Vorwort: Erstmal hi und tut mir echt alles wahnsinnig leid! Ehrlich! Wollte ich nicht!

Kathi oder Luzi oder wie auch immer du dich nennst: Erstmal: ich liebe dich, auch wenn du mir solche Reviews sendest grummel, aber ich habe ja genug rumgemault. Und außerdem weißt du ja, wie das neue erste Kapitel ist, höhö und ich warte sehnsüchtig auf deinen Kommentar, den du mir nicht senden wirst.

Chibiangel16: Tut mir echt leid, dass du so lange warten musstest, aber ich hoffe sehr, dass dir die andere Fassung besser gefallen wird, ich finde sie auf jeden Fall besser. Leider habe ich eben grade meine Geschichte gelöscht auf ff.net und ich finde mein erhaltenen Reviews nicht mehr, das Englisch hier ist ja auch zum Ulfen (ich verstehe kein Wort), ich kann mich nur noch daran erinnern, dass du im letzten Review gefragt hast, ob sich die Musketiere jemals von Mylady befreien werden diabolischlach das werden wir ja sehen.

geheimen Leser: keine Ahnung, ob es euch gibt, aber ihr könnt mir trotzdem sagen, dass ihr das hier mal gelesen habt, am besten sagt ihr mir noch, wie ihr es fandet! Dann seid ihr die allerbesten für mich, ich werde euch nie vergessen!

Sagt mir, wie ihr es fandet! BITTE!!!!

Okay, zur Geschichte:

Es ist im Prinzip das Gleiche wie vordem, ist nur ein bisschen anders aufgebaut und ich finde, dass Mordaunt anders rüberkommt, ich liebe ihn ja so unsterblich und ich finde diese Version halt besser als die erste, weil sie leichter zu schreiben ist. Bisher. Ich weiß auch nicht, ob es klug ist, jetzt ein oder zwei fertige Kapitel zu veröffentlichen, weil es sein kann, dass ich sofort ne Blockade habe und dann muss ich wieder alles löschen. Oder an meiner Lieblingsgeschichte wird weitergeschrieben stebuflehendeblickezuschmeiß Aber sie weiß es eh nicht, weil sie das hier bestimmt nicht liest, ich mag sie trotzdem!

Okay, das war es erstmal!

PS: Kann mir jemand sagen, wie das mit der Kursivschrift und so funktioniert?

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Der Erbe der Mylady

1. Kapitel

Ein Reiter näherte sich im langsamen Tempo einem Gut unweit von London. Er schien erschöpft und verschwitzt und sein Pferd, ein gewöhnliches, braunes Tier, ließ auch den Kopf hängen. Das Gut war ein großes Haus mit einer breiten Vortreppe, die Fassade war schlicht gehalten. Einige Schuppen und ein Stall vervollständigten den Hof. Es gab einige Bäume, die bereits erste, grüne Blattspitzen zeigten, der Boden bestand aus Schlamm, als habe es die letzten Tage nur geregnet. Als der junge Reiter auf den kleinen Vorplatz des Gutes ritt, lief sofort ein Lakai in einer einfachen Uniform zu ihm, um ihm das Pferd abzunehmen. Er behandelte den Reiter äußerst respektvoll und aufmerksam. Der junge Mann indes beachtete ihn nicht weiter, sondern marschierte ohne sich noch umzusehen, auf die Haustür zu, die sich sofort öffnete. Ein weiterer Bedienter nahm ihm Mantel und Handschuhe ab.

„Ist der General hier?", fragte der Angekommene mit einer seltsam harschen und heiseren Stimme, die vielleicht durch die Erschöpfung so klang.

„Er ist oben in seinem Arbeitszimmer, Herr. Er hat bereits nach Euch gefragt und Ihr sollt sofort zu ihm kommen, wenn Ihr da seid." Der junge Mann nickte und war bereits auf dem Weg zu einer großen, in Marmor gehaltenen Treppe, als er einen Ruf vernahm.

„John!" Ein Mädchen von vielleicht zwanzig Jahren in einem schlichten, hellen Kleid lief auf ihn zu und umarmte ihn heftig. Der junge Mann verzog den Mund zu einem Lächeln und küsste das Mädchen auf die Stirn.

„Hast du mich so vermisst? Ich war doch nicht lange fort."

„Ach, es war so langweilig. Cromwell hat den ganzen Tag gearbeitet und ich hatte wenig zu tun. Wie war es in Paris?"

„Erfolgreich. Ich muss los, der General wartet auf mich."

„Ja, er ist schon seit einiger Zeit so ungeduldig, dass du endlich kommst, dabei bist du heute doch einen Tag eher gekommen als verlangt war. Ich glaube, er will etwas von Wichtigkeit mit dir besprechen." John sah etwas erstaunt aus.

„Nun gut, dann werde ich gleich zu ihm gehen. Wir sehen uns vielleicht beim Essen."

„Wenn es nur nicht zu lange dauert beim General." Die beiden verabschiedeten sich und John lief die Treppe hinauf. In den oberen Etagen spürte man, dass hier eine verschwenderische Hand für unnötigen Putz gesorgt hatte, der auf den Besucher eher beklemmend als luxuriös wirkte.

Vor einer Tür hielt der junge Mann inne und straffte sich etwas. Er fuhr sich mit der Rechten kurz über die zersausten, schwarzen Haare und öffnete dann die Tür. Er trat in ein leeres Vorzimmer. Die Wände waren verdeckt durch hohe, in Gold gefasste Regale, deren gläsernen Türen einen Blick auf hunderte von Büchern erlaubten. Teile der Wand waren verdeckt durch dunkle Vorhänge, durch die das Zimmer sehr düster wirkte.

Eine Tür direkt gegenüber der anderen öffnete sich lautlos und ein Diener in der gleichen Uniform wie der des Stallknechtes trat heraus.

„Sir, Ihr möchtet sofort hereinkommen", teilte er John mit einem näselnden Tonfall mit. Dieser trat in das Arbietszimmers des Generals.

Es war weniger üppig eingerichtet als die übrigen Räume des Hauses. Ein mächtiger Schreibtisch, der sehr unaufgeräumt schien, einige Schränke, in denen nötiger Papierkram aufbewahrt wurde, sowie einige Sessel und Stühle, bildeten die Einrichtung des Zimmers. Kein Schmuck zierte die Wände, die in einem satten Rot gehalten waren.

Am Schreibtisch saß ein Mann im mittleren Alter. Sein Haar war bereits grau und er war etwas beleibt, doch zeugten seine hohe Stirn und sein durchdringender Blick von einem wachen Verstand. Unwillkürlich nahm der junge Mann etwas mehr Haltung an, als er vor General Cromwell stand. Dieser erhob sich und streckte ihm mit einem Lächeln die Hand hin, die der junge Mann ergriff, um sie an die Lippen zu führen. Peinlich berührt entzog sie ihm aber der General.

„Bitte, nehmt doch Platz"; sprach der General dann in die nachfolgende Stille hinein. Der junge Mann setzte sich gehorsam in einen Sessel und sah aufmerksam Cromwell an. Dieser setzte sich auch.

„Nun, mein lieber Mordaunt, hattet Ihr Erfolg in Paris?"

„Ja."

Der junge Mann schwieg und erst als der General ihn anblickte, schien ihm klarzuwerden, dass das nicht die ganze Antwort gewesen war.

„Es ist alles in Ordnung, in Paris, Sir. Die Menschen sind unglücklich, wegen der zu hohen Steuern und der Kardinal fürchtet sich vor Attentaten. Paris ist zu diesem Zeitpunkt ein Hexenkessel, der jeden Moment überkochen kann und die gesamte Wut richtet sich auf Seine Eminenz. Dieser wagt sich nicht mehr aus den Gemächern der Königin hervor, bei der er sich in Sicherheit glaubt. Es sind also die besten Bedingungem die Ihr finden konntet, Sir."

„Ihr meint also, Seine Eminenz wird auf mein Angebot eingehen?"

„Davon bin ich überzeugt, Sir."

„Habt Ihr mit seiner Eminenz gesprochen?"

„Nein, Sir, ich hielt es für unnötig."

„Das ist gut." Dem aufmerksamen Blick des jungen Mannes entging nicht, dass der Genral abwesend zu sein schien. Zwar hatte er die Fragen gestellt und wohl auch die Antwort vernommen, doch schien es, als wäre ihm anderes in diesem Moment wichtiger.

„Ihr werdet wohl noch einmal nach Paris reisen müssen", murmelte der General. Sein Untergebener richtete sich auf.

„Ja, es wird wohl Not tun. Vielleicht könnt Ihr Anne mitnehmen, ich denke, sie kann Euch dort helfen." Mordaunt sah nicht sehr angenehm überrascht aus.

„Ein Mädchen? Bitte verzeiht mir, Herr, aber ich denke, ich kann sie nicht wirklich gebrauchen. Was sollte sie auch dort?"

Er bekam nicht sofort eine Antwort, Cromwell holte aus einem Fach an seinem Schreibtisch eine Mappe hervor und klappte sie auf. Dann sah er eine Weile die Papiere an und schien zu lesen.

John schien es, als hätte der General ihn vergessen, was ihn wunderte, erinnerte er sich doch noch gut an Annes Worte, dass der General ihn dringend zu sprechen gewünscht hatte.

„Soll ich gehen?", kam es etwas ungeduldig und etwas respektlos. Erst jetzt sah sein Herr auf.

„Nein nein, bleibt, ich habe etwas mit Euch zu besprechen." Mordaunt lehnte sich geduldig zurück und wartete.

General Cromwell erhob sich schließlich und trat ans Fenster. Er schob die hellen Vorhänge etwas zur Seite und beobachtete das Treiben der Mägde und Stallknechte auf dem Hof.

„Ihr wisst, ich habe in Eurem Namen weiterhin Nachforschungen anstellen lassen. Nachforschungen nach Eurer Mutter."

„Ja."

„Nun, ich denke, wir sind einen Schritt weitergekommen. Ich habe jemanden gefunden, der über ihren Tod Bescheid weiß. Es ist ein Franzose, der seit einiger Zeit, besser gesagt seit etwa fünf Jahren, in England lebt. Ein mir befreundeter Pastor ist auf ihn aufmerksam geworden, weil der Mann völlig zurückgezogen lebte und sich nur noch Gott gewidmet hat, als hätte er etwas auf dem Gewissen. Schließlich aber hat dieser Franzose dem Pastor erzähl, was ihn so bedrückt hat. Das Schreiben sandte er mir dann." Der General trat wieder an seinen Schreibtisch und nahm die Mappe, in der er vorhin geblättert hatte. Er hielt sie dem jungen Mann hin.

„Ich denke, Ihr werdet allein sein wollen, wenn Ihr das hier lest."

„Wisst Ihr, was sie enthält? Habt Ihr es gelesen?"

„Ja, das musste ich. Wir sehen uns beim Essen." Mordaunt erhob sich steif und verneigte sich kurz. Dann verließ er mit raschem Schritt, die Mappe immer noch in der Hand, das Zimmer.

Draußen auf dem Korrdior hielt er kurz inne und blickte unschlüssig auf die Mappe. Er öffnete sie und sah sich die Papiere kurz an, klappte sie aber wieder entschlossen zu und ging in ein Zimmer, einige Türen weiter. Mit der linken Hand holte er einen Schlüssel aus einer Tasche am Wams und öffnete die Tür. Er trat in sein Zimmer. Es war nicht sehr groß, hatte ein breites Fenster, das einen Ausblick auf einen Baum direkt vor dem Fenster verschaffte und enthielt ein Bett, einen Schrank, eine Kommode sowie einen Tisch nebst Stuhl. Der junge Mann schien wenig Wert Luxus zu legen.

Hinter sich schloss er die Tür wieder und setzte sich auf sein Bett. Dann fing er an zu lesen.

Die junge Frau, Anne, die Mordaunt vorhin begrüßt hatte, saß, kurz nachdem Mordaunt das Zimmer des Generals verlassen hatte, in dem selben Sessel, in dem auch der junge Mann vorher gesessen hatte. Sie plauderte mit dem General, den die Ablenkung und Unterbrechung nicht zu stören schien.

„Ihr werdet mit nach Frankreich gehen, wenn Mordaunt in den nächsten Tagen wieder abfährt"; teilte Cromwell ihr mit. Sie schien erstaunt.

„Was soll ich denn dort? Ich werde ihm nichts nützen können, da Ihr mir nichts über seinen Auftrag erzählt habt. Außerdem kann ich kein Französisch und möchte hier nicht weg."

„Der Auftrag ist nicht das Wichtigste. Es geht um seine Mutter-" Anne verdrehte die Augen, „er wird auch sehr bald den Wunsch verspüren, schleunigst nach Frankreich zu reisen."

„Gab es wieder eine Entdeckung, die beweist, dass seine Mutetr noch lebt, oder was?", fragte sie in leicht spöttischem Tonfall. Der General sah sie streng an.

„Ich weiß, dass Ihr ihn in dieser Beziehung nicht völlig verstehen könnt, aber sie ist und bleibt nun mal seine Mutter und es ist natürlich, dass er sich bemüht, ihren Tod aufzuklären."

„Ihr habt natürlich Recht, aber nicht mit dieser Verbissenheit, die er seit etwa sechszehn Jahren an den Tag legt, wo die Dame ihn doch nie besucht hat und ihm nicht einmal ein anständiges Erbe hinterlassen hat."

„Sie hat ihm sehr wohl ein anständiges Erbe zurückgelassen, es wurde ihm nur von einem Onkel genommen und John-Francis kämpft um sein Erbe sowie vielleicht um seine Ehre."

„John-Francis redet sich ein, dass seine Mutter ein Engel gewesen ist, aber wenn sie umgebracht wurde, dann muss es auch Gründe dafür geben."

„Es war ein Verbrechen und wenn er sich rächen will, so stehe ich ihm nicht im Wege."

„Natürlich unterstützt Ihr ihn und ich tue es auch, aber woher wollt Ihr wissen, dass es wirklich ein Verbrechen war?"

„Es war ein Verbrechen, ich habe es schwarz auf weiß. Glaubt Ihr mir nun?" Anne sah nicht überzeugt aus und nur widerwillig nickte sie, als der General sie streng musterte.

„Gut. Die Spur der Männer, die sie umgebracht haben, führt nach Frankreich. Deswegen möchte ich, dass Ihr John-Francis begleitet. Ich möchte nicht, dass er sein Ziel verliert und sich selbst vergisst, wenn er dort mehr in Erfahrung bringen kann. Er kann nicht völlig für seine Rache leben und ich möchte, dass Ihr ihn vor Unbesonnenheiten bewahrt. Mich halten hier wichtige Geschäfte und Ihr seid noch die einzige, auf die er hört. Hütet Euch, Euren Einfluss über ihn zu verlieren, er ist nun mal unberechenbar und ich möchte nicht, dass er zu Schaden kommt. Das versteht Ihr doch." Anne nickte ernst.

„Und nun lasst uns zum Essen gehen, es ist ein Uhr. John-Francis ist sicherlich noch nicht fertig, wir warten nicht auf ihn. Kommt." Der General erhob sich und verließ mit ihr das Zimmer.

John-Francis oder Mordaunt, wie er sich zur Zeit nannte, kam nicht zum Essen. Er las in seinem Zmmer die Bekenntnisse eines Mannes durch, der für den Tod seiner Mutter verantwortlich war und noch während er las, fasste er einen Entschluss, von dem er gewillt war, nicht abzulassen. Dieser Mann, dessen Bekenntnis er las, war schuldig, war verantworlich dafür, dass er mit fünf Jahren ausgesetzt worden war und er wollte Rache.

Nachdem er gelesen hatte, sprang er auf und lief eine Weile ruhelos im Zimmer umher.

Schließlich hörte er draußen auf dem Korridor Schritte, er erkannte, dass es die Schritte des Genrals waren. Hastig öffnete der junge Mann die Tür und trat hinaus.

„Sir", sagte er halblaut und schloss zum General auf, der in sein Arbeitszimmer trat. „Ich habe etwas mit Euch zu besprechen, was keinen Aufschub duldet."

Cromwell nickte und hieß ihn mit einer Handbewegung, sich zu setzen. Mordaunt wartete ungeduldig, dass der General ihm das Zeichen zum Sprechen gab.

„Sir, Ihr habt die Papiere gelesen und Ihr wisst, was sie enthalten. Ich bin aber sicher, dass dieser Franzose, dieser ehemalige Henker, noch mehr weiß, als in der Schrift angegeben. Würdet Ihr mir erlauben, ihn zu besuchen? Ich möchte mit ihm sprechen." Der General nickte und legte die Fingerspitzen aneinander.

„Wenn Ihr glaubt, dass es Euch etwas nützt, wenn Ihr ihn besucht, dann habe ich nichts dagegen. Das Dorf, in dem er wohnt, ist auch nicht weit von hier, Ihr könntet, wenn Ihr heute losreitet, morgen wieder zurücksein.

Aber Ihr wisst, dass noch einige Aufträge auf Euch warten. Bitte vergesst das nicht." Diese letzten beiden Sätze sprach der General mit eigenartiger, schwerer Betonung, die Mordaunt aber in diesem Augenblick entging.

„Dann darf ich heute schon reiten?", fragte er stattdessen freudig erregt und sprang auf.

„Wenn es unbedingt notwendig für Euch ist. Aber vergesst nicht, etwas zu essen mitzunehmen, Ihr habt kein Mittag gehabt. Auf Wiedersehen."

„Wie kann ich Euch nur danken, Ihr seid zu gütig." Der junge Mann schien schon wieder Anstalten machen zu wollen, des Generals Hand zu ergreifen, um sie zu küssen, ließ es aber im letzten Moment bleiben. Dann verließ er rasch das Zimmer.

Er wies die Diener an, ein frisches Pferd für ihn bereit zu stellen und herrschte eine Magd an, gefälligst Essen für ihn einzupacken. Ängstlich gehorchte sie.

Anne lief auf den Hof, als Mordaunt sich auf das Pferd schwingen wollte.

„Wo willst du denn schon wieder hin? fragte sie vorwurfsvoll und hielt ihn fest.

„Ich bin morgen wieder hier, mach dir keine Sorgen." Er reichte ihr kurz die Hand und ritt dann davon.

Am späten Abend desselben Tages kam Mordaunt in dem Dorf an. Der Pfarrer, zu dem er sich hatte durchfragen müssen, sagte ihm, nachdem Mordaunt erklärt hatte, er käme von Cromwell, wo der Franzose wohnte. Er dachte sich nichts Böses dabei, fand es nur eigenartig, dass der junge Mann so spät in der Nacht noch durchaus zu dem Mann wollte.

Freundlich bedankte sich Mordant bei dem Pfarrer und begab sich zu dem ehemaligen Henker. Dieser wohnte in einem kleinen Haus, fast völlig verborgen hinter Büschen und niedrigen Bäumen. Der junge Mann band sein Pferd an einen Baum und klopfte an die Tür. Diese wurde sofort geöffnet und er sah vor sich einen etwa sechzigjährigen Mann mit weißem Haar und grauen Bart. Misstrauisch blickte der Mann auf Mordaunt.

„Kann ich Euch helfen, Sir?"

„Verzeiht, ich bin auf der Durchreise und habe keine Unterkunft gefunden, in dem Gasthof im Dorf war kein einziges Bett mehr frei. Eben dachte ich mir, ich müsste unter freiem Himmel schlafen, als ich Euer Haus gesehen habe. Ich wollte Euch fragen, ob Ihr mir für diese Nacht Unterkunft gewähren könntet."

„Nun, wenn es nur für einen Nacht ist…" Nicht völlig überzeugt von Mordaunts bemüht leutseligen Wesen ließ der ehemalige Henker den jungen Mann eintreten. Es gab nur eine Stube, in der man wohnen, essen und schlafen konnte. Mit einem einzigen Blick überschaute Mordaunt die Einrichtung, die von einem kleinen Feuer im Kamin beleuchtet wurde, und setzte sich dann auf einen der bäuerlichen Stühle, die um einen schmierigen Tisch standen.

„Kann ich Euch etwas anbieten?" Der Mann ging in einen kleinen Raum neben der Tür, den Mordaunt vorher übersehen hatte. „Es ist leider nicht soviel im Haus, möchtet Ihr Brot? Ich habe auch weißes…" Mordaunt lächelte, was der Henker nicht sehen konnte.

„Danke, Weißbrot schmeckt nur in Frankreich gut. Hier in England ist es ungenießbar." Überrascht kam der Franzose aus seiner Speisekammer.

„Ihr wisst, wie Weißbrot in Frankreich schmeckt? Ja, wart Ihr denn schon einmal dort?"

„Ich bin dort geboren und habe mehrere Jahre dort gelebt. Weshalb fragt Ihr?"

„Ach, ich habe einen guten Grund. Ich lebe seit etwa fünf Jahren hier, bin Franzose und musste Frankreich schließlich verlassen, weil… ja-" Der ehemalige Henker brach ab und schaute in den Kamin, in dem die Glut bereits zu erlöschen begann.

„Ihr seid Franzose?", Mordaunt schien erfreut und verfiel unversehens ins Französische. „Dann können wir uns auf Französisch unterhalten, wenn Ihr möchtet, Monsieur. Ich beherrsche diese Sprache selbstverständlich noch fließend und denke, dass es Euch auch so geht." Der Henker hatte mit wachsendem Erstaunen zugehört und schlug nun die Hände zusammen.

„Wie vertraut diese Worte doch klingen. Ach, glaubt mir, Monsieur, nichts ist schlimmer, als die Heimat zu verlassen."

„Wenn Ihr Frankreich so vermisst, kann ich nicht verstehen, dass Ihr es verlassen habt."

„Ihr lebt doch auch hier in diesem kalten, regnerischen England." Mordaunt lächelte auf diese Worte hin überlegen.

„Ich, Monsieur, arbeite hier und würde in Frankreich kein Auskommen finden."

„Bei mir ist es genau anderherum. Ich würde in Frankreich noch ein Auskommen finden, doch ich konnte dort nicht länger bleiben." Der Henker fing unversehens an zu husten.

„Ihr solltet Euch hinlegen", empfahl Mordaunt mit falscher Fürsorge.

„Ihr mögt Recht haben…" Immer noch hustend legte sich der Henker auf die schmale Liege unter dem Fenster. Ruhig erhob sich Mordaunt und holte einen Becher, der auf einem Regal über dem Kamin stand. Aus einem Krug füllte er Wasser ein und setzte sich damit zu dem Henker ans Bett, nachdem er sich einen der Stühle herangezogen hatte. Mit dankbarem Lächeln nahm der Kranke ihm den Becher ab, richtete sich auf, wobei Mordaunt ihn stützen musste, und trank. Daraufhin legte sich sein Husten.

„Wie lange habt Ihr diese Krankheit schon?"

„Ach, ich weiß nicht. Schon lange. Vielleicht sogar schon, seitdem ich in England lebe."

„Ihr solltet nach Frankreich zurückkehren. Am besten in den Süden. Die Luft wird Euch heilen."

„Wie soll ich in meinem jetzigen Zustand die Reise heil überstehen?", fragte der Henker mit einem bitteren Lächeln. „Nein nein, ich werde meine Tage hier beschließen. Es ist ja nicht mehr lange, bis der Herr mich zu sich holt."

„Aber ich denke, in Eurer Heimat wäret Ihr glücklicher."

„In meiner Heimat? Ihr wisst nicht, wovon Ihr sprecht, Monsieur. Ich habe keine Heimat mehr. Ich kann nie mehr zurückkehren. Schrecken erwarten mich dort." Der alte Mann verstummte und nur noch ein leises Knistern im Kamin war zu hören, wenn sich ein glühendes Scheit verschob. Mordaunt blieb stumm und wartete. Er beobachtete den Henker genau, während dieser mit geschlossenen Augen dalag, als müsse er sich ausruhen.

„Wisst Ihr", begann der Kranke plötzlich, „ich war sehr bekannt. Ich stamme aus Béthune und viele Menschen im Umkreis kannten mich. Aber ich war eine traurige Berühmtheit, man fürchtete sich vor mir. Ich war ein Henker." Er öffnete die Augen als wolle er sehen, welche Wirkung diese Mitteilung auf den jungen Mann machte. Dieser aber blieb völlig regungslos.

„Wie, Ihr erschreckt nicht?"

„Nicht der Beruf eines Mannes kann mich schrecken, wohl aber seine Taten. Henker zu sein, ist sicher unangenehm und man hat nicht viele Freunde, aber weshalb sollte ich Euch fürchten? Ihr seid kein schlechter Mensch, so Ihr mit dem Gesetz im Einklang gearbeitet habt."

„Aber das ist es ja! Genau das habe ich nicht getan. Ich habe … gemordet, ich habe ein Verbrechen begangen, so scheußlich, so widerwärtig, dass ich mich selbst dafür verdammen muss."

„Verdammen kann nur Gott."

„Aber ich bin verdammt, glaubt mir. Mein Leben ist verflucht, weshalb sonst, sagt es mir, leide ich seit zwanzig Jahren und sehe jede Nacht dasselbe Bild? Immer dieselbe Frau?"

„Ich verstehe Euch nicht."

„Nein, Ihr könnt es nicht verstehen. Wisst Ihr, früher haben mich die Menschen gefürchtet und mit diesem Bewusstsein konnte ich gut leben. Jetzt aber gibt es Menschen, die hassen mich-" Ein heftiger Hustenkrampf schüttelte den Henker. Mordaunt half ihm, sich aufzurichten und flößte ihm behutsam Wasser ein. Langam legte sich der Husten und der Alte sank wieder in die Kissen. Er schwieg nun.

„Ihr spracht davon, dass es nun Menschen gibt, die Euch hassen"; sagte Mordaunt mit belegter Stimme und rückte seinen Stuhl so, dass sein Gesicht im Dunkeln lag.

„Wo seid Ihr", sprach der Henker, Angst in der Stimme, „ich kann Euch nicht sehen, gebt mir Eure Hand!" Mordaunt kam dieser Aufforderung rasch nach, wobei ihn ein Schauer überlief, als er die krallige Hand des Henkers spürte.

„Ja, es gibt Menschen die mich hassen. Ich werde es Euch erklären. Stellt Euch vor, Monsieur, eine Freudin von Euch, eine Schwester, eine Geliebte oder Eure Mutter. Es ist völlig gleich, eine Frau im Leben, die Euch nahesteht- Habt Ihr noch Eure Mutter, lebt sie noch?" Der junge Mann zauderte einen Moment.

„Nein, meine Mutter ist vor zwanzig Jahren gestorben."

„Vor zwanzig Jahren? Ja, das ist die Zeit. Nun, womöglich könnt Ihr dann gar nicht nachvollziehen, wenn ich versuche, Euch zu erklären…-"

„Ich denke, ich werde sehr gut verstehen. Sprecht nur, Monsieur, ich bin ein guter Zuhörer."

„Ja, ich wusste es, Ihr seid eine gute Seele, auch wenn Ihr auf den ersten Blick nicht so scheint. So höret denn. Stellt Euch vor, Eure Mutter, die Ihr natürlich herzlichst liebt, sie würde ermordet werden. Weil sie Verbrechen begangen hat, so zahlreich, dass es kaum glaublich ist. Sie ist eine junge und schöne Frau und alle Welt liegt ihr zu Füßen, doch im Herzen ist sie ein Dämon.

Nur dies Wissen, dass sie eine schlechte Person war, hat mir bisher geholfen, am Leben zu bleiben, doch es nützte mir nichts. Ich brauche Vergebung… An einem Abend im Sommer, vor zwanzig Jahren, da kam ein Herr zu mir, edel gekleidet, ein vornehmer Mann, sicherlich ein Graf, und er bot mir viel Geld. Ich ging mit ihm, obwohl mich sein Vorhaben schaudern ließ. Er ging mit mir und einigen seiner Freunde zu einem Haus, es war in Lille und durch das Fenster zeigten sie mir eine Frau. Und ich kannte sie, Monsieur, sie war meine Schwägerin gewesen, aber nicht für lange Zeit, denn sie hat meinen Bruder ermordet, der ihr erster Gatte war. Da spürte ich einen Hass auf sie, so gewaltig, dass ich zustimmte zu dem Vorhaben. Die vier Herren, alles Edelleute, holten die Frau. Es war eine finstere Nacht, düstere Wolken waren am Himmel und in der Ferne konnte man das Donnergrollen vernehmen. Die Herren haben Gericht über sie gehalten, doch ich hörte ihnen kaum zu, ich konnte den Blick nicht abwenden von dieser schönen, jungen Frau, die da vor uns allen kniete und deren Gesicht so weiß war wie der Mond in einer klaren Winternacht. Ich begriff, warum mein Bruder sie so sehr geliebt hatte, aber was ich dann tat, kann ich bis heute nicht fassen. Ich … mein Herr, Ihr könnt es Euch sicherlich denken. Ihren Körper warf ich in den Fluss und er liegt jetzt vielleicht noch auf dem Grund. Und ich nahm das Geld an mich, ich verkaufte meine Seele für Geld." Der Henker schwieg in tiefer Erregung.

„Und weiter?", fragte Mordaunt nach einer Pause.

„Weiter?... Wisst ihr, wie ich mich fühle, könnt Ihr ermessen, welche Leiden ich erdulde, weil in mir diese Stimme schreit, dass sie es nicht verdient hat? Glaubt mir, ich täte nichts lieber, als dieses Vebrechen ungeschehen zu machen. Vielleicht gab es Menschen, die sie geliebt haben und die sie geliebt hat, vielleicht hatte sie Kinder. Hört Ihr, Monsieur!", der Henker von Béthune griff mit beiden Händen nach Mordaunts und hielt sie fest. „Wäret Ihr der Sohn dieser Frau, könntet Ihr mir dann vergeben? Sagt es mir!" Mit einem heftigen Ruck entzog der junge Mann dem Henker seine Hände und stand auf. Er trat ans Fenster und blickte hinaus in die Schwärze.

Schließlich wandte er sich und blickte auf den im Bett Liegenden. Das Feuer im Kamin war inzwischen fast erloschen. Es war ganz dunkel im Zimmer und draußen war es still.

„Vergeben? Das fragt Ihr, wenn ich der Sohn wäre? Ich kann Euch noch keine Antwort geben. Erzählt mir erst von den anderen Männern. Denen, die noch dabei waren. Vier waren es, sagtet Ihr?" Der Henker blickte in seine Richtung und versuchte, das Gesicht des jungen Mannes zu erkennen, doch Mordaunt war noch immer im Schatten. Der Henker schwieg einen Monent und versuchte zu verstehen, warum der junge Mann ihn danach fragte.

„Es waren vier Männer und der Graf, der mich bezahlt hatte. So waren es also fünf. Alles Edelleute, einer aber schien Engländer zu sein, denn er wurde von den anderen mit „Mylord" angesprochen. Sie haben Gericht gehalten über die junge Frau und schienen alle einig über sie zu sein."

„Kennt Ihr ihre Namen?"

„Nein, keine Namen, keinen einzigen." Mordaunt war enttäuscht.

„Wisst Ihr nichts über sie? Waren die anderen vier denn alle Franzosen?"

„Ja, das waren sie. Ah, ich erinnere mich an noch mehr. Sie trugen die Uniform der königlichen Musketiere, ja, sie waren Musketiere. Soldaten…"

„Ist das alles? Könnt Ihr mir noch mehr sagen?"

„Mir fällt nichts mehr ein", verunsichert blickte der alte Henker zu Mordaunt, dessen Stimme während der letzten Sätze immer rauher geworden war. Nun trat dieser vor.

„Ihr fragtet mich vorhin, ob der Sohn Euch verzeihen könnte. Nun, höret mich an. Meine Mutter ist vor zwanzig Jahren gestorben. Sie wurde hingerichtet von einem Henker in Frankreich und verurteilt von fünf Männern, die sich zu Richtern über sie aufschwangen, obwohl nur Gott allein richten kann und darf.

Monsieur, Ihr habt Euch das Recht angemaßt, Gerechtigkeit spielen zu können, in einem Fall, der nicht für Euch bestimmt war.

Das ist eine Sünde und für diese Sünde werdet Ihr büßen. Ich danke Euch aber, dass Ihr einer gerechten Rache geholfen habt, dass Ihr mir geholfen habt!" Mit der Hand stieß Mordaunt den Henker von Béthune in die Kissen zurück, als dieser sich gerade entsetzt aufrichten wollte. Schützend hob der Henker die Arme vor die Brust, doch Mordaunt schob sie heftig beseite und stieß wie von Sinnen mehrere Male ein langes Messer in des Henkers Herz. Ein entsetzliches Gurgeln ertönte und mit weitaufgerissenen Augen bäumte sich der Henker auf und fiel dann mit einem dumpfen Laut in die Kissen zurück. Mit einem Ruck zog Mordaunt das Messer aus der Brust des Henkers.

Schweratmend richtete Mordaunt sich auf, als er sich sicher sein konnte, dass der Henker tot war. An dem Laken des Bettes reinigte er seinen Dolch und steckte ihn zurück in seinen rechten Stiefel. Nach einem letzten Blick auf den Toten wandte er sich ab und durchsuchte rasch das Zimmer, um noch mehr über den Mann, den er eben umgebracht hatte, zu erfahren. Er fand nichts außer alten Briefen, die ihm aber keine Auskunft über das Leben des Henkers in Frankreich geben konnten.

Schließlich verließ er fluchtartig das Zimmer und ritt nach Hause, zu Cromwells Gut.