Die fabelhafte Welt des Doktor Gregory House

(Idee: Die fabelhafte Welt der Amélie)

Am Sonntag den elften April um dreizehn Uhr neunundzwanzig fliegt ein einsamer Borkenkäfer, der soeben seine Frau verloren hat, direkt auf das Krankenzimmer des Jack Labell zu, und begeht Selbstmord, indem er gegen die Scheibe fliegt. Im gleichen Moment geht im deutschen Schwarzwald eine Kuckucksuhr zu Bruch, weil der Meister sich die junge Gesellin auf dem Arbeitstisch nimmt. Zu dieser Zeit lässt eine weiße Friedenstaube ihre Kinder zum ersten Mal aus dem Nest fallen.

Genau jetzt wird Gregory House geboren.

Viele Jahre später zieht sich der gealterte und längst nicht mehr mit Fruchtwasser überzogene Gregory House ein Jackett an, dass er sich vor zehn Jahren gekauft hatte, welches ihm aber immer noch passt.

Gregory House mag es, Dinge nicht zu mögen.

Gregory House mag es nicht, wenn ihm jemand liebevoll über die Wange streicht, die Hand dort lässt und ihn ansieht.

Gregory House mag es nicht, Dinge nicht zu wissen. Aber Gregory House liebt es, diesen Dingen zu zeigen, dass er doch um sie weiß.

Dass Gregory House es nicht mag, Arztkittel zu tragen, weiß jeder. Dass er sie nicht mag, weil ihn das Weiß der Kittel an die Sahne aus seiner Kindheit erinnert, welche er nicht verträgt, weiß niemand.

Gregory House sieht gerne Krankenhausserien. Auch das weiß jeder. Dass er nie in eine Schauspielerin verliebt war, aber schon immer so sein wollte wie George Clooney, weiß niemand.

Am fünfzehnten März dieses Jahres sollte sich schlagartig alles für ihn ändern. An diesem Tag, gerade als die Sonne anfangen wollte unterzugehen, begab es sich, dass Gregory House auf seinem Nachhauseweg eine Katze fand.

Die Katze hieß Louise, aber das konnte Gregory House nicht wissen, denn er sah sie ja heute zum ersten Mal in seinem und ihrem Leben, das, obwohl gefühlt genau so lang, nicht so viele Jahre zählte wie seines. Trotz dieser Differenzen und der Allergie gegen alles mit Kulleraugen ohne Brüste, nahm er Louise mit sich nach Haus. Dass er kein Katzenfutter besaß, wurde ihm erst klar, nachdem er Louise mit einem Stück seines Hähnchenschenkels gefüttert hatte.

Am nächsten Morgen nahm er Louise mit ins Krankenhaus.

Dass Gregory House es mag, seine Chefin Dr. Cuddy zur Weißglut zu treiben, weiß jeder. Dass er Louise nicht aus diesem Grund mitnahm, niemand.

Der Patient, der am Morgen eingeliefert worden war, beklagte sich seit Stunden schon, er würde sein Kätzchen vermissen. Sie wäre sehr hübsch und hätte ein Schleifchen um, mit dem eingestickten Namen „Tessa". Das wäre zwar nicht der richtige Name des Kätzchens, aber er hätte sich kein eigenes Halsband leisten können, weswegen er eines aus dem Müll der Nachbarn gestohlen hätte. Das berichtete er. Doch da er unter hohem Fieber litt, glaubte ihm dies niemand.

Louise streunte den lieben langen Tag vor dem keimfreien Raum dieses Patienten herum. Gregory House, dem dies nicht entging, kam die Idee, das Kätzchen könnte „Tessa" sein. Nur kam es nicht in Frage, dass er das Kätzchen übergab.

Gregory House schaltete den tragbaren Fernseher aus, obwohl gerade die hübscheste Krankenschwester aller Krankenhausserien dabei war, einen unglaublichen Orgasmus zu erleben. Er schritt zum Zimmer des Kranken, nahm Louise in seine Arme und trug sie in sein Büro.

Gregory House mag es nicht, angestarrt zu werden. Dass er das selbst nicht weiß, weiß niemand.

Er betrachtete das an der Tür kratzende Kätzchen. Und es kam ihm die zündende Idee, welche Krankheit das ursprüngliche Herrchen des Kätzchens befallen haben könnte.

Hätte er laufen können, er wäre aufgesprungen.

Gregory House nahm seine Krücke, hob das Kätzchen auf, drückte es seiner jungen Assistentin, die gerade an seine Bürotür hatte klopfen wollen, in die Arme und flüsterte ihr zu, sie solle es halten, bis er wiederkäme. Verdutzt hielt sie das Kätzchen in ihren Armen und wartete.

Es dauerte drei Stunden, dann kam Gregory House zurück. Er stieß einen Pfiff der Bewunderung aus, dass die junge Frau das Kätzchen tatsächlich die ganze Zeit gehalten hatte. Er trug ihr auf, das Kätzchen seinem Herrchen zurückzubringen, welches spätestens am nächsten Tag genesen sein würde.

Gregory House streichelte Louise noch einmal über den Kopf, wandte sich um und machte als Belohnung für seine wundervolle Schlussfolgerung früher Schluss.

Gregory House ist einsam. Ob er das weiß, weiß niemand.