Wütend, vor allem auf sich selbst, starrte Michael nach oben und fuhr mit den Augen das Muster des Bettgerüstes nach. Er wollte sich beruhigen bevor er nun entgültig die Beherrschung verlor. Sucre hatte vorhin schon ein klein wenig von seiner angestauten Wut abbekommen, obwohl dieser selbst genug Probleme hatte.

Er beschloss sich später bei ihm zu entschuldigen, aber nicht jetzt. Jetzt musste er alles erst einmal selber verarbeiten und damit klarkommen.

Sie waren so nah dran gewesen und alles war an diesem dämlichen Metallrohr gescheitert das wohl irgendjemand ausgetauscht haben musste. Innerlich verfluchte Michael denjenigen, wer immer es auch gewesen sein mag.

Jetzt musste er einen anderen Weg nach draußen finden, denn natürlich war aufgeben das letzte an das er dachte. Alles was für ihn zählte war seinen Bruder hier heil rauszubringen und ihm den Tod zu ersparen. Schließlich hatte er nicht umsonst wochelang dafür gerackert und sich das Hirn zermatert, nur um jetzt aufzugeben. Sein Kampfeswille und sein Helfersyndrom hätten das keinesfalls zugelassen. Er würde Linc hier rausbekommen, koste es was es wolle.

Plötzlich öffnete sich die Zellentüre und einer der Wärter (Michael hatte vergessen wie er hieß, aber es war ihm auch ziemlich egal) trat ins Innere. Was wollte der denn hier? Was hatte er nun schon wieder ausgefressen?

Hatte Tweener vielleicht wieder alles verraten und nun wollten sie ihm an den Kragen? Vorsichtshalber warf er einen Blick auf seine Uhr und musste mit Erleichterung feststellen das es Zeit für seine Insulinspritze bei Sara war. Sie hätten nicht noch mehr Schwierigkeiten gebrauchen können als sie ohnehin schon hatten.

„Auf Scofield, es wird Zeit für deine Spritze", meinte der Wächter scharf und schlug mit seinem Schlagstock gegen die Zellengitter. Dieses laute Geräusch hätte selbst Tote wiedererweckt und veranlasste den Angesprochnen dazu sich verärgert aufzurappeln und ihm zu folgen. Viel liebe wäre er noch auf dem Bett liegengeblieben und hätte über ihr neu aufgetauchtes Problem nachgedacht. Stattdessen musste er diese kostbare Zeit mit einer Sache verschwenden die ihm jetzt eh nichts mehr nutzte.

Obwohl die Ambulanz immer noch das Tor in die Freiheit war, brauchte er sie nicht mehr regelmäßig besuchen, da dort bereits alle Fluchvorkehrungen getroffen waren. Das einzigste Problem war wie er nachts dorthinein gelangen sollte ohne vorher mit viel Lärm die Türe aufzubrechen. Und eben darüber wollte er sich in seiner Zelle Gedanken machen. Aber nein, man ließ ihm ja nicht seine Ruhe.

Nach außen hin völlig gelassen, da er seine Maske aufrecht erhalten wollte, schlenderte er mit dem Wärter Richtung Ambulanz und machte sich dabei allerlei Gedanken. Wie ging es seinem Bruder jetzt wohl? Hatte er die Hoffnung bereits aufgegeben endlich ein Leben in Freiheit zu führen? Und was war mit den anderen? Hatten sie noch genug Willenskraft nach so einem herben Rückschlag weiter zu machen? Er beschloss bei Gelegenheit mit ihnen zu Reden und wenn es nötig war neuen Mut zu machen.

Wenn das hier alles umsonst war und sein Bruder dabei ums Leben kam, könnte er sich das niemals verzeihen. Er war die einzigste richtige Familie die er noch hatte. Zum Schluss wollte er nicht alleine dastehen und in diesem Gefängnis verrotten. Also musste er jetzt handeln.

In der Ambulanz roch es wie üblich nach Blut, stechendem Infektionsmitteln und Erbrochenem. Michael musste einen Würgereiz unterdrücken und fragte sich insgeheim wie es Sara nur fertig brachte an so einem Ort zu arbeiten und dabei nicht verrückt zu werden. Der Geruch hätte ihn spätestens nach einer Woche hier um den Verstand gebracht.

„Warten Sie bitte draußen, ich komme gleich und kümmere mich um ihn", Sarahs wohlklingende Stimme riss ihn aus seinen sinnlosen Überlegungen und ließen ihn aufschauen. Für einen Moment schien es so als würde sie ihn eindringlich mustern, doch dann wandte sie ihren Blick ab und er wurde vom Wärter ins Krankenzimmer geschoben.

„Du wartest hier Scofield und mach bloß keinen Ärger sonst kannst du was erleben. Wir haben alle ein Auge auf dich geworfen", meinte dieser streng und schloss dann die Türe hinter sich.

Nun war er alleine in dem kleinen Raum und prägte sich hier alles genau ein. Ob es wohl das allerletzte mal war das er diesen Ort zu Gesicht bekam, bevor er von hier aus floh?

Sara, wie sehr würde er sie doch vermissen. Erst hatte er es sich nicht eingestehen wollen, es für eine nutzlose Schwäche gehalten, aber sie war ihm im Laufe der Zeit sehr wichtig geworden. Um Gottes Willen nein, er liebte sie nicht auch wenn das jeder dachte, obwohl er zugeben musste das sie sehr attraktiv war, aber für Liebe reichte es einfach nicht.

Die Tür wurde geöffnet und ließ Michael abermals zu Sara aufschauen. Sie durchquerte den Raum mit schnellen Schritten und richtete alles wortlos hin. Anscheinend wollte sie heute so wenig Zeit wie möglich mit ihm verbringen.

„Ist irgendwas Sara?", fragte er überrascht, musste aber gleich im nächsten Augenblick eine Abfuhr kassieren.

„Nein. Und wenn etwas wäre ginge Sie das auch nichts an Michael. Und jetzt halten Sie bitte still", meinte sie knapp und piekste ihn mit diesem scheußlichen Gerät in den Zeigefinger. Er zuckte kurz zusammen, was Sara verwundert dreinblicken ließ.

„Nanu, sie sind doch sonst nicht so schreckhaft. Was ist los?", erkundigte sich die junge Frau und zog nun die Spritze auf. Michael faszinierte sie immer mehr, aber das wollte sie ihm natürlich nicht zeigen, er war schließlich ein Häftling.

„Nichts...", murmelte dieser geistesabwesend und starrte mit derselben Konzentration auf den Linoleumfußboden als zuvor in seiner Zelle auf das Bettgerüst. Mit ihr wollte er einfach nicht darüber reden, obgleich sie wahrscheinlich die Einzigste gewesen wäre der er sich anvertraut hätte. Wenn seine „Freunde" mitbekommen hätten wie sehr ihn die Sorge um Lincoln mitnahm hätten sie garantiert keinen Respekt mehr vor ihm gehabt.

"Kommen Sie schon Michael", sagte sie eindringlich als sie sanft die Nadel in seine Haut stach um ihm das Insulin zu spritzen. Michael beobachtete wie die Flüssigkeit langsam aus der Spritze verschwand und in seinen Körper gedrückt wurde. Ihm war jede Ablenkung recht, Hauptsache er musste nicht mit Sara über seine Ängste reden die er doch sonst so gut unter Verschluss halten konnte. Aber bei ihr fühlte er sich als könnte er ihr alles sagen. Und eben genau das durfte nicht passieren!

„Es ist wirklich nichts", seine sonst so selbstsichere Stimme war nur noch ein Flüstern und er konnte das deutliche Brennen hinter seinen Augen vernehmen. Scheiße, er war doch sonst nicht so schwach. Was war denn auf einmal los? Wuchs ihm hier etwa alles über den Kopf oder was?

Völlig überraschend wurde er in zwei zierliche Arme gezogen und eine Hand strich ihm behutsam über den Rücken. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, nicht damit das sie ihn in den Arm nahm und versuchte zu trösten, obwohl sie nicht einmal wusste was denn los war.

Sara war selbst vollkommen überrascht von ihrem Handeln und konnte sich nicht erklären was sie dazu veranlasst hatte das hier zu tun. Waren es sein verzweifelter Ausdruck und der leichte Tränenschimmer in seinen Augen? Oder hatten ihre Sehnsüchte einfach nur die Überhand gewonnen?

„Vertrau mir...", flüsterte sie in sein Ohr, das erste mal das sie ihn duzte. Sollte er es vielleicht doch wagen ihr seine Sorgen zu beichten?

„Ich mache mir Sorgen um ihn...", flüsterte er und drückte sich noch ein Stück fester an den warmen Körper. Er brauchte die Nähe jetzt unbedingt. So lange hatte er sich schon nach körperlicher Nähe gesehnt und sie nie bekommen. Linc war im Todestrakt und die anderen würden sich vermutlich lieber einen Finger abhacken als ihn in eine tröstende Umarmung zu ziehen. Und wie gesagt, er musste stark bleiben und durfte vor ihnen keine Schwäche zeigen.

„Um wen?", fragte Sara mütterlich obwohl sie es sich eigentlich schon denken konnte und streichelte ihm sanft über den Kopf. Das hatte ihre Mutter damals immer bei ihr gemacht wenn sie traurig war, und es hatte sie immer beruhigt.

„Linc", kam es knapp zurück und er konnte die ersten heißen Tränen spüren die seine Wangen hinunterflossen und in ihrem Arztkittel versickerten. Michael wusste nicht wieso oder was der Anlass dafür war das die Dämme nun entgültig gebrochen waren, aber er wusste das Sara darüber stillschweigen bewaren würde. Und das tröstete ihn doch ein wenig.

„Ich wünschte ich könnte dir sagen das er es schafft, aber ich...ich", sie wusste nicht mehr wie sie den Satz vollenden sollte und schüttelte traurig den Kopf. Sie konnte nichts für ihn tun außer ihn in den Arm nehmen und beruhigen. Mehr stand einfach nicht in ihrer Macht.

Sie spürte wie die Tränen stärker wurden und drückte ihn noch ein Stück enger an sich. Er schien wie ein Ertrinkender der nach halt suchte. Wieder einmal sah sie, was doch die Sorge aus einem einst so starken und selbstsicheren Menschen machen konnte.

„Ich will nicht das er stirbt", flüsterte Michael mit tränenerstickter Stimme und zog die Nase hoch, „Er ist unschuldig und das wissen sie alle."

Die junge Frau schütteltet den Kopf. Jetzt war er sogar schon so verzweifelt das er sich an jedem winzigen Strohhalm festhielt der seinen Bruder retten könnte.

Nach einer Weile verebbten die Schluchzer und sie hatte begonnen ihn vorsichtig hin und her zu wiegen. Die Situation kam ihr so unwirklich vor das sie jeden Moment damit rechnete in ihrem Bett aufzuwachen und zu merken das alles nur ein Traum war.

„Entschuldigen Sie bitte das ich ihre wertvolle Zeit in Anspruch genommen habe für so eine Lappalie. Ich denke ich werde jetzt gehen", und mit diesen Worten löste er sich aus ihrer Umarmung und setzte wieder seine Maske auf, was Sara mit einem seufzen quittierte. Jetzt hatte sie doch tatsächlich gehofft endlich zu ihm durchgedrungen zu sein.

„Schon ok. Das war keine Lappalie Michael. Es war gut das Sie mit mir darüber gesprochen haben", lächelte sie und drückte seine Hand. Mit der anderen Hand wischte sie ihm die letzte Träne aus dem Augewinkel und umarmet ihn dann noch einmal flüchtig ehe er ging.

„Auf wiedersehen", sagte er als er sich noch einmal umdrehte und ihr ein Lächeln schenkte. Dann war er verschwunden.

Sara wusste das er das nur tat um ihr vorzugaukeln das es ihm gut ging. Es tat ihr weh ihn so am Boden zerstört zu sehen, doch sie konnte nichts mehr tun. Sie konnte ihm seinen Wunsch nicht erfüllen. Dazu war es bereits zu spät.

Sein Bruder würde sterben...

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Ich finds irgendwie en bissl sinnfrei was ich da geschrieben hab. Oder was meint ihr?

Ich hab noch keine Ahnung ob ich es bei einem One Shot belassen soll oder lieber weiterschreibe. Außerdem weiß ich noch überhaupt nicht in welche Richtung die Geschichte gehen soll. Auch was das Pairing betrifft bin ich mir noch unschlüssig. Deswegen frage ich euch ob ihr nicht irgendwelche Wünsche hättet. Wäre echt super wenn ihr sie in euren Reviews erwähnen könntet.

LG Kayla