Disclaimer: Mir gehört bis auf meine eigene Fantasie gar nichts. Das Star Trek-Universum mit seinen Charakteren, Rassen und Welten ist eine Erfindung Gene Roddenberrys. Das meiste davon ist mittlerweile im Besitz von Paramount.

Vorbemerkung: Wir wissen alle, wohin eine Sarek/Amanda-Story letztendlich führt. Dies ist meine ganz persönliche Variante darüber wie die beiden zusammenkamen und auch ein wenig darüber, wie ihre Geschichte endet. Mir ist bewußt, daß die Fanfiction-Wortmeldungen zu diesem Thema inzwischen kaum mehr zu zählen sind, und ich weiß auch, daß meine Version furchtbar fluffy-kitschig werden wird. Wer es lesen mag, soll es lesen. Viel Spaß!


Gemeinsam zu den Sternen

„Emotional, isn't she?"
„She has always been that way."
„Indeed. Why did you marry her?"
„At the time, it seemed the logical thing to do."
Dialog Spock & Sarek in "Journey to Babel"

1. Kapital: Ein Empfang in der Botschaft

„Oh, oh… verdammt!" Die junge Frau vor dem Spiegel fluchte tatsächlich. Sie tat dies selten, was ihre Mitbewohnerin veranlaßte, umgehend einen Blick in das Badezimmer zu werfen.

„Ist alles in Ordnung, Amanda?", fragte sie ein wenig besorgt.

„Schau doch nur!" Amanda Grayson blickte mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck auf ihr Spiegelbild. Sie trug ein langes Kleid aus weichem, fließenden Stoff in einem hellgrünen Farbton, war perfekt geschminkt und wäre so der Mittelpunkt einer jeden Party gewesen wären, wenn nicht ihre Haare in alle erdenklichen Richtungen abgestanden hätten. „Was soll ich tun, Melly?"

Melly, die eigentlich auf den blumigen Namen Carmelia getauft worden war, kämpfte mühsam, um das in ihr aufsteigende Lachen zu unterdrücken. Der sich ihr bietende Anblick war einfach zu komisch.

„Lach' nicht", beschwerte sich Amanda. „Was mache ich nur?"

Die beiden Frauen lebten zusammen in der kleinen Wohneinheit, seit sie am San Francisco Hill College unterrichteten. Mittlerweile waren das bald vier Jahre. Eine kannte die andere beinahe so gut wie sich selbst.

„Komm, Andy, ich helfe dir", bot Melly großzügig an. „Wir wollen doch nicht, daß du wie die Vogelscheuche von Oz auf den Empfang der vulkanischen Botschaft erscheinst."

Amanda war zu verzweifelt, um auf den Scherz zu reagieren. In einer halben Stunde würde sie abgeholt werden, und allein käme sie nie zurecht. So ließ sie sich von Melly ohne Widerspruch in das gemeinsame Wohnzimmer ziehen.

Sie wurde auf einen Hocker gedrückt, wobei sie ihr Kleid gerade noch in Sicherheit bringen konnte, und schon war Melly dabei, das von Amanda selbstfabrizierte Flechtwerk auseinander zu fitzeln. Es ziepte entsetzlich. Amanda biß die Zähne zusammen.

„Andy, Andy", tadelte ihre Freundin sie währenddessen, „was hast du da bloß angestellt? Ich habe keine Ahnung, wie ich deine Haare heute abend zu einer halbwegs herzeigbaren Frisur hinbekommen soll."

Gut zwanzig Minuten später war die braungelockte Pracht allerdings kunstvoll aufgetürmt und so geschickt festgesteckt, daß selbst ein turbulenter Abend dem nichts hätte anhaben können. Sowohl Melly, als auch Amanda brachten die vulkanische Botschaft allerdings nicht mit dem Wort „turbulent" in Verbindung.

„Ich danke dir." Amanda betrachtete sich von allen Seiten im Spiegel.

„Gern geschehen", erwiderte Melly, die sich einer stürmischen Umarmung ihrer Mitbewohnerin nicht entziehen konnte, und fuhr fort: „Ich frage mich, ob die Begeisterung von Botschafter Sarek ebenso groß sein wird."

Die Umarmung wurde prompt gelöst. „Wie kommst Du jetzt auf den Botschafter?"

Melly lachte nun doch laut. „Willst du mir erzählen, Andy, daß er nicht der Grund dafür ist, daß du den ganze Tag dabei bist, dich herauszuputzen?! Entschuldige, aber das glaube ich dir nicht."

Die Englisch- und Geschichtslehrerin Amanda Grayson war beileibe nicht das, was man ein Mauerblümchen nannte. Melly und sie konnten durchaus die Nacht zu Tag machen, natürlich in dem für Lehrerinnen des altehrwürdigen Hill Colleges angemessenen Rahmen. Sie hatte seit ihrer Ankunft in San Francisco bereits mehrere Dates gehabt, war zu Filmvorführungen und zum Tanzen gegangen, doch etwas Ernsthaftes war bisher nicht dabeigewesen.

Auf Mellys Bemerkung hin nahmen ihre sonst so sanften Augen eine bedrohlich dunkle Farbe an. Sie reckte ihre etwas zu stupsige Nase in die Höhe. „Ich unterrichte Botschafter Sarek in unserer Sprache, und er war so freundlich, mich zu einem offiziellen Empfang in die Botschaft einzuladen. Ich habe keine Ahnung, weshalb du irgend etwas in diese Einladung hineininterpretierst, das gar nicht vorhanden ist."

Melly überhörte den eingeschnappten Tonfall und lachte weiter. „Wie du meinst, Andy", sagte sie schließlich und brachte sich vor einer präzise geworfenen Packung Kosmetiktücher in Sicherheit.

XXX

Ihre Worte allerdings, so einfach wie sie dahingesagt worden waren, beschäftigten Amanda noch, während sie bereits im Taxishuttle, das sie zur vulkanischen Botschaft brachte, saß.

Botschafter Sarek faszinierte die junge Frau auf intellektueller Ebene. Amanda unterrichte ihn seit vier Monaten in der englischen Sprache und traf ihn so jede Woche für ein, zwei Stunden. Das Lernpensum, das sie in dieser recht kurzen Zeit bereits erfolgreich absolviert hatten, war beträchtlich. Dem Botschafter gelang es mittlerweile, detaillierte Gespräche auf Englisch zu führen, ohne auf den Universalübersetzer angewiesen zu sein.

Zu Beginn des Unterrichts hatte ihn seine Lehrerin gefragt, weshalb er vorhatte, sich der Mühe des Sprachunterrichts zu unterziehen, wo es doch so einfach war, sich eines Universalübersetzers zu bedienen. Der Botschafter hatte ihr erklärt, daß er nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch die Kultur der Menschen zu verstehen versuche ebenso wie ihr Verhalten, das ihm ob der ausgeprägten Emotionalität stets ein Rätsel sei.

Amanda fand dieses Ansinnen bewundernswert und bemühte sich ihrerseits, möglichst viel über die vulkanische Kultur zu erfahren. Allein die unterschiedlichen Verhaltenskodexe, die im Umgang mit Vulkaniern zu beachten waren, erschienen ihr unglaublich komplex. Sie versuchte, möglichst viele davon einzuhalten und sah sich mehr als einmal, glorreich scheitern. Trotzdem profitierte sie nicht nur finanziell von den Unterrichtsstunden in der Botschaft.

Das Shuttle hielt. Amanda wurde aus ihren Gedanken gerissen. Sie stieg aus und lief langsam die Auffahrt zum Eingang hinauf.

An der Tür hatte sich Sebak, der Botschaftsattaché postiert, um die Gäste bei ihrem Eintreffen zu begrüßen. Er war von auffallender Gestalt, auch wenn er nicht über Botschafter Sareks beeindruckende Statur verfügte, und wirkte mit seinem exakten Haarschnitt sowie der stoischen Miene recht respekteinflößend. Vor ihm hatte sich eine kleine Ansammlung von Besuchern gebildet, da der Vulkanier aus Höflichkeit mit jedem eintreffenden Gast einige Worte zur Begrüßung wechselte. Amanda erhielt so die Gelegenheit, das Verhalten ihrer Landsleute wie das verschiedener außerirdischer Spezies zu beobachten.

Direkt vor ihr wartete ein dicklicher, rotgesichtiger Mann, der, als er an der Reihe war, voller Überschwang nach Sebaks Händen griff und diese begeistert schüttelte.

„Attaché Sebak", brachte er hervor, „es freut mich unendlich, Ihnen endlich persönlich zu begegnen…"

Amanda wußte, wie unangenehm es Vulkaniern war, von Fremden berührt zu werden. Die Ignoranz ihrer Landsleute erschien ihr manchmal unglaublich. Die Problematik der unterschiedlichen Sprachen war mit der Erfindung der maschinellen verbalen Übersetzung seit Jahren ausgeräumt worden. Das Desinteresse an fremden Kulturen war damit nicht ausgeräumt worden.

Überrascht nahm Amanda wahr, daß die Selbstbeherrschung des Botschaftsattachés so groß war, daß einzig eine steile Falte auf seiner Stirn zeigte, wieviel lieber es ihm gewesen wäre, daß dieser Mann ihn wieder los ließ.

Schließlich war sie selbst an der Reihe. Sie neigte zur Begrüßung leicht den Kopf.

„Guten Abend, Ms. Grayson", sagte Sebak mit monotoner Stimme. „Wir freuen uns, Sie heute abend hier begrüßen zu dürfen."

„Auch Ihnen einen guten Abend, Attaché Sebak", erwiderte Amanda und lächelte den Vulkanier an. „Ich danke Ihnen für die Einladung."

Sie erwartete nicht, daß Sebak ihr Lächeln erwiderte. Trotzdem erschien ihr seine steinerne Miene jedes Mal, wenn sie sich sahen, seltsam. Er schien sie nicht zu mögen. Jedenfalls begegnete er bei jedem Aufeinandertreffen mit einer selbst für einen Vulkanier ausgeprägten Kälte. Es gab Dinge, an die sie sich in den vergangenen vier Monaten noch nicht gewähnt hatte.

Sebak hatte sich mittlerweile den nächsten Gästen zugewandt, und so betrat Amanda neugierig durch die Eingangstür die hell beleuchte vulkanische Botschaft.

XXX

Sarek, Botschafter von Vulkan auf der Erde, ging gemessenen Schrittes durch den großen Saal des Botschaftsgebäudes. Er hatte recht bald nach seiner Ankunft auf der Erde nicht nur veranlaßt, daß die Botschaftsangehörigen regelmäßig an Empfängen der Föderationsregierung und der anderen Vertretungen teilnahmen, sondern auch begonnen, eigene Veranstaltungen dieser Art durchzuführen. Ihm war aufgefallen, daß Menschen, Andorianer und all die anderen emotional geprägten Spezies in einer entspannten Atmosphäre logischen Argumenten eher zugänglich waren als zielgerichteten Konferenzen. Hinzu kam, daß die bei diesen Gelegenheiten geknüpften Bekanntschaften sich oft als nützlich erwiesen hatten.

Sareks Blick schweifte durch den Raum und verweilte schließlich auf Amanda Grayson.

Um die junge Frau herum hatte sich ein ganzer Kreis von Personen gebildet. Sie schien der Mittelpunkt der Party zu sein. Sarek bemerkte fasziniert, wie es ihr gelang, die unterschiedlichsten Charaktere zu fesseln. Auch die Botschafter Andorias und Tellmars, zwei „geschworene Todfeinde", wie sie selbst behaupteten, wurden von ihr in ein gemeinsames Gespräch verwickelt.

Prof. Lex, ein Denubulaner, beugte sich zu Ms. Grayson herunter, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Sie blickte erst ihn erst mit ernstem Blick an, legte dann ihre zierliche Hand auf seinen Arm und lachte schließlich glockenhell.

Sarek war von beider Reaktion überrascht. Er kannte Prof. Lex bereits sieben Jahre und wußte daher, welcher Art die Bemerkung gewesen war. Amanda Grayson hatte er bisher als zurückhaltende Person erlebt. Ihre fröhliche Reaktion wirkte auf ihn in diesen Zusammenhang atypisch.

„Botschafter" Sebaks Stimme riß Sarek aus seinen Überlegungen. „Es ist Zeit, die Ansprache zu beginnen."

XXX

Später am Abend hatte Sarek Gelegenheit, selbst einige Worte mit Amanda Grayson zu wechseln. Er traf sie abseits des großen Saales im Innenhof der Botschaft, wohin er sich selbst für einige meditative Momente zurückgezogen hatte. Sie stand so still an eine der mächtigen Säulen gelehnt, daß er sie zuerst gar nicht bemerkte. Erst, als sie sich etwas aus dem Schatten der Arkaden herausbewegte, fiel ihm die zweite Präsenz im Hof auf.

„Ms. Grayson", begrüßte er sie. Dabei dehnte er das „S" der Anrede genau so wie sie es ihm beigebracht hatte.

Amanda erschrak ein wenig. Sie hatte zu dieser Zeit niemanden an diesem Ort vermutet. Doch sie fing sich rasch.

„Guten Abend, Botschafter", erwiderte sie und lächelte. Was wohl Melly zu dieser Situation sagen würde? Ein verrückter Gedanke in diesem Augenblick. „Ich hatte noch gar keine Gelegenheit, mich bei Ihnen für die Einladung zu bedanken."

„Ich danke Ihnen, daß Sie uns mit Ihrem Erscheinen erfreuen", antwortete Sarek mit einer Floskel, die er in einem ihrer Bücher gelesen hatte. Er fand dies ob seiner Beobachtungen eine angemessene Formulierung.

Sein Gegenüber entschloß sich diese Konversation in eine Lektion im Small talk zu verwandeln. Sie machte einen weiteren Schritt aus dem Schatten heraus auf ihn zu und ließ ihren Blick über den weitläufigen Innenhof schweifen.

„Dies ist ein sehr schöner Ort", begann Amanda. „Die Architekten der Botschaft haben viel von der ursprünglichen Bausubstanz integriert, nicht wahr?"

Sarek nickte. „Das Gebäude, das sich an diesem Ort befand, war zu Beginn unserer Bauarbeiten 346,7 Jahre alt. Es wurde seitens der vulkanischen Techniker darauf geachtet, die Traditionen der Erde und unsere eigenen ausgewogen zur Geltung zu bringen. Die wüstenähnliche Umgebung und dieses Haus, das einmal Teil des Universitätscampus gewesen ist."

„Ich denke, dies ist sehr gelungen." Amanda hielt kurz inne. „Nun, soweit ich dies ob meiner noch sehr geringen Kenntnisse der vulkanischen Kultur einschätzen kann."

Das Gespräch geriet kurz ins Stocken, wohl auch deshalb weil der Botschafter einen Moment nachdenklich auf seine Gesprächspartnerin hinab sah. „Diesen Hof hier nutzen wir häufig zu meditativen Zwecken…"

„Man hat hier einen wunderbaren Blick auf die Sterne", unterbrach Amanda ihn, „und in welcher Klarheit!" Sie machte einen weiteren Schritt auf die Mitte des Hofes zu. „Sehen Sie nur Botschafter!"

Sarek wandte seinen Blick gen Himmel. Er hatte bereits oft des Nachts in diesem Hof gesessen und die Sterne betrachtet. Seit er einmal einen Artikel über die Beziehung der Menschen zu den Sternen gelesen hatte, interessierte ihn diese Thematik. Die Erdbewohner hatten die Angewohnheit, Gruppen von Sternen zu sogenannten Sternbildern zusammenzufassen und diesen Namen zu geben. Die dafür verwendeten Sinnbilder erschlossen sich ihm nicht immer.

Amanda Grayson hatte bei ihrer Betrachtung der leuchtenden Himmelskörper weniger die Astronomie im Sinn. Ihre Betrachtungsweise schien eher ästhetischer Natur zu sein.

„Heute abend strahlen sie besonders hell", meinte sie. „Finden Sie nicht auch, Botschafter?"

„Mir sind die heutigen Erdatmosphären-Parameter nicht genau bekannt, aber wenn man die Lichtstärken, trotz der ungenauen Meßwertigkeit selbst der vulkanischen Augen, in Betracht zieht, denke ich, daß Ihre Feststellung mit einer 67,35igen Wahrscheinlichkeit ihre Richtigkeit hat."

Sareks Gegenüber schwieg für einen Moment, was den Botschafter zu der Überlegung brachte, ob seine Aussage mit einer kürzeren, unter Umständen allerdings weniger präzisen Argumentationskette eine besser Resonanz gefunden hätte.

„Bei den Menschen gab es von jeher eine tiefe Sehnsucht, zu den Sternen zu ziehen", unterbrach Amanda schließlich das Schweigen. „Schon in den Aufzeichnungen der ältesten Kulturen unseres Planeten finden sich Abbildungen von Himmelswagen und Reisenden, die vom Firmament hinabsteigen, um den Menschen ihr wissen zu lernen."

„Und wann werden Sie ihre erste Reise fort von Ihrem Planeten wagen?", wollte ‚Sarek wissen.

Die junge Frau lachte. „Früher habe ich immer von jemandem geträumt, der mich mit zu den Sternen nimmt. Heute erscheint mir ein Leben mit festem Boden unter meinen Füßen sicherer."