht, dem Tod ins Gesicht zu sehen.
Der Aufprall betäubt erst für einen winzigen Moment alles in mir und lässt dann nichts als unendlichen Schmerz in mir zurück. Dann...
Nichts mehr! Nie wieder.
