Erstes Kapitel ~ Dunharg
Welch Närrin ich doch bin! Hatte ich wirklich angenommen, Aragorn würde mich mitnehmen?
Ich wollte es glauben, so sehr, wie es nur Frauen in der unerschütterlichen Hoffnungslosigkeit ihres elenden Daseins zustande bringen. Darum legte ich beim ersten Tageslicht die Reitertracht an und gürtete mir mein Schwert um. Dann holte ich den goldenen Becher und ging zu ihm.
Wie eilig er es doch hat an diesem Morgen. Sein Gefolge wartet bereits, und seine Hand umfasst schon den Sattelknauf. Will er sich etwa wie ein Dieb davonmachen?
Da sieht er mich kommen. Er zögert.
Ich hab Angst - welches Gesicht wird er mir zeigen? Ein ärgerliches, überdrüssiges? Ein ... liebevolles ...? Dummes Herz, schweig still!
Leicht wollt ich es ihm machen. Keiner sollte auf den Gedanken kommen, er hätte sich von einer Frau umstimmen lassen. Nein, ich hatte es mir so gedacht: ich reiche ihm den Becher, er sieht meine Kleidung, mein Schwert - und dann sagt er, wie nebenbei, aus einer freundlichen Laune heraus: Wo ist dein Pferd, Éowyn?
Er hat kein Gesicht. Er hat eine Maske, aus Stein gehauen, mit leblosen Augen darin, stumpf und grau. Er nimmt den Becher und trinkt, und dann sagt er mir Lebwohl. Er trinkt auf das Glück meines Volkes, meines Hauses und schließlich auf mich. Es klingt wie Hohn in meinen Ohren.
Mein Grimm wächst. Trotzdem frage ich ein weiteres Mal: Du willst mich nicht in deiner Schar reiten lassen?
Er lehnt ab. Ohne nachzudenken. Er weist mich ab wie ein Stück Brot, das zu trocken geworden ist.
In die Augen sieht er mir dabei nicht, der Feigling. Auch nicht, als er sich herausredet. Wie Schlangenzunge windet er sich, falsch und hinterlistig ... er erwähnt den König, beruft sich auf meinen Bruder.
Wo waren seine Skrupel heute Nacht?
~ ~ ~ ~
Er muss es in meinen Augen gelesen haben, gleich nachdem er in Dunharg eintraf. Ich war bereit, so bereit ein junges Weib eben ist, wenn es jahrelang nur die Krankenschwester für den halb verfaulten Onkel sein durfte. Ich sah ihn, und mein Schoß zog sich zusammen, und meine Brüste schmerzten. Es geschah einfach, und ich ließ mich fallen, in den Strudel des Verlangens, fiebernd, willenlos, ohnmächtig. Er hat es sofort gespürt, sofort gewittert. Alle müssen es gespürt haben. Keiner dachte sich etwas dabei - als wäre es sein Recht, sich zu nehmen, wonach es ihm verlangt, gleich dem Vorrecht eines Königs.
Der Zwerg und der Elb suchten sich ein anderes Nachtlager, und Aragorn hatte die Hütte für sich.
Gerufen hat er mich nicht, und doch vernahm ich seinen Ruf, und - folgte ihm. Er machte nicht viel Worte, und von Zärtlichkeit wusste er nichts. Er nahm mich in der Manier eines Kriegers, der am nächsten Tag in die Schlacht zieht. Nur ein kurzer Akt war es, kaum mehr als eine hastige Umarmung auf einem kalten, harten Lager. Kaum dass sich unsere Körper berührten; unsere Herzen sicher nicht.
Seine Glut erlosch, ich aber brenne noch.
Die Lust lodert in mir, die Lust, zu kämpfen und zu töten, die Lust, in seinen Armen zu vergehen.
Ich war diejenige, die von Liebe sprach. Er sprach von Bruchtal ...
~ ~ ~ ~
Seine Worte machen alle Hoffnung zunichte. In Gedanken ist er schon weit weg, und ich - nur ein letztes Hindernis auf seinem Weg. Ungeduldig wird er. Jede Minute ist ihm kostbar. Mir auch.
Oh, ich törichtes Weib! Wie konnte ich nur glauben, ihn umzustimmen, indem ich mich ihm hingab?
Keine Träne soll er sehen. Doch seine unerbittliche Härte macht mir die Knie zittern, und ich sinke kraftlos zu Boden. Ich habe keinen Stolz mehr, verspüre keinen Zorn. ICH BITTE DICH! ICH BITTE DICH!
Nein, flüstert er, nein ... - und nach einigem Zögern: Nein, ... Jungfrau ...
Täusche ich mich, oder verziehen sich seine Lippen tatsächlich zu einem flüchtigen Lächeln? Er ergreift meine Hand und hebt mich empor. Und da geschieht es, das unbeschreibliche Wunder: Er sieht mir in die Augen, endlich! ... unsere Blicke versinken ineinander, und - welch atemloses Entzücken - unsere Seelen verschmelzen, und ich fühle sein unendlich zartes, verletzliches Selbst.
In diesem winzigen Augenblick offenbart er mir die ganze Qual seines Herzens - gepeinigt von Liebe und Pflicht, Verlangen und Verzicht.
Herrlichste Seligkeit überflutet mich, funkelndstes Glück.
Er aber reißt sich los und springt in den Sattel. Er reitet hinfort wie einer, der in tiefste Abgründe geblickt hat und sich vor sich selbst fürchtet.
~ ~ ~ ~
Ich bleibe zurück.
Da geht er dahin, in den Tod, edel und tapfer, wie es nur einem Mann zukommt. Mir aber bleibt nichts. Dumpfe Hoffnungslosigkeit verdunkelt meine Sinne.
Ach - wenn ich schon nicht an seiner Seite sein kann, dann möcht ich wenigstens teilhaben an seinem Kampf.
Und meine Hände ballen sich zu Fäusten: ein Schwert wollen sie umklammern, durch Stahl und Schmerz dieser unsäglichen Pein entfliehen, Tod und Verderben bringen.
Kämpfen werd ich, fern von dir, und doch an deiner Seite, untergehen mit dir ... in Strömen von Schweiß und Blut ... sterben ...
Nein, Herr Aragorn, so einfach kommst du mir nicht davon.
~ ~ ~ ~
Bitte sagt mir eure Meinung - aufrichtig, hart und schonungslos, entweder per Mail oder als review
Welch Närrin ich doch bin! Hatte ich wirklich angenommen, Aragorn würde mich mitnehmen?
Ich wollte es glauben, so sehr, wie es nur Frauen in der unerschütterlichen Hoffnungslosigkeit ihres elenden Daseins zustande bringen. Darum legte ich beim ersten Tageslicht die Reitertracht an und gürtete mir mein Schwert um. Dann holte ich den goldenen Becher und ging zu ihm.
Wie eilig er es doch hat an diesem Morgen. Sein Gefolge wartet bereits, und seine Hand umfasst schon den Sattelknauf. Will er sich etwa wie ein Dieb davonmachen?
Da sieht er mich kommen. Er zögert.
Ich hab Angst - welches Gesicht wird er mir zeigen? Ein ärgerliches, überdrüssiges? Ein ... liebevolles ...? Dummes Herz, schweig still!
Leicht wollt ich es ihm machen. Keiner sollte auf den Gedanken kommen, er hätte sich von einer Frau umstimmen lassen. Nein, ich hatte es mir so gedacht: ich reiche ihm den Becher, er sieht meine Kleidung, mein Schwert - und dann sagt er, wie nebenbei, aus einer freundlichen Laune heraus: Wo ist dein Pferd, Éowyn?
Er hat kein Gesicht. Er hat eine Maske, aus Stein gehauen, mit leblosen Augen darin, stumpf und grau. Er nimmt den Becher und trinkt, und dann sagt er mir Lebwohl. Er trinkt auf das Glück meines Volkes, meines Hauses und schließlich auf mich. Es klingt wie Hohn in meinen Ohren.
Mein Grimm wächst. Trotzdem frage ich ein weiteres Mal: Du willst mich nicht in deiner Schar reiten lassen?
Er lehnt ab. Ohne nachzudenken. Er weist mich ab wie ein Stück Brot, das zu trocken geworden ist.
In die Augen sieht er mir dabei nicht, der Feigling. Auch nicht, als er sich herausredet. Wie Schlangenzunge windet er sich, falsch und hinterlistig ... er erwähnt den König, beruft sich auf meinen Bruder.
Wo waren seine Skrupel heute Nacht?
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Er muss es in meinen Augen gelesen haben, gleich nachdem er in Dunharg eintraf. Ich war bereit, so bereit ein junges Weib eben ist, wenn es jahrelang nur die Krankenschwester für den halb verfaulten Onkel sein durfte. Ich sah ihn, und mein Schoß zog sich zusammen, und meine Brüste schmerzten. Es geschah einfach, und ich ließ mich fallen, in den Strudel des Verlangens, fiebernd, willenlos, ohnmächtig. Er hat es sofort gespürt, sofort gewittert. Alle müssen es gespürt haben. Keiner dachte sich etwas dabei - als wäre es sein Recht, sich zu nehmen, wonach es ihm verlangt, gleich dem Vorrecht eines Königs.
Der Zwerg und der Elb suchten sich ein anderes Nachtlager, und Aragorn hatte die Hütte für sich.
Gerufen hat er mich nicht, und doch vernahm ich seinen Ruf, und - folgte ihm. Er machte nicht viel Worte, und von Zärtlichkeit wusste er nichts. Er nahm mich in der Manier eines Kriegers, der am nächsten Tag in die Schlacht zieht. Nur ein kurzer Akt war es, kaum mehr als eine hastige Umarmung auf einem kalten, harten Lager. Kaum dass sich unsere Körper berührten; unsere Herzen sicher nicht.
Seine Glut erlosch, ich aber brenne noch.
Die Lust lodert in mir, die Lust, zu kämpfen und zu töten, die Lust, in seinen Armen zu vergehen.
Ich war diejenige, die von Liebe sprach. Er sprach von Bruchtal ...
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Seine Worte machen alle Hoffnung zunichte. In Gedanken ist er schon weit weg, und ich - nur ein letztes Hindernis auf seinem Weg. Ungeduldig wird er. Jede Minute ist ihm kostbar. Mir auch.
Oh, ich törichtes Weib! Wie konnte ich nur glauben, ihn umzustimmen, indem ich mich ihm hingab?
Keine Träne soll er sehen. Doch seine unerbittliche Härte macht mir die Knie zittern, und ich sinke kraftlos zu Boden. Ich habe keinen Stolz mehr, verspüre keinen Zorn. ICH BITTE DICH! ICH BITTE DICH!
Nein, flüstert er, nein ... - und nach einigem Zögern: Nein, ... Jungfrau ...
Täusche ich mich, oder verziehen sich seine Lippen tatsächlich zu einem flüchtigen Lächeln? Er ergreift meine Hand und hebt mich empor. Und da geschieht es, das unbeschreibliche Wunder: Er sieht mir in die Augen, endlich! ... unsere Blicke versinken ineinander, und - welch atemloses Entzücken - unsere Seelen verschmelzen, und ich fühle sein unendlich zartes, verletzliches Selbst.
In diesem winzigen Augenblick offenbart er mir die ganze Qual seines Herzens - gepeinigt von Liebe und Pflicht, Verlangen und Verzicht.
Herrlichste Seligkeit überflutet mich, funkelndstes Glück.
Er aber reißt sich los und springt in den Sattel. Er reitet hinfort wie einer, der in tiefste Abgründe geblickt hat und sich vor sich selbst fürchtet.
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Ich bleibe zurück.
Da geht er dahin, in den Tod, edel und tapfer, wie es nur einem Mann zukommt. Mir aber bleibt nichts. Dumpfe Hoffnungslosigkeit verdunkelt meine Sinne.
Ach - wenn ich schon nicht an seiner Seite sein kann, dann möcht ich wenigstens teilhaben an seinem Kampf.
Und meine Hände ballen sich zu Fäusten: ein Schwert wollen sie umklammern, durch Stahl und Schmerz dieser unsäglichen Pein entfliehen, Tod und Verderben bringen.
Kämpfen werd ich, fern von dir, und doch an deiner Seite, untergehen mit dir ... in Strömen von Schweiß und Blut ... sterben ...
Nein, Herr Aragorn, so einfach kommst du mir nicht davon.
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