Kapitel 1

Beobachten

Er beobachte wie die beiden eng miteinander tanzten. Sie gaben ein eindrucksvolles Paar ab, sie mit ihren langen, roten Locken und strahlenden, schelmischen Augen, er mit seinem wilden, schwarzen Haar und der Brille, der Art, wie seine Augen aufleuchteten, wenn er lächelte. Sie leuchteten besonders auf, wenn er sie anlächelte; für jemand anderen hatte er keinen Blick übrig.

Aber nicht sie war der Grund, warum er das Paar beobachtete. Seine Augen folgten dem schwarzen Haar auf der Tanzfläche, beobachteten seinen besten Freund, den Mann den er liebte. Den besten Freund, der nie wissen würde, wie er fühlte.

Heiraten sind so deprimierend, dachte er, sich nach mehr Champagner umsehend. Er wollte so betrunken wie nur irgend möglich werden um sich nicht vorzustellen, wie sich sein bester Freund von ihr abwandte, sich zu ihm drehte, seine Arme um seinen Hals schlang, seine Lippen immer näher kamen...

Remus tanzte vorbei. Er war so attraktiv und fröhlich wie immer. Remus wusste wie er fühlte, aber hatte versprochen nichts zu sagen. Remus war sehr mitfühlend gewesen, aber das änderte nichts. Mitgefühl umarmte dich nicht jede Nacht im Bett und würde nicht Seite an Seite mit dir durchs Leben gehen. Mitgefühl war kein Ersatz um deine unerwiderte Liebe zu deinem besten Freund endlich erwidert zu bekommen.

Er hatte ihn jahrelang beobachtet, unauffällig, hoffend, die forschenden Blicke würden nicht, im Gegenzug, erforscht werden. Er hatte ihn beim Quidditch zugesehen, wie er über den Platz jagte, seine Ausrede, dass alle Potter zusahen. Er hatte ihn ganz aus der Nähe unter dem Tarnumhang betrachtet, wenn sie nach der Bettruhe durch das Schloss schlichen und Strafarbeiten riskierten. Er erzitterte bei der Erinnerung an die Nähe.

Er blickte wieder zu den Potters. Es war seltsam von ihnen auf diese Weise zu denken. Die Potters. Und eines Tages würden sie Kinder haben und er würde Pate werden. Sie hatten es versprochen. Aber das war es nicht was er wirklich wollte, selbst wenn er so getan hatte als würde er sich dadurch geehrt fühlen. Pate bedeutete in Wirklichkeit - Zweitbester. Ein Trostpreis. Wusste er es?

Verliebe dich nie in deinen besten Freund.

Hermione kannte das Problem damit. Sie und Remus kamen wieder vorbei; ihr ausladendes weißes Kleid bauschte sich auf, als ihr Ehemann sie drehte, ihr Gesicht lachend bis sie den besten Freund sah, den sie einst liebte. Früher einmal hatte er sich eingeredet sie auch zu lieben und war sogar eifersüchtig auf Viktor Krum gewesen.

Als Hermione ihn sah verfinsterte sich ihr Gesicht und er fragte sich, ob er wirklich hätte kommen sollen; eine Braut sollte an ihrem Hochzeitstag schließlich nur glückliche Gedanken haben. Er hatte sie sehr unglücklich gemacht, auf die eine oder andere Weise, zu viele Jahre lang. War es sein Fehler, dass Viela Männer (selbst Männer die normalerweise eine Frau nicht zweimal ansahen) dazu verleiten konnten sich idiotisch zu benehmen? In Ordnung, er hatte sich auch nach Madam Rosmerta umgedreht, in den Drei Besen. Aber sie war praktisch eine Viela; schon allein ihre Anwesenheit in einem Raum schien darauf ausgerichtet zu sein, dass Teenager lüsterne Gedanken bekamen. Und war es sein Fehler, dass er nicht sofort an eine Nervensäge als idealen Partner zum Weihnachtsball dachte? Aber, aber, dachte er sofort. Das ist undankbar. Ja, Hermiones Nörgeln hatte ihm und Harry geholfen durch die Schule zu kommen. Nützlich, das.

Er beobachte weiter die Braut und den Bräutigam beim tanzen. Remus und Hermione. Es hatte lange genug gedauert, dass die beiden zusammen kamen. Sie schob die Schuld teilweise auf Ron, auf die Zeit die sie benötigt hatte, über ihn hinwegzukommen. Und es hatte auch nicht geholfen, dass Remus noch um Tonks trauerte. Aber nachdem sie sich einander fast zehn Jahre gekannt hatten, liefen beide Schiffe diese Nacht endlich in denselben Hafen ein.

Man sollte annehmen sie hätte bemerkt, so clever wie sie ist, dass unser ständiges Streiten kein Vorspiel war. Aber sie hatte es nicht. Manchmal war sie eben nicht sonderlich gut darin zu sehen, was direkt vor ihr war. Hauselfen waren einer ihrer berüchtigten blinden Flecken. Ron war der andere.

Emotionale Tragweite eines Teelöffels, wirklich. Wenn sie nur wüsste...

Und doch - er konnte es ihr nicht vorhalten. Damals war selbst er blind demgegenüber, was wirklich vor sich ging. Es war Luna, die ihn aufweckte. Nachdem er und Hermione ihren großen und endgültigen Streit im siebten Jahr gehabt hatten, hatte er gedacht, Ich muss mit jemanden zusammen sein, der Hermiones absoluter Gegenpol ist.

Niemand war weiter davon entfernt zu sein wie Hermione als Luna, hatte er überlegt. Und er war sich bewusst, dass sie einen Großteil ihres fünften, sechsten und siebten Jahres damit verbracht hatte, ihn zu beobachten. Jedes Mal wenn sie ihn sah, nannte sie ihn Ronald und neigte dazu 'Weasley ist unser König' zu singen. (Die gute Version des Textes.) Was er nicht bemerkt hatte war, dass zu beobachten und Liedchen zu singen nicht dasselbe waren, wie blinde Besessenheit. Für ihn war es einfach das zu verwechseln, da das Objekt seiner blinden Besessenheit ebenfalls das Objekt seiner ständigen Beobachtung war.

Harry.

Luna hatte es von Anfang an gewusst, als er sie sorglos bat, mit ihm auszugehen. (Als ob es völlig bedeutungslos wäre: 'Du gehst am Samstag nach Hogsmeade? Ich auch...') Aber, sanftmütig und ruhig wie sie war, akzeptierte sie seine Gleichgültigkeit. Als sie ihm zu ihrer ersten Verabredung verkündete, dass es sie nicht stören würde vorzugeben sie sei seine Freundin, damit niemand herausfand das er in Harry verliebt war, hatte er seinen Mund voller Butterbier gehabt - welches er prompt vollständig über sie verschüttete. Selbst das nahm sie ohne mit der Wimper zu zucken hin, sich in aller Ruhe putzend, während er dasaß und sie beobachtete, bis zum Innersten erschüttert, mit einem Gefühl, als wäre er es, der von Kopf bis Fuß durchnässt war mit einem eisigen Schwall nackter Wahrheit.