Teil 1 - 1. Dezember

Hermine Grangers Konzentration wurde durch ein beharrliches Kratzen an ihrem Bürofenster unterbrochen, ein Geräusch das das Klopfen des Winterregens wieder in den Vordergrund ihres Bewusstsein brachte. Mit einem leichten Seufzen sah sie auf und erblickte eine braun-weiß gesprenkelte Posteule, deren Umriss sich vom strömenden Wasser und dem schwindenden Tageslicht abzeichnete, sich unsicher an den Fenstersims klammernd.

Nicht dass es leicht wäre, dachte sie sarkastisch, als sie nach ihrem Zauberstab griff und Lumos flüsterte. Das Licht im Raum nahm zu und das Kratzen der Eulenklauen wurde intensiver. Sie stand langsam von ihrem Schreibtisch auf, ging zum Fenster und öffnete es. Der Vogel flog mit einer Bö aus Wind und Wasser hinein. Hastig schloss Hermine das Fenster und drehte sich um, um einige aufgeweichte Pakete zu finden, die auf ihren Unterlagen lagen. Die Eule hatte sich auf ihre Fracht gesetzt, hüpfte an die Kante des Schreibtisches, flatterte mit den Flügeln und schüttelte sich wie ein sehr kleiner, sehr nasser Hund. Ein Schwall Tropfen traf Hermine's Arbeit und kleine, blase Tintenkleckse formten sich auf dem obersten Pergament.

Die Eule sah sie erwartungsvoll an.

„Nach diesem Auftritt erwartest du immer noch, dass ich dich füttere?" frage sie, Irritation vortäuschend.

Die Eule blinzelte und rührte sich nicht.

„Nun, das deute ich als ‚Ja'."

Zurück an ihrem Schreibtisch öffnete sie einen Behälter voller Eulenfutter und nahm eine Handvoll heraus. Die Eule blinzelte nochmals.

Sie zeigte nach draußen, „der Schreibtisch ist inzwischen nass genug, wenn du das hier willst, musst du wieder zurück ans Fenster."

Die Eule flog gehorsam los, über Hermine hinweg und war bereits am Fenster als Hermine es erreichte. Nachdem Hermine ihr genug Zeit gewährt hatte um das Futter hinunterzuschlingen, griff sie nach dem Griff und öffnete das Fenster wieder, wobei sie wegen einer kalten Bö zusammenzuckte. Die Eule blickte sie vorwurfsvoll an.

„Raus", befahl sie hart.

Die Eule flog, so stolz wie einem Vogel nur möglich, davon.

Hermine schloss das Fenster wieder und wischte sich das Wasser aus dem Gesicht.

Seufzend blickte sie auf die Unordnung auf ihrem Schreibtisch. Da ihre Gedankengänge nun wirklich enorm unterbrochen worden waren, entschied sie, dass sie ebenso einen Kaffee trinken könnte. Sie ging zum Kamin, welcher anstatt eines üblichen Feuers einen eisernen Ofen enthielt. Griff nach der Kaffeekanne und bewegte sie leiht um beurteilen zu können, ob diese noch genug für eine Tasse enthielt. Sie nahm ihre Tasse vom Schreibtisch und schenkte sich den Rest aus der Kanne ein. Das raue Steingut schaukelnd, nippte sie nachdenklich an der schwarzen Flüssigkeit. Der Geschmack von Kaffee der stark genug war um Bäume umzuwerfen war ein Vermächtnis aus ihrem letzten Schuljahr und war im Moment so intensiv, dass sie beinahe die Zeit vergas als sie ihn noch nicht getrunken hatte. Beinahe.

Die nasse Post auf einen Haufen schiebend, setzte sie sich wieder und blickte resignierend auf das vor ihr liegende Manuskript. Die Seite, die sich gerade noch gelesen hatte war bis zur Unlesbarkeit verschmiert. Einen Moment dacht sie daran es einfach so zulassen und die Zerstörung mit einem Ausbruch von Freudentränen zu erklären, aber dann wurde ihr bewusst, dass Miss Lucinda Crampington es nicht schätzen würde, wenn ihre Abhandlung über die Legalität und Moral von Gedächtniszaubern aussehen würde, als wäre sie als Küchentuch benutzt worden. Miss Crampingtins's Prosa war nicht nur schwer zu lesen und ihre Argumente dürftig formuliert, sie hatte auch absolut keinen Sinn für Humor. Ihren Kaffe in die andere Hand nehmend, griff Hermine nach ihrem Zauberstab, richtete ihn auf das Papier und murmelte „Restoratio". Das Pergament trocknete, die Tintenspuren verblassten und die Wörter brachten sich selbst in lesbare Form.

Pflicht erfüllt, Hermine verbannte Miss Crampington's gerettete Worte der Weisheit zugunsten der weitaus interessanteren Eulenlieferung. Sie warf einige durchnässte Zeitschriften auf die Seite um sie später zu lesen und widmete sich dann zwei anderen Umschlägen zu. Der eine war groß, braun und rechteckig, sie erkannte, dass er von ihrer Mutter war. Der zweite war lang, pink und in einer ihr unbekannten Handschrift beschriftet. Sie begann beide zu trocknen.

Sie entschied zuerst den Umschlag ihrer Mutter zu öffnen. Er faszinierte sie, er war zu spät um deine Geburtstagskarte zu sein, aber zu früh für Weihnachten. Nachdem sie das Kuvert geöffnet hatte zog sie seine große Karte mit einem Engelsbild heraus. Es war kein niedlicher gezeichneter Engel, mit Flügeln, einen Heiligenschein und einem langen weißem Nachthemd, sondern ein goldener, vor-raphaelischer Engel mit gewaltigen Roben, voluminösen Haaren und einem sinnlichen Gesicht. Quer über das Bild waren fast weiße und ungeordnete Zahlen von eins bis fünfundzwanzig gedruckt. Jede Nummer stimmte mit einer kleinen Perforation in der Karte überein. Hermine drehte die Karte um. Auf der Rückseite stand in der Handschrift ihrer Mutter:

Liebling,

ich weiß, du hattest keinen Adventskalender mehr seit du klein warst, aber ich musste so an dich denken als ich ihn sah, vor allem da dein Vater und ich dieses Weihnachten nicht daheim sein werden. Ich hoffe der Kalender wird dich von diesem schrecklichen Wetter ablenken.

In Liebe

Mum

Hermine musste lächeln, nur ihre Mutter würde einen Engel sehen und an sie denken. Sie trug vielleicht oft Roben, hatte auch das Haar, falls das Bild etwas damit zutun haben sollte, aber hier endeten die Gemeinsamkeiten auch schon. Sie drehte die Karte wieder um und suchte nach dem ersten Fenster. Nach dem sie es in der unteren linken Ecke gefunden hatte, löste sie vorsichtig die Perforation und öffnete das Türchen, um so einen Stern, ein winziges Detail eines Ölbildes zum Vorschein zu bringen. Dann stellte sie den Kalender auf ihrem Schreibtisch auf.

Nun blieb nur noch der mysteriöse pinke Umschlag übrig. Sie musste nicht spekulieren wer der Absender war, sie konnte mit Sicherheit sagen, dass weder ihre regelmäßigen, noch ihre gelegentlichen Briefpartner keine pinken Briefumschläge benutzten. Einen Moment fragte sie sich, ob es sich um einer der seltenen Eulenpost-Fehllieferungen handelte. Aber der Brief war eindeutig an sie adressiert

Miss H. Granger

Lektorin von Magische Moral

Amergin College

Universität von Oxford

Auch dies sagte ihr nichts. Sie würde den Brief einfach öffnen müssen.

Sie musste willkürlich blinzeln, als sie den Briefkopf sah. Und das nicht nur, weil dieser eine noch grellere Schattierung als der Umschlag hatte.

Vom Schreibtisch von Ms. Parvati Patil,

Herausgeberin

Ms. Magic Magazine

Das Magazin für die Hexe des 21. Jahrhunderts

Hermine blinzelte nochmals.

Sie hatte das Ms. Magic Magazine in den Regalen neben Witch Weekly und dergleichen gesehen, aber ist immer daran vorbei gegangen.

Sie war nicht ganz sicher, welche Information ihrem Gehirn widerstrebte, die Tatsache, dass Parvati Patil die Herausgeberin war, oder das Parvati Patil und/oder das Ms. Magic Magazine ihr schrieb. Beides war gleichsam unglaubhaft.

Sie las weiter.

Hermine Liebling!

Sie blinzelte wieder. Sie konnte sich nicht helfen, wann waren sie und Parvati bei „Liebling" angekommen?

Erinnerst du dich an mich!! Parvati von der Schule! Wie dumm, natürlich erinnerst du dich! Wusstest du, dass ich immer in die Mode gehen wollte? Tja, ich habe es getan! Und nun bin ich Herausgeberin des Ms. Magic Magazine! Ist das nicht wundervoll! Wäre McGonagall nicht überrascht es zu erfahren?! Und kannst du dir vorstellen, was Snape dazu sagen würde??!!

Und wie sie konnte.

Tja, Hermine Liebling, - Hermine zuckte die Schultern - die Sache ist die. Ich habe lange nachgedacht, wie ich Triple M zum erfolgreichsten Magazin allerzeiten machen kann, und ich dachte and die Schule und all meine alten Freunde und hatte einen brillanten Einfall! Erinnerst du dich an das total erstaunliche Zeug, das du in der Schule für uns gemacht hast? Die Shampoos und Cremes und Konditioner und all das? Ich vermisse sie immer noch!

Hermine begann die Wendung, die der Brief nahm nicht zu mögen.

Also, mein Vorschlag ist Folgender. Was würdest du davon hallten mehr von dem Zeug zumachen - in kommerziellen Mengen - und wir würden es unter dem Namen von Triple M vermarkten. Natürlich, würden wir dich bezahlen - und ich bin sicher, dass das du es gebrauchen könntest, da du nur ein Lektorengehalt hast!

Hermine biss die Zähne zusammen.

Schreib mir ob du interessiert bist. Ich benötige deine Antwort so bald wie möglich, da ich eine Kollektion zusammenstellen will. Ich hoffe du wirst ja sagen, weil ich sicher bin, dass alle diese Idee lieben werden!

Ich hoffe bald von dir zu hören.

Deine Freundin,

Parvati

Hermine legte den Brief sehr langsam nieder. Es war erstaunlich, wie Parvati von aus einer Pseudo-Teeniesprache, innerhalb ein paar wirrer Sätze, zu einem geschäftlichen Angebot wechseln konnte. Der chaotische Brief gab ihrem Gehirn einige Momente um andere Aspekte des Angebots begreifen.

Nun, einen anderen Aspekt um genau zu sein.

Severus Snape. Und die Folgen einiger sehr merkwürdiger Monate am Anfang ihres letzten Schuljahres.

Sie waren … Gefährten in der Not, würde es am besten ausdrücken. Eine Art Freunde, vielleicht.

Nachdem „es" vorbei war, haben sie die erwartete Feindseligkeit aufrechterhalten und vermieden jede andere Art von Kontakt miteinander. Dann wurde Voldemort endlich besiegt und sie entwickelten eine vorsichtige Freundschaft. Während ihrer Schulzeit wechselten ein paar Briefe den Besitzer; Fragen um Information, Überprüfung einer Aussage oder Handlung, aber niemals etwas Persönliches. Die Zeit verging, die Briefe wurden seltener und Hermine, für ihren Teil, widerstrebte es immer mehr sich an die Situation vor zehn Jahren zu erinnern, die sie zu vielen vernünftigen und logischen Auslegungen befähigte. So schrieben sie ihm vielleicht zweimal im Jahr, trank ihren Kaffee stark und schwarz, benutzte eine Ofen anstatt offenen Feuers und hatte ihr Leben wieder aufgenommen. Und falls es ein Quäntchen von Bedauern in ihr gab, so war sie klug genug nicht darauf zu achten.

Parvati's Brief änderte die Dinge einwenig. Vor allem, weil es nicht tatsächlich sie war, die das kleine Kosmetikimperium gegründet hat. Sie hatte auch nicht vergessen, dass die Einnahmen aus dieser Unternehmung in ihrem Verlies in Gringott's lagen. Wenn sie das Angebot einfach annehmen würde - und das war ein großes wenn, rief sie sich zur Ordnung - würde sie wieder von Snape's Arbeit profitieren.

Der Anstand erforderte es, dass sie ihm das Angebot vorlegte bevor sie Parvati antwortete.

Sie griff quer über ihren Schreibtisch nach einem leeren Pergament und einer neuen Feder. Das würde ein interessanter Brief werden.

Lieber Severus,

In ihrer privaten Post war sie nie zu „Professor Snape" zurückgekehrt.

Sie kaute in Gedanken auf dem Ende ihrer Feder herum.

Heute erhielt ich einen ….

Was war das passende Wort? Bizarr? Erschreckend? Unpassend?

Sie begann erneut.

Ich weiß nicht, ob du dich noch an Parvati Patil aus meiner Klasse erinnerst, aber heute habe ich einen unerwarteten Brief von ihr erhalten, den ich diesem beilege. Es tut mir Leid wegen der Farbe, aber ich denke dies ist selbsterklärend.

Da du es warst, der mit der Herstellung der Kosmetika, nach denen sie fragt, begonnen, dachte ich das Angebot sollte dir ebenso gestellt werden. Ich habe ihr noch nicht geantwortet. Vielleicht könntest du mir deine Gedanken dazu mitteilen.

Mit lieben Grüßen

Hermine