Liebe Leser,

nach Episode 8 habe ich mir viele Gedanken zu Ben Solo / Kylo Ren gemacht.

Am Ende habe ich meine Liebe für diesen Charakter in dem folgenden Oneshot verarbeitet.

Ich habe dazu viele Star Wars Wiki Artikel und Reylo-Fantheorien gelesen und versucht

herauszufinden, was Kylo Ren antreibt und warum er so ist, wie er ist.

Außerdem habe ich natürlich meine eigenen Vorstellungen mit einfließen lassen, z.B. davon,

was er in seiner Version gesehen hat.

Liebe Grüße

Dramafan(forever)


Kylo Ren war ausgebrannt. Die unbändige Wut, die er nach Reys Verschwinden empfunden hatte, war einem dumpfen Nebel gewichen. Scham und Trauer warteten hinter einer unsichtbaren Grenze, die allein durch seine völlige Erschöpfung aufrechterhalten wurde. Kylo war dankbar dafür. Es gab ihm Raum, seine Gedanken zu ordnen, das Unbegreifliche des Tages begreiflich zu machen. Distanziert wie ein Beobachter analysierte er, was geschehen war und was er getan hatte.

Er befand sich auf der Finalizer. In sich zusammen gesunken saß Kylo in den Räumen, die er immer bewohnte, wenn er sich auf diesem Kampfschiff befand. Nachdem die Raddus den Steuerbordflügel der Supremacy buchstäblich abgetrennt hatte, musste ein Großteil der Besatzung evakuiert werden. Von den zwölf Kampfschiffen, die die Rebellen bis nach Crait verfolgt hatten, waren sechs durch die anschließenden Explosionen vernichtet worden. Der Widerstand hatte der Ersten Ordnung schwere Schäden zugefügt. Mehr als 15.000 Menschen verloren ihr Leben. Die Supremacy war der Hauptstützpunkt der Ersten Ordnung gewesen und nach dem Verlust von Starkiller Base auch ihr einziger. Das 60-Kilomter lange Schlachtschiff war nicht völlig zerstört, aber stark beschädigt und manövrierunfähig. Es war reiner Zufall, dass Rey und Kylo die Kollision mit der Raddus überlebt hatten. Dass Rey in dem Chaos hatte verschwinden können, verwunderte ihn hingegen nicht.

Kylo war nicht auf den Gedanken gekommen die Wohnräume des Obersten Anführers auf der Finalizer für sich zu beanspruchen. Nach dem Fiasko auf Crait wollte er so schnell wie möglich alleine sein. Er konnte sich kaum erinnern, was zwischen dem Abflug des Milenium Falken und seiner Ankunft auf der Finalizer geschehen war. Irgendwann hatte er sich aufgerafft und sein Kommandoshuttle rufen lassen, das ihn direkt hierher flog. Hux erhielt die Anweisung, sich dort ebenfalls einzufinden, sobald sichergestellt war, dass sich auf dem Salzplaneten keine Rebellen mehr versteckt hielten.
Hux hatte sich nicht nur über Kylos offensichtliche Niederlage gefreut, seine Bewertung der Situation der Rebellen fiel auch äußerst optimistisch aus: „So wie es aussieht, blieben die Notrufsignale der Rebellen unbeantwortet, … Sir." Das „Sir" kam gerne etwas verspätet. „Wenn das Raumschiff Ihres Vaters alle Überlebenden des Widerstandes aufnehmen konnte, dann können nicht viele Rebellen überlebt haben. Wir können den Wiederstand als ausgelöscht ansehen, Oberster Anführer."

Kylo konnte dem nicht zustimmen. Er ahnte, dass Luke ihn in dieser Hinsicht nicht angelogen hatte. Der Widerstand war nicht tot, und solange seine Mutter die letzten verbliebenen Rebellen anführte, würde sie nicht aufgeben. Auch wenn sich nach der Zerstörung des Hosnian Systems die Neue Republik zunächst in Schockstarre befand, bald würde sich überall im Universum der Widerstand regen. Erst recht, nachdem Luke wieder aufgetaucht war, nachdem er sich geopfert hatte und zum Märtyrer geworden war.
Luke behielt leider auch mit seinen anderen Worten recht. Kylo würde Rey niemals absichtlich verletzen. Er hatte nicht mal gewusst, dass sie auf dem Falken war, da er davon ausgegangen war, dass sie sich in Snokes Shuttle befand, dessen Signatur sie auf Crait nicht gefunden hatten. Kylo hatte in seiner Wut weder Rey noch seine Mutter durch die Macht wahrnehmen können. Mit seinem Zorn war sein Drangs verrraucht, alles zu zerstören, was ihn an seine Vergangenheit erinnerte.

Nicht mehr getrieben zu sein, war ein neues, unbekanntes Gefühl und Kylo Ren war dankbar dafür, so kurz es auch anhalten mochte. Er war zutiefst erschöpft, mental und körperlich. Er kannte die Macht der Gefühle und zu oft erlag er ihnen. Hilflosigkeit, Wut, Angst, Schmach und auch Schmerzen – er konnte sie für die Macht ausnutzen, aber er hatte immer damit ringen müssen, sie zu beherrschen. Zu oft verlor er den Kampf. Dennoch, diese rasende Wut, die in ihm aufbrauste, nachdem Rey von der Supremacy verschwunden war, ihn überrollte als er den Millenium Falken auf Crait sah und ihn völlig ausbrannte als Luke in all seiner verdammten Selbstherrlichkeit auf dem Schlachtfeld erschien, hatte er noch nie gefühlt. Auch damals nicht, als Luke ihn im Schlaf hatte niederstrecken wollen.

Kylo erinnerte sich noch gut an den Kampf, der damals zwischen ihm und seinen Kameraden auf der einen Seite und den Jedi-treuen Schülern auf der anderen Seite entbrannt war. Es war kein fairer Kampf gewesen, sondern eine Art Gemetzel. Er verlor alle Skrupel und ließ sein altes Ich hinter sich zurück. Es hatte ihn kein Erbarmen, kein Mitleid aufgehalten, und dadurch konnte er mehr Kraft aus der dunklen Seite der Macht ziehen als jemals zuvor. Es war wie Snoke es immer geweissagt hatte. Damals hatte der Zorn Kylo zum ersten Mal überrollt und jede rationale Entscheidung zunichte gemacht.

Auf Crait hatte sich dieses Gefühl noch potenziert. Alles in ihm drängte nach Vernichtung. Er wollte seine Verzweiflung und Enttäuschung auslöschen, und es schien, als könne er dies erreichen, indem er alles zerschmetterte, was diese Gefühle in ihm ausgelöst hatte.

Wäre Snoke noch am Leben, hätte sich Kylo in diesem Moment vor ihm rechtfertigen müssen. Natürlich hätte es keine Entschuldigung für Kylo gegeben, die gab es nie. Snoke hätte ihm seine Schwäche vorgehalten, ihn erniedrigt, ihn bestraft – körperlich und psychisch. Und Kylo hätte sich vor sich selbst geekelt und sich auf perverse Weise angespornt gefühlt, es besser zu machen. Er wollte seinem Meister genügen und in der Macht wachsen. Nur die Auslöschung seiner Sentimentalitäten würde ihn stark machen, hatte Snoke immer und immer wieder erklärt.

Wie man glücklich wird, das hatte Snoke ihm allerdings nicht zeigen können. Was Glück bedeuten konnte, hatte er als Kind gewusst und dann irgendwie vergessen. Erst die Verbindung zu Rey ließ in Kylo die Erinnerung erwachen, wie sich Glück anfühlte. Sich angenommen fühlen, ausbalanciert und eins mit der Macht. Eins zu sein mit Rey, war eine geradezu sinnliche Erfahrung, die alles übertraf, das er je gefühlt hatte. Sie ging einher mit der Sehnsucht geliebt zu werden, zu lieben. Snoke hatte diese Sehnsucht erkannt. Sie war immer da gewesen, aber sein Meister hatte sie zur Unkenntlichkeit verdreht bis nur noch der Wille da war, die eigene Macht zu erweitern.

Snoke war immer präsent gewesen. Bereits als kleiner Junge näherte er sich Kylo über die Macht und machte es sich in seiner Gedankenwelt bequem. Snoke verstand Kylo. Er zeigte ihm, wie er Kraft aus seinen negativen Gefühlen ziehen konnte. Leia und Luke hingegen warnten Kylo, er müsse sich der dunklen Seite entziehen, er dürfe sich nicht seinen Gefühlen hingeben. Sie verstanden ihn nicht, ignorierten seine Ängste und wollten, dass er sich unter Kontrolle hatte, sich beherrschte. Snoke tat das nicht. Erst die Ereignisse auf Starkiller Base öffneten Kylo die Augen. Kylo war zu Snokes Marionette geworden. Er bestärkte nicht nur Kylos negative Gefühle, sondern sorgte auch dafür, dass er sich erbärmlich und klein fühlte, schwach und unfähig. Wie eine Schlange hatte er Kylos Geist vergiftete bis seine ganze Persönlichkeit verdreht war.