Cut

Kapitel 1: Unter erschwerten Bedingungen

„AAAAHHHHH...komm schon Kleiner, du musst den Mund richtig auf machen!", erklärte Dr. Gregory House und riss zur Veranschaulichung selbst den Mund weit auf. Mit seinem Lämpchen leuchtete House seinem 6-jährigen Patienten in den Mund und versuchte etwas zu erkennen. Doch der Junge war viel zu abgelenkt und starrte wie gebannt an House vorbei in Richtung Wand.

„Hallo Marvin, hier bin ich", sagte House, wobei er mit der Hand vor den Augen des Jungen herumwinkte um dessen Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

„Gavin!", korrigierte ihn die neben ihrem Sohn stehende Mutter mit vor der Brust verschränkten Armen.

„Auch gut, was soll's. Beides Hundenamen."

Die junge Frau sah ihn einen Moment lang verärgert an, House jedoch verzog keine Miene. Und so gab die Mutter ihren bohrenden Blick schnell wieder auf und tätschelte stattdessen die Schulter ihres Sohnes.

„CUT! Halt, so geht das nicht!"

House verzog verwundert das Gesicht, schaltete gelassen sein Lämpchen ab und drehte sich zur Wand um. Voll ausgerüstet standen dort vier Männer in dunkler Kleidung. Einer trug riesige Kopfhörer und schwenkte ein ebenso eindrucksvolles Mikrofon über ihnen, während ein anderer eine Kamera auf der rechten Schulter balancierte. Den Mann mit der Boston Red Sox Baseballmütze, welcher ganz am Rand stand und wild mit den Händen in der Gegend rumfuchtelte wann immer House den Mund auf machte, fand er jetzt schon unsympathisch und das obwohl er ihn erst heute kennen gelernt hatte. Nagut, eigentlich fand House so ziemlich jeden unsympathisch, aber dieser Kerl war wirklich, wirklich nervig. Und wozu der vierte Typ gut war, das hatte House bis jetzt noch nicht rausgefunden. In dem kleinen Untersuchungszimmer hier wirkten sie aber alle völlig fehl am Platz.

„Nochmal von vorne, ja? Das geht so einfach nicht, Dr. House", erklärte der mit der Baseballmütze. „Wie wär's wenn sie etwas freundlicher vorgehen. Versprechen sie Marvin einen Lutscher oder sowas."

„Gavin!", entgegnete House die Reaktion der Mutter nachahmend, welche zwar reichlich verwirrt die Szene beobachtete, aber nichts dazu sagte.

„Auja, einen Lutscher", fiel Gavin nun euphorisch ein, sein Gesichtsausdruck erhellte sich und gleich darauf öffnete er bereitwillig den Mund. House grinste gekünstelt und schaltete das Lämpchen wieder ein.

„Warum lassen sie mich nicht einfach meine Arbeit tun und gehen woanders ihre...was auch immer das sein soll, machen?!"

Der Tonfall ließ unzweifelhaft erkennen, was House von den Männern hielt. Genauso gut hätte er ihnen sagen können, dass sie sich verziehen sollten.

„Hey, wir tun hier auch bloß unsere Arbeit", konterte der Mann, während der Diagnostiker erneut den Rachen des Patienten begutachtete. Diesmal mit Erfolg.

Das Kamerateam begann indes wieder zu drehen und einige Minuten und zwei weitere Untersuchungen später, gab Dr. House schließlich seine Diagnose bekannt: „Tja, also der Junge hat eine Grippe. Ich werd ihnen etwas aufschreiben und dann sollte es in ein paar Tagen wieder gut sein."

„CUT, CUT! Das ist alles?", mischte sich Mr. Red Sox ein und trat zu House herüber.

Dieser legte den Kopf schräg und rümpfte dazu die Nase.

„Ich fürchte schon. Tut mir leid, dass es nichts schlimmeres ist und der gute Marvin hier in kürze den Löffel abgeben muss. Das wäre in der Tat interessanter. Und bestimmt auch spannender für seine Mom hier."

House warf einen seitlichen Blick auf die junge Mutter, die sich nun entnervt ihren Sohn schnappte und ihn von dem Untersuchungstisch hob.

„Herrgott, muss denn das sein? Sind wir jetzt fertig mit dieser Show hier?"

House reichte den fragenden Blick direkt weiter an Red Sox, der offenbar der Regisseur war.

„Sind wir?"

Der Regisseur nickte halbherzig: „Okay, für's Erste dürfte das reichen. Vielleicht wird ja der nächste Patient besser."

Zuerst wollte House etwas entgegnen, doch dann hielt er sich zurück und füllte wortlos ein Rezept aus. Dieses drückte er der Mutter in die Hand und sah ihr dann nach, wie sie mit ihrem Jungen den Raum verließ. Sobald sie draußen waren, erhob House sich und wandte sich, auf seinen Stock gestützt, an den Regisseur: "Also schön, sie hatten ihren Spaß, nun gehen sie endlich jemand anderen nerven."

Red Sox hielt House's Blick stand und schüttelte bestimmt den Kopf.

„Ich habe offiziell die Erlaubnis hier zu drehen. Dr. äh...Cuddy hat eingewilligt und unterschrieben. Also rufen sie einfach ihren nächsten Patienten auf und tun sie so, als wären wir gar nicht hier."

House holte tief Luft, nickte verständnissvoll und verschwand dann vorerst durch die Tür.