PROLOG
Kratzig. Sein Bart fühlte sich auf ihrer Pfirsichhaut wie feinstes Schmirgelpapier an. Dennoch genoss sie seine Nähe und drängte sich dichter in die Arme des Mannes, dem sie sich versprochen hatte. Dass er eine Dekade an Jahren jünger war als sie störte sie nicht im Geringsten. „Tamina", raunte der junge Zwerg in ihr Ohr, was zur Folge hatte, dass sich ihre feinen Nackenhärchen aufstellten und ihr einen angenehmen Schauer Gänsehaut über den Rücken liefen liess.
„Warte auf mich… versprich mir das…"
„Ich werde immer auf dich warten mein Prinz…" , murmelte die junge Zwergin mit dem drahtigen feuerrotem Haar und kuschelte sich noch dichter in sein Wams, dass er sich schon vor Sonnenaufgang angezogen hatte. Der dunkelhaarige junge Mann drückte der Maid einen Kuss auf die Stirn und vergrub gleichzeitig seine Nase in ihren Haaren um noch einmal ihren berauschenden Duft in sich aufzunehmen, bevor er zusammen mit seinem Bruder, seinem Vater, seinem Grossvater und dem Heer der Zwerge in die Schlacht vor den Toren Morias ziehen würde. Zärtlich strichen seine breiten Finger an ihrem Kinn entlang, tänzelten über ihren Hals und umspielten schliesslich den hübsch geflochtenen Zopf, den er ihr am Abend zuvor in heiliger Tradition in Taminas Haar gewebt hatte. Kurz schloss er die Augen, küsste erneut ihr Haupt, sodass ihr unter all der schweren Zwergentracht versteckter Körper noch einmal erbebte. Sanft und mit einem Lächeln auf den Lippen murmelte er in ihr Haar:
„Du bist der wahre Arkenstein… mein Herz... meine Heimat…"
Dann wandte sich der Zwerg von ihr ab, griff nach seiner doppelseitigen Axt und verstaute jene in dem dafür vorgesehen Gürtel. Er warf der Frau, die er nach diesem Debakel und der Zurückgewinnung Morias rechtmässig zur Frau nehmen wollte einen letzten Blick zu und trat aus dem Schatten der Bäume um sich dem tosenden Lärm des mächtigen Zwergenheeres anzuschliessen. Viele tapfere Männer zogen jetzt in die Schlacht und liessen Frau und Kind im Schutz des Waldes zurück. Tamina biss sich auf die Unterlippe und trat ein paar hastige Schritte nach vorn. Sie wollte ihn begleiten und nicht wie ein dummes Burgfräulein zurückgelassen werden. Sie wusste wie man mit einer Klinge umging, dennoch hatte sie es ihm gestern versprechen müssen, dass sie hier im Schutz der Bäume blieb, bis er vom Schlachtfeld zurückkehren würde um zusammen mit ihr nach Moria, dem ältesten Reich der Zwerge, zu ziehen.
Ein kräftiger Ruck an ihrer Schulter lies das junge Fräulein gehörig zusammenfahren. Ihr mutiger Zwergenprinz war inzwischen aus ihrer Sicht verschwunden. Tamina wirbelte herum und blickte in das strenge Gesicht von Thorin, dem großen Bruder jenes Mannes, den sie liebte. Sie schluckte. Es war kein Geheimnis, dass Thorin sie für das hasste, dass sie seinem Bruder den Kopf verdreht hatte. Sie wandte ihren Blick ab und sah zu Boden, während ihre Knie wie von selbst sich leicht senkten und sie somit einen kleinen Knicks vor dem Thronerben machte. Dicke Finger gruben sich in ihre Haare und zogen den mit silbernen Spangen geschmückten Zopf zwischen ihren Haaren hervor. Thorin drehte ihn hin und her zwischen seinen Fingern und lies diesen dann mit unveränderter Miene wieder los. Tamina sah bestürzt und mit geröteten Wangen auf direkt in seine sturmgrauen Augen, die seit sie Erebor an den Drachen Smaug verloren, nie wieder gelacht hatten. „Spar dir deine Worte Thorin Sohn des Thrain.", spuckte sie ihm förmlich entgegen. Der Kopf des Zwergs ruckte ein Stückchen weiter nach oben und sah die Zwergin jetzt erstaunt an.
„Eure Liebelei interessiert mich recht wenig, Tamina. Eines solltest du wissen…", er brach ab und trat einen Schritt näher an sie heran, griff nach ihrem rechten Unterarm und drückte diesen unsanft gegen ihren Körper. „Vater wird dieser Verbindung niemals zustimmen und bei Durin der König schon gleich drei Mal nicht. Du solltest so klug sein und es beenden und Frerin nicht noch mehr Flausen in den Kopf setzen. Du bist beinahe so alt wie ich und nicht von königlichem Blut. Ihr könnt keine Verbindung eingehen." Er trat einen Schritt näher und bemerkte nicht wie nah er der jungen Zwergin überhaupt gekommen war. Tamina sog scharf die Luft ein und wandte ihren Blick ab. Früher hatten sie sogar zusammen vor den Toren Erebors gespielt, doch dann hatte sich ihre Freundschaft, die sie einst geführt hatten in etwas Widerliches verwandelt. Thorin hatte sich gewandelt und wurde von Tag zu Tag stiller, sturer und arroganter zu gleich. Frerin hingegen war der gleiche unbekümmerte Zwerg, der in jedem noch so kleinen Wolke ein Abenteuer erkannte. Die Brüder waren einander über die Jahre fremd geworden. Das hatte selbst Thorin bemerkt. Doch er war im Gegensatz zu seinem Bruder erwachsen geworden und sorgte sich um sein Königreich, dass nun mehr verloren war. Frerin liebäugelte stattdessen mit dieser einfachen Schmidtochter. Der junge Zwergenprinz schloss die Augen und atmete den betörenden Duft Taminas ein, verlor sich für den Bruchteil einer Sekunde in jenem, riss sich aber in sekundenschnelle zurück in das Hier und Jetzt. Er liess von ihr ab, wandte sich um und schritt in die gleiche Richtung, in die auch sein Bruder verschwunden war. „Geh und leiste Dis Gesellschaft.", brummte er und lies Tamina im Schatten der Bäume stehen. Empört und wütend trampelte die Rothaarige jedoch auf den Prinzen zu und schlug ihm mit enormer Kraft auf dessen Rücken. Doch als Thorin sich gerade umdrehte um sie zur Rechenschaft zu ziehen, war jene schon im Dickicht des Waldes verschwunden.
*geraume Zeit später*
Ein letztes Mal schwang Thorin sein Schwert und trat gegen den sich im Todeskampf befindenden Orkkörper, der ächzend in sich zusammen sank. Er zog sein Schwert heraus und sah sich um. So viele Verluste, so viele Tote. Schweren Herzens wandte er sich ab, hob sein blutverschmiertes Schwert an und brüllte zu den Restmassen an mutigen Zwergenkriegern.
„SIEG! DER SIEG IST UNSER!"
Es dauerte eine Weile bis schliesslich viele der Krieger mit in sein Gebrüll einstimmten und ihre Waffen erhoben um der vielen Toten, einschliesslich dem durch den bleichen Ork Azog geköpftem Zwergenkönig Thror zu gedenken. Viele der Zwerge jubelten, denn sie hatten nicht nur den gefürchteten Azog besiegt, sondern auch die Orcs tiefer in die düsteren Gefilde Morias zurückgedrängt. Sie jubelten Thorin zu der quer über das Kriegsfeld blickte auf der Suche nach dem lebenden Rest seiner Familie. Das Schwert hielt er immer noch leicht erhoben, genauso wie sein Schild, dass aus einer einfachen Eichenbaumrinde bestand. Wo war sein Vater? Und wo war sein Bruder Frerin? Langsam, ganz langsam schritt er durch die Massen der Toten, die da zu seinen Füssen lagen und streifte durch jubelnden Zwerge. Es war ein melancholisches Jubeln, denn eigentlich gab es nichts zu feiern. Der Sieg sah im Blutbad dieser Schlacht mickrig aus. Thorin war nicht nach feiern zu Mute. Er hätte sich am liebsten in irgendeiner Höhle tief unter der Erde verkrochen und nur für den Augenblick eines Atemzugs die schwere Last, die auf seinen Schultern lag abgelegt. Doch genau wie seinen schützenden Panzer konnte er auch jene Verantwortung nicht einfach von sich schieben. Er hatte einen Krieg zu gewinnen und ein neues Zuhause für sein Volk zu finden.
Es war als würde er durch dichten Nebel schreiten. Es fiel ihm schwer seine eigenen Hände im Getummel der Zwerge um ihn herum zu erkennen. Er achtete sorgsam darauf auf keinen der Gefallenen zu treten, egal welcher Seite dieser angehörte.
Plötzlich geriet der Prinz ins Straucheln, kippte vorn über, als ihn etwas mit einer solchen Kraft am linken Fussgelenk packte, sodass er das Gleichgewicht ganz einfach verloren hatte. Thorin wirbelte herum und hielt mit grimmiger Genugtuung das Schwert an die Kehle des Wesens, dass nach seinem Bein gegriffen hatte. Sein Blick wurde trüb, sein Gesicht aschfahl. Das Schwert und auch das Eichenschild fielen klammert zu Boden, als er erkannte wer ihn da am Bein gepackt hatte um auf sich aufmerksam zu machen. „NEIN!", schrie er tonlos, sank bebend in die Knie und zog den bleichen Körper seines Bruders auf seinen Schoss. Tränen der Verzweiflung suchten ihren Weg über seine verdreckten Wangen, während seine Hand, die zuvor das Eichenschild gehalten hatte, auf den Sturzbach an Blut presste, dass aus der klaffenden Wunde mitten in Frerins Bauch quoll. Ein Abgebrochener Orkspeer rakte ein Stückchen weit heraus und erschwerte die Sache. Thorin wusste, dass wenn er den Speer herauszog es Frerins Tod bedeutete. Seine stürmischen Augen suchten die Augen seines Bruders, die farblos und ergraut wirkten. Er keuchte und schenkte ihm ein schwaches Lächeln ehe er röchelnd zu sprechen versuchte. „Nicht…", murmelte Thorin, dessen Stimme Tränen erstickt klang. Er wischte die pechschwarzen blutverschmierten Haare aus Frerins Stirn und zog ihn noch ein Stückchen näher an seinen eigenen Körper.
„Bruder…", murmelte Frerin unter Schmerzen und lächelte Thorin trotz allem entgegen.
„Sprich nicht…"
„Thorin… hör mir zu…", begann jener, die Worte seinen Bruders jedoch ignorierend. „Ich sterbe… doch ich kann nicht sterben ohne dich darum zu beten meinen geschundenen Körper vom Schlachtfeld zu tragen. Lass mich nicht hier mit den Orks verwesen. Bring mich nach Hause… Bring mich…", er hielt inne und holte rasselnd Luft. Ein dünner Strich roten Blutes schlich sich aus seinem Mundwinkel und hinterliess eine Spur auf seiner Wange. „Bring mich nach Hause… kümmere dich um Dis… um Vater…" wieder hustete er und zuckte ein letztes Mal, ehe sein Herz das letzte Mal schlug. „Sorge dich um mein Herz..." Dann schwand das Leben aus Frerins Augen. Prinz Frerin zweiter Sohn des Thrain aus dem Hause Durin war tot.
Thorin vergrub schluchzend seinen Kopf in den Haaren seinen Bruders und krallte sich in sein Wams. Wie lange er in dieser Position sass wusste er nicht. Während er neben der Trage seines Bruders hermarschierte, den Kopf stur geradeaus gewandt und den Blick in die Ferne gerichtet, erinnerte er sich daran, dass er ihm die Augen geschlossen hatte. Erst dann hatte er nach einen Trage geschickt um das Versprechen seines Bruders zu erfüllen. Doch wie sollte er ihn nach Hause, nach Erebor bringen? Schweren Herzens entschied er sich dafür ihn wie seinen Grossvater auch vor den Toren Morias zu beerdigen. Er würde das Grab eines Kriegers bekommen, so wie die zahlreichen Zwerge, die hier ihr Leben am selbigen Tag verloren hatten. Dann sah er sie, wie sie mit geweiteten Augen und immer wieder aufschreiend auf ihn, dicht gefolgt von seiner Schwester Dis, zu gerannt kam. Tamina stürzte sich förmlich auf seinen toten Bruder und rüttelte jenen. Dis strömten die Tränen über ihr Gesicht. Sie hielt die junge Zwergin krampfhaft fest und versuchte jene zurück in den Wald zu drängen, weg von Frerins leblosen Körper.
„FRERIN!", kreischte sie immer wieder und riss sich schliesslich von Dis los. Thorin, der wieder in seinen Gedanken versunken war, realisierte zu spät, dass Tamina auf ihn zu gerannt kam und nun wie besessen auf seine Brust einschlug. Er konnte sie nicht von sich stossen, zu tief sass sein Schmerz und zu sehr konnte er den Hass, den sie auf ihn hegte verstehen. Er hatte nicht auf Frerin geachtet, hatte er doch gewusst, dass dieser neben sich gestanden hatte, als sie das Schlachtfeld zusammen betreten hatten.
„ICH HASSE DICH THORIN! ICH HASSE DICH! ICH WÜNSCHTE DU WÄRST AN SEINER STELLE!", schrie die Zwergin.
Dis schaffte es schliesslich sie von Thorin los zu reissen und diese mit sich mit zu zerren. Ihr Wehklagen verstummte mit der Zeit, doch ihre Worte hallten noch Stunden in seinen Ohren. Ich
wünschte du wärst an seiner Stelle. Wie recht sie doch hatte.
WUHA… das hat eindeutig total viel Spass gemacht! Meine allererste FF überhaupt.
Ich hoffe sie gefällt euch und ich bekomme ein paar Reviews. Ich hoffe ich schaffe es jeden Abend ein weiteres Kapitel hochzuladen. 3
