A/N: Eine Geschichte, die ich mit ungefähr 11 Jahren geschrieben habe, aufpoliert um sie etwas präsentabler/weniger schlecht zu machen.


Vier Tage Voller Ereignisse

Es war eine dunkle, kalte Nacht die an jenem Tage Springfield umschlang. Stürmischer Regen fiel wie aus Eimern vom Himmel und vertrieb auch sturere Geister von der Straße. Und dennoch kämpfte sich eine kleine, angeschlagene Figur vorwärts durch das Unwetter. Lillien Timestrong fühlte wie ihre Knie mit jedem Schritt ein Stück weiter einknickte. Zum Glück war sie fast am Ziel, dachte sie, als sie auf die vertraute Tür des Simpson Haushaltes zuging. Obwohl, taumeln war vermutlich treffender.

Bob hatte ihr lange Vorträge darüber gehalten, wie sie sich in solchen Situationen verhalten sollte. Nicht dass sie nicht auf sich selbst aufpassen konnte. Lillien hatte sich, soweit sie sich erinnerte, immer selbst zurechtgefunden und es hatte ihr nie besondere Probleme bereitet. Selbst eher unerwartete neue Situation machten ihr selten lange Sorgen. Aus irgendeinem Grund schien Bob das nicht einsehen zu wollen.

Als sie die Tür endlich erreichte, klingelte sie mehrmals. Es war spät, und wer weiß ob noch jemand auf war. In ihrem momentanen Zustand war es vermutlich das beste, auf Nummer Sicher zu gehen. Nur wenig später öffnete Marge ihr die Tür. Sie musste wohl doch noch auf gewesen sein, dachte Lillien. Marge wurde ganz bleich als sie Lillien sah, was ihr diese nicht wirklich verübeln konnte. Bevor sie aber etwas erklärendes sagen konnte, hatte Marge sie aufgehoben. Etwas verwirrt wurde sie ins Wohnzimmer getragen und auf die Couch gelegt.

Sie beobachtete Marge dabei, wie sie aus dem Zimmer in Richtung Stiege lief. Es dauerte nicht lange bis sie zurückkam, mit einem Erste Hilfe Kasten in der Hand und einem Telephon in der anderen. Lillien kam wieder nicht dazu, etwas zu sagen. Marge hatte sie aufgefordert, ruhig zu sein. Zwar war sich Lillien nicht sicher, warum sie nicht reden sollte, – immerhin war es nicht ihr Hals der verletzt war – aber sie beschloss für den Moment nachzugeben. Der Blick, den Marge auf sie richtete, schien besorgt. Nicht unbedingt die erste Emotion, die Lillien erwartet hatte, aber gut.

Wie es sich herausstellte, hatte Marge die Polizei verständigt. Großartig. Manchmal fragte sich Lillien wirklich, was in den Köpfen ihrer Freunde vorging. Während sie auf die Polizei warteten, kümmerte sich Marge um Lilliens Wunden. Sie würde einen richtigen Arzt brauchen, hatte Marge ihr gesagt. Also würden sie ins Krankenhaus fahren, nachdem die Polizei da gewesen war. Lillien mochte Krankenhäuser nicht besonders, aber Marge hatte vermutlich recht. Das Mädchen seufzte.

Die Polizei erreichte wenig später. Es waren zwei Polizisten, die Marge ins Wohnzimmer führte. Beide sahen wenig begeistert aus, eher genervt. Sie fragten sie einige oberflächliche Fragen, welche Lillien ebenso oberflächlich beantwortete. Jemand hatte sie attackiert und auf sie geschossen. Sie wusste nicht wer. Sie war sich nicht sicher wo. Es war heute Nacht passiert. Ihre Stimme war belegt und leise, was sie nervte. Die Polizisten taten nicht einmal so, als ob sie ihre Antworten aufschreiben würden. Nicht dass Lillien etwas anderes erwartet hatte.

Es dauerte zum Glück nicht lange, bis die Polizisten sich verabschiedeten. Gleich nachdem sie gegangen waren, trug Marge Lillien zum Auto, setzte sie auf dem Rücksitz ab, und fuhr los in Richtung Krankenhaus. Lillien legte sich auf den Rücken und schlief nach nur wenigen Minuten ein. Aus irgendeinem Grund schlief sie in oder auf sich bewegenden Dingen immer schon leichter ein als in einem stillen Bett. Besser auch.

Als sie wieder wach wurde, lag sie bereits in einem Krankenhausbett. Man hatte sie wohl in der Zwischenzeit verarztet und ihr Schmerzmittel verabreicht. Wie nett. Das nächste, das sie bemerkte, waren die anderen Leute im Raum. Besucher. Bob saß neben ihr, was vermutlich zu erwarten war. Sie nahm an dass er es war, der ihr ihre Brille wieder aufgesetzt hatte während sie schlief. Er sorgte sich um solche Kleinigkeiten, auch wenn sich Lillien nicht sicher war wieso. Momentan war es ihr aber ganz recht. Die anderen Besucher hatte sie nicht ganz so erwartet. Bart vielleicht, ja, aber der Rest seiner Familie? Sie schätzte es war eine nette Geste. Ihr Erwachen schien alle Anwesenden zu erfreuen und sie lächelte unsicher. Darauf folgte eine lange Weile voller Umarmungen, Unterhaltungen und ähnlichen Dingen. Es könnte deutlich schlimmer sein, fand Lillien.

Irgendwann verabschiedeten sich ihre Besucher schließlich für den Moment. Leider hatte Lillien nicht viel Gelegenheit dazu, sich auszuruhen, da sich schon wenig später die Tür wieder öffnete. Es war ihr Vater, wie sie verwirrt feststellte. Joe war so ziemlich die letzte Person, von der sie sich erwartete, hier vorbeizukommen. Ihre Verwirrung verschwand sofort wieder, als Joe's Crew hinter ihm eintrat. Also hatten die Polizisten wohl doch ihre Arbeit getan. Oder zumindest jemandem erzählt was passiert war. Einem Barkeeper zum Beispiel. Auf jeden Fall hatte es die Geschichte zum Fernsehen, und damit Joe, geschafft.

Lillien seufzte. Manchmal fragte sie sich, wieso ihr Vater ständig der war, der Nachrichten über sie bringen musste. Es war nicht so, als mangle es an Nachrichtensprechern. Oder Nachrichten die nichts mit ihr zu tun hatten. Sie würde vermutlich nie verstehen wieso diese Leute es für notwendig bedachten, ständig irgendetwas über sie zu berichten, selbst wo es ihres Wissens nach nichts zu berichten gab. Heute waren Joes Fragen noch nerviger als üblich. Sie war müde und hatte keine Lust, sich mit ihrem Vater herumzuschlagen. Natürlich half es nichts, dass sie ihm genau das sagte. Nachdem klar wurde, dass sie nicht kooperieren würde, wurde Joe ebenfalls frustriert und wies sie in einem scharfen Ton an, endlich mitzuspielen.

Basierend auf seiner Formulierung war es klar, dass Lillien seine Tochter war. Es war nicht einmal ansatzweise subtil. Zwar war es klar, dass er über die Tatsache nicht glücklich war und sie wohl gerne vergessen würde, aber trotzdem. Lillien hatte vor langer Zeit sichergestellt dass niemand sie für eine der Timestrongs hielt. Nur ein zufällig gleicher Nachname, keine Verwandtschaft. Und es hatte funktioniert, wenn auch mit etwas Mühe. Und jetzt hatte Joe all ihre Arbeit zu Nichte gemacht. Großartig. Er schien seinen Fehler wohl auch bemerkt zu haben, denn das Interview endete danach sehr schnell. Das, zumindest, war Lillien recht. Trotz der Schmerzmittel war sie schließlich immer noch erschöpft und müde.

Es dauerte nicht lange, bis sie einschlief.

Das nächste Mal, als sie aufwachte, war sie nicht mehr im Krankenhaus. Sofort läuteten alle Alarmglocken, und sie setzte sich auf. Ihr Kopf tat weh und für einen Moment war die Welt recht verschwommen. Die Schmerzmittel hatten wohl aufgehört zu wirken. Aber darauf konnte Lillien jetzt nicht achten. Sie war definitiv nicht, wo sie sein sollte. Nachdem sie sich kurz und leise umgesehen hatte, schloss sie, dass sie sich im Kerntheater befand. Auf der Bühne, um genau zu sein. Wie seltsam.

Lillien hatte es gerade geschafft, aufzustehen und ein paar Schritte zu gehen, als jemand die Bühne betrat. Es war ein Mann, in schwarz gekleidet, mit einem Tuch vor dem Gesicht. Naja, zumindest hatte dann wohl keiner ihrer eigenen Leute sie entführt, schätzte Lillien. Der Mann schien erstaunt darüber zu sein, dass sie auf den Beinen war. Verständlich, vermutete sie. Er hatte versucht sie zu fesseln, aber daraus war zum Glück nichts geworden, nachdem Lillien ihm versicherte, hier zu bleiben. Nicht, dass sie in ihrem Zustand besonders weit gekommen wäre.

Eine Weile saß Lillien mit dem Rücken an der Seitenwand der Bühne gelehnt da und beobachtete ihren Entführer dabei, wie er den Gang auf und ab ging. Er schien nervös, was sie von einem Entführer nicht wirklich erwartete. Allerdings war sie zugegebenermaßen auch zum ersten Mal entführt worden, war also nicht gerade ein Experte in diesem Fach. Irgendwann wurde ihr langweilig und sie beschloss, es mit tratschen zu versuchen. Tatsächlich antwortete ihr der Entführer auch, als sie ihn nach der Uhrzeit fragte. Es war inzwischen Nacht geworden, wie es sich herausstellte. Nach diesem positiven Start begann Lillien eine recht einseitige Konversation mit dem Mann, der nicht aufhören wollte im Kreis zu gehen.

Schließlich fragte sie ihn, was er überhaupt mit dieser ganzen Aktion bewirken wollte. Es war ja nicht so, als ob sie eine Familie hätte, der man Lösegeld abknöpfen könnte. Bob, vielleicht, aber Lillien fand es unwahrscheinlich, dass sie noch hier wäre wenn er wüsste wo sie war. Er machte sich immer zu viele Sorgen um sie. Ihre Frage brachte den Entführer zum Stillstand. Für ein paar Momente sah er sie abschätzend an, bevor er scheinbar beschloss, zu antworten. Er erzählte ihr, dass er dringend Geld brauche. Und als er sah wie ihr Vater sie im Fernsehen als eine Timestrong outete, hatte er beschlossen sie zu entführen und Lösegeld von ihrem Vater zu verlangen.

Die Idee klang recht akzeptabel in der Theorie, aber Lillien hatte keine Ahnung wie dieser Mann darauf gekommen war, dass ihr Vater auch nur irgendwas für sie machen würde. Geschweige denn sein Geld ausgeben. Lillien hielt sich von ihm fern, und er hielt sich von ihr fern. Und das war in Ordnung für sie. Aber scheinbar hatte das niemand diesem Mann erzählt, der irgendwie geschlossen hatte, dass Verwandtschaft gleich Freunde ist oder so. Sie hätte es noch eher verstanden, wenn sie und ihr Vater besser auf einander zu sprechen wären, aber Lillien hatte aktiv dafür gesorgt, dass Leute sie für nicht verwandt hielten. So etwas muss einem doch auffallen…

Sie überlegte, ob sie ihrem Entführer die schlechte Nachricht mitteilen sollte oder nicht. Am Ende entschloss sie sich dafür. Sie war müde und wollte nach Hause, oder zumindest an einen bequemeren Ort und ihre Chancen darauf waren vermutlich besser, wenn sie ihm die Sache erklärte. Unglücklicherweise glaubte er ihr nicht. Oder er wollte ihr nicht glauben, wer weiß. Also fragte sie stattdessen nach einem Kissen oder etwas ähnlichem. Wenn sie schon eine Weile hier festsaß, dann wollte sie es zumindest bequemer haben. Tatsächlich brachte sie der Mann in eine der Garderoben, in der eine alte Couch stand. Lillien lächelte und legte sich hin. Es war keine besonders gute Couch, aber besser als der Boden allemal.

Ihr Entführer hatte sie in der Garderobe alleine gelassen, um auf das Erscheinen ihres Vaters zu warten. Er hätte genauso gut darauf warten können, dass die Erde sich in ein invertiertes Sechseck verwandelte, aber was soll's. Es war nicht ihr Problem, wenn er ihr nicht glauben wollte. Sobald sie etwas stabiler auf den Beinen war, würde sie sich davon machen. Bis dahin musste sie sich eben etwas langweilen. An irgendeinem Punkt musste sie wohl eingeschlafen sein, vermutete sie, aber sie war sich nicht wirklich sicher. Lillien wusste auch nicht, wie lange sie auf der Couch herumgelegen war, bevor sich die Tür das nächste mal öffnete.

Zu ihrer leichten Verwunderung, war es nicht ihr Entführer sondern Bob, der vor ihr stand. Anscheinend hatte er irgendwie herausgefunden, wo sie war, und beschlossen die Sache in die eigenen Hände zu nehmen. Momentan war das Lillien ganz recht. Sie lächelte ihn an, als er zu ihr lief und sie hochhob. Normalerweise hätte sie darauf bestanden, selbst zu gehen, aber sie beschloss eine Ausnahme zu machen. Bob trug sie aus dem Theater und zu einem Auto. Auf der fahrt nach Hause erzählte er ihr, dass er, als er sie nicht im Krankenhaus fand und niemand zu wissen schien wo sie war, nach ihr gesucht hatte. Schließlich hatte ihr bei der Villa ihres Vaters vorbeigeschaut, wo er die weggeworfene Lösegeldforderung gefunden habe.

Lillien seufzte. Sie war also über einen Tag fort gewesen. Wieso Bob es für nötig hielt, sie zu suchen, vor allem nach nur einem Tag, war ihr schleierhaft, aber sie schätzte es war eine nette Geste. Auf ihre Nachfrage hin versicherte er ihr auch, dass er kein Lösegeld gezahlt habe. Der Entführer war bewusstlos und würde wohl bald wieder aufwachen. Wie nett.

Etwas später ließen sie den Wagen zurück und Bob trug sie den restlichen Weg zum Rattennest, wo er sie in ihr Bett legte und dann einen Arztkoffer holen ging. Ihre Verbände mussten vermutlich gewechselt werden. Lillien versicherte ihm zwar, als er zurückkam, dass sie sich selbst verarzten könne, aber Bob wollte aus irgendeinem Grund nichts davon hören. Schließlich gab sich Lillien geschlagen. Sie war immer noch etwas zu erschöpft, um sich mit solchen Dingen herumzuschlagen. Während Bob ihre Verbände wechselte und die Verfassung der Wunden begutachtete, fingen sie an zu plaudern.

Als er fast fertig war, wurde Bob plötzlich sehr ernst. Und dann meinte er, er wolle offiziell das Sorgerecht über sie bekommen. Lillien starrte ihn verwirrt an. Sie konnte keinen guten Grund dafür finden, so etwas zu tun. Zum einen brauchte sie ohnehin keinen Sorgeberechtigten. Bis jetzt war sie auch ohne immer ganz gut ausgekommen. Und zum anderen war Bob sowieso schon am näherstehen an der Position dran. Wozu also so einen Aufwand betreiben? Als sie diese Punkte zur Sprache brach, lächelte Bob nur amüsiert und meinte es könne trotzdem nicht schaden. Und in jedem Fall würde sie dann wirklich offiziell keine Timestrong mehr sein.

Lillien musste zugeben, dass das ein gutes Argument war. Ein offizielles Dokument, dass sie als nicht Timestrong auswies war ein netter Gedanke. Sie war zwar immer noch kein Fan von der Idee, mit der städtischen Judikative in Kontakt zu kommen, aber schließlich willigte sie ein. Bob schien darüber sehr froh zu sein und versicherte ihr, sich gleich am nächsten Tag darum zu kümmern wenn es Lillien gut genug ginge. Dann umarmte er sie kurz, bevor er ihr eine gute Nacht wünschte und ging. Es war, fand Lillien, deutlich zu früh, um schlafen zu gehen. Aber es gab auch nicht viel, was sie gerade sonst noch machen könnte.