House klappte sein Handy zu „Wir müssen wissen, ob ´ne Infektion im Gehirn vorliegt

„Er schläft." Flüsterte Wilson. Es war drei Uhr nachts, als House noch mal ins Wohnzimmer gehumpelt kam. Wilson saß in einer unbequemen Haltung auf dem Sofa und hielt den kleinen Felix in den Armen.

Seit acht Wochen war der kleine nun auf der Welt – und es war für alle die Hölle gewesen: der Junge litt an grausamen Koliken und nichts half. Das Kind schlief kaum und war oft zu müde, um richtig zu trinken. Zu der Sorge kam, dass das pausenlose Geschrei an ihren Nerven zerrte, weil sie so vollkommen hilflos waren.

Wenn Felix mal schlief, hielt das ganze Haus den Atem an, um ihn nicht aufzuwecken. House setzte sich in den Sessel und sah die beiden nachdenklich an Wilson war krank vor Sorge. Sie alle waren krank vor Sorge. „Er ist so winzig…" sagte Wilson leise.

„Er hat zugenommen. Gestern und heute." Sagte House. „Und einen richtig guten Schiss in die Windel gesetzt."

„Green sagt, wenn er nicht bald zunimmt, müssen sie ihn stationär aufnehmen, um ihm eine Magensonde zu setzen."

House grunzte nur. Sie saßen so eine Weile in freundschaftlicher Stille, als Wilson zusammenzuckte – er wäre fast eingeschlafen! Felix bewegte sich unruhig und die beiden Männer hielten die Luft an.

„Er träumt." Flüsterte House andächtig. „Wenn ich Dich ablösen soll, sag's mir."

„Ich will ihn nicht aufwecken."

House nickte. Das konnte er verstehen! Er machte den Fernseher an und schaltete den Ton ab. Wilson starrte blind auf die Glotze – er würde sicher wieder eindösen, dachte House. „Das geht so nicht weiter." House schob sich vorsichtig hinter Wilson, zog den an sich, bis er das Kind fassen konnte, „So, jetzt schlaf, OK? Ich bin wach, keine Sorge."

Wilson entspannte sich langsam und schlief fast sofort ein. Felix schlief noch volle drei Stunden – das war ein Geschenk des Himmels. House versuchte Wilson zu wecken, aber der war zu erschöpft. Mit viel Mühe gelang es dem Älteren, sich vom Sofa zu stehlen und das Baby aufzunehmen. Er wollte Bridges nicht wecken, die die Hauptlast zu tragen hatte, also ging er in die Küche und wärmte eine Flasche Milch auf.

„Nun mach mal, Du musst mal vernünftig trinken." Er hielt Felix den Sauger hin und zu seiner Freude machte das Sorgendkind die Flasche leer! „Das war suuuper, Du kleiner Scheißer!" House küsste den Jungen liebevoll. Dann legte er seine Hand auf den winzigen Bauch, um die Peristaltik zu fühlen. Da kamen sie, die Krämpfe. House massierte den kleinen Bauch sanft um zu helfen, so gut es ging, dann kam ein unfassbarer Rülpser, gefolgt von einen Pups, der die Luft grün färbte.

„Liebe Güte hat Dir keiner gesagt, dass Giftgas geächtet ist? Gott, ich sterbe!" House machte Faxen um sich selbst von der Angst vor dem nächsten Weinkrampf abzulenken. Da! Es ging los…. Aber zu seiner Verwunderung kam nach dem anfänglichen Nörgeln nichts mehr – Felix schlief einfach wieder ein und wurde selbst während des Windelwechsels nicht richtig wach. Nie hätte House gedacht, dass er einmal von einer vollgeschissenen Windel begeistert sein würde!

„Papa?" Vickys kleine, glockenhelle Stimme kam aus ihrem Zimmer. Kurz darauf erschien die Kleine auf dem Flur. „Papa? Pipi macht."

„Ich bin im Bad, Schätzchen. Komm her!."

Vicky kam angewackelt, barfuß, wie so oft. „Papa." Sie streckte ihre Arme aus. Sie sah zerknirscht aus. „Musst Du noch machen, oder hast Du schon?" House konnte die Antwort schon ahnen.

„Hab schon."

„Na sowas! Ich bringe Dein Brüderchen schnell zu Mama, dann kümmert Papa sich um Dich." es war durchaus auch eine Portion Eifersucht in Victorias Verhalten, aber die Erwachsenen waren sich sicher, dass sich das bald geben würde. House trug Felix ins Schlafzimmer und legte ihn zu Stella, dann hinkte er schnell zurück.

„Sooooo, dann wollen wir mal sehen. Hände hoch!" er piekste die kleine mit seinem Zeigefinger-Pistolen-Imitation und Vicky streckte sofort giggelnd die Arme in die Luft. House zog den Schlafanzug aus und macht die Windel ab. Es wusch das Kind. „Jetzt muss Papa Dich über's Knie legen!" er knurrte spielerisch und fing sie ein – Vicky lief nie weit oder schnell weg, weil Papa sie dann nicht einfangen konnte. Nach dem Babypuder kam einen neue Windel für den Rest der Nacht und ein neuer Schlafanzug. „Ist Dein Bett nass?"

„Weiß nicht."

„dann lass uns mal nachsehen."

Vicky rührte sich nicht.

„Was?"

„Aufi!" zwei Ärmchen streckten sich House entgegen.

„Hey! Du bist so dick und schwer – Papa ist soooo schwach." House fiel demonstrativ zusammen wie ein welker Blumenstrauß.

„Aufi, aufi!" Vicki hopste auf und ab.

„Was ist denn los?" ein zerknautschter Wilson erschien in der Badezimmertür, „Hat sie wieder in die Hose gemacht?"

„Drei Tropfen. Reine Prinzipsache." nickte House.

„Daddy! Aufi!" richtete die Kleine nun die Aufforderung an Wilson – der war ein besserer Träger als ihr Papa.

„Na, dann komm her!" Wilson packte Vicky um die Taille und wirbelte sie durch die Luft, klemmte sie dann kopfunter unter den Arm, was sie sehr witzig fand. So marschierten sie in das Mädchenzimmer. „Wo ist Felix?"

„Bei Mama. Ich hab' ne ganze Flasche in ihn hineingefüllt und er hat die Klappe gehalten." House prüfte das Bett – es war trocken. Wenigstens etwas!

„Wirklich? Das ist gut!" Wilson war unendlich erleichtet.

„'Allerdings. Hat gerülpst wie'n Großer und einen Elefanten-Schiss in die Windel gedrückt. Das wird mal ein ganzer Kerl werden."

„Genau wie sein Vater." Grinste Wilson.

House stöhnte gequält, weil Wilson sich nichteinmal richtig zu prügeln wusste. „Dann kriegt diese kleine Zicke hier hoffentlich auch die Kurve. Bett. Licht aus."

Vicky landete im Bett, Wilson knipste das Nachtlicht an und beide gaben ihr noch einen Gute-Nacht-Kuß. Dann trauten sich die Männer noch für zwei Stündchen ins Bett – sie hatten es bitter nötig!

„Es muss mit der Umgebung zu tun haben." insistierte House in seinem Besprechungszimmer.

„Wir haben alle Tox-Tests schon wiederholt." murrte Cameron.

„Dann machen Sie die, die Sie noch nicht gemacht haben!" blaffte der Diagnostiker.

„Chase, Sie kommen mit mir." House marschierte zur Tür.

„Wo geht's denn hin?" fragte der Aussie neugierig.

„Wir sehen uns in seinem Haus um. Es muß was mit der Umgebung zu tun haben." House hinkte zielstrebig zu Chases Auto. „Oder wollen Sie lieber Motorrad fahren?"

„Nein!" er war doch nicht lebensmüde!

„Auf dann!" House machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem und verstellte Chases Radiosender, bis er einen Jazz-Kanal hatte und drehte dann voll auf. „Haben Sie keine Klimaanlage?" brüllte er über den Lärm hinweg.

„Sie haben das Fenster auf!" antwortete Chase

„Oh Mann, hat Ihnen das Ozonloch das Hirn weggebrannt?"

„Haben Sie mal die Spritpreise gesehen?" in den letzten Jahren war der Preis explodiert, Chase hatte keine Lust, noch mehr einfach aus dem Fenster herauszublasen.

House rollte die Augen und ergab sich in sein Schicksal.

Das Grundstück war völlig verwahrlost und das Haus sah beinahe baufällig aus.

„Also, wenn wir hier NICHTS finden, dann häng' ich meinen Job an den Nagel." murmelte House.

„Ich wette auf Aspergillus Niger." bot Chase an.

„Zwanzig Mäuse, dass es KEIN Pilz ist."

Die beiden Männer schlugen ihre Fäuste gegeneinander, um die Wette zu besiegeln. Sie gingen um das Haus herum und mit erstaunlichem Geschick öffnete House die Hintertür.

„Wofür brauchen Sie Foreman?" fragte Chase

„Damit ich auf ihm herumhacken kann. Ideales Opfer." grinste House. „So wie Sie. …Üäh…" House verzog das Gesicht – ihnen strömte eine Wolke entgegen, die nach verrottetem Essen stank. Beide zogen Mundschutz und Handschuhe an.

„Wie riecht denn das?" wunderte sich Chase.

„Ich hoffe, es ist nur ein Hund oder sowas." Murmelte House. Wenn er jemals faulendes Fleisch gerochen hatte, dann jetzt und hier. Und es musste viel sein… Die Küche war schmutzig, aber nichts ließ auf die Ursache des Gestanks schließen. Chase begann, die Schränke zu öffnen.

„Nein, lassen Sie uns erst herausfinden, was so infernalisch stinkt."

„Sie sind der Boss."

Der Raum der wohl das Wohnzimmer war, war ebenso unordentlich aber auch hier kam der Gestank nicht her. Dann kam eine verriegelte Tür die House ebenfalls mit Leichtigkeit öffnete. Er stieß die Tür auf – und erstarrte während ein riesiger Schwarm Fliegen ihnen entgegensummte.

Sein Hirn verarbeitete die optische Information mit rasender Geschwindigkeit „Lieber Gott…." krächzte er. Chase konnte nichts sehen und er traute sich nicht, den Individualabstand zu seinem Boss zu verletzen.

„Was ist da?" fragte er. House reagierte nicht. „House, was ist da?"

House sah drei Käfige aus Metall, wie man sie manchmal für Hunde benutzte. Für große Hunde. Darin waren Körper. Tote, verwesende Körper. Definitiv keine Tiere – auch wenn zwei der drei Körper in fortgeschrittenem Zustand von Verwesung befindlich waren. Arme in Handschellen, angekettet an die Käfiggitter. Es waren Menschen. Kleine Menschen. Kinder. House kotzte, wo er stand. Die frischeste Leiche – vielleicht zwei Tage tot - war übersät von Wundmalen die Finger blutig gekratzt vom Versuch, sich zu befreien. Winzige Details, zusammenhanglos, brannten sich in seine Netzhaut ein.

Eine Mickey-Mouse-Uhr an einem fleischlosen Handgelenk. Sie tickte noch.

Der miserable Haarschnitt der frischesten Leiche.

Eine Made, die gerade von ihrem Futterberg fiel.

Der Lärm, den die vielen Fliegen veranstalteten…

Ein Geräusch irgendwo zwischen einem Winseln und einem Schluchzen zwang sich seinen Weg aus Houses Mund. Sein Körper spielte verrückt. Er wollte nur weg, aber seine Beine gehorchten nicht Er würde hier sterben. So wie die anderen hier. Weg! Er musste WEG! Aber da war keine Luft und er war gelähmt. Im nu war seine Kleidung schweißnass und er zitterte.

„House?" Chase stupste den bewegungslosen Mann an und das brach den Bann: House floh in den Garten, wo er verzweifelt nach Luft rang.

Chase starrte in den Raum. Nur mühselig verarbeitete er, was er sah. Langsam ging Chase nach draussen. House war nicht zu sehen. Er holte tief Luft und rief nach seinen Boss. Keine Antwort. Chase sah in seinem Wagen nach- niemand da. Wo war House? Was sollte er machen? Sein Kopf arbeitete nicht klar, soviel war ihm bewusst. House würde ihm sagen, was zu tun war, aber sein Boss war verschwunden. Tote Kinder. Was sollte er tun?

In seiner Ratlosigkeit rief er Dr. Wilson an.

„Hier ist Chase. Ich… ich kann Dr. House nicht finden." Er sprach langsam, als müsse er jedes Wort erst übersetzen.

„Chase? Was reden Sie da? Er wird in einem Behandlungsraum schlafen. Oder bei dem Vegetativen." Wilson konnte den Anruf nicht einordnen. Chase klang, als hätte er Drogen genommen.

„Nein. Wir sind bei dem Patienten zu Hause… hier sind… Tote. Ich … ich weiß nicht, was ich tun soll." Chase übergab sich als die Wahrheit langsam von seinem Hirn verarbeitet wurde.

„Chase, wo ist House?" Wilson klang nun weit eindringlicher.

„Ich… weiß nicht."

„Lebt noch jemand?"

„Nein…" wieder revoltierte sein Magen und unterbrach damit das Gespräch. Wilson hörte die Würgegeräusche und war mit jeder Sekunde mehr in Alarmbereitschaft. Das war NICHT gut. Gar nicht.

„Wo sind Sie, Chase?"

„… im Garten…"

Wilson fuhr sich durch die Haare – was war das für eine unbrauchbare Aussage? „Chase, die Adresse?"

„325 Meadows Lane."

„Chase, finden Sie House! Ich bin sofort da."

Chase nickte.

Wilson stürmte in Houses Besprechungszimmer „Schicken Sie Polizei und Krankenwagen an die Adresse ihres Patienten, SOFORT!" ohne darauf zu achten, ob seiner Anweisung Folge geleistet wurde, stürmte Wilson die Treppe hinunter.

„House? Wo sind Sie?" Chase ging durch den Garten- das war nicht einfach denn überall lag Schrott herum, zum Teil überwuchert von Unkraut und dornigen Ranken. Er sah House nicht, er hörte ihn: House atmete so laut, dass Chase es aus zehn Metern Entfernung hören konnte!

„Scheiße, House!" der Anblick seines hyperventilierenden Chefs brachte Chase etwas auf den Boden zurück – das war etwas, womit er arbeiten konnte. Houses Finger waren schon verkrampft – er musste etwas tun! Er holte einen Probenbeutel aus der Kitteltasche und versuchte, House in die Tüte atmen zu lassen. Der Diagnostiker versuchte, sich zu wehren, aber in seinem Zustand war er machtlos. Die Panik nahm zu – er wurde erstickt! Jemand versuchte, ihn zu ersticken!

Sirenen heulten, lauter und lauter, bis sie vor dem Haus anhielten.

„Wir sind hier!" rief Chase. Aber es waren nur Polizisten, die nichts tun konnten.

Als nächstes kam Wilson. „Ich bin Arzt! Lassen Sie mich durch!" vehement verschaffte er sich Zutritt zu dem Grundstück. Der erste Polizist kam gerade aus dem Haus, um sich zu übergeben, Wilson rannte ihn fast um. „House? House!"

Dann sah er Chase und stürmte voran, fiel mehrfach fast hin als er über den Schrott überall stolperte, dann war er bei House.

„Er ist bewusstlos. Er hat hyperventiliert." Chase hatte House gerade in eine stabile Seitenlage gebracht.

Jetzt kamen auch die Sanitäter. Sie luden House auf und Wilson wies sie an, ins PPTH zu fahren. Wilson zerrte Chase mit sich und fuhr in seinem Wagen wie ein Irrer hinter dem Krankenwagen her. „Was ist in dem Haus passiert, Chase?"

„Da… da sind… lauter tote Kinder drin…"

„Fuck!" Wilson fluchte leise.

„Sie… sie waren in … Käfigen…"

„Scheiße!" Wilson schlug auf das Armaturenbrett. Chase erschrak. House hatte sicherlich einen Flashback gehabt. Er überlegte, ob er Bridges anrufen sollte, entschied sich dann aber dafür, erst einmal abzuwarten, wie es House ging, wenn der wieder zu sich kam.

„Wenn ich's nicht besser wüsste… ich würde sagen, House hatte panische Angst." murmelte Chase.

„Kann sein." Wilson parkte den Wagen vor dem Eingang „fahren sie die Karre aus dem Weg!" er rannte in die Notaufnahme „Wo ist er?" rief er einer Schwester zu. Es war keine Frage, wen er meinte, und die Frau wies auf Raum zwei. „Holen Sie Stern her!" befahl er.

„Wie geht es ihm?" Wilson stand atemlos in der Tür

„Er ist bei Bewusstsein," informierte ihn der behandelnde Arzt, „und fügsam."

Wilson trat misstrauisch näher „Hey."

House blickte ihn merkwürdig an „Wilson."

„Bist Du OK?" Wilson nahm Houses Hand in seine, die Leute waren ihm egal.

House sah ihn immer noch merkwürdig an, als könne er nicht fokussieren, „…ich glaube… nein…"

„Du hattest eine Panikattacke. Du hattest eine Alkalose und warst deswegen bewusstlos." erklärte Wilson.

„Nein…"

„Doch, Chase war bei Dir. Du -"

„Das hier… ist keine… Alkalose…." House blinzelte. Dann starrte er seine Hand an, als ob es nicht seine wäre, bewegte die Finger, „merkwürdig….ich glaube, ich sehe nicht richtig."

Vielleicht bräuchten sie Foreman? Wilson war jetzt doch sehr beunruhigt. „Ich bin gleich wieder da, OK?"

Auf dem Gang wartete er auf Dr. Stern von der Psychiatrischen. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis die endlich auftauchte.

„Kollege, was gibt's denn so dringendes?" begrüßte sie Wilson, der offensichtlich nervös hin- und hertigerte.

„Ah, Dr. Stern. Ich muss mit Ihnen reden. Aber nicht hier." Wilson ging mit Stern nach draußen, wo sie auf dem Gras anhielten. „Dr. House leidet unter PTSS. Ich fürchte, er hatte eben bei einem Patienten ein Flashback oder sowas. Er hatte eine Alkalose bis zur Bewusstlosigkeit-"

„Panikattacke?"

„Ja." Wilson nickte.

„Wieso vermuten Sie PTSD?" Nadine Stern mochte es nicht besonders, wenn andere ihre Diagnosen stellten.

Wilson rieb sich den Nacken. House würde ihn umbringen! „Weil… ich weiß dass er als Kind wiederholt schwer misshandelt wurde. Und weil er nicht zur Therapie geht. Weil das nicht das erste Mal ist, dass so etwas passiert. Nur… nicht so schlimm."

„OK. Wo ist er jetzt?" Stern nickte und als Wilson auf den Raum der Notaufnahmen deutete, marschierte sie hinein. „Dr. House?"

Der sah auf – oh je, die Hirnklempnerin! Stern war ende Fünfzig, die grauen Haare kurz geschoren – so ganz die praktische Frau, dachte House. Leider war er momentan nicht auf der Höhe, sonst wäre ihm sicher was beißenden eingefallen.

„Wie geht es Ihnen?" Stern hatte House nur selten getroffen – außer seinem Ruf wusste sie nur wenig von ihm.

„Ruft man jetzt schon den Irrenarzt, wenn man mal umkippt?" fragte er schwach. Stern sah… komisch aus. Alles sah komisch aus. War er auf den Kopf gefallen? „Ich hab' ne Gehirnerschütterung, denke ich." Murmelte er.

„Dafür muss man mit dem Kopf irgendwo aufschlagen, glaube ich."

„Ich bin umgekippt."

„Nein. Sie lagen schon, als Sie das Bewusstsein verloren. Sie hatten eine Panikattacke."

„Gut, dann kann ich ja gehen." House machte einen Versuch, sich aufzusetzen, was ihm auch gelang.

„Wie kommen Sie auf die Diagnose Gehirnerschütterung? Leiden Sie unter Doppelsichtigkeit?" so leicht war Stern nicht auszutricksen! Viele Patienten versuchen andauernd, das zu tun.

„Nein, keine Doppelsichtigkeit." erwiderte House genervt.

„Sondern? Lassen Sie mich nicht alle Symptome herunterrasseln, Dr. House, sondern seien Sie mal kooperativ und sagen mir, was Sie eine Gehirnerschütterung vermuten lässt. Das spart uns beiden Zeit."

House überlegte, ob es Sinn machte, zu lügen. Aber die Stories, die man über Stern erzählte, waren beängstigend – zumindest für jemanden wie House, der genug Dinge zu verbergen hatte! Wenn er log, würde sie am Ende zu tief graben und DAS Geheimnis entdecken. Vielleicht war es besser, sie mit der aktuellen Situation zu beschäftigen und so DAVON abzulenken? Das war doch ein genialer Schachzug, fand House.

„Sie sehen komisch aus. Alles sieht irgendwie…. komisch aus."

„Können Sie ‚komisch' etwas klarer definieren?"

„irgendwie… unecht. Wie'n Pappkamerad." Das traf es nicht ganz, aber ihm fiel kein besserer Vergleich ein.

„Halluzinieren Sie?"

„Jetzt, wo Sie's erwähnen… das ist ein guter Vergleich! Nein, ich denke nicht, dass ich halluziniere. Aber diese Aussage ist vom Subjekt kaum verwertbar, richtig?" er war zufrieden mit seiner cleveren Antwort.

„Beunruhigt Sie das?"

Tat es das? Mal sehen….

Als House nach über einer Minute nicht antwortete, hakte Stern nach „Dr. House, macht Ihnen Ihr aktueller Zustand Sorgen?"

House baumelte mit den Beinen und zuckte endlich mit den Schultern.

„Ist das ein ‚nein'?"

Neuerliches Schulterzucken.

Stern kritzelte etwas auf ihren Block. „Was war in dem Haus passiert?"

House schilderte sehr präzise, was sie getan und gefunden hatten. Er war stolz auf sich, wie kühl er das alles Rüberbrachte. Chase, die Memme würde sicher heulen!

„Das kann einen schon aus der Bahn werfen. Sie sollten ein paar Termine bei mir machen, um das zu verarbeiten." Schlug sie blauäugig vor.

„Ach, ich hab' schon schlimmeres gesehen! Ich brauch dafür keinen Hirnklempner." Sagte House großkotzig.

„Das ist interessant, Herr Kollege, denn so wie heute haben Sie wohl noch nie reagiert." Das war ja einfach gewesen, dachte Stern.

House war erschrocken. Diese Hexe hatte ihm eine Falle gestellt und er war einfach hineingetappt. Er war deutlich NICHT OK! Auf der Suche nach einer Ausrede schossen seinen Augen im Raum herum. Dabei nahm er deutlich wahr, wie unecht alles wirkte. Er stand wenigstens nicht mehr so neben sich wie die ganze Zeit, dafür machte die aktuelle Situation ihm aber nun doch Angst. Hatte er den Verstand verloren? „Was ist mit mir los?" er sah Stern mit großen Augen an.

„Sie haben eine Phase der Derealisation als Folge Ihrer PTSD, Dr. House. Das geht vorbei."

„Ich hab' keine PTSD." Sterns Diagnose war einerseits beruhigend – nichts, was ein Vollrausch nicht kurieren könnte; andererseits war sie ihm nun definitiv zu nahe gekommen. Es war Zeit, das Spielchen zu beenden.

Stern sah ihn mitleidig an, als wolle sie sagen ‚wen versuchen Sie hier anzulügen?'

„Das in dem Haus war eklig! Jedem hätte das passieren können. Ich bin OK." Die letzten drei Worte kamen ihm flüssig von den Lippen. Er glitt vom Bett und hinkte – ohne Stock, der war abhanden gekommen – in Richtung Tür. Verdammt, das tat heute wieder mal sehr weh!

„Sagen Sie mir, was Sie in dem Haus so getroffen hat!" Stern kam hinter ihm her.

Wilson erschien in der Tür „Was machst Du?"

„Wie sieht's denn aus? Ich such' mir ´ne Krücke und dann geh' ich arbeiten." House hinkte schwerfällig bis zur Tür.

„Das kannst Du nicht!"

„Oho. Und wie ich das kann!" House legte seine Hand auf Wilsons Brust und drückte leicht, um den Onkologen aus der Tür zu bekommen.

„Was ist in dem Haus passiert?" beharrte Stern, „Wenn da nichts war, warum sind Sie so ausgeflippt? Was haben Sie gesehen?"

„House, lass Dir helfen!" bettelte Wilson „Das kann so nicht weiter gehen."

„Ich brauche keine HILFE! Ich bin OK. Frag Sie", House deutete mit dem Daumen nach hinten, „es geht vorbei. Morgen bin ich wieder fit."

„Ich werde Dr. Cuddy raten, Sie nicht mehr zu Rate zu ziehen, wenn es um Missbrauch oder Misshandlung geht."

„Das können Sie nicht machen!" House fuhr herum und starrte Stern feindselig an. „Dann kann sich jeder ausrechnen, warum!"

„Wäre das denn so schlimm?" fragte Stern leise.

Was war das für eine Frage, verdammt? Natürlich wäre das katastrophal! „Angenommen, man hätte Sie vergewaltigt. Würden Sie wollen, dass jeder es weiß?"

„Fühlen Sie sich so?" fragte Stern zurück.

House rollte hilflos die Augen „Lassen Sie Ihre Psycho-Kacke, Stern! Beantworten Sie die Frage!"

„Glauben Sie denn, dass Vergewaltigungsopfer Schuld sind an dem, was passierte?"

„Nein."

„Wo ist also die Schande darin, so etwas zu überstehen?" fragte Stern sachlich.

House blieb ihr eine Antwort schuldig.

„Wo ist die Schande, Dr. House, dass Sie ihre Kindheit überlebt haben?"

House sah Wilson scharf an. Der sah betroffen weg. Würde House auch das als Vertrauensbruch bewerten? Himmel, dachte Wilson, er war einfach fürchterlich besorgt gewesen!

„Sehen Sie sich an, Sie sind ein brillanter Arzt sie haben eine Familie – Sie haben alles überlebt! Das schafft längst nicht jeder." Stern nickte anerkennend.

„Ich will nicht, dass irgendwer das erfährt." House blieb beharrlich. „Ich funktioniere, es gibt keinen Grund, mir meine Arbeit wegzunehmen!"

„Dr. House, gerade WEIL Sie keine Hilfe suchen, sollten Sie unbedingt Situationen vermeiden, die Flashbacks auslosen könnten." Stern spach ruhig, aber vermied es, herablassend oder gar mitleidig zu klingen. „Versuchen Sie wenigstens, die Sache mit dem Haus heute zu verarbeiten."

Die Stille zwischen den Dreien schien sich auszubreiten, nur das Ticken der Uhr über der Tür war zu hören. Tick, tack, tick, tack. Die Uhr. Die Mickey-Mouse-Uhr …

„House…", Wilson legte seine Hand auf Houses Rücken und rieb sanft auf und ab, fühlte, wie der Mann zitterte und schwitzte.

House nickte. Wilson stieß seinen Atem aus

Sie fuhren in die dritte Etage in Sterns Sprechzimmer. Wilson musste draussen warten.

„Ich will, dass er mitkommt." Sagte House störrisch.

„Dr. House, ich bin sicher, Dr. Wilson versteht, dass er hier nicht dabei sein kann. Das hier ist eine sehr intime Angelegenheit."

„Dann hat Wilson ja wohl das weit größere Recht, dabei zu sein, als Sie! Vielleicht sollten SIE draußen warten?" House riss die Tür auf, "Wilson!"

Der Onkologe erschien fast sofort „Was ist?"

„Komm rein."

Stern setzte sich, fragte sich, wovor House wohl so viel Angst hatte, dass er es nicht alleine angehen wollte. Da House sie beinahe frech-erwartungsvoll ansah, forderte sie ihn auf, zu erzählen.

„Wir sind durch die Hintertür eingebrochen. Es hat bestialisch gestunken – nach faulem Fleisch."

„Was verbanden Sie mit dem Geruch?"

„Faules Fleisch."

„Woher kannten Sie diesen Geruch?" so langsam verstand Stern, wieso House einen solchen Ruf hatte.

„Wir haben im Wald mal in einer Jagdhütte zwei verwesende Waschbären gefunden. Mitten im Sommer. Erbärmlich." Er klang gelassen.

„Verbinden Sie sonst etwas mit dem Gestank?"

„Nichts, was von Interesse wäre." House schüttelte den Kopf.

„Das entscheiden im Moment nicht Sie."

„Ich hab an der Uni mal drei Wochen den Kühlschrank nicht ausgeräumt. Das war… ähnlich. Ich musst einen Neuen kaufen. Zufrieden?"

Immer wieder unterbrach Stern Houses Erzählung mit solchen Fragen, versuchte, sich ein Bild von dem zu machen, was in dem Diagnostiker vorging. Mit klinischer Präzision berichtete er von den drei Leichen. Als er die Käfige beschrieb, tastete er nach Wilsons Hand. Seine Augen starrten die ganze Zeit auf den Rolodex auf Sterns Schreibtisch.

Wilson saß da und hörte mit Grausen, was Chase und House entdeckt hatten. Schon die Erzählung bereitete ihm Übelkeit

„Sie sind ein erfahrener Arzt Sie haben auch Obduktionen durchgeführt. Leichen sind für Sie nichts ungewöhnliches."

„Das stimmt."

„Es waren also nicht die Leichen an sich?"

„Nein."

„Hier war etwas ungewöhnliches, nicht wahr?"

House presste Wilsons Hand und den Onkologe erwiderte den Druck.

„Wenn Sie in einem Raum sind", begann House leise, „abgeschnitten von der Welt, dann…" er schluckte hart und räusperte sich, „Sie verlieren das Zeitgefühl. Vor allem, wenn es dunkel ist. Eine Minute, eine Stunde – das ist… es gibt keinen Unterschied."

Stern hörte aufmerksam zu, sah, wie sich der Körper des Arztes immer weiter verspannte, wie sehr er an seinem Freund (und wenn der Tratsch stimmte – Partner) hing, sich an ihn klammerte, wie seine Stimme sich immer mehr verlor.

„Man kann dann die Sekunden zählen. Dann ist es nicht mehr so schlimm… das… d-das Kind mit den Converse-Sneakers hatte eine Uhr. So eine, bei der die Arme von Mickey-Mouse die Stunden und Minuten anzeigen. Und ich dachte, dass ihm das am Ende auch nicht geholfen hatte."

„Was machte die Uhr so besonders?"

„Ich hatte mal genau so eine."

Wilson schloss die Augen. Er wusste, dass House Stunden in finsteren kellerlöchern verbracht haben musste. Er stellte sich vor, wie der Junge sich am Ticken seiner Uhr festgehalten hatte, um nicht völlig den Verstand zu verlieren. Er musste mehrfach blinzeln, um die Tränen zu verjagen, die hinter seinen Augenlidern brannten.

„Was haben Sie in dem Moment empfunden?"

„Angst." Flüsterte House., „Ich dachte, ich würde sterben."

Wilson wollte seinen Freund in den Arm nehmen, aber ein scharfer Blick von Stern hielt ihn zurück. Er fühlte sich nutzlos und hilflos!

„Was fühlen Sie gerade jetzt?"

„Ich… es war dumm, dort Angst zu haben."

„Sie rationalisieren." Meinte Stern leicht vorwurfsvoll.

„Ich… weiß nicht… ich schäme mich, glaube ich."

Wilson biss sich auf die Zunge, um nicht aufzuschreien. House war solch ein stolzer Idiot!

„Ihre Reaktion in dem Haus war irrational, das ist richtig. Aber es war nichts, was Sie hätten kontrollieren können, Dr. House. Sie haben die Situation mit dem in Verbindung gebracht, was in Ihrem Trauma-Gedächtnis gespeichert ist. Das ist für jemanden in ihrer Situation eine valide Reaktion."

„Wie kann irrational dennoch valide sein?"

„Weil ein Teil von Ihnen immer noch in der Flucht festhängt. Das ist ein unfertiger Zustand und damit – ohne den zeitlichen Bezug, völlig irrational. Da er aber nicht verarbeitet ist, dennoch eine verständliche Reaktion provoziert – versucht, die Handlung zum Ende zu führen, indem Sie in die Situation zurückgeworfen werden. Ich möchte, dass Sie diese Mechanismen verstehen, damit Ihnen klar wird, dass Sie sich nicht zu schämen brauchen."

„hmmm…" House klang nicht überzeugt. Das war doch alles Psycho-Dreck!

„Ihre Umwelt wird das natürlich nicht verstehen, denn Sie wollen ja auf keinen Fall, dass man erfährt, dass Sie ein Überlebender sind."

„Ich will kein Mitleid! Ich hab' keinen Bock auf die triefenden Blicke."

„Wie ist es mit Akzeptanz? Verständnis?"

„Brauche ich nicht." Schnaubte House.

„Gar nicht?" Stern zog die Augenbrauen hoch.

„Bridges und Wilson wissen bescheid. Das reicht."

„Gut. Ich möchte Sie morgen noch mal sehen – das ist Routine. Ansonsten kann ich Ihnen nur nahe legen, eine Therapie zu machen, Dr. House, Dafür ist es wirklich nie zu spät."

House grunzte und stand auf „Darf ich gehen, Frau Lehrerin?"

„Ja. Aber es gibt kein Sternchen ins Heft."

„Was war denn los?" Foreman und Cameron sahen Chase zu, der im Besprechungsraum ruhelos hin und her lief. „Chase, bist Du OK?"

„Nein, bin ich nicht!" rief er atemlos aus „Das… das war wie in einem Horrorfilm!" Chase erzählte von den Leichen. House sparte er sorgfältig aus. Sein Boss würde ihn sicherlich killen, wenn sein Ausraster die Runde machte! „Ich… ich geh nicht mehr zu diesem Typ rein."

„House wird Dich fertig machen, wenn Du das tust." Da war Foreman sich ganz sicher.

„Wo ist der überhaupt?" Cameron konnte es natürlich nicht lassen.

„Wilson ist bei ihm." Antwortete Chase ausweichend.

„Was meinst Du damit?" Cameron konnte zu gut zwischen den Zeilen lesen.

„House ist… der hat… der hatte eine Panikattacke." gestand Chase zögerlich.

Foreman lachte. Das war kaum möglich. House, dieser abgebrühte Bastard? Nein.

„Bist Du Dir sicher?" selbst Cameron wollte das nicht glauben.

„Hey, ich weiß, wie sowas aussieht. Er hatte eine Alkalose mit Bewusstlosigkeit! Er hat total überreagiert – hat geheult und ist WEGGELAUFEN!"

„Oh je."

„Hat der Alte Sack doch noch sowas wie Gefühle! Wer hätte das gedacht?" Foreman war überrascht.

„Hey, wenn er erfährt, dass ich euch das erzählt habe, bringt er mich um, das ist euch doch klar, oder?"

„Was soll das?" House protestierte, weil Wilson ihm wortlos den Scotch wegnahm, die ganze Flasche, und sein Arbeitszimmer verließ. Dorthin hatte House sich am Abend zu Hause verzogen, um die aufgerissene Schorfdecke über seinen alten Wunden mit der erprobten Alkohol-Methode neu zu versiegeln.

„Du wirst Dich nicht wieder haltlos betrinken, bis Du umfällst." Wilson marschierte in die Küche, House humpelte hinterher.

„Hey, ICH entscheide, wann ich was tue. Du bist nicht mein Vormund." so weit käme es noch, dass Wilson sich dazu aufschwang, über seinen sporadisch übertriebenen Alkoholkonsum zu urteilen!

Wilson kippte ungerührt den Inhalt der zweihundert Dollar-Flasche in den Ausguss. House biss die Zähne zusammen und drehte um. Dann würde er eben in irgendeiner Bar sein Geld los werden. Aber als er sich umgedreht hatte, stand Bridges da und hielt demonstrativ sämtliche Fahrzeugschlüssel in der Hand.

„Du gehst nirgendwo hin, House." sagte sie leise aber bestimmt. „Es geht Dir nicht gut."

Das konnte er nicht abstreiten.

„Du willst Dir nicht helfen lassen, weil Du verdammt nochmal zu stolz bist. Lieber säufst Du Dir das Hirn weg. Du… du bist ein solcher Idiot, House!" Bridges schwankte zwischen Wut und Enttäuschung.

House stand so aufrecht wie er nur konnte, um das an sich abprallen zu lassen, aber gerade ihre sichtbare Enttäuschung ging ihm an die Nieren. Er war müde. Den ganzen Tag hatte er durchgehalten, aber im Moment war er einfach zu müde, um sich zu streiten. Die beiden würden sowieso nicht aufgeben, das war ihm klar. Und gemeinsam waren sie ihm gnadenlos überlegen.

Sie schafften ihn ins Schlafzimmer, wo sie gemeinsam anfingen, seinen völlig verspannten Körper zu massieren. Seine Muskeln waren allesamt hart wie Stein, der ganze Mann steif wie ein Stock. Am Ende fühlte House sich wie ein Berg Mus, als hätten sie auch seine Knochen gleich mit weich geklopft.

Stellas Hände waren sanft und leicht, die von Wilson kraftvoll, fast hart und diese Mischung drang durch alle Wände hindurch, die er aufgebaut hatte, schälte alles weg bis der weiche Kern völlig schutzlos bloßgelegt war.. House hasste es, so hilflos zu sein, so gar nichts diesen beharrlichen Angriffen entgegensetzen zu können. Aber er hatte sich diesen beiden vor langer Zeit schon ausgeliefert. Und sie wussten das, nutzten es aus!

Er wusste, dass das, was seine Partner da taten, letztendlich positive Wirkung hatte. Dennoch, der Prozess war… beschämend für den stolzen Mann. House mochte sich auch diesen Beiden nicht so zeigen, wollte nicht, dass irgendwer auf dieser Welt sah, wie erbärmlich er in Wirklichkeit war, wie schwach und zerrissen.

Das war nicht, was Wilson sah! Der jüngere Mann sah einen Menschen, der wie alle anderen das Bedürfnis hatte, nicht alleine zu sein, geliebt und bestätigt zu werden, so wie er war. Wilson sah und verstand auch, warum House das so vehement zu verbergen suchte: die Enttäuschungen des Lebens hatten ihm fast alle Hoffnung genommen und er war zu stolz, um um Hilfe zu bitten.

Das war auch nicht, was Bridges sah. Die Frau sah den Mann , den sie liebte, sah seine Angst vor Nähe, weil ihn das schwach machte. Es machte sie traurig, dass er noch nicht einmal seinen liebsten Menschen so weit vertraute, dass er bereit war, sich so zu zeigen, wie er wirklich war, seine Ängste zuzugeben, seine Schmerzen – physisch wie psychisch. Seine Alkoholexzesse entfernten ihn jedes Mal wieder von ihr, von Wilson und das wollte sie nicht mehr zulassen.

Als die wenigen verbliebenen Tränen geweint waren, war die Wunde gut verschlossen und wieder ein winziges Stückchen von House geheilt worden – ein kleiner Riss in seiner Seele gekittet – noch sehr verletzlich, aber gesundes Gewebe. House fiel in einen traumlosen Schlaf – erschöpft von den Ereignissen des Tages. Er schlief so fest, dass er es nicht merkte, dass er von beiden Seiten gehalten wurde. Oder, so redeten Wilson und Bridges sich ein, vielleicht genoss House es ja auch einmal.

Am nächsten Morgen war House wieder in normalem Betriebszustand; nur sein Magen war noch etwas ungnädig gestimmt. Aber so etwas hielt ihn nicht vom Arbeiten ab – er hatte einen Patienten, den er unbedingt retten wollte, damit er vor Gericht gestellt wurde. Der Tod wäre zu gnädig!

„Also, haben Sie mittlerweile herausgefunden, was der Gute hat?" House hinkte zur Kaffeemaschine. Er war sich fast sicher!

„Interessiert das noch wen?" fragte Chase müde.

„Ist er unser Patient?"

„Wir können den Fall abgeben." Schlug Cameron vor.

„Ach, und an wen?" House sah die drei fragend an. „Ich denke, es IST eine Schimmelpilzinfektion."

„Das sieht aber völlig anders aus!" protestierte Foreman.

„Jaaaa, wenn der Infektionsweg der übliche wäre – Über die Lunge."

„Und das ist hier nicht der Fall?" Foreman schüttelte den Kopf, war aber dennoch gespannt auf welchen Pfad sich das Hirn seines Bosses nun wieder verstiegen hatte.

„Jede Wette!" House war völlig überzeugt. „Haben wir das Bein noch?" sie hatten dem Mann ein völlig septisches Bein amputieren müssen.

„Bitte?" Cameron mochte nicht glauben, was sie hörte.

„Der Müll wird erst morgen wieder abgeholt." Sagte Foreman mit einem Blick auf den Kalender.

„Gut. Vielleicht brauchen wir das noch. Und jetzt gehen wir das Rätsel lösen!" House gestikulierte seinen Welpen, mitzukommen. „Die Kinder haben sich garantiert gewehrt", dozierte House auf dem Gang, „was glauben Sie, passiert, wenn der Cocktail von Sporen und Bakterien, der in der Hütte garantiert zu finden ist, nicht über die Lunge eindringt, wo all die Verteidigungsanlagen voll bemannt sind, sondern schwupps! Direkt ins Blut gelangen?" er marschierte in das Zimmer des Patienten. Nur Foreman kam mit hinein.

Erstaunlich war, dass House Chase nicht aufzog oder sonst einen dumme Bemerkung machte. Chase vermutete, der Diagnostiker wollte vermeiden, von Chase im Gegenzug bloßgestellt zu werden.

„Wer so haust, ist sicher kein Verfechter übertriebener persönlicher Hygiene." House zog sich Handschuhe an und trat ans Bett. „Hi! Ich bin der Arzt, der sie für die Todeszelle am Leben halten wird." Damit zog er die Bettdecke weg und legte den entzündeten Arm frei, der wohl als nächstes ab musste – es sei denn, sie fanden heraus, was genau die Infektion verursachte.

„Na, wenn das nichts ist!" er deutete auf etwas, was durch das angeschwollene, verfärbte Gewebe kaum auszumachen war. Zahnabdrücke! „Los, ich brauch' eine Probe davon. Und dann sagen sie dem Cop da draußen, dass die Spurensicherung hier nochmal aktiv werden muss."

Foreman reichte House einen Spatel und der nahm eine großzügige Probe. Der Patient stöhnte vor Schmerz. House reichte Foreman die Probe und zog die Handschuhe aus. „Sie und Cameron testen auf Sporen." Dann deutete er auf Chase „Sie. Hier."

Chase sah House an. Was kam denn jetzt?

„Was machen Sie hier? Ich wette, Stern hat Sie heimgeschickt." fragte House, während die beiden zurück ins Besprechungszimmer gingen.

„Da fällt mir die Decke auf den Kopf." Bekannte Chase.

„OK. Aber machen Sie bei Stern Termine, machen Sie ein Debriefing oder was auch immer, denn ich brauchen einen funktionierenden Intensivmediziner. Solange Ihnen beim Anblick von Serbischem Reisfleisch das Frühstück hochkommt, taugen Sie nicht zur Arbeit."

„Mir kommt nichts hoch!" protestierte Chase.

„Gut. Sorgen Sie dafür, dass das so bleibt!"

„Sie wollen den Typ echt retten?" fragte Chase neugierig. Er konnte es nicht fassen. Er hätte den Fall niedergelegt.

„Er ist mein Patient." antwortete House bestimmt.

Chase starrte ihn an, dann schüttelte er den Kopf.

„Und vielleicht bleibt er lange genug am Leben, um im Knast ein bisschen von seiner eigenen Medizin abzubekommen." Fügte House dann hinzu.

Houses Pager ging los – Cuddy verlangte nach ihm. House fragte sich, ob Stern irgendwas gepetzt hatte, beschoss aber, Cuddys Ruf wie gewohnt zu ignorieren. Er saß vor seinem Computer und starrte auf den Bildschirmschoner. Die Polizei hatte vermutet, dass es sich bei den Opfern um Straßenkinder handelte, denn keiner der drei wurde vermisst – auch wann man bei zweien nur die Zahnschemata verwenden konnte. Wie konnte man sein Kind nicht vermissen? Würde eines seiner Kinder verschwinden – House würde nicht ruhen, bis es wieder auftauchte!

Sein Telefon klingelte, es war wieder Cuddy, penetrant wie immer. Fünf Minuten später kam der Teufel persönlich in sein Büro „Hören Sie auf, mich zu ignorieren, House!" zickte Cuddy.

„Habe ich Sie ignoriert?" House tat, als wisse er wirklich nicht. Worum es hier ging.

„Den Pager UND das Telefon!"

„Oh…" House schaute betroffen, „Hab' ich gar nicht gehört… ich war wohl mit meiner Arbeit beschäftigt. Kommt nicht wieder vor, Cuddylein." House setzte seinen bravsten Blick auf mit dem er auch Eisberge zum schmelzen bringen konnte. Leider war Cuddy resistent.

„Blödsinn. DIE Ausrede bringen Sie mindestens einmal die Woche. Ich war bei Stern."

„Ding! Die Zeit ist abgelaufen, Dr. Cuddy. Auf Wiedersehen." House wandte sich demonstrativ seinem Computer zu.

„Stern meinte, Sie sollten mal Urlaub nehmen. Ich habe Ihre Akte durchgesehen. Sie haben in den letzten Jahren kaum etwas von Ihrem Urlaub in Anspruch genommen. Sie machen jetzt Urlaub, House."

„Moment mal! Ich will jetzt keinen Urlaub! Ich habe einen Patienten." protestierte House schwach.

„Das hier ist keine demokratische Abstimmung, House, das ist eine Anweisung!" Cuddy beugte sich, auf den Tisch gestützt vor, um der Sache Nachdruck zu verleihen. Das führte nur dazu, dass House einen gierigen Blick in ihren Ausschnitt warf.

„Wenn Sie mich JETZT nicht hier wollen, dann beurlauben Sie mich. Mit Lohnfortzahlung, versteht sich! Urlaub werde ich nicht verschwenden." Er reckte den Hals, um einen noch tieferen Einblick zu bekommen.

Cuddy bekam es mit und stellte sich wieder aufrecht hin. „Sie sind beurlaubt, House. Zwei Wochen lang will ich Sie hier nicht sehen!"

Der Chef der Diagnostischen Abteilung stand sofort auf „Wenn Wilson keinen Urlaub bekommt, werde ich Sie jeden Tag heimsuchen," Bridges hatte noch vier Wochen Mutterschaftsurlaub, da könnte sie ja vielleicht was gemeinsam unternahmen? Falls bei dem kleinen Felix jetzt endlich die Koliken vorbei waren, könnten sie sich alle erholen, das wäre doch nett, dachte House. Und das ohne seinen Urlaub zu opfern. Das war billig! „Und geben sie Acht, meine Schergen mögen meinen Patienten nicht – es könnte sein, dass er an Vernachlässigung stirbt und das wollen wir doch nicht, oder?"

„Verschwinden Sie endlich!" Cuddys Finger zeigte zur Tür.

House packte seinen Rucksack und hinkte zum Ausgang. An der Tür blieb er stehen „Du triffst Dich heute Abend mit Bridges?"

„Klar, wie besprochen."

House schenkte ihr ein winziges Lächeln und trollte sich.

Als er heimkam, bemerkte er zuerst die himmlische Stille. Wunderbar! Diesen Zustand hatten sie seit zwei Monaten nicht gehabt. Die Terrassentür stand offen – es war ein wunderschöner Spätsommertag und ihr männliches Kindermädchen – Mike - war mit Vicky draußen unterwegs. Oben war auch alles ruhig. Felix schlief in seinem Bettchen und er sah zu ersten Mal wirklich satt und zufrieden aus. Ganz vorsichtig streichelte House die rosige Wange des Kleinen.

Stella lag im Bett und schlief. Sie sah nicht gut aus – selbst jetzt hatte sie Ringe unter den Augen, sie hatte deutlich abgenommen. House überlegte, ob sie das Abendessen nicht doch lieber absagen sollte.

Er legte sich zu seiner Lebensgefährtin und sah sie an. Auch nach fast drei Jahren musste er immer noch grinsen wie ein Idiot, wenn er darüber nachdachte, wie glücklich er doch war, diese Frau abbekommen zu haben!

Bridges spürte die Veränderung im Raum – sie war für solche Dinge sehr sensibel, anders als Wilson dem man das Bett unter dem Hintern wegziehen konnte, ohne dass der Onkologe aufwachte. Sie blinzelte House an, dann stahl sich ein verträumtes Lächeln auf ihr Gesicht. „Hey…"

Erst jetzt berührte er sie – strich eine Strähne aus Bridges' Gesicht. „Hi."

Es konnte noch nicht so spät sein, dachte Bridges „Ist was passiert?"

„Meine Chefin hat mit suspendiert."

„Oh. Warst Du böse?" Bridges griff nach Houses Hemdkragen und zog ihn zu sich.

„Ich doch nicht." murmelte der Mann, bevor er die Frau küsste.

House zog sie langsam aus, streichelte ihre prallen Brüste, aus denen sich ein Tropfen Milch stahl, den er aufleckte.

„Du Dieb!" schalt Stella ihn.

House vergrub sein Gesicht zwischen Stellas Brüsten „Du riechst so gut… hmmm." Er küsste eine Spur hinunter zu ihrem Nabel, leckte über die frische Narbe und küsste den Venushügel. Dann streckte er sich neben ihr aus, ließ seine Hand den Pfad seiner Lippen nachfahren, bis seine Finger in die feuchte Hitze ihrer Scheide sanken.

Bridges stöhnte sanft. „so lange her…" flüsterte sie.

„Willst Du?" er ließ seine Finger in ihr zucken.

„Ooh… ja!" Bridges presste sich an House, spürte seine Härte gegen ihre Hüfte pressen.

„Dann lass mich…" House rollte sich auf sie, fand Platz zwischen ihren gespreizten Schenkeln und drang ohne weiteres Vorspiel in sie ein. Nur einen Zentimeter. Dann zog er sich zurück, nur um mit dem nächsten Mal wieder etwas tiefer einzudringen. Auf diese Art bahnte er sich langsam seinen Weg. Gott sie war eng! Und er völlig überreizt – nach Acht Wochen Abstinenz war es fast so dringend wie beim allerersten Mal. „Das geht nicht lange gut…" murmelte er gegen ihren Nacken.

„Nur noch ein bisschen, Gregory… nicht aufhören…" er war sanft mit ihr, liebevoll, so vorsichtig, als ob er Angst hätte, ihr weh zu tun. House traf all die richtigen Punkte und machte die ganze Arbeit – Stella liebte ihn für sein Einfühlungsvermögen, dass er manchmal eben doch besaß. Er wusste fast immer, was sie von ihm wollte, brauchte und auch heute war das nicht anders. Langsam, fast schon träge bewegte er sich in stetem Rhythmus bis sie kam.

House brauchte nichts anderes. Stellas Muskeln massierten ihn, als sie kam und so nahm sie ihn mit, ließ die Welle über ihm zusammenschlagen.

„Du bist schwer…" flüsterte Stella nach einem Moment, als sie wieder in der Realität auftauchte.

House reagierte nicht gleich. Zu sehr genoss er diesen Moment in dem er wie benommen schwebte, während das Hoch langsam verebbte. Dann endlich trennte er sich von ihr, wie immer mit Bedauern darüber, dass er nicht immer eins mit ihr sein konnte. Und nicht zum ersten Mal fragte er sich…

„Wo bist Du?" fragte Stella nach einer Weile. Sie konnte spüren, dass House nicht wirklich da war.

„Hier."

„Bist Du nicht."

„doch. Die richtige Frage wäre: wann bin ich?"

„Wann?" Bridges runzelte die Stirn.

„Irgendwo in der Zukunft, so wie sie vielleicht passiert – oder auch nicht. Ist nicht so wichtig." House streichelte Bridges, sah sie an und hatte wieder dieses Gefühl des Überlaufens – als ob seine Gefühle wie Wasser über den Rand eines übervollen Gefäßes schwappen würden. Er wollte etwas sagen, aber wie so oft fand er nicht die Worte.

„Was?"

„Komm her!" befahl er ruppig und presste Stella an sich, vergrub sein Gesicht in ihren Haaren.

„Ich liebe Dich auch, Gregory." flüsterte sie.

„Hmmm…"

Zu faul, um noch einmal aufzustehen, lümmelte House den Rest des Nachmittags im Bett. Seine Tochter kam ihn besuchen, entzückt darüber, am helllichten Tag mit ihrem Papa kuscheln zu können. Als sie im Bett war, und Felix gefüttert und gebadet, notierte House das Gewicht des Kleinen und stellte befriedigt fest, dass er wieder zugenommen hatte. Danach machte er es sich wieder im Bett bequem, den Jungen auf seinem Bauch. Er genoss es tatsächlich, mal einfach nichts zu tun! Er wurde wohl wirklich langsam alt…

Er hatte sich ein Bier mitgebracht und zappte durch die Kanäle – er hatte erst kürzlich den Fernseher im Schlafzimmer durchgesetzt.

Es war schon dunkel, als Wilson nach Hause kam. „Hey. Ist Dir nicht gut?"

„Faul."

„Ach das stinkt hier so." Wilson lockerte seine Krawatte und ging dann sofort Duschen. „Wo ist die Frau?" fragte Wilson aus dem Bad.

„Konspiratives Treffen mit Lisa." House leerte sein Bier und rülpste. „Auch noch ein Bier?"

„Gerne."

„Dann bring mir eines mit."

„House! Du bist… wie Du bist." Wilson stand atemlos in der Tür und schüttelte den Kopf. Aber er ging hinunter und kam mit einem Bier zurück.

„Wo ist meines?"

„Ich bin NICHT Dein Diener." erklärte Wilson.

„Ein Diener würde auch nicht an meinem Bier nuckeln. Her damit!" House versuchte, Wilsons Bier zu grabschen, aber der war auf der Hut. Schließlich zauberte Wilson doch noch eine zweite Flasche hervor, was House extrem befriedigt aussehen ließ. „Dein Sohn wird fett." Murmelte House nach einer Weile, während sie eine Aufzeichnung von einem Indy-Car-Race sahen.

„Das ist gut!"

„Ja. Nimm ihn mal, er drückt mir auf die Blase."

Wilson gehorchte gerne. „Ich dachte, Du teilst nicht?" stichelte er, währen House ins Bad humpelte.

„Nicht alles und nicht mit jedem. Du bist harmlos genug, da kann ich das gefahrlos zulassen."

„Du kannst nicht einfach mal Nett sein, oder?" Wilson schüttelte den Kopf über House.

„Damit kämst Du doch gar nicht zurecht."

„Du KANNST es nicht, gib's zu."

„Ich kann alles, aber es wäre extrem anstrengend und die zu erwartende Belohnung rechtfertigt den Aufwand in keiner Weise. Ich bin ein rücksichtsloses Arschloch und, gib's zu Wilson, Du magst das." House setzte sich auf die Matratze und manövrierte sich wieder unter die Decke.

Wilson machte sein ‚hoffnungsloser Fall' Gesicht und schwieg.

Stille breitete sich aus. Sie war nicht unangenehm, es war das Schweigen zwischen zwei Menschen, die sich auch so perfekt verstanden.

Sie hatten sich durchgerungen, tatsächlich für eine Woche wegzufahren. Das Angebot von Houses Onkel hatten sie nie angenommen – einfach weil sie nie dazu kamen. Und so bestanden Bridges und Wilson darauf, Gordon House und dessen Frau Sammy zu besuchen.

House fand das gut – diese Leute waren für ihn eine gute Erinnerung und so ein bisschen wie seine Ersatzeltern. Wegen der Kinder flogen sie zum Greenbrier County Airport in West Virginia und mieteten dort einen Minivan, um nach Falling Spring zu fahren.

Je näher sie dem winzigen Ort kamen, desto aufgeregter wurde House. Er starrte aus dem Fenster und registrierte die Veränderungen und das, was immer noch so war, wie vor zwanzig Jahren.. Er dirigierte Wilson den Highway 219 entlang, als plötzlich eine Sirene hinter ihnen ertönte.

„Oh, verdammt!" fluchte der Onkologe. Als er an Straßenrand anhielt. Der Polizist stieg aus und kam langsam zum Wagen. Wilson ließ das Fenster herunter.

„Hallo Officer. Stimmt was nicht?"

„Kann ich mal bitte Ihre Papiere sehen?"

„Natürlich." Wilson kramte seinen Führerschein heraus und wühlte dann im Handschuhfach nach den Papieren für den Wagen.

„Sie sind in einer 35er Zone 45 gefahren." sagte der Cop ungeduldig.

„Oh… ich muss das Schild übersehen haben…" er konnte sich wirklich nicht an ein Schild erinnern!

„Offensichtlich." Die Stimme des Polizisten war streng, ließ kaum auf Milde hoffen. Wilson war so gestresst, dass er es versäumte, auf das Namensschild des Polizisten zu sehen. Auch das aufblitzen blauer Augen entging ihm. Die stämmige Statur und die rötlichen Haare verrieten allerdings nichts von der engen Verwandtschaft.

„Du Arsch machst Wilson Angst!" giftete House von hinten.

„Zu Dir komm' ich gleich." Blaffte der Cop zurück. Er gab Wilson seinen Führerschein zurück. Der ahnte nun etwas. Klar, der Cop hieß House.

„Willkommen in House-Land, Dr. Wilson. Ma'am." Er grüßte Stella artig. „Ich fahr vor Euch her."

„Warte!" rief House, dann sah er Vicky an „Möchtest Du mit dem Polizeiauto fahren? Mit Tatü-Tataa und allem?"

„Ja!" Vicky war sofort begeistert

House machte die Tür auf und stieg aus.

„Nimm den Kindersitz mit!" befahl Wilson.

„Quatsch."

House und sein Cousin – Gordons Ältester, vier Jahre älter als House selbst, schlugen ihre Hände in der Luft zusammen, als Begrüßung.

„Dann fahr uns mal, Gabe."

„Sie wird nicht vorne sitzen!" rief Bridges hinterher.

„Wo bleibt denn da der Spaß? Ich bin ´n prima Sicherheitsgurt." House hinkte zum Streifenwagen, Victoria an seiner Seite.

„Ich stell schon kein Ticket aus, keine Sorge." Der Cop zwinkerte.

„Scheiße." Stöhnte Wilson, „das ist eine Familie von Irren!"

House stieg ein und Gabe setzte die Kleine auf den Schoß ihres Vaters. „Bau keinen Unfall ja?"

„Du bist und bleibst eine Memme, Greg." Damit fuhr Gabriel los – mit Sirene und Blaulicht. Vicky war völlig begeistert und wollte kaum still sitzen. Am Ortseingang schaltete Gabe den Lärm ab. „Das ist Deine, ja?" er deutete auf das Kind während sie durch das 270-Seelen Kaff fuhren.

„Yep."

„Niedlich."

House stöhnte und zuckte zusammen, als Vicky sich bei ihrer Zappelei hart auf seinem rechten Oberschenkel abstützen musste.

Vicky fror ein. Sie wusste, dass sie ihrem Papa nicht weh tun sollte. Ihre kleine Hand streichelte das lädierte Bein entschuldigend „Tut weh?" Sie hatte einmal mitbekommen, wie Papa Daddy Wilson sehr, sehr böse angemotzt hatte, weil der ihm weh getan hatte. Das war hängen geblieben.

„Ist OK, Kleine. Papa ist nicht böse. Sei nur ein bisschen vorsichtiger, ja?"

„Ja."

„Mom ist schon seit zwei Tagen am Kochen." erklärte sein Cousin, „Man könnte echt neidisch werden, weißt Du das?"

„Ich hoffe, es gibt Apfelkuchen!" grummelte House.

„Berge."

„Gut."

Während Wilson hinter dem Streifenwagen her fuhr, hatte er mehr Zeit, sich die Umgebung anzusehen. Es war ein gottverlassenes Kaff am Ende der Welt, das Schild am Ortseingang verriet eine Bevölkerungszahl von 271 Personen. „Das Ende der Welt." murmelte er.

„Wir werden die Sterne sehen können." entgegnete Bridges.

„Hier gibt's nichtmal einen Drugstore." Stellte Wilson fest, als sie den Ortskern hinter sich ließen. Der Teer hörte auf.

„Wir sind drei Ärzte. Wir haben wahrscheinlich genug Medikamente dabei, um alle Bewohner umzubringen!" Bridges lachte.

Sie fuhren am Fluss entlang, eine ganze Weile sahen sie kein Haus und Wilson fragte sich, ob sie nicht einem Irren auf den Leim gegangen waren, der sie alle umbringen würde, als ein Briefkasten auftauchte: es war ein Miniatur-Haus und auf der Haustür stand ‚HOUSE'.

Dann kam das Haus in Sicht: drei unfassbar alte Autos standen daneben, das Haus war offensichtlich in mehreren Etappen und Stilen gebaut worden. Im Vorgarten – ein riesiges, schlecht gemähtes Stück Wiese - standen Skulpturen aus Metall und Holz. Ein großer Coonhound kamen bellend angerannt, zum einen weil sie den Streifenwagen kannte, zum anderen, weil ein fremder Wagen kam. Ihr Gesäuge war prall und schwer – sie musste irgendwo Welpen haben.

Vicky hatte Angst vor dem Hund und so verscheuchte Gabe das Tier. House stieg aus. Er war seit dem Infarkt nicht mehr hier gewesen und im Moment fragte er sich, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, hierher zu kommen. Nicht, dass er nicht gerne hier war! Mit diesem Ort verband er nur gute Erinnerungen, er mochte diese Familie, hätte als Kind gerne hier gelebt. Aber verglichen mit Princeton war dieser Ort mehr als nur schlicht. Er hatte ernsthafte Zweifel, ob Wilson sich hier wohlfühlen würde. Zur Not konnten sie ja immer noch vorzeitig abreisen, dachte er sich.

Die Veranda war mit Fliegengitter verkleidet und die Tür darin öffnete sich nun. Eine stämmige, nicht allzu große Frau mit rötlich-weißen haaren kam herausgeeilt „Gregory! Meine Güte, es ist schön, Dich zu sehen!"

„Tante Sammy!" es folgte eine kurze Umarmung, die von Houses Tante beendet wurde, denn sie musste sich ihren Neffen genau ansehen. „Gut siehst Du aus, Junge."

Gordon kam etwas gelassener hinterher.

Wilson und Bridges waren mittlerweile auch ausgestiegen und Bridges hielt den schlafenden Felix auf dem Arm. Vicky ritt auf den Schultern des Sheriffs, der mit seiner Sirene sofort ihre Sympathie erkauft hatte.

„Tante, das hier sind Stella Bridges und James Wilson. Der kleine Scheißer ist Felix und das Biest auf dem Rücken von Gabe ist Victoria." stellte House stolz seine Leute vor.

„Mein Gott, Du hast eine komplette Familie aus dem Hut gezaubert, Greg! Das ist phantastisch." Niemand hatte mehr damit gerechnet und Sammy freute sich ehrlich für den Jungen.

Alle wurden herzlich begrüßt, dann ging man hinein. Sammy hatte zwei der leerstehenden Kinderzimmer im Erdgeschoss vorbereitet, die die ungewöhnliche Familie jetzt belegte. Nachdem sich alle frisch gemacht hatten, saßen sie zusammen in der großen Wohnküche, die offensichtlich das ehemalige Herz des Hauses war. Der große Tisch zeugte von den tumultartigen Zuständen, die eine Familie mit sieben Kindern im allgemeinen bedeutete.

„Alan ist auf der Jagd. Wenn er zurück ist, essen wir." erklärte Gordon. Alan war sein jüngster und zur Zeit arbeitslos. In der Zwischenzeit brachten die Anwesenden sich rasch auf den neuesten Stand. House schielte immer wieder zum Buffet, wo Kuchen stand. Wenn es nach ihm ging, konnte der Rest des Essens warten! Aber der Apfelkuchen…

Wilson beobachtete House. Er konnte sich nicht erinnern, den Diagnostiker in Gegenwart so vieler Leute je so entspannt gesehen zu haben. Draußen wurde es laut. Hunde bellten, eine Tür schlug. Sammy und Gordon deckten den Tisch zu ende und dann kam Alan herein. Bridges blinzelte – da stand eine jüngere, rasierte Version von House in der Tür, etwas schlaksiger vielleicht, sicherlich weniger geschliffen, aber sie hätten Brüder sein können!

Alan grüßte alle und setzte sich dann an den Tisch. „Ich hab' vier Hasen und ein Reh." verkündete er, während das Essen aufgetischt wurde. „Die müssen nachher noch abgezogen werden."

Bridges war erstaunlich früh müde. Sie hatten, wegen der bestehenden Bettensituation – in den Zimmern standen jeweils zwei einzelne Betten – beschlossen, zu rotieren. Einer würde mit den Kindern schlafen, die beiden anderen hätten dann das zweite Zimmer. Sie hatte sich in das Zimmer mit den Kindern verkrümelt. Sie hatte es auch nötig. Alle waren froh, dass bei ihrem kleinen Sorgenkind endlich der Knoten geplatzt war und Felix sich wohl endlich mit dem Leben als eigenständiger Mensch abgefunden hatte.

House und Wilson folgten, als der Rest der Familie House sich – einer nach dem anderen – in die Betten verzog.

House stand noch einen Weile am Fenster und starrte in den Himmel. Er hatte vergessen, wie viele Sterne da oben waren! Es gab ihm ein Gefühl von Bedeutungslosigkeit, ließ ihn winzig erscheinen. Er war eine Amöbe, galaktisch betrachtet.

Wilson wurde irgendwann nervös. „Bist Du OK?" fragte er, auch wenn er die Antwort schon zu kennen glaubte.

House blickte zu ihm herüber, „Ja. Schlaf jetzt." House hing wieder seinen Gedanken nach. Wilson. Und wenn er hundertmal unbedeutend war, so waren alle anderen das auch; und in ihrer Welt, in ihrem winzigen Teil des Universums HATTEN sie Bedeutung; spielte es eine Rolle, was sie taten; Wen interessierte es, ob auf der Venus ein Sack Reis umfiel?

Er hinkte zum Bett und beugte sich über Wilson, der immer noch wach war. Die Augen des Onkologen glitzerten im schwachen Licht der klaren Nacht. House fuhr mit seinen Fingern durch Wilsons Haare, dann beugte er sich über ihn und küsste ihn auf Stirn und Wangen „Ahava." flüsterte er. Dann kroch er auf der anderen Seite in sein Bett und machte es sich bequem.

House holte tief Luft und atmete langsam aus. Er lag auf dem Rücken und ging die Übungen durch, die seine behandelnde Ärztin – Dr. Stella Bridges – ihm als unterstützende Maßnahme im Rahmen des Schmerzmanagements beigebracht hatte. Es half durchaus. Leider half es besser und schneller, wenn er sowieso entspannter war. In echten Stresssituationen half gar nichts. Aber es tat gut, House entwickelte ein neues Bewusstsein für seinen Körper, den er lange genug vernachlässigt hatte. Eine angenehm warme Schwere senkte sich über ihn, bis…

Wilsons Herz klopfte. House war offensichtlich in einer sehr milden Laune, sonst hätte er das nicht gesagt! Hatte sich sogar die Mühe gemacht, das Hebräische Wort für ‚Liebe' zu lernen! Wilson wälze sich herum. Vielleicht war das ein guter Zeitpunkt, ein sehr delikates Thema anzusprechen? Er war sich da nicht sicher. Wilson fummelte mit der Bettdecke, dem Kopfkissen bis House es nicht mehr ertrug.

„Halt endlich Ruhe!"

„´Tschuldigung." Wilson schaffte es genau drei Minuten und vierunddreißig Sekunden lang, still zu liegen, dann fing er wieder mit seinen Nervösen Zuckungen an.

„Oh Mann! Was ist mit Dir los?" House war genervt.

„Was?" Wilson blickte irritiert zu House, „Was meinst Du?"

„Du bist total nervös. Was ist los mit Dir? Hast Du Wanzen im Bett?"

„Oh…." Wilson wurde rot.

„Oh?" äffte House seinen Freund nach und hatte sichtlich Spaß an Wilsons Verlegenheit.

„was ist? Hast Du wieder eine Krankenschwester genagelt?"

„Nein!" Wilson war empört. Seit er mit Bridges und House zusammengezogen war, war er treu gewesen!

„Irgendwas ist doch mit Dir los." House ließ nicht locker. „Seit Tagen bist Du so komisch, starrst Löcher in die Luft und so. Bist Du krank? Müssen wir uns Sorgen machen?"

„Nein!"

„Was denn?"

„Ich… hab mal im Internet gesurft…" Wilson wurde immer nervöser und unsicherer. „Bei Wikipedia und so…"

„nach was hast Du denn gesucht? Ein Rezept für Pfannkuchen?"

„…Analverkehr…" Wilson lief puterrot and, als er das eine Wort flüsterte.

„Was ist das?" fragte House, ohne eine Miene zu verziehen.

„das – wie bitte?" Wilson sah House an, der sich krampfhaft das Lachen verbiss. „Idiot!"

„Ich? Hey, ich hab' mir wirklich Sorgen um Dich gemacht, und dann… Oh Mann!" House schlug sich vor den Kopf. Dann schwieg er einen Moment, drehte den Kopf und sah Wilson an. „Wie kommt's?."

Wilson seufzte. „Es ist weil… das war so… es war überwältigend, in Dir zu sein." Normalerweise taten sie kaum mehr als sich gegenseitig anzufassen. Wilson war damit auch völlig zufrieden – es gab ihm die Nähe zu House, die er manchmal eben suchte. Denn hin und wieder brauchten die tiefen Gefühle, die er für den anderen Mann hegte, eben doch ein Ventil und Worte waren dann nicht genug.

Ach du je, dachte House, Wilson war immer noch mit dem einen Blowjob beschäftigt! Das war doch verjährt. House hatte nicht gedacht, dass das den anderen Mann derart berühren würde. Wenn er das gewusst hätte, hätte er es öfter getan. Aber er wollte nicht, dass Wilson sich unter Druck gesetzt fühlte, dass Wilson glaubte, er MÜSSE das mit gleicher Münze zurückzahlen.

House sagte kein Wort und Wilson stellte fest, dass er damit noch schlechter zurecht kam, als mit dem losen Mundwerk, dass der Diagnostiker sonst an den Tag legte. „Und… nun ja ich wollte wissen, wie das so ist. Weil… ich…" er fuhr sich durch die Haare. House zwinkerte noch nicht einmal! Wilson spürte das dringende Bedürfnis, wegzurennen. House fühlte das wohl auch, denn plötzlich war seine Hand auf Wilsons Arm und auch wenn House ihn nicht festhielt, so war es doch genug, ihn am Weglaufen zu hindern.

„Wenn Du wissen willst, wie das ist, dann musst Du nicht zu Wiki, Wilson. Tu's einfach." sagte der Ältere.

„Ich wollte wissen, WIE genau das läuft. Ich… wollte nicht als der totale Trottel vor Dir erscheinen." House machte es einem wirklich schwer!

„Gut, dann sind wir ja jetzt schon zwei, die die Theorie kennen." nickte House trocken und nahm seine Hand wieder weg.

„Du -?" Wilson fielen fast die Augen aus dem Kopf. Das war nun wirklich ein blöder Scherz! „Du nimmst mich auf den Arm, oder?" Wilson war sich ab-so-lut sicher gewesen, dass House schon alles ausprobiert hatte. Auf diese Einlassung war er nicht gefasst gewesen – daran hatte er im Traum nicht gedacht!

„Man muss nicht alles tun, was geht. Mein Arsch ist noch Jungfrau. Ok… von Stellas Fingerchen mal abgesehen."

„Oh Mann! Ich… ich dachte…" Wilson wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte es als etabliert gesehen, dass House definitiv praktische Erfahrungen hatte! „W-wieso? Ich meine, wieso hast DU noch nie…?"

House zuckte die Schultern „da war niemand, der's wert gewesen wäre, schätze ich. Niemand, dem ich… genug vertraut hätte. Man kann schließlich eine Menge dabei kaputt machen, wenn man das falsch macht."

Wilson nickte. Das machte Sinn. Vertrauen spielte eine große Rolle, das hatte er gelesen. Es WAR nun einmal eine verletzungsintensive Variante. „Wie war das denn, mit… mit dem Finger?" Wilson kam aus dem erröten nicht heraus und war froh über die Dunkelheit. Sie hatten noch nie ihre Erfahrungen mit Stella ausgetauscht und die Tatsache, dass Bridges mit ihm, Wilson, wohl weit schlichteren Sex hatte als mit House piekste ihn ein wenig, denn das hieß Bridges hielt ihn für… simpel. OK, er WAR wohl simpel, in dieser Hinsicht.

„Geilst." murmelte House. Seine Stimme hatte einen verführerischen Unterton angenommen.

Wilson nickte. So hatte es sich auch gelesen.

„Willst Du es mal probieren?" fragte House ihn geradeheraus. Wilson nickte mit trockenem Mund. „Wie rum hättest Du es denn gerne, hmm?"

„Ich weiß nicht…" murmelte Wilson.

House drehte sich weg „Ha- ha. Sehr witzig. Was hast Du gedacht, als Du das alles gelesen hast? Sei ehrlich, Wilson sonst kannst Du Dir den Arschfick nämlich sonst wohin stecken." Blöde Metapher, wirklich, dachte House.

Wilson konnte den Blick seines Freundes mehr spüren als sehen. Die Art, wie House ihn ansah, ließ Wilson sich auf einmal absolut winzig fühlen. „Ich würde… wenn Du einverstanden wärest… also… den aktiven Part machen?" seine Stimme wurde immer leiser, während er sprach. Wilson konnte selbst kaum glauben, was er da sagte. Aber bei Lesen hatte er versucht, es sich vorzustellen – sich irgendwas vorzustellen - und die Bilder waren immer die gleichen gewesen: der Gedanke, House zu nehmen war überwältigend und unfassbar erregend gewesen! Schließlich war ein Auslöser für seine Recherche die Tatsache gewesen, wie sehr es ihn auf allen Ebenen seines Seins berührt hatte, IN House zu sein, als dieser ihm damals mit dem Mund befriedigt hatte.

House starrte Wilson an. „Scheiße, Wilson! Wie soll ich Dir das abschlagen?" er hatte selbst schon oft darüber nachgedacht, klar. Aber nie hätte House sich träumen lassen, dass Wilson auch nur daran dachte, ‚richtig' mit ihm zu schlafen! House war sich auch nicht sicher, ob er das wirklich wollte. Die Idee – in der Theorie – war verlockend, aber er war sich nicht sicher wie angenehm oder auch nicht das für den passiven Partner sein würde. Über diesen Teil hatte er nie nachgedacht. Wenn, hatte er sich in der aktiven Rolle gesehen. Was würde sein Hintern dazu sagen? Ein erigierter Penis war eine völlig andere Klasse als ein schlanker Frauenfinger! Sein Hintern schien – zumindest im Moment – nicht abgeneigt.

Wilson stieß die Luft aus – er hatte nicht gemerkt, dass er sie überhaupt angehalten hatte.

„Gut, wenn ich mal in Stimmung bin, lass' ich Dich's wissen." meinte House lapidar.

„OK." Wilson war völlig erstaunt. Keine Lästerei, keine Sticheleien – es war eine ernsthafte Unterhaltung gewesen. House war es offensichtlich extrem wichtig, dass Wilson sich in diesem Bereich verstanden fühlte, dass er seine Unsicherheiten überwand. Dennoch waren solche Gespräche jedes Mal eine kleine Erleuchtung für Wilson.

Damit war die Sache aus der Welt und beide hingen wieder ihren eigenen Gedanken nach. House drehte sich auf die Seite, um einzuschlafen.

„House?"

„Hmmmm?" der genervte Unterton war nicht zu überhören. Houses Grenze für Tiefsinniges war mal wieder erreicht.

„Danke..."

Ein Arm langte herüber und Finger wuschelten durch seine Haare „schlaf jetzt endlich. Bin müde." Die Hand glitt schlaff herab und blieb – mit den Fingerspitzen – auf Wilsons Arm liegen. So schliefen sie ein.

Der nächste Tag verstrich wunderbar ereignislos. House wurde auf den neuesten Stand bezüglich der sieben House-Cousins und Cousinen gebracht, man sah sich alte und neue Fotos an und tat auch sonst nur schrecklich wichtige, irrelevante Dinge.

Alan erzählte ein paar spannende oder lustige Begebenheiten von der Jagd und das Stadtkind Wilson war bald so fasziniert, dass Alan ihm anbot, mit zu kommen. Wilson willigte begeistert ein. House hielt den Mund. Vom Jagen hielt er nichts, aber seine Leute lebten zum guten Teil davon, das war noch akzeptabel. Und ein paar Hasen zu schießen – hey, wie gefährlich könnte das sein?

„Sie zu, dass Wilson HINTER dem Gewehr bleibt, klar?" ermahnte House seinen Cousin, als der die Waffen in den Wagen trug.

„Mach Dich nicht nass, Greg." gab Alan zurück. Dass diese beiden sich nicht sonderlich mochten war deutlich zu spüren und Bridges fragte sich, was wohl in der Vergangenheit vorgefallen war.

Man wünschte den beiden Jägern viel Erfolg und House konnte einfach nicht die Klappe halten „Ich werde Deinen Krebsbälgern berichten, dass Du Bugs Bunny niedergemetzelt hast."

„Das werden sie DIR gerade glauben!"

Bridges hatte noch was mit ihm vor – er hatte sich gequält dazu breitschlagen lassen und nun schlenderten sie mit einer Decke am Fluss entlang zu der Stelle, an der eine Biegung eine lange Landzunge in das Wasser vorragen ließ.

Bridges breitete die Decke aus und hieß House, sich hinzulegen. Über die vielen Monate hinweg hatte Bridges es geschafft – ohne Houses wissen – einen konditionierten Reflex zu etablieren. Mit einigen gehüteten Worten konnte sie den Mann dazu bringen, sich sehr schnell zu entspannen. Das funktionierte zwar nur, wenn er nicht gerade in Alarmstimmung war, aber immerhin.

Auch jetzt wandte sie den kleinen Trick an. Stern hatte ihr ein paar ‚Hausaufgaben' mitgegeben. Wenigstens Houses wiederkehrende Albträume wollten sie angehen. Wenn das Erfolg hatte, konnte man darauf aufbauend vielleicht weiter machen und House zu einer Therapie zu bewegen.

House lag da und starrte in den Himmel. Die Schönwetterwolken zogen langsam vorbei und er genoss die warme Sonne auf seiner Haut und die Fußreflexzonenmassage, die Bridges ihm spendierte. Diese Frau hatte eine Art, ihn zu berühren, wie er es vor ihr nicht erlebt hatte.

Nach einer Weile setzte Bridges sich hinter House und bettete seinen Kopf in ihren Schoß. Sie massierte seine Schläfen, den Nacken und die Schultern. Ihre geschulten Finger spürten auch die letzten Knoten auf. House sah sie die ganze Zeit unverwandt an, als könne er sich nicht satt sehen an ihr. Seine Augen waren so blau, wie der Himmel über ihnen, als sei ein Splitter davon herunter gefallen.

„Ich möchte über deinen Traum reden." sagte sie irgendwann.

Aha, daher wehte der Wind also. „Du kennst ihn. Was gibt's da noch zu reden?"

„versuche, Dir ein anderes Ende auszudenken."

„Wie -?" House sah sie fragend an.

„Du erzählst diese Geschichte. Es ist in Deiner Macht, sie zu ändern. Erzähle ein Ende, dass Dir gefällt, House."

„Was soll das bringen?" er verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

„Du kannst diesen Traum verändern. Du kannst ihm ein gutes Ende geben. Dann wird es zu einem normalen Traum – er wird Dich nicht mehr aufwecken, nicht mehr ängstigen."

House wollte widersprechen, leugnen, dass der Traum ihm Angst machte, aber dann wurde ihm klar, dass das total lächerlich wäre. Oft genug weckte er seine Lebensgefährten nachts damit auf, dass er abrupt aufwachte, manchmal mit einem erstickten Schrei auf den Lippen. „Hmm…" er war skeptisch.

„Das ist ein erprobtes Verfahren. Wenn Du Dir wach einen anderen Ausgang vorstellst, wird sich das nachts auswirken. Willst Du das nicht wenigstens mal versuchen?" Bridges kitzelte ihn mit einem Grashalm an den Fußsohlen.

House stieß die Luft laut aus „Ihr wollt es nicht kapieren. Ich WILL keine Therapie. Ich will meine Ruhe."

Wie oft war das Gespräch schon an diesem Punkt angekommen? Nach jeder Krise und jedem Flashback hatten sie versucht, House zu einer Therapie zu bewegen. Ja, die kritischen Situationen wurden seltener, aber das lag eher daran, dass nun zwei Menschen in seinem Leben wie die Schießhunde darauf Acht gaben, dass House NICHT in für ihn bedrohliche Situationen geriet. „Siehst Du nicht ein, dass das nicht funktioniert?" Bridges zwang House, sie anzusehen, „Solange Du das nicht verarbeitet hast, lauern überall Situationen auf Dich, in denen Du die Kontrolle verlierst."

„Das ist doch Blödsinn!"

„House, eine KINDERUHR hat Dich zu Tode verängstigt! Was, wenn Du auf die Straße gerannt wärst? Was, wenn so etwas in einer wirklich gefährlichen Situation passiert?" nach dem letzten Ausraster hatte Bridges wirklich Angst bekommen. „Du hast keine Kontrolle über die Welt da draußen, deswegen solltest Du wenigstens versuchen, Dich selbst unter Kontrolle zu haben."

Er zuckte nur mit den Schultern. Er wusste schon, warum er meist zu Hause blieb – in einer Umgebung die er sehr wohl unter Kontrolle hatte – und wenn nicht er, dann doch Wilson und Bridges. „Einmal soll ich aufhören, die Kontrolle zu haben, dann wieder willst Du, dass ich versuche, unkontrollierbares zu kontrollieren. Was denn nun?"

„Wenn Du mit nichts besserem aufwarten kannst, Du Niete…" er müsste schon früher aufstehen, um sie mit solchen Haarspaltereien aus dem Konzept zu bringen.

„Ich kann's aber versuchen, oder?" grinste er. Seine Hände griffen nach ihr.

„Du lenkst ab." Bridges schlug die Hände sanft weg.

„Ja."

„Du sollst beides tun, ja. Alles zur richtigen Zeit. Du musst versuchen, die Vergangenheit hinter Dich zu bringen, sonst …" sie schüttelte den Kopf.

„Was? Kein Nachtisch?"

Bridges sah weg. Sie hatte schon so viele Menschen verloren, die ihr lieb und teuer waren. Die Vorstellung, dass House etwas passieren würde war einfach zu fürchterlich.

„UND kein Abendessen?" fügte House ungläubig hinzu.

Bridges stand auf und ging ein paar Schritte den Weg hinunter. House rappelte sich auf, kapierte endlich dass hier etwas falsch lief und hinkte ihr hinterher, holte sie ein und hielt ihren Arm fest „was ist?" Als sie sich umdrehte und er die Tränen sah, fluchte er innerlich. Warum nur mussten alle immer gleich losheulen? Sie wusste doch verdammt noch Mal, dass er damit nicht klar kam!

„Irgendwann wird Dich das umbringen. Weil Du vor ein Auto rennst oder weil Du Dir ´ne Überdosis verpasst. Ich will Dich nicht verlieren!" sie zog die Nase hoch. House gab ihr ein Papiertaschentuch. Wieso, fragte sich ein Teil seines Hirns, wieso hatten diejenigen, die stets heulten KEINE Tempos dabei, er aber sehr wohl?

„Ich werde irgendwann tot sein." sagte er ruhig, „Und die Chancen sind gut, dass ich vor Dir den Abgang machen werde."

„Wie kannst du das sagen?" Bridges war entsetzt.

„Ich bin ein Mann, ich bin älter als Du, meine Leber hat schon so einiges mitmachen müssen – mehr als siebzig sind da nicht drin." Er zählte die relevanten Fakten an den Fingern ab.

Bridges fand das schon fast surreal. Wie konnte jemand mit solcher Intelligenz derart dämlich sein? „Du hast mal gesagt, ich würde Dir irgendwann das Herz brechen. Und dann hast Du mich gebeten, es nicht so früh zu tun, Dir noch bisschen Zeit mit mir zu geben."

„Ja…" damals war er sicher gewesen, sie zu verlieren. Und durch ihre folgende Amnesie war das auch fast passiert. Nur Wilsons Anstand war es zu verdanken, dass er Bridges ‚zurückbekommen' hatte. Und letzten Endes hatte selbst Wilson bekommen, wonach er sich gesehnt hatte.

„Nichts weiter will ich auch von Dir!" das musste er jetzt doch mal kapieren, verdammt!

„OK"

„OK?" das war's?

„Ja, OK." House nickte. „Der Traum endet gut. Wilson Wonder-Boy bricht die Tür auf und wir reiten auf dem Regenbogen davon. OK?"

„Auf dem Regenbogen?" er war ein solcher Kindskopf, Bridges konnte es kaum glauben!

„Hey, es ist MEIN Traum. Du hast gesagt, ich darf tun, was ich will." nörgelte House.

Der Diagnostiker zog Bridges zur Decke zurück. Er wollte noch ein wenig einfach da liegen, dem Fluss lauschen und Bridges' magische Hände spüren. House bekam eigentlich meistens seinen Willen! Er schaffte es auch, sie wieder aufzumuntern, was House sehr erleichterte!

Als der Pickup zurückkam sammelte House seine Tochter ein und schickte sie mit seiner Tante nach drinnen „Ich will nicht, dass sie sowas sieht. Dafür ist sie noch zu jung." Blutige, tote Tiere waren nichts für Zweijährige, fand House. Er selbst und sein Onkel gingen zum Wagen.

Wilson stieg aus, seine Augen strahlten vor Aufregung. „Du wirst es nicht glauben." rief er.

„Hast Du Dir in den Fuß geschossen?"

„Nein. Aber – wow! Schau Dir dieses Reisenviech an!" Wilson deutete auf die Ladefläche.

House sah auf die Ladefläche. Ein Wildschwein. Er blickte seinen Cousin scharf an „Hasen jagen?"

Alan machte eine Geste ‚kann ja mal vorkommen'.

House hätte es nie zugelassen, dass Wilson auf eine Wildschweinjagd gehen würde. Jedes Jahr wurden erfahrene Jäger dabei verletzt oder getötet. Es war nichts passiert und er wollte Wilson nicht den Spaß nehmen, aber seinem Cousin musste er bei Gelegenheit die Leviten lesen.

„Wieviel Schuss?"

„Zwei."

„Mann, House, das hättest Du sehen sollen. Der Boden hat gebebt, als die Sau auf uns zu kam. Und dann – peng! Zentral orange in's Hirn." Wilsons freudige Erregung war zu schön! Aber House wusste, dass das ein Zeichen von Wilsons völliger Ignoranz war. Wilson hatte einfach keine Ahnung, was ein Wildschwein anrichten konnte.

„Na, Hauptsache, Du hattest Deinen Spaß." Er hinkte um den Wagen herum und betrachtete die Kopfwunde. Alan war auf Nummer Sicher gegangen und hatte den Saustopper abgefeuert – eine Bleikugel mit einen Zentimeter Durchmesser. „Ich sollte Dir sofort die Fresse polieren, wie ich's noch nie getan habe, du Arsch." Zischte er Alan zu, als Wilson ihn nicht sehen konnte.

„Du würdest immer einen Grund finden, was?"

„Fang nicht an, OK?"

Für seinen Cousin war das keine große Sache. DER war ein erfahrener Jäger, hatte mit Zwölf seinen ersten Hirschen erlegt und war im Wald zu Hause. Aber gerade deswegen hätte House erwartet, dass der Mann verantwortungsvoller gehandelt hätte! Aber der musste wohl Wilson gegenüber beweisen, was für ein Toller Kerl er war, dass es Alan war, der hier an diesem Ort das größte Geweih hatte.

„Na, dann schafft das Biest mal in die Scheune und zerlegt es." Sagte er dann lauter. Und damit verschwand die gesamte erwachsene männliche Gesellschaft im Schuppen, wo man sich gemeinsam ans Zerlegen machte. Wilson bestaunte die immense Schärfe der Messer und das Geschick der Verwandten von House beim Abhäuten der an den Hinterläufen aufgehängten Sau. Als sie aus der Decke geschlagen war, stieß man mit einem kalten Bier auf den Jagderfolg an.

„Das wird jetzt eklig." meinte Alan, als er für den ersten Schnitt ansetzte.

Wilson lachte „Meine Patienten sind normalerweise in einem Zustand, den niemand würde essen wollen, von daher: nur zu!"

„Du denkst bei Deinen Patienten an Essen?" House sah ehrlich überrascht aus.

Alle lachten. Die Hunde veranstalteten ein Geheul vor der Tür – sie wussten, dass sie nicht hinein durften, aber sie wussten auch, dass sie jetzt ihren Anteil bekämen.

„Kriege ich die Nieren?" fragte House.

Wilson sah ihn komisch an „Du hast Urlaub. Fehlt Dir die Arbeit schon so sehr, dass Du ein Schwein obduzieren willst?"

„Ich will sie ESSEN, Mann!"

„Igitt!"

„Kotzt Du jetzt doch?" House sah Wilson gespannt an.

„Das ist, als ob Du die Kläranlage auslutschen wolltest." Wilson schauderte.

„Und das von jemandem, der nach Pedicatio verlangt. Tsk, tsk, Wilson." House war sich ziemlich sicher, dass nur Wilson das verstehen würde. Der bekam prompt knallrote Ohren und nahm schnell noch einen Schluck Bier.

Alan langte in den klaffenden Schnitt und löste die Nieren aus und hielt sie House hin „Tut mir leid." murmelte er. Beide Männer sahen sich über die blutigen Organe hinweg an, dann nickte House. „Ich hole Wasser." Alan warf die Nieren in eine Schale, in der schon das Herz lag. „Hey, vielleicht können wir das Herz auf dem Schwarzmark verkaufen? Da sind locker zehn Riesen drin!" damit hinkte House mit einer Schüssel hinaus um die Nieren zu wässern.

Die Frauen hatten sich derweil in die Wohnküche verzögen. „Greg behütet die Kleine sehr." bemerkte Sammy.

„Ja. Er möchte sie nicht überfordern. Ich kann es verstehen." Erwiderte Bridges.

„Ich sehe ihn ja nicht oft. Er kommt alle zwei, drei Jahre mal überraschend vorbei, aber seit der Sache mit dem Bein war er gar nicht mehr hier." Sammy beschäftigte Vicky während Stella den Jungen stillte. Felix war jetzt kaum noch satt zu bekommen, war ganz damit beschäftigt, das Versäumte aufzuholen. „So ausgeglichen wie dieses Mal habe ich ihn noch nicht erlebt. Er ist wirklich glücklich, denke ich."

Stella nickte. „es war für uns alle eine lange Suche, glaube ich. Und ein unfassbarer Zufall, dass wir uns gefunden haben."

„Ich glaube nicht an Zufälle." meinte Sammy.

„Das würde bedeuten, Gregory war es bestimmt all das zu durchleiden?"

„Nicht unbedingt. Ich denke, es gibt immer Kreuzungen, an denen unsere Entscheidungen uns hier- oder dortentlang führen. Aber es gibt nicht beliebig viele Wege. An jedem Punkt hat man nur so-und-so viele Möglichkeiten zur Auswahl."

„Hmmm…" Stella war sich nicht sicher, ob sie die Idee mochte.

„Was Greg passierte, als Kind, das war nichts, was er hätte beeinflussen können. Aber heute, als Erwachsener – er hat sein Leben in der Hand. Er hat sich für Dich entschieden, aktiv, an einem Punkt wo es nur zwei Wege gab: einen mit Dir, und einen ohne Dich. Alle vorherigen Entscheidungen haben zu eben dieser Kreuzung geführt."

Das konnte Stella nicht leugnen.

„Und weil Greg nicht an Konventionen glaubt, konntest Du auch mit Wilson zusammen sein. Auch hier sind wieder beeinflussbare und nicht beeinflussbare Elemente: dass Greg ist, wer er ist, hat er nicht selbst bestimmt. Aber ob er Dich mit Wilson teilen möchte oder nicht, dass war seine – und Deine – Entscheidung."

„Und Wilsons."

„Natürlich. Obwohl er mir nicht wie jemand vorkommt, der… nun ja… einen alternativen Lebensstil aktiv anstreben würde."

Stella lachte herzlich „Er legt jeden ´rein! Lass Dich nicht von der lieben Fassade täuschen, Sammy! Wilson hat es faustdick hinter den Ohren, sonst hätte er es nicht so lange in Houses Nähe ausgehalten."

„Dann hast Du die beiden gezähmt?"

„Das ist nicht möglich." Stella schüttelte den Kopf. „Sie sind ein bisschen wie eines der Pferde, das wir mal hatten: ein wunderbares Tier, intelligent, stolz und er… er ERLAUBTE es, dass man ihn ritt. Man hätte ihn nie zwingen können. Die beiden – Greg mehr als Jamie – spielen mit. Weil sie mich lieben, hoffe ich. Aber ich bin ganz sicher, jede Leine hat einen Punkt, an dem sie zerreißt. Also bin ich vorsichtig."

„Sie beten Dich an, das ist deutlich zu sehen."

„Wer betet hier?" polterte House, der mit seiner Beute in die Küche kam, um sich seine Leckerbissen zuzubereiten

„Du und Wilson. Ihr betet den Boden an, auf dem Stella geht."

„Nein." meinte House bestimmt. „Nur die Frau selbst." Er küsste Stella.

„Greg, was habt ihr denn da draussen?" Sammy fing gerade an, Gemüse für das Abendessen vorzubereiten.

„Riesen Wildsau. Ich habe mir die Nieren gegriffen."

„Wie passend." Bridges rümpfte die Nase. „Nieren für den Nephrologen."

„Das ist kein Problem. Ihr braucht nicht mitessen, dann bleibt mehr für mich!" House suchte ein Brett und ein Messer, aber Sammy nahm im das weg und befahl ihm, sich zu setzen oder zu verschwinden. Er hatte lange genug gestanden und Vicky jammerte gelangweilt, also setzte er sich zu der Kleinen und erzählte ihr – zum hundertsten Mal – die Geschichte aus ihrem Lieblings-Bilderbuch.

„Kannst Du bitte an einem anderen Tisch essen?" Wilson verzog demonstrativ das Gesicht. House saß ihm gegenüber und betrachtete begeistert seine Nierchen in Wein-Sahne-Sauce, die auf seinem Teller dampften.

„Reg' Dich ab, Wilson. ICH esse es. Hey!" Stella stahl ihm eine Gabel voll vom Teller. Es war gar nicht so schlecht, wenn man die Tatsache ignorierte, dass es sich um Ausscheidungsorgane handelte!

Wilson machte die Augen zu. Innereien von einem erschossenen Schwein in Milch und Wein gekocht . „House, das ist so was von trefe… ich bin sicher, es gibt eine Vorschrift, die Dich aus diesem Raum verbannt."

„Dann geh DU doch raus! Immerhin bist Du hier der einzige mit lustigen Essgewohnheiten. Sonst stellst Du Dich auch nicht so an." House schaufelte eine grosse Portion in seinen Mund.

„Findest Du es wirklich so schlimm, James?" Sammy war etwas verwirrt.

Bevor Wilson etwas sagen konnte, antwortete House mit vollem Mund, „Wilson hat einen Orthodoxen Anfall", erklärte er „Sonst ist er nicht so darauf bedacht, koscher zu essen. Das beste Gegenmittel ist Parma-Schinken oral."

„Oh… Greg hat nicht gesagt, dass Du Jude bist." Sammy sah betroffen auf das Essen – Hasenragout. Sie hatte keine Ahnung, was ein Jude essen durfte und was nicht, sie wusste nur, dass es wohl einige sehr merkwürdige Regeln gab. Sie hoffte nur, dass sie Gregs Freund nicht zu viel zugemutet hatte.

„Das bin ich gewöhnt. Ich esse ja auch fast alles aber das…. Ich wurde das nicht essen, selbst wenn ich Atheist wäre!"

„Du isst Pizza. Mit Schinken." erinnerte ihn House.

„OK, schaufel das Zeug in Dich hinein, aber erwarte nicht, dass ich Dich heute nochmal küsse!" Wilson heftete seine Augen auf den eigenen Teller und versuchte, den Geruch der Nieren auszublenden

„Du gönnst mir nur mein Fresschen nicht." schmollte House. Dabei hatte er schon lange nichts so leckeres mehr gegessen! House hörte erst auf, als auch der letzte Tropfen Sauce mit den Kartoffeln aufgegessen war. Er unterdrückte einen Rülpser und lehnte sich zurück, die Hände auf dem prall gefüllten Bauch gefaltet.

„Was darfst Du denn nicht essen?" fragte Sammy nach dem essen.

„Zum beispiel den Wein, den er gerade trinkt." House goss Wilson nach.

„Es ist nicht wichtig, Sammy." Wilson wehrte ab. Er wollte nicht, dass Sammy sich jetzt schlecht fühlte – sie kochte wirklich gut und gab sich mit ihnen so viel Mühe. „Ich habe wirklich nur versucht, House davon abzuhalten, weil ich Nieren eklig finde. Ich hatte die Hoffnung, dass ich ihn ´rumkriege, wenn ich auf den Essensvorschriften herumreite, weil House das NORMALERWEISE akzeptiert." Gab er zu.

House zeigte vorwurfsvoll auf Wilson „Du hinterhältiger Mistkerl!"

„Ja." Wilson sah fast zufrieden aus.

„Ich hätte fast mein Essen weggeworfen!" House war entsetzt

„Die Hunde hätten sich gefreut." Wilson grinste frech.

„James!" Sammy tadelte den Onkologen. Der war ja wirklich weit schlimmer, als man auf Anhieb glauben wollte!

„Er macht so was dauernd mit mir." verteidigte Wilson sich.

„Ich denke, ich WILL Dich gar nicht küssen." House verschränkte die Arme vor der Brust mal sehen, wie lange Wilson das aushalten würde!

Stella musste lachen: Die beiden würden wohl nie aufhören, sich gegenseitig Streiche zu spielen!