Schattennacht 1
Schattennacht
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Fanfiction von Lady of the Dungeon featuring Slytherene
Eldi: Einige Reviewer von "Kerkermond Evolution" haben immer wieder nach Severus-zentrischen Geschichten gefragt. Aber ich bin ja bekanntermaßen Lucius-orientiert. Für Severus allerdings gibt es eine Spezialistin. Es war nicht einfach, sie für ein Gastspiel zu engagieren, aber ich habe sie rumgekriegt…
Slytherene: Es ist kein Comeback als Fanfiction-Autorin, sondern nur ein Ausflug in Eldi's Welt für einen dezenten Two-Shot, um Euch die Wartezeit auf das nächste „Kerkermond"-Kapitel zu versüßen. Lay back and enjoy!
Disclaimer: Alles Potterige nicht unser, sondern J.K.'s, leider. Wir sind zeitlich irgendwo in Band sechs, allerdings ignorieren wir dreist, dass Lucius Malfoy und einige der anderen Todesser eigentlich ins Askaban sitzen müssten.
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Zusammenfassung: Severus will die Kinder eines Ordensmitglieds verschonen, dessen Haus von Todessern überfallen wird. Ausgerechnet Lucius Malfoy steht plötzlich im Raum, als er ihnen den Unsichtbarkeitstrank gibt. Ist dies das Ende des Tränkemeisters?
Kapitel 1: Der Mond im Schwarzen Haus
Das Dunkle Mal brennt seit einer knappen halben Stunde auf Severus' Unterarm. Seine rechte Hand fühlt sich taub an bis in die Fingerspitzen. Er ist fast immer der Letzte, muss er doch erst die Ländereien von Hogwarts verlassen, um zu disapparieren.
„Wurde auch Zeit!", ruft ihm McNair entgegen und stülpt sich die Maske über.
Weitere dunkel gewandete Gestalten eilen ihm aus dem Thronsaal des Dunklen Lords entgegen. Er erkennt Bellatrix an ihrer zierlichen Figur, Lucius, dem eine verräterische blonde Strähne zwischen Maske und Kapuze gerutscht ist, Pettigrew an der mangelnden Körpergröße und Greyback am Gestank.
„Unser Meister wünscht allein zu bleiben", sagt Crabbes heisere Stimme und er packt Severus, der in den Thronsaal will um sich zu zeigen und seine Ergebenheit kundzutun, am Arm.
„Er weiß, dass du da bist, Sev", sagt eine glockenhelle Stimme neben ihm. Hinter der Maske blicken ihn kühle blaue Augen an, und Severus weiß, dass Narcissa lächelt.
„Du gehst mit?", fragt er erstaunt.
Normalerweise ist Bellatrix die einzige Todesserin, die an nächtlichen Aktionen teilnimmt. Allein die Aufbruchsstimmung hat Severus bereits verraten, dass hier ein Überfall geplant ist.
„Außensicherung", sagt Narcissa. „Dolohov und Goyle sind irgendwo anders eingesetzt."
„Wohin?", fragt Severus und folgt ihr zu dem hohen Marmorkamin mit den martialischen Totenschädel-Schnitzereien.
„Wir treffen den Orden ins Mark", knurrt Greyback neben ihm, hustet und spuckt auf den Carraramarmorboden mit dem kunstvollen Schlangenmosaik. „Jamaine Blanche, der Niggerauror, du weißt schon."
Oh ja, Severus kennt Jamaine. Der junge Auror aus Martinique ist Kingsleys Neffe. Er ist vor drei Jahren aus der Karibik gekommen, und Shacklebolt hat ihn in den Orden eingeführt, nachdem er eine Engländerin, eine Muggel, geheiratet hatte und klar war, dass er bleiben würde. Severus pflegt keine privaten Kontakte mit den Ordensmitgliedern, aber natürlich ist er informiert. Blanche hat zwei Kinder, und heute Nacht wird er nicht zuhause sein, um sie zu schützen, denn in London findet eine internationale Konferenz statt, und das Ministerium hat die Sicherheitskräfte dort gebündelt.
Die Todesser reichen ein Pergament mit der Adresse und der Lagebeschreibung herum.
„Wir apparieren hier", hört er Lucius' kühle Stimme. „Im Norden des Hauses liegt ein Buchenhain, von dort haben wir Deckung bis auf die letzten dreißig Meter. Ringformation um das Objekt, Sicherung der Umgebung, Bella, du brichst die Schutzbanne auf der Ostseite und orientierst dich dann nach Süden, ich übernehme den nordwestlichen Anteil. Wir sichern das Haus von unten nach oben, Zugriff wie besprochen. Ihr kennt die Anweisungen Unseres Lords. Keine Sondertouren, keine Extravaganzen." Ein warnender Blick aus grauen Augen trifft Greyback.
Die Todesser disapparieren. Jeder weiß, was er zu tun hat, sie sind ein eingespieltes Team. Severus beobachtete, wie die gesamte Aktion, wie immer meisterlich koordiniert von Voldemorts kühlem Strategen Lucius Malfoy, professionell und sicher abläuft.
Was Lucius nicht ahnt, nicht ahnen kann, ist, dass einer seiner Gefährten nicht nach den Regeln des Dunklen Lords spielt.
Kaum hat Lucius die Schutzbanne des Hauses aufgehoben – es sind gute, komplexe Zauberer, aber sie sind kein echtes Hindernis für die beiden mächtigen dunklen Fluchbrecher Lucius und Bellatrix – gleitet Severus im Schatten der blühenden Rosenbüsche ins Haus. Jetzt zählt jede Sekunde.
Das Schicksal meinte es zunächst gut mit dem Slytherin. Aus dem vorderen Flur hört er überraschte Rufe, dann Geschrei von Flüchen und Gegenflüchen. Allen Annahmen zum Trotz scheint Jamaine Blanche zuhause zu Hause zu sein, und er ist nicht allein. Noch zwei andere Männerstimmen sind dabei. Severus erkennt die von Remus Lupin.
Für Sekunden steht sein Herz still. Remus! Er unterdrückt den Impuls, nach vorne zu laufen und dem Werwolf zu helfen. Er und Remus haben gerade erst begonnen, die Schatten der Vergangenheit hinter sich zu lassen. Es sind nur Blicke, zufällige Berührungen bei Ordenstreffen, das Einstehen füreinander, wenn man ihnen misstraut, dem einen, weil er ein zwielichtiger Doppelagent ist, dem anderen, weil er an einem von achtundzwanzig Tagen nicht er selbst sein kann. Beide können sich Gefühle nicht leisten. Beide wissen, welches Risiko sie tagtäglich eingehen. Severus schluckt hart. Diese Entscheidung tut weh, aber er hat keine andere Wahl. Lupin ist ein fähiger Zauberer, er wird die Todesser eine Weile beschäftigen, aber selbst mit Severus' Hilfe hätten er und Blanche keine Chance gegen die Übermacht. Und Severus' Tarnung ist zu wichtig, um sie für aufzugeben – nicht einmal für Remus Lupins Leben. Remus wäre der Erste, der Severus diese Wahrheit ins Gesicht schreien würde.
Severus unterdrückt brutal jedes Gefühl, wendet sich ab und nimmt drei Stufen auf einmal. Aus einem Hinterzimmer hört er Hundegebell und Knurren, dann ohrenbetäubendes Jaulen. Severus hat keine Zeit für Mitleid mit dem vierbeinigen Hausgenossen der Blanches. Er stößt die Tür zu einem der oberen Zimmer auf. Sein Blick fällt auf die Wiege, in der ein Säugling mit schwarzen, flaumigen Löckchen die winzigen Finger in einen grauen Stoffwolf gepresst hat. Der Gedanke, dass Lupin der Taufpate dieses Kindes ist, schießt durch Severus' Kopf.
Er kann gerade noch den Zauberstab hochreißen und einen ‚Protego' wirken, als ein Schatten auf ihn zurast. Mit einem dumpfen Geräusch fällt der hölzerne Quidditch-Schläger zu Boden, mit dem Blanches Frau ihre Kinder zu verteidigen sucht.
Entwaffnet reißt sie das Kind aus der Wiege, und zieht gleichzeitig ein etwa vierjähriges blondes Mädchen hinter ihre Beine.
„Nicht", sagt sie, Angst in den Augen und Schweißperlen auf der blassen Stirn. „Bitte nicht meine Kinder."
Von unten ist markerschütterndes Schreien zu hören. Severus kennt diese Laute, die Menschen ausstoßen, wenn sie unter dem ‚Cruciatus' stehen.
In den braunen Augen der Frau spiegelt sich namenloses Entsetzen. Severus betrachtet sie: Sie ist von normaler Größe und angenehm weiblicher Statur, eine hübsche Frau mit sanften Augen. Eine, die auf den zweiten Blick erst auffällt.
Severus schließt die Tür und greift in seinen Umhang. Er entnimmt der Innentasche eine schlanke Phiole mit einer bunten, irisierenden Flüssigkeit.
„Trink das", sagt er. „Gib auch den Kindern. Schnell. Vertrau mir."
„Was ist das?", fragt sie, Misstrauen im Blick.
„Und wenn es ein schnell wirkendes Gift wäre, schon das wäre ein Gewinn für euch", sagt er düster. „Chamäleonwasser. Ihr müsst euch verstecken. Schnell jetzt."
Sie hat ihm den Trank bereits abgenommen und gibt ihn zuerst dem Baby. Sofort verschwimmt die Gestalt des Kindes. Es ist nicht unsichtbar, aber kaum noch zu sehen, jetzt, wo es die Farbe seiner Umgebung angenommen hat. Sie legt es in die Wiege und wendet sich ihrer Tochter zu.
In diesem Augenblick sind schnelle Schritte auf der Treppe zu hören, und ein harter Zauber trifft auf die von Severus magisch versiegelte Tür. Sofort schnappt das Schloss auf. Keine Frage, Bella oder Lucius – beides ist eine Katastrophe! Severus richtet den Stab auf die Frau. Er muss das Spiel spielen.
„Nox!"
Der Raum versinkt im Halbdunkel. Die einzige Chance. Wenn Bella oder Lucius glauben, dass er hier alles im Griff hat…
Die Tür schwingt auf und die schlanke schwarze Gestalt ist sicher nicht Bellatrix. Kalte graue Augen scannen den Raum, Lucius verschafft sich einen Überblick.
„Alles im Griff", sagt Severus.
In dem Halbdunkel bleiben Lucius' Augen an der Wiege hängen, dann sieht er die Frau, das Mädchen und Severus an.
„Wo ist das zweite Kind?", fragt er sehr leise. Gefährlich leise, wie ein Raubtier, bevor es zuschlägt, denkt Severus.
„Bei den Großeltern", lügt die Frau flüsternd.
„Es sind nur die beiden", sagt Severus.
In diesem Augenblick geschieht das Unglück. Ein Wimmern durchbricht die gespannte Stille.
„Lumos", zischt Lucius, die Lampe über der Wiege flackert auf und sein Stab richtet sich sofort auf Severus.
Für den Tränkemeister bestätigt sich in diesem Augenblick, was er unterschwellig bereits seit ein paar Wochen ahnt: Lucius misstraut ihm. Das Baby strampelt und beginnt zu weinen. Die Bewegung macht es sichtbar, trotz des Tranks.
„Agua di camaleonte, und sie ist eine Muggel. Merlin, Severus!", ruft Lucius ärgerlich aus.
„Oh bitte, er wollte uns doch nur helfen", ruft die Frau und treibt Severus damit in die Katastrophe. Keine noch so kluge Lüge wird ihn jetzt retten. Ihm bleibt nur, Lucius auszuschalten.
„Expelliarmus!"
Sein alter Freund ist schneller. Mit der eleganten Bewegung des ehemaligen Slytherin-Suchers fängt er Severus' Stab aus der Luft.
„Bitte, bitte. Nehmen Sie mich, aber lassen Sie meine Kinder leben."
Die Frau tritt aus dem Halbdunkel hinter Severus und auf Lucius zu. Severus sieht, wie sich Lucius' Augen weiten in einer Mischung aus Entsetzen und Überraschung. Doch auch die Frau weicht plötzlich zurück.
„Lucius?", flüstert sie. „Bist du das, hinter dieser Maske?"
Severus beißt sich auf die Lippen. Dieser Moment besiegelt ihr Schicksal, falls es nicht ohnehin schon für alles zu spät ist. Sie hat Lucius – warum auch immer – erkannt. Jetzt muss er sie töten.
Und tatsächlich richtet der blonde Zauberer seinen Stab auf die Frau.
„Nimm wenigstens die Maske ab, wenn du mich tötest", sagt sie zu Lucius. „Oder bist du auch dafür zu feige?"
Severus hält die Luft an. Zu seiner absoluten Verblüffung reißt Lucius sich die Todessermaske herunter und schiebt die Kapuze nach hinten.
„Charlene", sagt er, und seine Miene trägt noch immer Spuren seiner Überraschung und absoluten Entsetzens. „Was tust du hier?"
„Ich lebe hier", sagt sie.
„Du bist Blanches Frau?" Lucius starrt sie an, ungläubig.
„Hast du geglaubt, ich würde dir ewig nachtrauern?", erwidert sie heftig.
„Mama", jammert das kleine Mädchen ängstlich.
Lucius, der das Kind bis zu diesem Augenblick kaum angesehen hat, lässt seinen Stab sinken.
Severus' Gedanken rasen. Jamaine Blanche stieß vor drei Jahren zum Orden, das Baby ist eindeutig ein Mischling, aber auf keinen Fall kann der Auror auch der Vater des blonden Mädchens sein. Charlene Blanche hat langes, braunes Haar – die Zöpfe der Kleinen haben die Farbe des Mondlichts.
Genau wie die von Lucius.
„Das kann nicht sein", presst der Slytherin in diesem Augenblick hervor. Er ist bleich wie der Tod und sein Blick ruht auf dem Mädchen, dessen Abstammung in den braunen Augen der Mutter und dem blonden Haar des Vaters überdeutlich geschrieben steht.
„Warum hast du mir nie etwas gesagt?", fragt Lucius die Mutter, und Severus kann die unterdrückte Wut in seiner eisigen Stimme hören.
„Du hast mir mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass ich für dich doch nur eine schmutzige kleine Muggelaffäre war. Sie wäre für dich doch nur ein Schandfleck auf deiner reinblütigen Weste gewesen. Und nachdem ich später hörte, was du bist, wollte ich ihr nicht zumuten, sich für ihren Todesser-Vater schämen zu müssen."
Severus blickt jetzt entsetzt zwischen Charlene Blanche und Lucius Malfoy hin und her. Wie kann diese Frau so dumm sein, Lucius derart anzugehen? Sie muss sein fürchterliches Temperament, das unter einer brüchigen Maske aus kalter Beherrschung verborgen liegt, doch kennen. Warum verspielt sie die geringe Chance, die ihr die gemeinsame Tochter so unverhofft verschafft hat, indem sie ihm Wahrheiten an den Kopf knallt, die er bestimmt nicht hören will?
Tatsächlich drückt Lucius' Miene neben Zorn auch Verletzung aus. Charlenes Worte scheinen ihn getroffen zu haben. Mit einem Schlenker seines Stabes knallt Lucius die Tür zu, und ein kurzer Fluch versiegelt sie.
„Lucius", sagt Severus, und sucht den Blick des Mannes, mit dem ihn seit über zwanzig Jahren eine Freundschaft verbindet, wenn es dies denn zwischen Todessern überhaupt gibt. „Es ist nicht notwendig, hier ein Blutbad anzurichten."
Lucius hebt eine Augenbraue, ein spöttischer Spiegel von Severus' eigener Mimik.
„Nicht? Dann sag' mir, was ich tun soll. Soll ich sie mit zum Dunklen Lord nehmen und sagen: ‚Seht her, Mein Lord, dies ist meine Muggelgeliebte, und hier seht ihr das Ergebnis meiner blutschänderischen Triebe. Seid so gütig, sie zu verschonen, damit ich sie meiner Frau vorstellen kann?'
Da kann ich dir ebenso gut deinen Stab zurückgeben, damit du deinen Verrat vollenden kannst."
Die Verzweiflung in Lucius' Stimme gibt Severus Mut.
„Verdammt, Lucius, mach die Augen auf!", zischt er. „Schau dir an, was hier geschieht: Wir sind in ein fremdes Haus eingedrungen, um wehrlose Frauen und Kinder umzubringen. Das ist es, wofür der Dunkle Lord steht. Sag mir im Angesicht deiner Tochter, dass dies der Weg ist, den du gehen willst. Schau dir dein Kind an und überlege dir, ob die Vorherrschaft reinen Blutes und die Unsterblichkeit eines Despoten es wert ist, dass sie von der Hand ihres Vaters stirbt. Denn ich werde es nicht tun."
Er tritt auf Lucius zu, der unbewegt mitten im Raum verharrt.
„Du kannst es natürlich Pettigrew oder Bellatrix überlassen, sie zu töten", setzt Severus nach. „Wenn sie Glück haben, geht es schnell. Wenn nicht…Du kennst ja die Ratte und deine Schwägerin."
„Merde damné!", flucht Lucius, wie immer auf Französisch, wenn er am Ende seiner Weisheit und Beherrschung angelangt ist.
Die Schreie im Haus unten verstummen.
„Du musst dich entscheiden", drängt Severus. „Sie werden bald hier sein. Triff deine Wahl, Lucius. Jetzt."
TBC
Anmerkung: Lucius flucht hier zwar auf Französisch, aber durchaus unfein. ‚Merde damné' heißt soviel wie „verdammte Sch….".
Wir entschuldigen uns in aller Moony-Form für dieses ungebührliche Verhalten eines unserer Hauptdarsteller.
