A/N: Hallo, Ich dachte mir Die Nacht der Wölfin verdient mal wieder eine neue fanfic
Disclaimer: Alles was ihr aus dem Buch erkennt, gehört nicht mir, sondern Kelley Armstrong
Warnung: Diese Fanfiction ignoriert die Handlung aus Die Rückkehr der Wölfin, ich habe nur Entwicklungen der Charaktere, allgemeine Informationen und vielleicht einige Gespräche, die im 2. Buch stattgefunden haben miteinbezogen, aber ich wollte nichts mit Hexen, Vampiren, Dämonen und ähnlich langweiligen Kreaturen zutun haben, sondern habe mich auf unsere allseits geliebten Werwölfe beschränkt…
Surprised
„Und pass auf, dass dir das morgen nicht noch mal passiert! Ein Fehler und du fliegst!" Die Tür schlug hinter mir ins Schloss und schnitt die unangenehme Stimme ab. Den Geruch nach altem Frittenfett und billigem Kaffee leider nicht. Er hing hartnäckig in meinen Haaren und Kleidern. Ich sehnte mich nach einem heißen Bad, aber das war ein unerfüllbarer Wunschtraum. „Scheißkerl", sagte ich laut und legte eine kalte Handfläche an meine brennende Wange. Ich würde nicht weinen, nicht wegen diesem Scheißkerl Jones und seinen schmierigen Kunden. Er wusste genau wie sehr ich dieses Geld brauchte. Meine Schuhe drückten, aber Jones bestand darauf, dass wir auf der Arbeit immer hochhackige Schuhe trugen. Und leider waren die Straßen hier so voller Scherben, dass ich mich nicht traute meine Füße aus ihrem Gefängnis zu befreien, selbst wenn sie mir in dem Schneematsch nicht erfroren wären, der in grauen Haufen auf den Bürgersteigen lag. Die zwei Meilen zu meiner Wohnung würde ich noch so schaffen müssen. Ich schnaubte. Wohnung war ein viel zu hochtrabender Begriff für das Drecksloch, für das ich viel zu viel Miete bezahlte, aber Travers war genauso ein Scheißkerl wie Jones. Vielleicht war es mein Schicksal immer an solche Typen zu geraten. Ich unterdrückte ein Schluchzen. Mein Leben musste doch noch mehr bereithalten, als mich jeden verdammten Tag ins Jones zu schleppen, mich angrapschen zu lassen und dann wieder zurückzukehren in mein leeres Zimmer, wo mich nichts erwartete, nicht mal eine Katze. Meine Wange brannte fürchterlich. Er hatte mich geohrfeigt, Scheißkerl, der er war! Nur weil ich diesem aufgeblasenen Anzugträger seinen entkoffeinierten Kaffee mit Magermilch auf die Krawatte gekippt hatte. Aber erst nachdem er mir schamlos in den Ausschnitt gegriffen hatte. Verdammte tiefe Ausschnitte, ich hatte jedes Mal Angst wenn ich mich vorbeugte, dass mir mein Busen rausfiel. Wenn es nach mir ginge, würde ich eine Nonnenkutte bei der Arbeit tragen, nicht diese lächerlich durchsichtige Bluse und den Mini-Minirock. Aber ich hatte ja nichts zu sagen. Im Jones' machte Jones die Regeln und wir hatten nur schön auszusehen und die Anzüglichkeiten der Kunden zu ertragen. Obwohl ich den Verdacht hegte Jones ließ uns auch zu seinem eigenen Vergnügen so rumlaufen.
Ich schauderte und zog meine viel zu dünne Jeansjacke fester um mich während ich in eine Gasse einbog, in der es immer düster war auch wenn beide Straßenlaternen funktionierten, was sie nicht taten. Aber der Stadtrat von Bear Valley kümmerte sich nur um die schmucken neuen Wohngebiete und Feriensiedlungen und ließ die Hintergassen, in die sich kein Tourist jemals verirren würde, verwahrlosen. Diese Gasse diente für die angrenzenden Wohnblocks als Mülldeponie. Viele Säcke waren aufgeplatzt und verstreuten ihren stinkigen Inhalt über den nassen Asphalt. Vorsichtig bahnte ich mir meinen Weg, den Blick auf die Straße vor mir gerichtet, sodass mir die drei Augenpaare entgingen, die mich aus der Dunkelheit beobachteten.
Das Licht war hier so schlecht, dass ich trotz aller Vorsicht über eine verborgene Ecke stolperte, mit dem Absatz hängen blieb und fast der Länge nach in den Dreck geklatscht wäre. Ich fing mich gerade noch, aber meine Handtasche, ein billiges Lederimitat flog mir aus der Hand und landete zwischen zwei Müllbergen. Trüb starrte ich ihr hinterher. Musste denn immer ALLES schief gehen? Hätte ich nicht wenigstens heute unbeschadet nach Hause kommen können? Ich legte meine Stirn in die Hand und gab den Kampf auf. Die Tränen flossen ungehindert über meine Wangen und hinterließen schwarze Spuren. Wütend warf ich den Kopf in den Nacken und schrie: „Du hasst mich! Warum hasst du mich so?" Die letzen Worte gingen in einem Schluchzen unter, aber ER antwortete so oder so nicht, also stakste ich immer noch weinend zu meiner Tasche, ging in die Hocke und tastete blind
nach meinen Sachen. Als ich mir die Handfläche an einer zerbrochenen Flasche schnitt, hatte ich nicht mal mehr die Kraft zu fluchen und wischte das Blut einfach an dem schrecklichen Polyvenyl meines Rocks ab. Als ich wenigstens mein Portemonnaie gefunden hatte, machte ich Anstalten aufzustehen und schaute auf. Und erstarrte. Erstarrte, wie schon unzählige vor mir im Angesicht des Jägers. Direkt vor mir zwischen den beiden Müllbergen stand ein Hund. Der größte Hund, den ich je gesehen hatte. Im Stehen ginge er mir bestimmt bis zur Hüfte und ich bin nicht gerade klein. Er musste mindestens hundertachtzig Pfund wiegen und ich würde mein mageres Gehalt wetten, dass jedes einzelne aus purer Muskelmasse bestand. Sein Fell war dunkel, nicht ganz schwarz, aber auch noch nicht braun und seine rätselhaften Augen bohrten sich in meine. Irgendwo in den Tiefen meines Gehirns erinnerte ich mich an die Schlagzeilen von vor zwei Jahren „Wilde Hunde in der Stadt". Als damals die angefressene Leiche eines jungen Mädchens im Wald gefunden wurde, hatte ich noch nicht hier gewohnt, aber wenn es gerade wenig Tratsch gab, wärmten die Einwohner von Bear Valley dieses Thema gerne wieder auf. Seit fast zwei Jahren hatte es keine weiteren Angriffe gegeben und doch stand hier vor mir ein Hund, der mein Rückgrat mühelos entzwei brechen konnte. Ich wusste eigentlich müsste ich ein schreiendes Wrack sein, aber ich war so erschöpft und ausgelaugt, dass es mir eigentlich egal war, wenn mein Leben hier zwischen den Kiefern dieses seltsamen Hundes endete. Müde hob ich meine Hand und sagte gleichgültig:"Los beiß schon zu, dann hab ichs endlich hinter mir". Bildete ich mir das nur ein, oder blitzte in seinem Blick Verständnis auf, gefolgt von Mitleid? Er brach den Blickkontakt zuerst ab und leckte einmal kurz über meine Handfläche. Ich spürte den Anflug eines Lächelns auf meinem Gesicht. Er würde mir nicht die Kehle herausreißen. Ich konnte nicht widerstehen, vorsichtig näherte ich meine Hand weiter und berührte sein Gesicht. Er kniff kurz die Augen zu und starrte mich dann wieder beschwörend an. Sein Maul öffnet sich leicht und offenbarte zwei Reihen scharfer, weißer Dolche. Der gefährliche Eindruck würde jedoch durch seine Zunge gestört, die zur Seite hinaushing. Es sah aus als grinse er. Vorsichtig kraulte ich ihn und fuhr mit den Fingern durch seinen dichten Pelz. Ein schmerzhaftes Brennen erinnerte mich an den Schnitt in meiner Handfläche. Bevor ich jedoch irgendetwas tun konnte, erscholl hinter mir ein bedrohliches Knurren. Immer noch in der Hocke drehte ich mich langsam um und erstarrte zum zweiten Mal. In der Gasse standen zwei weitere Riesenhunde. Der dichte Pelz des größeren fing einen verirrten Lichtstrahl auf und blitzte golden. Er war es, der knurrte. Er hatte die Lefzen hochgezogen und zeigte sein gefährliches Gebiss. Wenn ich mich nicht täuschte, war dieser hier sogar noch ein bisschen größer als der Schwarze. Seine verblüffenden blauen Augen musterten mich feindselig und richteten sich dann in das Dunkel hinter mir. Neben ihm stand ein kleineres, zierlicheres Exemplar derselben Rasse. Ich war mir ziemlich sicher, dass es eine Sie war. Ihr Pelz war sogar in dieser lichtlosen Gasse sehr hell. Sie starrte mich aufmerksam an. Ihr Schwanz zuckte nervös. Ihre Blicke ließen mich frösteln, sie wirkten zu intelligent, zu, ja, einfühlsam für Tiere. Plötzlich, wie auf ein geheimes Zeichen, drehten die beiden sich um und verschwanden die Gasse hinunter. Auch der Dunkle drängte sich an mir vorbei und folgte ihnen schnell. Verwirrt von ihrem plötzlichen Abgang starrte ich ihnen hinterher, als viel zu spät der Adrenalinschock einsetzte. Mein Puls raste und mein Atem entwich mit einem leisen Keuchen. Trotz allem war ich froh diese Begegnung überlebt zu haben. Ich klaubte meine Tasche aus dem Unrat und stand vorsichtig auf. Einen Moment stand ich schwankend da, als das Blut in meine Füße rauschte. Aber der Schwindel ließ nicht nach, stolpernd trat ich zu einer Hauswand und stützte mich ab. Ein ärgerliches Brennen zuckte durch meine Hand und jagte den Arm hinauf. Soweit ich es im Dunkeln erkennen konnte war der kleine Schnitt feuerrot. Verdammt. Vielleicht hatte der Hund Tollwut? Ich musste nach Hause und das desinfizieren. Ich kam nur drei wacklige Schritte weit bis helle Pünktchen vor meinen Augen blitzten und ich wieder das Gleichgewicht verlor. Ohne etwas dagegen tun zu können, sackte ich mitten auf der Straße zusammen. Mit dem letzten Rest meines schwindenden Augenlichts, erkannte ich am Ende der Gasse verschwommen einen vierbeinigen, dunklen Umriss, der schnell um die Ecke verschwand.
Ich würde sterben, das wusste ich, als ich langsam mein Bewusstsein verlor. Sterben, ohne eines meiner idealistischen Ziele verwirklicht zu haben. Es gab auch nicht die geringste Chance, dass um halb zwölf Uhr nachts irgendjemand durch dieses dreckige Gässchen kam und die junge, bewusstlose Frau rettete, die hier langsam erfror. Meine Wut fachte meine Lebensgeister wieder ein bisschen an.
Warum hasst du mich so, Gott? Warum gewährst du mir nicht einmal die Chance auf ein anderes, besseres Leben? Meine Füße und Finger wurden taub im kalten Januarwind, nur meine verwundete Handfläche pochte und brannte wütend. Ich will nicht sterben. Ich will leben, leben, LEBEN! Selbst mein Leben erschien mir nicht mehr elend genug, um es hier schon enden zu lassen. Es gab so viele Dinge, die ich gerne erlebt hätte. Dinge, die ich sagen wollte. Ich sterbe! Noch einmal riss mich meine Angst aus der Lethargie, die mich zu übermannen drohte. In diesem Moment hörte ich Schritte und Stimmen. Hier bin ich! wollte ich schreien, doch ich konnte mich nicht mehr rühren.
„Nick, du kannst nicht einfach--", rief eine ärgerliche, weibliche Stimme. „Ich muss!", diese Stimme war sehr männlich und viel näher als die andere. „Sie ist nochmal hingefallen, ich will ja nur sicher gehen!" Eine leere Dose wurde aus dem Weg getreten und kullerte davon. Ich versuchte mit aller Macht wenigstens diesen letzten Sinn, der mir geblieben war zu behalten und trieb gerade noch so an der Oberfläche. Als ich mich sehr anstrengte, hörte ich ein scharfes Einatmen und dann schnelle Schritte. In meine Richtung. Hände, die mich berühren, auf den Rücken drehen. Mein Kopf rollt unkontrolliert hin und her. Mehr Schritte. „Scheiße! Clay sieh dir das an!" Meine Hand brennt wie Feuer, als er sie anhebt. Mehrstimmiges Fluchen. „Wir müssen sie zu Jer bringen. Schnell! Ihr bleibt hier, ich hole den Wagen", die dritte Stimme entfernt sich schnell, doch durch das Rauschen in meinen Ohren kann ich das so schwer abschätzen.
Gerettet... Das war mein letzter Gedanke, bevor ich endgültig in die schwarzen Arme der Bewusstlosigkeit davon glitt, Kälte und Schmerz und Elend zurückließ und meine Rettung in die Hände der Fremden legte.
