Ein Winter in Stockholm

Fanfiction von Slytherene

Hallo, Mädels, sie rennen wieder hinter dem runden Ball her, diesmal die Argentinier und die Oranjes.

Zeit für mich, an der Fortsetzung zu „Ein Sommer in Straßburg" weiter zu arbeiten. Und wie ich versprochen hatte, heißt die Geschichte „Ein Winter in Stockholm".

Ich lasse sie nicht betalesen, weil meine liebe Betaleserin mit meinen Wölfen und Raben schon genug zu tun hat. Dies hier ist leichte Kost, und ein paar Kommafehler werden niemandem schaden. Dafür wird es häufiger mal ein Update geben. Voraus gesetzt, der Ball rollt…

Ach ja, der Wolf gehört mir leider immer noch nicht…

Soundtrack:

Was Französisches: Patricia Kaas "Une fille des L'est"

Eine Runde Schokocroisssants für alle und los geht es.


1. Prolog

Remus dreht den Kupferring zwischen den Fingern. Die Cellistin hatte nichts dagegen, ihm das Schmuckstück wieder zu geben.

Jetzt sitzt er in der Rue de Pigeons in „seinem" Vollmondkeller, und es sind noch ein paar Minuten bis zum Mondaufgang. Der Keller befindet sich in einem eher schäbigen Hinterhaus, und Remus hat ihn für einen Spottpreis gemietet, um eine paar „Dinge" dort unterzustellen. Der Vermieter hat nicht viel nachgefragt, sondern das Geld für ein Semester im Voraus genommen und ihm den Schlüssel ausgehändigt. Es ist ein schwerer Eisenschlüssel, der eine dicke Holztür abschließt. Remus trägt Handschuhe, wenn er das dünne Silbernetz über der Tür des fensterlosen Raums voller Ratten und Schaben befestigt. Sicher ist sicher.

Doch er hat den Wolfsbann dabei, den er jeden Monat bei einem nicht allzu wohl beleumundeten Tränkebrauer in der Rue des Moulins besorgt. Remus interessiert sich nicht sonderlich für den Ruf des Alten. Er braut einen passablen Wolfsbann, und er ist bezahlbar.

Es ist dieser Trank, der ihm ein paar Monate sorglosen Daseins in der Welt der Uni Straßburg ermöglicht hat, und doch ist sein Leben jetzt lange nicht mehr so sorglos wie noch vor zwei Wochen.

Er hat Natalie seit dem Fußballspiel am Samstag nicht mehr gesehen. Er hat einen Brief unter ihrer Tür durchgeschoben, doch am nächsten Tag findet er ihn ungeöffnet in seinem Briefkasten.

Und auch wenn der Tag vor dem Mond schon kein guter Tag mehr ist, um schwierige Gespräche zu führen, ist er noch mal zu dem kleinen Appartement in der Altstadt gegangen, dass sie mit ihrer Freundin bewohnt. Er hat geklingelt, doch keine Reaktion.

Remus kann verstehen, dass sie nicht mit ihm reden will, doch er hofft, dass er sich wenigstens entschuldigen kann.

Noch hat es nicht begonnen, weh zu tun, noch hat er die Hoffnung, dass Natalie sich irgendwie mit ihm versöhnen wird.

Endlich kommt der Mond und erlöst ihn für eine Nacht voller Träume von endlosen Wäldern und wildem Jagen von seinen Gedanken.

oooOOOooo

Remus ist blass und fühlt sich krank und wackelig am nächsten Tag, nichts Besonderes nach dem Mond.

Er hat Vorlesung und seine Mitstudenten spotten darüber, dass er wohl ein bisschen viel getrunken habe. Doch das kommt bei ihnen allen ab und an vor und ist nichts Besonderes. Er erntet ein paar mitleidige Kommentare, aber die Blicke der Kommilitonen haben nichts mit denen gemein, die er in Oxford von seinen magischen Mitstudenten erhielt, die von seinem Zustand wussten.

Egal, wie oft Remus zu Natalies Wohnung und auch zum Stall geht, wie oft er auch an „ihrem" See entlang läuft, sie bleibt verschwunden.

Endlich sieht er auf dem Kampus eine bekannte Gestalt, hoch aufgeschossen und mit roten Haaren, Svea, ihre Mitbewohnerin.

"Svea!" ruft Remus über den ganzen Platz und rennt zu ihr hinüber. Ihm ist bewusst, dass viele Augen ihn anstarren, und dass es vielleicht nicht sehr würdevoll aussieht, wie er mit schlackernder Tasche über den Hof sprintet, aber er muss wissen, wo Natalie ist.

„Hallo Remus" sagt Svea, und ihr Gesicht ist freundlich und offen.

„Weißt du, wo Natalie ist?" fragt er sie.

„Hat sie dir nichts gesagt?" fragt Svea erstaunt. „Sie ist zurück nach Schweden gefahren, ihr Vater hat angerufen Samstagabend, ihr Bruder hatte einen schweren Autounfall. Hat sie sich denn nicht von dir verabschiedet?"

Remus schüttelt den Kopf.

„Wir…hatten einen Streit Samstag Nachmittag" sagt er leise, und Svea sagt, dass ihr das leid tue.

Remus fragt Svea nach Natalies Adresse in Schweden, er weiß, dass sie aus Göteborg kommt, aber es gab nie einen Grund, nach der Anschrift ihrer Eltern zu fragen.

Svea zögert nicht, ihm die Adresse zu geben.

Remus schreibt einen Brief nach Schweden, dann noch einen. Er schreibt ihr, wie leid es ihm tut, dass er einen wirklich blöden Fehler gemacht hat, dass er ihr nie wehtun wollte. Er fragt, wie es ihrem Bruder geht und wann sie nach Frankreich zurückkommt.

Antwort erhält er keine.

Und langsam wird ihm klar, was es bedeutet, ohne sie zu sein.

Ohne Natalie sind nicht nur seine Nächte leer. Niemand ist mehr da, der ihn aus seinen melancholischen Stimmungen reißt, niemand, der ihn in das Getümmel der Partys und Tanzveranstaltungen zerrt, in reißende Wildbäche und auf schroffe Berge, ins pralle Leben.

Sie beginnt, ihm zu fehlen.

Er vermisst ihr Lachen, ihre natürliche Fröhlichkeit, ihr Englisch mit dem weichen skandinavischen Akzent.

Seine Zunge tut sich auf einmal schwer mit seinem französischen Umfeld – der Ausgleich fehlt. Seine Wohnheimmitbewohner sprechen zwar Englisch wie er, aber sind kein adäquater Ersatz.

Und er vermisst ihre beiläufigen Zärtlichkeiten, die Selbstverständlichkeit ihrer Hand in seiner und ihren Duft. Der Geruch ihrer Haare nach Blumen und Wind in den Bergen fehlt schmerzlich in der Mixtur dessen, was seine feine Nase ständig wahrnimmt, und der Wolf heult auch nach ihrem festen, willigen Körper.

Er bemerkt erst jetzt, dass sie ein Verlangen in ihm geweckt hat, für das es nun keine Befriedigung mehr gibt. Der Wolf in ihm ist hungrig und rastlos, er macht Remus zunehmend zu schaffen.

Er versucht, sich abzulenken. Er stürzt sich in seine Arbeit und zieht mit William und Jack durch die Kneipen und Bars, er trinkt viel zu viel und an einem Abend nimmt er ein französisches Mädchen mit an den See, weil er die Spannung und den Drang nicht mehr aushält. Doch ihr zierlicher Körper fühlt sich fremd und viel zu zerbrechlich unter dem seinen an, und er weiß nicht, wie er diesen Akt überstehen soll. Alles ist falsch und er ist durcheinander. Remus sagt ihr, das er jetzt vielleicht doch nicht mit ihr schlafen möchte.

Das Mädchen ist wütend und faucht ihn an, er meine doch nicht, dass sie umsonst mit ihm an den See gekommen sei, was ihm eigentlich einfiele, und ob er sich vorstellen könne, wie es sich anfühle, zurückgestoßen zu werden, in dieser Situation.
Sie sind beide bereits nackt, und ja, er kann es sich vorstellen, und er will nicht schon wieder einen anderen Menschen verletzen, also bringt er es hinter sich, und seine Zärtlichkeit ist ein Teil der Pflicht, die er erfüllt. Sie soll sich nicht schlecht fühlen seinetwegen.

Er jedoch fühlt sich völlig fremd bei ihr, er verschwindet vor dem Morgengrauen und er muss lange unter der Dusche stehen, bis er ihren Geruch von sich gewaschen hat und der Wolf wieder zufrieden ist.

Remus zieht sich zurück. Vom Campus, vom See, von seinen Mitbewohnern. Er lernt und kümmert sich um sein Arithmantik Fernstudium. Jeden zweiten Tag geht er zum Stall und sieht nach Thor, der jetzt von Svea versorgt wird.

Zwei Wochen geht das so.

Eines Tages ist die Box leer. Nicht nur ohne Pferd, sondern auch ohne Decke, Bürste, und Zaum in der Sattelkammer, und das Schild „Johansson" ist auch weg. Ein flaues Gefühl im Magen treibt Remus den ganzen Weg vom Stall zu Natalies Wohnung, schweißüberströmt klingelt er. Svea öffnet und erschrickt, als sie ihn sieht.

„Mon dieu, Remus, wie siehst du denn aus?"

„Thor ist weg." Er atmet wie eine Dampflok.

„Ja, weißt du es denn nicht?" fragt Svea. „Natalie hat ihn heimholen lassen, sie kommt für die letzten drei Wochen nicht mehr zurück, und dann sind ja Semesterferien. Da will sie ihn zuhause haben."

Remus ist wie vor den Kopf gestoßen. Natürlich hat Svea Recht, es lohnt sich nicht, wegen drei Wochen zurück zu kommen, wenn man die Ferien komplett in Schweden verbringt.

Aber Natalie wollte doch mit ihm in die Alpen, sie wollten auf den Mont Blanc und die Aiguille Verte, sie wollte ihm Ski fahren beibringen, oben auf dem Gletscher..

Er hat sich die letzten Wochen daran festgehalten, dass sie zurückkommt. Ohne darüber nachzudenken, wie unwahrscheinlich das ist. Er hat nicht darüber nachdenken wollen. Jetzt fühlt sich die Erkenntnis an, als ob er in Eiswasser getaucht würde.

Man muss es ihm wohl ansehen, denn Svea sagt: „Weißt du, Remus, Natalie hat mir am Telefon erzählt, dass ihr euch gestritten habt, und sie war sehr traurig. Aber sie hat auch gesagt, dass es sicher nicht deine Absicht war, ihr wehzutun, und sie schien nicht wütend auf dich zu sein."

„Sie hat nicht einen meiner Briefe beantwortet" sagt Remus tonlos und leise.

„Sie hat mir nichts von Briefen erzählt" sagt Svea, die ihm das Unglücklichsein vom Gesicht abliest, so wie er das Mitleid in ihren Augen lesen kann. „Vielleicht hat sie sie nicht bekommen? Oder vielleicht braucht sie einfach ein bisschen Zeit für sich."

Remus schüttelt den Kopf. Er will jetzt keine Illusionen mehr, keine falschen Hoffnungen.

„Zumindest hat sie nach Dir gefragt. Mensch, Remus, sie liebt dich doch, du solltest wirklich etwas tun, und nicht nur hier herum sitzen."

Ihre Worte klingen lange in ihm nach, als er abends spät alleine am See sitzt.

Soll er wirklich etwas tun? Nach Göteborg fahren und sie besuchen, mit ihr reden? Würde sie mit ihm sprechen? Svea sagt, dass sie nicht böse ist, dass sie nach ihm fragt. Und sie sagt, dass Natalie ihn liebt.

Und was fühlt er?

Er weiß nur, dass er Lilly geliebt hat, und dass sich seine Gefühle für Natalie anders anfühlen. Aber er weiß auch, dass er Natalie unendlich vermisst und dass sein Leben ohne sie verdammt einsam geworden ist.

Fühlt Liebe sich jedes Mal anders an? Remus war selten länger als drei Wochen mit einer Hexe zusammen, und jede seiner Beziehungen endete zwangsweise mit der Wahrheit.

Doch die Frage nach der Wahrheit hat sich für ihn mit Natalie nie gestellt. Vielleicht weil diese Beziehung so einfach, so selbstverständlich war, und weil er zumindest nie über seine Gefühle nachgedacht hat. Natalie war einfach da gewesen, so selbstverständlich wie Luft und Wasser.

Will sagt zu ihm: „Well, she was really cute. You're stupid you fucked it up, you know?

You were a lucky guy with that girl, Remus."

Remus hat gegrinst, und sich geweigert, zu antworten. Doch er hat erst verstanden, wie viel Glück er hatte mit Natalie, als sie fort ist.

Der Entschluss reift binnen weniger Stunden am See. Er wird etwas tun, und er wird sie wieder sehen.


TBC